SiC-Trench-MOSFETs im Antriebsstrang erhöhen den Wirkungsgrad von Elektrofahrzeugen und damit auch die Reichweite.

SiC-Trench-MOSFETs im Antriebsstrang erhöhen den Wirkungsgrad von Elektrofahrzeugen und damit auch die Reichweite. (Bild: Infineon)

Um Elektrofahrzeuge so effizient wie möglich zu gestalten und jedes einzelne Joule an Energie in nutzbare mechanische Leistung umzuwandeln, ist der Umrichter im elektrischen Antriebsstrang eine Schlüsselkomponente. Aus elektrischer Sicht sitzt er zwischen der Fahrzeugbatterie und der elektrischen Antriebsmaschine und wandelt die Gleichspannung der Batterie bedarfsgerecht in Wechselspannung für die Antriebsmaschine um. Der Energiefluss und die erforderliche Spannungswandlung erfolgen in beide Richtungen, je nach Anforderung des Fahrers nach Beschleunigung, also dem Energiefluss von der Batterie zur Antriebsmaschine, oder der Zurückgewinnung, dem Energiefluss von der Antriebsmaschine zurück zur Batterie.

Das führt dazu, dass die Verluste des Umrichters beim Verbrauch von zurückgewonnener Energie mehrfach anfallen. Umso mehr ist die Optimierung des Wirkungsgrads der verwendeten Leistungshalbleiter ein wichtiger Hebel, um den Energiebedarf im Antrieb zu senken und die Energieeffizienz des Fahrzeugs zu verbessern. Im ersten Schritt muss dabei der Umrichter auf die gewünschte Fahrzeugleistung ausgelegt werden.

Bild 1: Zusammenhang zwischen RMS-Strom und Sperrschicht-Temperatur für einen 250-kW-Antriebsumrichter basierend auf dem SiC-Modul FS03MR12A6MA1B bei einem Gate-Widerstand von 5,1 Ω, einer Batteriespannung von V_dc,nom = 800 V und einem generischen elektrischen Antrieb (cos phi = 0,8, Modulationsindex = 0,9, fsw = 10 kHz, T_fluid = 65 °C)
Bild 1: Zusammenhang zwischen RMS-Strom und Sperrschicht-Temperatur für einen 250-kW-Antriebsumrichter basierend auf dem SiC-Modul FS03MR12A6MA1B bei einem Gate-Widerstand von 5,1 Ω, einer Batteriespannung von V_dc,nom = 800 V und einem generischen elektrischen Antrieb (cos phi = 0,8, Modulationsindex = 0,9, fsw = 10 kHz, T_fluid = 65 °C) (Bild: Infineon)

Charakteristische Betriebspunkte von CoolSiC-Modulen

Bei der Dimensionierung von Leistungshalbleitermodulen im Antriebsumrichter ist besonders wichtig, unter allen Betriebspunkten die Grenzwerte der Halbleiter einzuhalten. Dabei geht es insbesondere um die maximalen Spannungsfestigkeiten und die maximale Sperrschicht-Temperatur. Während sich die folgenden Betrachtungen auf den Einsatz von Trench-MOSFETs im Hybridpack Drive beziehen, so sind die grundlegenden Zusammenhänge allgemeingültig. Die maximal erlaubten Spannungen und Temperaturen finden sich in den Datenblättern und sind für das FS03MR12A6MA1B mit 1200 V und 150 °C im kontinuierlichen Betrieb spezifiziert.

Die zur Einstellung des Phasenstroms benötigten Schaltvorgänge führen zusammen mit den Leitverlusten zu einer Temperaturerhöhung, die proportional zu den thermischen Widerständen der Kühlung sind. Bild 1 zeigt die Sperrschichttemperatur unter Berücksichtigung typischer Systemparameter. Wird eine über den gesamten Betriebsbereich konstante Motorleistung gefordert, ergibt sich diese aus dem maximalen RMS-Strom bei minimaler Batteriespannung. Eine genaue Analyse des Arbeitspunkts zeigt, dass zwei Drittel der Umrichterverluste auf Leitverluste zurückzuführen sind.

Um die Leitverluste so niedrig wie möglich zu halten, hat Infineon einen SiC-Trench-MOSFET auf den Markt gebracht. Im Vergleich zu den handelsüblichen planaren SiC-MOSFETs bietet dieser höhere Zelldichten und damit wesentlich niedrigere flächenspezifische Leitwiderstände (A·Rdson). Da sowohl die Leitverluste als auch der thermische Widerstand von SiC-Modulen proportional zur eingesetzten Halbleiterfläche ist, lässt sich das Design durch die Chipgrößen an die benötigte Ausgangsleistung anpassen. In Vollbestückung lässt sich die Ausgangsleistung des Umrichters gegenüber der IGBT-Variante um 50 Prozent auf über 250 kW anheben.

