Die Elektrifizierung des Individualverkehrs wird Expertenschätzungen zufolge im Jahr 2030 eine zusätzliche Batteriespeicherkapazität von jährlich 2500 bis 3500 GWh erfordern. Der rasante Fortschritt betrifft allerdings nicht nur den Personenverkehr, sondern beispielsweise auch mobile Anwendungen im Dauerbetrieb, wie Kehrmaschinen im öffentlichen Raum. Auch Baustellen- und landwirtschaftliche Fahrzeuge satteln um auf E-Mobilität.
Lithium-Ionen-Batteriesysteme sind hier, aufgrund ihrer unübertroffenen Energiedichte, im Allgemeinen die Speicher der Wahl. Mit der Nachfrage nehmen auch herstellerseitige Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Zelltechnologien zu. Zurzeit erfährt die Natrium-Ionen-Zelltechnologie eine Renaissance. Zur Bewertung ihres Potenzials wird ein Vergleich ihrer Stärken und Schwächen mit denen der bisher führenden Lithium-Ionen-Technologie herangezogen, wobei vor allem die folgenden Kriterien ausschlaggebend sind: Lebenszyklus, Niedrigtemperaturtoleranz, Sicherheit, Preis und Energiedichte.
Funktionsweise von Natrium-Ionen-Batterien: Ladeverhalten und Temperaturresistenz
Angaben zum Lebenszyklus einer Batterie informieren darüber, wie viele Lade- und Entladezyklen sie durchlaufen kann, ehe ihre Leistungsfähigkeit signifikant absinkt. Die Anzahl dieser Zyklen hängt beispielsweise von der Temperatur ab, bei der geladen und entladen wird; ein entscheidender Faktor ist aber auch die Zellchemie. Im Vergleich zur Lithium-Ionen- ist die Natrium-Ionen-Technik hier deutlich im Vorteil.
Auch das Verhalten der Batterie bei Verwendung unter niedrigen Temperaturen kann, je nach Zielapplikation, ein relevantes Kriterium für die Auswahl der passenden Zellchemie sein. Ein elektrifizierter Schneepflug beispielsweise ist auf eine hohe Toleranz der Batterie gegenüber niedrigen Temperaturen zwingend angewiesen. Auch auf diesem Feld schlägt die Natrium-Ionen- die Lithium-Ionen-Technologie, deren Ladung mit fallenden Temperaturen bedeutend schneller abnimmt. Auch Natrium-Ionen-Batterien entladen sich bei Kälte schneller als in warmer Umgebung, aber der Unterschied fällt hier erheblich geringer aus.
Das sind die Vorteile von Na-Ionen-Zellen
Keine Batterietechnologie ist völlig frei von Risiken. Das gilt auch für die in Deutschland und Europa nach höchsten Sicherheitsstandards entwickelten Produkte. Allerdings gilt die Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie bezüglich der Sicherheit – nach allgemeinem wissenschaftlichen Konsens – als der Lithium-Ionen-Technik überlegen. Der Grund dafür liegt in ihrer höheren thermischen Stabilität; sie reagiert weniger empfindlich auf Überhitzung und thermische Beanspruchung und birgt daher weniger Gefahrenpotenzial. Natrium-Ionen-Batteriezellen zeigen eine geringere Tendenz zur Selbstentzündung, und sie sind weniger explosiv. Außerdem beinhalten sie in der Regel weniger giftige und brennbare Komponenten als Lithium-Ionen-Zellen.
Zudem reagieren sie auch weniger empfindlich auf Überspannungen. Da sie weniger zur Dendritenbildung neigen, ist das Kurzschlussrisiko geringer als bei Lithium-Ionen-Batteriezellen. Bei der zurzeit am weitesten verbreiteten Lithium-Ionen-Batteriezelltechnologie kommt es infolge seltener Anwendung immer wieder zur Tiefenentladung von Akkus und somit zum Defekt. Auch hier sind Natrium-Ionen-Zellen im Vorteil; bei Geräten, die beispielsweise nur ein- oder zweimal im Jahr verwendet werden, bedeutet das eine verbesserte Nutzerfreundlichkeit, da so kein Schaden am Akku auftritt, wenn das Gerät länger liegt, ohne dass sich jemand um den Ladestand kümmert.
Rohstoffverfügbarkeit und Nachfrage: Wie Natrium-Ionen-Batterien sich im Markt positionieren
Im Hinblick auf den Preis überzeugt die Natrium-Ionen- gegenüber der Lithium-Ionen-Batteriezelltechnologie. Lithium ist ein seltenes Element, dessen Förderung kostspielig ist, während Natrium weit verbreitet und kostengünstig verfügbar ist. Zudem ist die Herstellung von Lithium-Ionen-Zellen mit mehr Aufwand verbunden und teurer. Ferner ist die Lithium-Ionen-Technik in zahlreichen Anwendungen bestens etabliert. Damit geht eine hohe Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batteriezellen einher, die sich preistreibend auswirkt.
