In leistungsstarken Elektrofahrzeugen werden oft zwei Umrichter eingesetzt, die auf SiC-MOSFETs und IGBTs basieren.

In leistungsstarken Elektrofahrzeugen werden oft zwei Umrichter eingesetzt, die auf SiC-MOSFETs und IGBTs basieren. (Bild: Rohm)

Besonders hoch performante Fahrzeuge mit mehreren 100 kW Antriebsleistung sind bevorzugt mit zwei Wechselrichtern ausgestattet. Zum Beispiel wird ein Umrichter mit SiC-MOSFET versetzt. Dieser sorgt für eine effiziente Fahrleistung, während ein zweiter Umrichter, basierend auf IGBT Technologie, bei starken Beschleunigungen unterstützt. Gate-Treiber, die in den Umrichter eines E-Autos zur Anwendung kommen, sollten also beides treiben können: IGBTs und SiC-MOSFETs.

Isolierte Gate-Treiber für IGBT und SiC-MOSFET

Der BM6112 von Rohm erfüllt genau diese Anforderungen. Mit einem Ausgangsstrom von 20 A eignet sich der BM6112 für die Koexistenz von Silizium und Siliziumkarbid im E-Antrieb.

Isolierte Gate-Treiber leiten die Schaltsignale isoliert von der Steuereinheit des Umrichters an das Gate des Leistungsschalters. Gate-Treiber schützen somit Personen und Geräte vor Gefahren durch elektrische Spannung. Rohm bietet eine breite Palette mit Isolationsspannungen von 2500 oder 3750 Vrms, die mehrere Schutzfunktionen beinhalten. Dazu gehören zum Beispiel Unterspannungsüberwachung (UVLO), Überhitzungsschutz oder Kurzschlussschutz (SCP, DESAT). On-Chip-Transformatorprozesse (coreless transformer technology) mit proprietärer Mikrofabrikationstechnologie ermöglichten es dem Halbleiterhersteller, isolierte Gate-Treiber zu entwickeln und zu produzieren, die effizient, schnell schaltend und mit niedriger Stromaufnahme arbeiten. Das Kernziel: Eine Vielzahl industrieller und automobiler Anforderungen erfüllen.

Der BM6112 ist ein für den Automobilbereich zugelassener isolierter Gate-Treiber zur Ansteuerung von SiC-MOSFETs und IGBTs. Er unterstützt Systemanforderungen von Anwendungen wie EV/HEV-Wechselrichter und DC/DC Bordladegeräte.

Anwendung mit drei Halbbrückenzweigen

Eine typische Anwendung für die Verwendung des BM6112 ist ein HEV/EV-Wechselrichter, bei dem drei Halbbrückenzweige benötigt werden, um einen 3-Phasen-Wechselstrommotor anzutreiben. Jede der Halbbrücken benötigt zwei isolierte Gate-Treiber (Bild 1).

Bild 1: Ein EV-Wechselrichter, bei dem drei Halbbrückenzweige notwendig sind, um einen 3-Phasen-Wechselstrommotor anzutreiben. Jede der Halbbrücken benötigt zwei isolierte Gate-Treiber.
Bild 1: Ein EV-Wechselrichter, bei dem drei Halbbrückenzweige notwendig sind, um einen 3-Phasen-Wechselstrommotor anzutreiben. Jede der Halbbrücken benötigt zwei isolierte Gate-Treiber. (Bild: Rohm)

Die galvanische Trennung zwischen der Niederspannungs- und der Hochspannungsseite des Gate-Treibers wird durch integrierte Transformatortechnologie bereitgestellt. Der BM6112 ist für eine Isolation von 3,75 kVrms (Basis Isolation, z.B. nach IEC 60664) und eine Störfestigkeit gegen Gleichtakttransienten von 100 V/ns ausgelegt. Ein hervorzuhebendes Merkmal dieses Gate-Treibers ist die 20-A-Spitzenausgangsstromfähigkeit. Dieser leistungsstarke Treiberausgang schaltet somit auch SiC- und IGBT- Leistungsmodule, die für mehrere 100 kW Antriebsleistung ausgelegt sind, ohne zusätzliche externe Puffer zu benötigen.

