Bild 1: Mit GaN lassen sich hohe Leistungsdichten auf der Primär- als auch der Sekundärseite des Netzteils erzielen.

Bild 1: Mit GaN lassen sich hohe Leistungsdichten auf der Primär- als auch der Sekundärseite des Netzteils erzielen. (Bild: Innoscience)

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Galliumnitrid/GaN nur für bestimmte Anwendungen im Hochfrequenz- und Mikrowellenbereich sowie für andere Spezialmärkte als geeignet angesehen wurde. Der erste und immer noch größte kommerzielle Einsatz von GaN für das Schalten von Leistung findet sich in kompakten Mobiltelefon-Ladegeräten, wo das Aufkommen von USB-PD und der Marktdruck nach schlankem Zubehör eine Nachfrage nach höherer Leistungsdichte geschaffen hat. Die GaN-Branche ist mit diesem Markt groß geworden und in die Serienfertigung übergegangen. Doch nun befindet sie sich mit dem Aufkommen zahlreicher neuer GaN-Bauelemente – für hohe als auch niedrige Spannungen und seit kurzem mit integrierten Lösungen und diskreten HEMTs – wieder im Übergang.

Warum ist GaN so interessant? Die Technik bietet mehr Leistungsfähigkeit, eine höhere Leistungsdichte und einen höheren Wirkungsgrad bei nahezu null Schaltverlusten. Dies ist auf zwei Faktoren zurückzuführen: Erstens ist die Güte (FOM; Figure of Merit Ron × Qg,) zehnmal besser als bei Silizium. Systeme können so mit einer höheren Frequenz schalten, ohne dass es zu Effizienzverlusten kommt. Entwickler können kleinere passive Bauelemente verwenden, was die Gesamtkosten verringert. Ein hoher Wirkungsgrad bedeutet auch, dass weniger Wärme erzeugt wird, sodass Wärmemanagementlösungen wie Kühlkörper und Lüfter entfallen oder kleiner dimensioniert werden können.

Der zweite Aspekt von GaN ist, dass keine Body-Diode vorhanden ist und daher der Sperrverzögerungsstrom gleich Null ist. Dies vereinfacht die Wahl der Leistungswandlungstopologie. So kann die brückenlose Totem-Pole-PFC (Leistungsfaktorkorrektur) anstelle der komplexeren, mit mehr Bauelementen behafteten, brückenlosen Dual-Boost-PFC verwendet werden, die nötig wäre, um den Wirkungsgrad hochzuhalten, wenn das Design auf die Verwendung selbst der besten Si-MOSFETs beschränkt wäre.

Damit GaN in einem breiten Anwendungsbereich erfolgreich sein kann, ist ein entsprechendes Angebot an GaN-Bauelementen erforderlich. Innoscience bietet jetzt ein breites Angebot für Anwendungen mit niedrigen, mittleren und hohen Spannungen an. Die Low-Voltage-/LV-Bauelemente decken einen Bereich von 30 bis 150 V ab mit einem Durchlasswiderstand von nur 1,2 mΩ. High-Voltage-/HV-Bauteile sind bis zu 700 V mit RDS(on)-Werten zwischen 30 und 600 mΩ erhältlich. Die GaN-FETs sind auch in verschiedenen Gehäusen erhältlich, von CSP auf Wafer-Ebene bis hin zu Flip-Chip-QFN mit Kühlung an der Ober- oder Unterseite, DFN, TO etc. Da viele Standardgehäuse zur Verfügung stehen, können Entwickler, die mit diesen Gehäusen bereits von Si-Bauelementen vertraut sind, einfach auf GaN umsteigen. Außerdem wurde kürzlich ein Einkanal-Gate-Treiber vorgestellt, der für GaN-Lösungen optimiert ist.

Das bringt die Kombination von LV- und HV-GaN-Bauteilen in einer Stromversorgung mit sich

Was die Kombination von LV- und HV-GaN-Bauteilen in einer Stromversorgung (PSU; Power Supply Unit) mit sich bringt, ist in Bild 1 dargestellt. Das Beispiel zeigt ein 4,2-kW-Netzteil unter Verwendung eines 700V-HV-GaN-Bauteils auf der Primärseite in Kombination mit einem 150-V-GaN-Bauteil auf der Sekundärseite. Das Totem-Pole-PFC+LLC-Design basiert auf 30- und 70-mΩ-RDS(on)-HV-GaN-Leistungsschaltern im TOLL-Gehäuse für die Primärseite sowie auf vier Paaren von 3,2-mΩ-RDS(on)-LV-Bauteilen im Flip-Chip-QFN-Gehäuse für die Sekundärseite. Das Ergebnis ist ein 4,2-kW-Netzteil, das nur 185 mm × 69 mm × 37 mm misst und eine hohe Leistungsdichte von 130 W/in3 erreicht. Mit einem Spitzenwirkungsgrad von 97,5 Prozent erfüllt es problemlos die 80-Plus-Titan-Effizienzklasse. Ein vergleichbares Netzteil aus Silizium könnte leicht doppelt so groß sein.