Wie das höhere Gewicht von Natrium-Ionen-Batterien in der Praxis von Vorteil sein kann
Mit Blick auf die Energiedichte schlägt die Lithium- die Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie derzeit noch deutlich. Dies ist auf atomare Eigenschaften der Elemente Lithium und Natrium zurückzuführen: Lithium besitzt das geringere Atomgewicht. Zudem erfolgt die Elektronenübertragung effizienter, und es bildet stabilere Verbindungen mit Elektrodenmaterialien als Natrium. Lithium-Ionen-Batteriezellen kommen mit dünneren Elektroden und Elektrolyten aus als Natrium-Ionen-Zellen.
Auch hier spielt die bereits vorhandene weite Akzeptanz der Technologie eine Rolle: Lithium-Ionen-Batteriezellen sind weiter verbreitet, und die Technologie genießt eine größere Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur sowie mehr industrielle Unterstützung. Diese Faktoren haben in den letzten Jahren erhebliche Verbesserungen mit sich gebracht, die auch in einer Erhöhung der Energiedichte resultierten. Diese Reise steht der erst in jüngster Zeit vielbeachteten und als potenzialreich eingestuften Natrium-Ionen-Technik erst noch bevor.
Dennoch gibt es jetzt schon Natrium-Ionen-Batteriezellen, deren Energiedichten denen von Lithiumeisenphosphat-Zellen (LFP) nahekommen. An die Energiedichte von Nickel-Mangan-Kobalt-Zellen (NMC), ebenso ein Lithium-Ionen-Typ, kommt die Natrium-Ionen-Technologie jedoch zurzeit noch nicht heran. Nach heutigem Stand der Technik lassen sich Lithium-Ionen-Batteriezellen mit weniger Platzbedarf und geringerem Gewicht umsetzen. Allerdings gibt es Anwendungen, in denen dieser Nachteil der Natrium-Ionen-Zelltechnologie nur wenig zum Tragen kommt oder sogar vollständig kompensiert wird: beispielsweise wenn anstelle benötigter Kontergewichte die Batteriemodule als Gegengewicht dienen können, was den vermeintlichen Nachteil in einen Vorteil umkehrt.
Anwendungsoptimierung: Wo Natrium-Ionen-Batterien ihre Stärken ausspielen
Für die Mehrheit der oben genannten Auswahlkriterien überwiegen die Vorteile der Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie, jedoch verliert sie beim Faktor Platzbedarf. Für die E-Mobilität vor allem im privaten Personenverkehr ist dieser Punkt entscheidend, sodass Lithium-Ionen-Zellen hier ihre führende Rolle behaupten werden. Wo es jedoch weniger auf Bauraum und Gewicht ankommen, etwa bei Hafenkränen, großen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Baggern, ist schon bald mit ersten Anwendungsfällen für die Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie zu rechnen.
In der Elektromobilität stehen die Fahrzeuge nie für sich allein; zu einer gelungenen Verkehrswende gehört die passende Ladeinfrastruktur. Zwecks Autarkie und Kostenoptimierung bieten sich für landwirtschaftliche Betriebe, das Baugewerbe, aber auch für Straßenmeistereien und weitere Gewerbe Photovoltaikanlagen mit Industriespeicher und integrierter Wallbox an – um das Gesamtpaket Elektromobilität zu vervollständigen. Vor allem für das Baugewerbe sind hinsichtlich der Industriespeicher transportable Containerlösungen wie Power Boxx interessant, die bereits samt Wallbox und im Idealfall ausgestattet mit eigenen Photovoltaikmodulen und integriertem Wechselrichter ausgeliefert werden.
Bei Industriespeichern ist der Platzbedarf oft nicht der kritische Faktor. Hier wird, beispielsweise in der BMZ, bereits an ersten Kundenprojekten zum Einsatz der Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie geforscht.
Natrium-Ionen-Batterien: Eine zukunftsträchtige Option für die E-Mobilität und Energiespeicherung
Tatsache ist, dass die Regularien bzgl. Emissionsschutz in urbanen Gebieten in den kommenden Jahren strikter werden. Die Elektrifizierung in der gewerblichen E-Mobilität wird daher weiterhin einen rasanten Fortschritt erfahren. Da es bei diesen Anwendungen oft nicht auf den Platzbedarf der Batterie ankommt, ist die Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie für viele aktuelle Herausforderungen die perfekte Lösung. Der Natrium-Ionen-Batteriezelltechnologie steht also eine spannende Zukunft im Elektrifizierungssektor Elektromobilität in engem Verbund mit den Themen Energiespeicherung und Ladeinfrastruktur bevor. (laa)