Um auch Umrichter mit kleineren Leistungsanforderungen gut zu bedienen, bietet Infineon zudem Modulvarianten mit unterschiedlicher Anzahl an parallel geschalteten Halbleitern und unterschiedlichen Chipgrößen an. Auf diese Weise lässt sich der Durchlasswiderstand und die für die Kühlung verwendeten Fläche, der thermische Widerstand Rth, bedarfsgerecht nach unten skalieren. Die aktuell in der Entwicklung befindliche zweiten Generation der SiC-MOSFETs verspricht hingegen eine weitere deutliche Verbesserung der Leitungsverluste, wodurch im selben Modul noch höhere Ausgangsleitungen ermöglicht werden.

Aus Gründen der Vollständigkeit sollten neben den kontinuierlichen Betriebspunkten auch Spezialfälle wie der aktive Kurzschluss oder das sogenannte Bordsteinanfahren (engl. Hill Hold) Beachtung finden, denn auch hier lassen sich die Schaltverluste optimieren.

Bild 2: Prozentuale Verteilung der RMS-Ströme für einen typischen urbanen Fahrzyklus eines E-Autos.
Bild 2: Prozentuale Verteilung der RMS-Ströme für einen typischen urbanen Fahrzyklus eines E-Autos. (Bild: Infineon)

E-Mobility: Reichweite

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(Bild: Adobe Stock 204728350, Hüthig)

Wie lässt sich die Reichweite eines E-Autos erhöhen? Höherer Wirkungsgrad durch die richtigen Halbleiter, geringeres Gewicht durch Leichtbau und intelligente Fahrweise sorgen für mehr Reichweite. Welche Technologien dahinter stecken, erfahren Sie hier.

Einfluss der Verlustanteile auf den Wirkungsgrad

Die hohen Kosten, das Gewicht und das Volumen limitieren die in einem Elektrofahrzeug installierte Energie. Ein Ziel jeder Antriebsstrangentwicklung ist es, mit den installierten Batterien möglichst hohe Reichweiten zu erreichen, beziehungsweise für eine Zielreichweite möglichst wenig Batteriekapazität zu verbauen. Bezogen auf die Leistungselektronik bedeutet das, dass die Verluste in den für den Fahrzyklus relevanten Betriebspunkten zu reduzieren sind. Die für die Dimensionierung der Leistungselektronik genutzten Betriebspunkte, maximale Spannung und maximaler RMS-Strom, spielen hier keine Rolle. Wie in Bild 2 zu sehen ist, entsprechen die Betriebspunkte mit hohen RMS-Strömen nur etwa ein Prozent des durchschnittlichen Fahrprofils.

Gemäß Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP) liegt die durchschnittlich benötigte Leistung zwischen 15 und 30 kW. Die mit dem Referenzmodul möglichen Antriebsleistungen liegen jedoch bei 250 kW und sind damit um eine Größenordnung höher. Auch bei Fahrprofilen mit hohen Anforderungen, wie dem Artemis Highway, ist die durchschnittlich geforderte Leistung nur ein Bruchteil der für die charakteristischen Betriebspunkte typischen Werte. Während für die Optimierung des Antriebsstranges komplette Fahrzyklen simuliert werden sollten, lassen sich die Einflüsse der Verlustanteile am Antriebswirkungsgrad bereits an repräsentativen Arbeitspunkten genau beschreiben. Ein solcher Arbeitspunkt ist die durchschnittliche Antriebsleistung bei mittleren Batteriespannungen, niedrigen Strömen um die 30 A und den sich daraus ergebenden Temperaturen – diese werden weniger durch die Verlustleistung und den thermischen Widerstand, sondern primär von der Vorlauftemperatur des Kühlmediums bestimmt, zum Beispiel mit 45 °C. In diesem Bereich dominieren die Schaltverluste.

Die Optimierung der Schaltverluste hat einen großen Einfluss auf die Reichweite von Elektrofahrzeugen und ist somit besonders wichtig. Jedoch ist die Reduktion der Schaltverluste im Betrieb ohne eine Anpassung der Schaltfrequenz nur möglich, indem schneller geschaltet wird. Das heißt der Übergang vom Leiten zum Sperren und zurück muss in noch kürzerer Zeit geschehen, was einhergeht mit höheren Flankensteilheiten.