Bild 2: GaN führt zu einem schlanken Design für LED-Treiber und 6 W Leistungseinsparung pro Schiene. Unten ist ein Vergleich zwischen einer 200W-GaN-Lösung und einer 120W-Si-Lösung dargestellt.
Bild 2: GaN führt zu einem schlanken Design für LED-Treiber und 6 W Leistungseinsparung pro Schiene. Unten ist ein Vergleich zwischen einer 200-W-GaN-Lösung und einer 120-W-Si-Lösung dargestellt. (Bild: Innoscience)

Bild 2 zeigt eine weitere Anwendung, die sich ideal für GaN eignet. Bei einem 150-W-Schienenstrahler ist ein LED-Treiber auf Si-Basis entweder zu lang oder zu breit. Mit GaN lässt sich eine 200-kHz-PFC+LLC-Lösung mit den Maßen 15 mm × 15 mm × 200 mm einsetzen, die perfekt in die Halterung passt. Außerdem ist die Lösung von Innoscience vier Prozent effizienter, was zu einer Einsparung von 6 W pro Schiene führt.

Darüber hinaus ist unten in Bild 2 ein direkter Vergleich zwischen einer 200-W-GaN-Lösung und einer 120-W-Si-Lösung dargestellt. Hier zeigt sich, dass die GaN-Lösung 37 Prozent kürzer und 57 Prozent flacher ist als die Si-Lösung.

Weitere Beispiele sind in Bild 3 aufgeführt: ein 300-W-Fernseher, bei dem ein klobiges Netzteil das Profil des ansonsten schlanken Geräts stören würde, wird nun von einer GaN-basierten Lösung mit den Abmessungen 220 mm × 180 mm × 8,5 mm mit Strom versorgt; ein 1000-W-DC/DC-Wandler, der 70 Prozent kleiner und effizienter ist als ein 600-W-Si-basierter Wandler; die allgegenwärtigen 20- bis 240-W-Ladegeräte und weitere Anwendungen für Wechselrichter, Motortreiber, Solarenergie etc.

Bild 3: Viele Anwendungen profitieren durch GaN.
Bild 3: Viele Anwendungen profitieren durch GaN. (Bild: Innoscience)

Bisher haben wir uns mit diskreten GaN-Lösungen befasst, die aufgrund ihrer Designflexibilität bevorzugt werden. GaN erfordert jedoch ein gewisses Design-Know-how (das leicht verfügbar ist) sowie einen GaN-Treiber, Schutzschaltungen und andere Komponenten wie einen Messwiderstand zum Auslesen des Stroms (Bild 4).

Während diskrete Lösungen für viele Anwendungen praktikabel sind, bietet Innoscience nun eine Reihe integrierter Lösungen für Entwickler an, die GaN in Serie verwenden und die Vorteile so einfach wie möglich nutzen wollen. SolidGaN-Bauteile vereinen Leistungstransistor, Treiber, Stromsensor und andere Funktionen in einem branchenüblichen 6 mm × 8 mm QFN-Gehäuse. Die 700V-ISG610x-Reihe deckt den Bereich von 140 bis 450 mΩ ab, spart Platz auf der Leiterplatte und verkleinert die Stückliste. Gleichzeitig erhöht sich der Wirkungsgrad und das Design für USB-PD-Ladegeräte, LED-Beleuchtung, AC/DC- und DC/DC-Stromversorgungen sowie PFC-, QR-Flyback-, ACF-, Halbbrücken- und Vollbrückenschaltungen vereinfacht sich. Die integrierten Bausteine verfügen über einen weiten UCC-Bereich von 9 bis 80 V, was bei USB-PD-Anwendungen, die eine Ausgangsspannung von bis zu 28 V erfordern, von Vorteil ist.