Schutzfunktionen und Anforderungen im Detail

Traktionsumrichter für elektrische Fahrzeuge müssen höchsten Sicherheitsanforderungen genügen. Um die Komponentenanzahl auf der PCB zu reduzieren, und somit auch Platz zu sparen, werden in den Gate Treiber IC vielfältige Features bereits integriert.

Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die im BM6112 verfügbaren Schutzfunktionen:

  1. Unterspannungsüberwachung für Eingangs- und Ausgangsseite (UVLO)
  2. Kurzschlussschutzfunktion, kompatibel für DESAT (Entsättigung) als auch für Überstrom (mittels Stromsensor)
  3. Advanced Soft-Turn-Off nach Kurzschlusserkennung
  4. Aktives Miller-Clamping
  5. Gate-Überwachung
  6. Temperaturüberwachung
  7. Fehler- und Bereitschaftssignal-Ausgangsdiagnose
  8. Enable
  9. Getrennte Ausgangsquellen und Senke
  10. Automotive-Qualifikation gemäß AEC-Q100

Der BM6112 ist auf Anwendungen mit SiC- und IGBT-Modulen ausgerichtet. Typische Schlüsselanforderungen des Gate-Treibers zum Ansteuern von IGBT- und SiC-Leistungsbauelementen im Vergleich zu den Eigenschaften des BM6112 sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Typische Schlüsselanforderungen des Gate-Treibers zum Ansteuern von IGBT- und SiC-Leistungsbauelementen im Vergleich zu den Eigenschaften des BM6112.
Tabelle 1: Typische Schlüsselanforderungen des Gate-Treibers zum Ansteuern von IGBT- und SiC-Leistungsbauelementen im Vergleich zu den Eigenschaften des BM6112. (Bild: Rohm)

E-Mobility: Reichweite

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(Bild: Adobe Stock 204728350, Hüthig)

Wie lässt sich die Reichweite eines E-Autos erhöhen? Höherer Wirkungsgrad durch die richtigen Halbleiter, geringeres Gewicht durch Leichtbau und intelligente Fahrweise sorgen für mehr Reichweite. Welche Technologien dahinter stecken, erfahren Sie hier.

Ein wesentlicher Unterschied in der Ansteuerung von SiC-MOSFETs und IGBTs liegt also im Kurzschluss-Management. SiC-MOSFETs sind bei gleichen Umrichter-Leistungen deutlich kleiner als IGBTs. Dadurch ist der thermische Widerstand eines SiC-MOSFETs größer und die Entwärmung der hohen Kurzschlussenergien wird erschwert.  Im Rückschluss ist der SiC-MOSFET aus dem Kurzschluss schneller abzuschalten als ein IGBT, um nicht thermisch zerstört werden. Dies erfordert eine schnelle Erkennung (siehe Kurschlusserkennung: DESAT).

20-A-Ausgang

Der Gate-Treiber BM6112 hat getrennte Gate-Quelle- und -Senke-Pins. Die Ein- und Ausschalt-dU/dt-Flanken der Leistungsvorrichtung werden durch die richtige Auswahl der Gate-Widerstände bestimmt. Da die Gate-Ausgangspins getrennt sind, ist keine externe Diode zum Unterscheiden der Einschalt- und Ausschaltflanken erforderlich.

Die Ausgangs-Gate-Widerstände sind so zu wählen, dass der Spitzenausgangsstrom des Treibers und die thermische Grenze des Treibers nicht beeinträchtigt werden. Der BM6112 hat eine Spitzenausgangsstromkapazität von 20 A und lässt sich bei einer Chiptemperatur von bis zu 150 °C betreiben. Die Spitzenströme werden wie folgt angegeben:

Formeln zur Berechnung der Spitzenströme.
Formeln zur Berechnung der Spitzenströme. (Bild: Rohm)

Hierbei sind VCC2 und VEE die positiv und negativ isolierten Versorgungen für den Treiber; RgON sowie RgOFF sind die Ein- und Ausschalt-Gate-Widerstände. Rginternal ist der interne Gate-Widerstand des betrachteten Leistungsbauelements. R_OUT1H und R_OUT1L – die Widerstände im eingeschalteten Zustand – sind Treiberinterne Quellen- und Senken-MOSFETs.

