additive Phasenrauschmessungen

Bild 5: Messaufbau mit dem Analysator APPH20G von Anapico. (Bild: bsw TestSystems & Consulting AG)

additive Phasenrauschmessungen

Bild 1: Amplitudenmodulation. bsw TestSystems & Consulting AG

Die erzielbare Auflösung und Messgenauigkeit von Radarsystemen, Analyse- und Messgeräten wird maßgeblich vom Phasen- und Amplitudenrauschen der notwendigen Hochfrequenzsignale dieser Systeme bestimmt. In Kommunikations- und Verteilsystemen für Unterhaltungsmedien (Satellitenübertragung, extraterrestrische Fernsehübertragung…) werden wachsende Datenraten benötigt. Dies macht extrem rauscharme Systemtakte und Hochfrequenzträgersignale notwendig. In vielen Fällen können die Rauscheigenschaften von Hochfrequenzsignalen direkt mit dem Spektrumanalysator gemessen werden. Dazu steht eine breite Palette professioneller Geräte zur Verfügung. Reicht die absolute Messgenauigkeit allerdings nicht mehr aus, und muss zudem analysiert werden, ob Phasen- (FM) oder Amplitudenrauschen (AM) vorliegt, dann muss auf ein aufwendigeres Messfahren mit Korrelationsanalysatoren zurückgegriffen werden.

ECK-Daten

Mit der vorgestellten Messmethode der additiven Phasenrauschmessungen kann rasch und systematisch die Entwicklung und Optimierung von Taktverstärkern für anspruchsvolle Aufgaben in der Kommunikations- und Radartechnik durchgeführt werden.

Additive Phasenrauschmessungen, das Messprinzip

Rauschsignale sind zeitlich zufällig und statistisch verteilt auftretende Störungen von Spannungen und Strömen. Betrachtet man ein Hochfrequenzsignal mit einer gegebenen Frequenz, können die Rauschanteile in einen Amplituden- und einen Phasenrauschanteil getrennt werden. Bild 1 zeigt am Beispiel eines sinusförmigen Hochfrequenzsignals den Einfluss einer Amplitudenmodulation. Die blaue Kurve ist das modulierte Signal im Vergleich zum grau gezeichneten idealen Signal. Die Phase als Funktion der Zeit des modulierten 1 GHz Signals entspricht exakt der Phase des idealen Signals. Die Amplitude ist jedoch zeitabhängig geworden.

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Bild 2: Phasenmodulation. bsw TestSystems & Consulting AG

Bei der Phasenmodulation (Bild 2) bleibt die Amplitude zeitlich gesehen konstant und es kommt zu einer Zeitabhängigkeit der Phase. In gleicher Weise wie bei der gezielten Modulation bewirken die Rauscheinflüsse in einer praktischen Schaltung ähnliche Modulationen, nur dass dabei über alle Frequenzen und Zeitbereiche eine statistische Überlagerung aller Amplituden- und Phasenmodulations­störungen stattfindet.

Für die Optimierung von rauscharmen Taktsignalen ist es wichtig, dass Amplituden- und Phasenrauschen getrennt voneinander ermittelt werden, um die Ursachen der Rauschanteile leichter zu finden. In vielen Fällen dominiert das Phasenrauschen, das bereits ab dem erzeugenden Lokaloszillator existiert und durch aktive Schaltungen (Mischer, Verstärker) noch weiter verstärkt wird. Aber auch ungeeignete Spannungs­versorgungen oder Störeinstrahlungen können signifikante Amplitudenrauschanteile erzeugen, die durch gezielte Analyse verbessert werden können. Die Methode der additiven Phasenrauschmessung zielt auf die Erfassung zusätzlicher Phasenrauschanteile ab, die durch den Prüfling am Ausgang in Bezug auf das Eingangssignal erzeugt werden. Hierbei soll das Amplitudenrauschen durch den Messaufbau so weit wie möglich unterdrückt werden. Diese Messmethode sollte nur angewandt werden, wenn von vornherein bekannt ist, dass das Amplitudenrauschen nicht über das Phasenrauschen dominiert.

Additive Phasenrauschmessungen

Bild 3: Prinzipieller Messaufbau für additive Phasenrauschmessungen. bsw TestSystems & Consulting AG

Der in Bild 3 dargestellte Messaufbau – mit einem Halbleiterverstärker als Probe – verdeutlicht das Messprinzip. Speisesignal für den Verstärker ist hier ein rauscharmer Synthesizer. Mit dem Leistungsteiler wird ein Teil der Speiseleistung an den Lokaloszillatoreingang (LO) des Mischers geführt, der andere Teil über ein variables Dämpfungsglied an den Verstärkereingang. Der Mischer sollte dabei am Lokaloszillatoreingang in Sättigung betrieben werden. Dies bewirkt eine gewünschte Unterdrückung des Amplitudenrauschens des Hochfrequenzsynthesizers. Das variable Dämpfungsglied gleicht den Verstärkungsfaktor des Halbleiterverstärkers so aus, dass der Mischer am HF-Eingang bezüglich des HF-Signals in seinem linearen Arbeitsbereich betrieben wird. Vor jeder Messung wird das HF-Signal nun mithilfe des Phasenstellgliedes exakt auf eine Phasendifferenz von 90° in Bezug auf das Lokaloszillatorsignal gestellt. In diesem Arbeitspunkt beträgt die Gleichspannung am Mischerausgang 0 V. Durch Messung der Gleichspannung am Mischerausgang als Funktion der Phasendifferenz kann der 90° Arbeitspunkt exakt mithilfe einer Interpolation ermittelt werden.