Bild 4: Aufbau diskreter GaN-Schaltkreise
Bild 4: Aufbau diskreter GaN-Schaltkreise (Bild: Innoscience)

Die ICs der ISG610x-Reihe zeichnen sich durch einen geringen Ruhestrom von 115 µA aus. Dafür sorgt ein automatischer Standby-Modus, der aktiviert wird, wenn die PWM-Signalspannung für eine bestimmte Zeit unter UPWM_LO bleibt. Während dieser Zeit wird der Großteil der internen Schaltkreise abgeschaltet, was den Energieverbrauch reduziert. Geräte können so die Leerlauf- und Niedriglastspezifikationen von Regulierungsbehörden wie Energystar erfüllen.

Die verlustfreie Stromerfassung mit sieben Prozent Genauigkeit der neuen SolidGaN-Bauelemente bietet mehrere Vorteile. Erstens kann ein größerer RDS(on) ohne Leistungseinbußen untergebracht werden, da der Verlust des Strommesswiderstands entfällt, was die Kosten senkt. Zweitens verringert sich die Anzahl der Komponenten, und der Platzbedarf auf der Leiterplatte reduziert sich. Die Bausteine bieten auch eine programmierbare Einschalt-/Anstiegsgeschwindigkeit, um elektromagnetische Störungen (EMI) zu minimieren. Ein interner linearer Spannungsregler sorgt für eine 6,5-V-Versorgung, was die Energieeffizienz maximiert und die Zuverlässigkeit des GaN-HEMTs gewährleistet. Schließlich ist das IC mit integriertem Schutz gegen Unterspannung (UVLO), Überstrom (OCP) und Übertemperatur (OTP) ausgestattet.

Preis und Zuverlässigkeit

Angesichts derart bedeutender Vorteile und einer breiten Verfügbarkeit in einem ständig wachsenden Angebot an Bauteilen, das neuen Anwendungen gerecht wird, könnte man sich fragen, warum ein Entwicklerteam nicht auf GaN umsteigen sollte. Die Antwort ist einfach, basiert jedoch auf überholten Missverständnissen in Bezug auf Preis und Zuverlässigkeit.

Bild 5: Die neuen integrierten GaN-ICs von Innoscience sind einfach zu verwenden
Bild 5: Die neuen integrierten GaN-ICs von Innoscience sind einfach zu verwenden. (Bild: Innoscience)

Auf der Grundlage allgemein zugänglicher Daten zeigt Bild 6, dass die InnoGaN-GaN-HEMTs von Innoscience jetzt preislich mit Silizium konkurrenzfähig sind. Darüber hinaus bietet GaN die Möglichkeit, weitere Kosten auf Systemebene einzusparen, da der höhere Wirkungsgrad die Baugröße verringert – und damit die Kosten der erforderlichen passiven und magnetischen Bauelemente.

Innoscience ist es gelungen, durch Investitionen in seine 8-Zoll-GaN-on-Si-Fabs wettbewerbsfähige Preise für GaN-Bauelemente zu erzielen und so enorme Skaleneffekte zu nutzen. Da das Unternehmen alle wichtigen Fertigungsprozesse, einschließlich Epitaxie, selbst kontrolliert, erzielt es konstant hohe Erträge.

In Sachen Zuverlässigkeit lässt sich feststellen, dass GaN zwar neu erscheinen mag, aber in Wirklichkeit schon seit über 20 Jahren existiert und gut erforscht und verstanden ist. Die Bauelemente werden jetzt gemäß dem JEDEC-Standard und dessen Richtlinien für Bauelemente mit breiter Bandlücke (WBG; Wide-Bandgap) getestet (JEP 180). Dabei werden sie unter Schaltbelastung beansprucht, um reale Anwendungen zu simulieren. Das Unternehmen führt zudem weitere extrapolierte Lebensdauertests durch, darunter HTGB (jenseits der maximalen Gate-Spezifikationen) und HTRB (jenseits der maximalen Off-State-Drain-Spannungsspezifikationen).

Bild 6: Vergleich des Preises von Silizium-Superjunction-/SJ-Bauelementen und InnoGaN.
Bild 6: Vergleich des Preises von Silizium-Superjunction-/SJ-Bauelementen und InnoGaN. (Bild: Innoscience)

Fazit

Diskrete als auch integrierte GaN-Bauelemente werden immer mehr verfügbar und zielen auf immer mehr Anwendungen ab. GaN ermöglicht kleinere, leichtere, effizientere und einfachere Leistungswandler und Power-Management-Lösungen durch eine verkleinerte Stückliste. Die Bauelemente haben sich als zuverlässig erwiesen, und es fallen bei der Umstellung auf GaN keine Mehrkosten an – zumindest bei den Bauelementen von Innoscience. (neu)

Autor

Dr. Denis Marcon, General Manager, Innoscience Europe

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