Je nach Umrichter-Leistungsklasse werden eine bestimmte Anzahl an IGBTs oder SiC-MOSFET-Chips im Leistungsmodul parallelgeschaltet. Eine höhere Anzahl dieser Chips ermöglicht eine größere Umrichterleistung, benötigt aber auch einen größeren Gate-Strom, den der Gate-Treiber zur Verfügung stellen muss.

Berechnungsbeispiel

Ein Beispiel: Bei VCC2 = 18 V (empfohlen für ROHMs vierte SiC-MOSFET-Generation) und VEE = -2 V (empfohlen für Rohms vierte SiC-MOSFET-Generation) ergibt eine Differenz von 20 V. Mit 20 A lässt sich demnach ein effektiver Widerstand von etwa 1 Ω treiben. Aus dem Datenblatt des Power-Moduls kann der interne Rg entnommen werden. Im Beispiel wird ein üblicher Wert für Traktionsantriebe im Leistungsbereich von 200 bis 300 kW genommen: Rginternal =  0,4 Ω, R_OUT1H und R_OUT1L = 0,2 Ω (aus dem Datenblatt des BM6112). Isource und Isink werden mit 20 A maximal angenommen. In diesem Fall lassen sich also externe Widerstände von ≥ 0,4 Ω verwenden.

Die zur Verfügung gestellten 20 A sollten daher für automobile Hauptumrichter nur selten ein limitierender Faktor sein.

Worst-Case-Szenario Kurzschluss

Der Kurzschluss ist ein Worst-Case-Szenario, das auf Leistungsmodul- und Systemebene qualifiziert wird. Ein Kurzschluss liegt dann vor, wenn zur gleichen Zeit Strom durch den Halbleiter fließt und eine hohe Spannung am Halbleiter anliegt. Durch das Produkt aus Strom und Spannung entstehen hohe Verlustleistungen, die den Halbleiter innerhalb kurzer Zeiten (µs-Bereich) zerstören können. SiC-MOSFETs haben im Vergleich zu IGBTs einen höheren thermischen Widerstand und erwärmen sich dadurch im Kurzschluss deutlich schneller. Dadurch muss der SiC-Halbleiter in der Regel schneller abgeschaltet werden als der Silizium-IGBT (siehe Tabelle 1). Aufgabe eines Gate-Treibers ist es, den Kurzschluss zu erkennen und den Halbleiter dann sicher auszuschalten. Anschließend soll auf die Niedervoltseite des Gate-Treibers ein Fehlersignal erscheinen.

Kurzschlusserkennung: DESAT

Eine der gebräuchlichsten Methoden zur Erkennung von Kurzschlüssen ist die Messung der Durchlassspannung des Leistungshalbleiters. Die DESAT-Schutzschaltung (Bild 2) des BM6112 umfasst einen Komparator mit einer auf 0,7 V eingestellten Referenzschwellenspannung. Extern wird mittels Widerstandsteiler, einem Kondensator und einer Sperrdiode die Kollektor-Emitter-Spannung bzw. Drain-Source-Spannung an den Gate-Treiber gelegt. Im Normalbetrieb, wenn der Leistungshalbleiter eingeschaltet ist, fließt der Strom der Spannungsquelle über die Diode D1 und den Leistungshalbleiter. In diesem Moment hängt die Spannung am Kondensator (CBlank) vom Spannungsabfall im Durchlasszustand des Leistungsbauelements und des Widerstandsteilers ab. Beim Auftreten des Kurzschlusses steigt die Durchlassspannung des Leistungsbauelements und der Kondensator wird auf eine höhere Spannung aufgeladen. Sobald die Spannung über dem Kondensator auf einen Wert aufgeladen ist, der höher als die eingestellte Referenzspannung des Komparators an SCPIN1 (0,7 V) ist, wird die Abschaltsequenz des Gate-Treibers ausgelöst.