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Bild 4: Amplitudenänderung des ZF-Signals aufgrund einer Phasenänderung des HF-Signals am Mischer. bsw TestSystems & Consulting AG

Eine Phasenänderung, die zusätzlich in der Verstärkerprobe entsteht, wird mit diesem Aufbau in eine Amplitudenänderung am Ausgang des Mischers umgewandelt (Bild 4). Das entstandene ZF-Signal wird mit einem Tiefpassfilter auf die notwendige Bandbreite eingestellt und höhere Frequenzanteile werden unterdrückt. Dies ist notwendig, um die parasitäre Abwärtsmischung höherer Frequenzbänder in das NF-Band zu verhindern (diese Filter werden als Anti-Aliasing-Filter bezeichnet). Schließlich wird das NF-Band mit einem rauscharmen NF-Verstärker hochverstärkt und dann dem Analog-Digital-Wandler zugeführt. Das NF-Band und die Abtastrate des Analog-Digital-Wandlers werden dabei so dimensioniert, dass das Abtasttheorem eingehalten wird, und eine eindeutige numerische Auswertung des additiven Phasenrauschens vorgenommen werden kann.

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Formeln 1 bis 4 bsw TestSystems & Consulting AG

Die Ausgangsspannung eines idealen Mischers kann für 90° Phasendifferenz zwischen HF- und LO-Signal näherungsweise nach Formel 1 berechnet werden. Dabei bezeichnet: UZF = Ausgangsspannung am Mischer, Ko = Konstante, die die Eigenschaften des Mischers beschreibt, UHF = Eingangsspannung des HF-Signals am HF-Eingang des Mischers, α = << 1 beschreibt den meist sehr kleinen Anteil der Amplitudenstörung des HF-Signals, σAM = Amplitudenstörung des HF-Signals, ωo = 2×π×fo die Kreisfrequenz des Synthesizers und damit des Messsignals, δFM = Phasenstörung, die durch das Messobjekt dem HF-Signal hinzugefügt wird. Die trigonometrische Umformung der Formel 1 führt zu Formel 2. Der hohe Frequenzanteil 2 x ωot wird durch den nachgeschalteten Tiefpassfilter vollständig entfernt und kann daher eliminiert werden (siehe Formel 3)

Nach einer Taylorentwicklung ergibt sich schließlich die Näherungsformel Formel 4. Der zweite Term beschreibt den Einfluss einer Amplitudenstörung des HF-Signals auf das Ausgangssignal des Mischers und kann für kleine δFM vernachlässigt werden. Der erste Term stellt das erwartete Ergebnis dar: Die Ausgangsspannung am Mischer ist proportional zu einer Phasenänderung des HF-Signals. Die zur Bestimmung des absoluten additiven Phasenrauschens notwendige Skalierungskonstante K0 wird vor der Messung durch Kalibration mithilfe des Phasenstellgliedes gemessen.

Messaufbau für additive Phasenrauschmessungen

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Bild 5: Messaufbau mit dem Analysator APPH20G von Anapico. bsw TestSystems & Consulting AG

Gut optimierte Verstärker für Taktverteilungsnetzwerke zeigen sehr geringe Werte für das additive Phasenrauschen. Für eine gute Messgenauigkeit sollte deshalb ein phasen­rauscharmer Synthesizer verwendet werden. Alternativ kann die Taktquelle des zu optimierenden Netzwerkes verwendet werden. Dann werden die im späteren Produkt zu erwartenden Phasenstörungen aufgespürt. Der im Messaufbau verwendete Analysator ist sehr übersichtlich. Besonderes Augenmerk ist auf die Gleichstromversorgung des Testverstärkers zu legen, da sich Störungen im Gleichstromkreis direkt als Phasenrauschen abbilden können. Alle benötigten Schaltungselemente von Bild 3 sind in den Analysator integriert, die Auswertung der Messdaten erfolgt mit der dazugehörigen Software.

Messergebnisse

Die Messungen mit dem Korrelationsanalysator erfolgen im Zeitbereich. Dabei wird die Spannung am Mischerausgang für einen hinreichend langen Zeitraum periodisch abgetast. Die Ergebnisse für das Rauschen im Frequenzbereich berechnet man mittels einer Fourier-Analyse. Die Ergebnisse im Spektralbereich werden immer als das relative Einseitenband-Rauschspektrum pro 1 Hz Bandbreite dargestellt (das sogenannte SSB Single-Side-Band-Rauschen). Die Angabe erfolgt in dBc/Hz und bezieht sich auf die Trägerleistung des HF-Signals am Ausgang des Testverstärkers. Damit wird die international gebräuchlichste Einheit verwendet, um die Vergleichbarkeit der Resultate zu sichern.