Bild 3: Spannungssteilheit dU/dt in Abhängigkeit des Gatewiderstands Rg.
Bild 3: Spannungssteilheit dU/dt in Abhängigkeit des Gatewiderstands Rg. (Bild: Infineon)

CoolSiC im Hybridpack Drive

Aufgrund der unipolaren Charakteristik lassen sich SiC-MOSFETs sehr schnell schalten. In Bild 3 und Bild 4 lässt sich gut erkennen, dass sich die Flankensteilheiten der Trench-MOSFETs bereits durch die Wahl der Gatewiderstände effektiv an das Umrichterdesign anpassen lässt. Durch den Einsatz von separaten Ein- und Ausschaltwiderständen können die Ein- und Ausschaltvorgänge des SiC-MOSFETs unabhängig voneinander optimiert werden.

Im Rahmen dieser Anpassung sind mehrere Ziele zu erfüllen. Wie bereits beschrieben, führen steilere Flanken zu niedrigeren Schaltverlusten, jedoch beeinflussen sie das EMV Verhalten negativ. So können hohe dU/dt in Verbindung mit den inhärent vorhandenen Koppelkapazitäten zu hohen Gleichtaktströmen führen. Häufige Ausbreitungs-/Koppelpfade sind die galvanisch isolierte Spannungsversorgung des Gatetreibers und die Lager des elektrischen Antriebs. Darüber hinaus können hohe dU/dt zu Störungen der Elektronik und zu Problemen in der Isolation des Antriebs führen. Dies hat häufig zur Folge, dass zur Entstörung große und kostspielige Filter zum Einsatz kommen müssen. Entsprechend Bild 3 kann die Spannungssteilheit des Hybridpack-Drive-Moduls über den Gatewiderstand im Bereich von 1,5 kV/µs bis 20 kV/µs angepasst werden, wobei in Hinblick auf die Spannungsfestigkeit gängiger Isolationsmaterialien ein dU/dt < 10 kV/µs üblich ist.

Sofern keine additiven Maßnahmen im Treiber vorgenommen werden, lassen sich Spannungssteilheiten und Stromsteilheiten nicht unabhängig voneinander mit dem Gatewiderstand variieren. Steile Stromflanken führen zu Spannungsüberhöhungen an den parasitären Induktivitäten im Kommutierungskreis zwischen den Halbleitern und dem Zwischenkreiskondensator. Zu keinem Zeitpunkt dürfen die Spannungen am Halbleiter die spezifizierte Sperrspannung überschreiten. Wie Bild 4 zeigt, stellt sich bei einem Gatewiderstand von 5,1 Ω und einem Strom von 800 A ein di/dt von ungefähr 13 kA/µs ein. Die Kommutierungsinduktivität im Umrichter darf somit bis zu 30 nH betragen, ohne dass die maximal zulässige Sperrspannung der Halbleiter überschritten wird. Mit der typischen, modulspezifischen Kommutierungsinduktivität von 8,5 nH des Hybridpack-Drive-Moduls und den <15 nH für handelsübliche Zwischenkreiskondensatoren lässt sich dieser Wert sicher einhalten.

Kleinere Kommutierungsinduktivitäten verringern zwar die Überspannungen, führen allerdings auch zu schnelleren Stromanstiegszeiten im Fehlerfall, zum Beispiel bei einem Brückenkurzschluss, und erhöhen die Anforderungen an die Fehlererkennung und -behebung.

Die Auslegung des Antriebsumrichters und das Design der SiC-MOSFETs ist also immer ein Trade-Off zwischen der elektrischen Leistung der Halbleiter und den Wechselwirkungen auf Systemebene. Beides sind letztendlich entscheidende Faktoren für die Leistung, Robustheit und die Kosten des elektrischen Antriebs.

Bild 4: Stromsteilheit dI/dt in Abhängigkeit des Gatewiderstands Rg.
Bild 4: Stromsteilheit dI/dt in Abhängigkeit des Gatewiderstands Rg.

Fazit

Durch den Einsatz von CoolSiC in etablierten Modulbauformen wie dem Hybridpack Drive lässt sich die Reichweite eines Elektrofahrzeuges bereits in der ersten Generation um mehr als fünf Prozent steigern. Für diese Verbesserungen ist die Verlustreduktion im Teillastbereich maßgeblich. Allerdings dominiert in den für die Reichweite des Elektrofahrzeuges relevanten Betriebsfällen der Anteil der Schaltverluste. Aus diesem Grund sollte bei der Optimierung des Umrichterdesigns dem Schaltverhalten besondere Beachtung geschenkt werden.

Autoren

Martin Gleich leitet das technische Marketing für SiC-basierte Halbleiterlösungen im Antrieb bei Infineon.

Mark Münzer ist Vice President Innovation & Emerging Technologies bei Infineon.

Ajay Poonjal Pai ist Senior Staff Product Definition Manager für Automotive-SiC-Halbleiter bei Infineon.

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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