 

Bild 2: Schaltplan der DESAT-Detektion des BM6112.
Bild 2: Schaltplan der DESAT-Detektion des BM6112. (Bild: Rohm)

Der Blanking-Kondensator (CBlank) verhindert, dass der Gate-Treiber aufgrund von externem Rauschen im System abschaltet. Der Blanking-Kondensator muss sorgfältig ausgewählt werden, wobei der Kompromiss zwischen der schnellen Erkennung des Kurzschlusses und der Verhinderung einer Fehlauslösung des Komparators im Auge zu behalten ist. Daher hängt die Auswahl eines Kondensators ausschließlich vom Systemlayout ab.

Bild 3: Labortechniker Julian Kleinpass nimmt im Power Lab1 das Evaluationsboard EMPACK6CHGD-EVK-301 in Betrieb - ausgestattet mit SiC-MOSFETs der Generation 4.
Bild 3: Labortechniker Julian Kleinpass nimmt im Power Lab1 das Evaluationsboard EMPACK6CHGD-EVK-301 in Betrieb - ausgestattet mit SiC-MOSFETs der Generation 4. (Bild: Rohm)

Die Widerstandsteiler (R1, R2 und R3) dienen dem Zweck, die Durchlassspannung des Leistungshalbleiters zu überwachen und auf den Referenzschwellenwert des internen Komparators herunterzuteilen, der die Abschaltung des Gate-Treibers auslöst.

Durch die Verwendung des Widerstandsteiler-Verfahrens kann die DESAT-Spannung für die Kurzschlusserkennung angepasst und derselbe Gate-Treiber auf verschiedenen Plattformen mit unterschiedlichen Leistungsbauelementen verwendet werden.

Die gewählte Diode D1 muss die gleiche Sperrfähigkeit wie der Leistungshalbleiter haben. Wenn der Leistungshalbleiter nicht leitet, ist die Diode in Sperrrichtung vorgespannt und blockiert daher die Batterie-/Zwischenkreisspannung.

Bild 4: Evaluationboard EMPACK6CHGD-EVK-301 mit sechs GDIC BM6112FV für IGBT und SiC-MOSFET.
Bild 4: Evaluationboard EMPACK6CHGD-EVK-301 mit sechs GDIC BM6112FV für IGBT und SiC-MOSFET. (Bild: Rohm)

Ergebnisse

Veröffentlichte Ergebnisse, die mit einem Evaluationsboard (Bilder 2 und 3) des BM6112 erzielt wurden zeigen, dass die implementierte DESAT-Funktion auch für aktuellste SiC-MOSFETs schnell genug ist. Bild 5 zeigt, wie der BM6112 innerhalb von 0,85 µs den Kurzschluss erkennt und innerhalb von 1,34 µs sicher ausschaltet, ohne dabei die Sperrspannung des 1200-V-SiC-MOSFETs zu überschreiten.

Bild 5: Kurzschlussergebnis mit eMPack und EMPACK6CHGD-EVK-301, Ergebnisse von Rohm und Semikron, vorgestellt auf der PCIM 2022.
Bild 5: Kurzschlussergebnis mit eMPack und EMPACK6CHGD-EVK-301, Ergebnisse von Rohm und Semikron, vorgestellt auf der PCIM 2022. (Bild: Rohm, Semikron)

Fazit

Der Gate-Treiber BM6112 ist speziell für die Anforderungen von Hauptumrichtern im E-Auto entwickelt worden. Er stellt mit 20 A mehr als genug Gate-Strom zur Verfügung, um sowohl SiC-MOSFET- also auch IGBT-Leistungsmodule schnell und effizient zu schalten. Features wie Gate-Monitoring wurden implementiert, um den Sicherheitsanforderungen auf Systemebene gerecht zu werden. Die Kurzschlusserkennung erfasst Kurzschlüsse auch bei SiC-MOSFETs ausreichend schnell und schaltet diese sicher ab. (na)

Kevin Lenz, Rohm
Kevin Lenz (Bild: Rohm)

Kevin Lenz

Application Marketing Manager bei Rohm Semiconductor Europe

Vikneswaran Thayumanasamy, Rohm
Vikneswaran Thayumanasamy (Bild: Rohm)

Vikneswaran Thayumanasamy

Applikationsingenieur bei Rohm Semiconductor Europe

Christian Felgemacher, Rohm
Christian Felgemacher (Bild: Rohm)

Christian Felgemacher

Department Manager Power Systems bei Rohm Semiconductor Europe

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