Es empfiehlt sich immer am Anfang der Messung die Rauscheigenschaften des Synthesizers zu ermitteln. Dazu wurde hier der Analysator im Korrelationsmodus verwendet. Dieser Messmodus erlaubt die Auftrennung und absolute Messung der Rauschleistung des Amplituden- und Phasenrauschens. In den meisten Fällen dominiert das Phasenrauschen, wie auch in unserem Fall in Bild 6. Damit können additive Phasenrauschmessungen sehr gut auf diesen Verstärker angewandt werden.

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Bild 6: Messergebnisse für den Synthesizer APSIN20G bei 1 GHz. bsw TestSystems & Consulting AG

Leider treten bei Rauschmessungen mit hochempfindlichen Analysatoren meist „Spurs“ auf. Das sind zeitlich begrenzte und zufällig auftretende Störungen mit einer Rauschleistung, die wesentlich höher ist als die mittlere gemessene. Spurs können in Nachrichtenübertragungsstrecken zu Bitfehlern führen oder in Radaranlagen kurzeitig auf nicht tatsächlich existierende Ereignisse hindeuten. Um die Qualität von Taktsignalen zu bewerten, ist es sinnvoll, alle Spurs in den Messdaten darzustellen und über die Messdauer auch das Maß für deren Häufigkeit anzugeben. Treten Spurs auf, empfiehlt es sich, die demodulierten Rauschspannungen im Zeitbereich zu prüfen. Während der Messung können ungewollte elektromagnetische Störimpulse von außen auftreten,  zum Beispiel durch das Schalten von Stromkreisen etc. Solche Störungen können sich mit den Rauschsignalen überlagern und sind meist als externe Störung erkennbar. Die Betrachtung im Zeitbereich hilft bei der Bewertung der Kausalität und erhöht das Vertrauen in die gemessenen Rauschspektren. Natürlich sollte immer eine geeignete Schirmung des Messaufbaus erfolgen.

Die Abhängigkeit der Rauschleistung über der Gleichspannungsversorgung wird in Bild 6 anschaulich verdeutlicht. Im Frequenzbereich von 1 Hz bis 100 Hz für die Ablagefrequenz zeigt sich bei der Betriebsspannung von Vcc = 5 V eine deutliche erhöhte Rauschleistung. Dieser Verstärker sollte daher bei einer Betriebsspannung von 6 V betrieben werden.

Additiven Phasenrauschmessungen

Bild 7: Messergebnisse für den Bufferverstärker bei 1 GHz. bsw TestSystems & Consulting AG

Um die Zuverlässigkeit der Messung bewerten zu können, sollte das Eigenrauschen des Messaufbaus überprüft werden. Dafür wird der Verstärker mit den Dämpfungsgliedern entfernt und das additive Phasenrauschen ohne Probe gemessen. Die gemessenen Werte sind schwarz in Bild 7 dargestellt. Die Messkurve für das Eigenrauschen sollte mindestens 5 bis 10 dB unter der Messkurve mit Verstärker liegen. In dem entsprechenden Ablagefrequenzbereich wird von einem statistisch relevanten Messergebnis für additives Phasenrauschen ausgegangen. In den Bereichen, mit geringerem Unterschied als 5 dB, sind die Grenzen der Messgenauigkeit dieser Methode erreicht. Bild 7 zeigt, dass das Eigenrauschen ab einer Ablagefrequenz von zirka 100 kHz mit zunehmender Frequenz wieder ansteigt. Dafür ist die Auslegung des verwendeten Phasenrauschanalysators verantwortlich, der bei höheren Frequenzen unempfindlicher arbeitet als bei tieferen.

Spurs können numerisch aus den Messdaten herausgerechnet werden, um glatte Messkurven zu erzeugen. Die so manipulierten Messdaten sind in Bild 8 dargestellt. Dies kann sehr hilfreich sein, wenn rauscharme Taktverteilungsverstärker entwickelt werden, um die wesentlichen Trends der spektralen Verteilung vieler übereinander gelagerten Messkurven besser sichtbar zu machen.

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Bild 8: Messergebnisse für den Bufferverstärker bei 1 GHz mit numerischer Unterdrückung der Spurs. bsw TestSystems & Consulting AG

Zusammenfassung

Die Beispiele an einem handelsüblichen Verstärker zeigen eine Messgenauigkeit für das additive Phasenrauschen eines 1 GHz Trägersignals bis in den Bereich zu 170 dBc/Hz bei 1 kHz Ablagefrequenz, beziehungsweise 160 dBc/Hz bei 100 kHz. Gleichzeitig wurde das absolute Amplituden- und Phasenrauschen der verwendeten Signalquelle gemessen, um die Eignung der Probe für additive Phasenrauschmessungen zu überprüfen.

Dr. Maximilian Tschernitz

bsw TestSystems & Consulting AG

Stefan Dahinden

Anapico AG

(jj)

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