Major Boothroyd ist wohl eine der wichtigsten Figuren der Science-Fiction-Filmgeschichte. Sagt Ihnen nichts? Eigentlich schade, denn seinen wohl besten Kunden kennen Sie bestimmt. Und der wäre ohne Major Boothroyd schon bei seinem ersten Einsatz gestorben, und wir könnten nicht seit 1951 zuschauen, wie er seine aktuelle Herzensdame und nebenbei auch meistens noch die Welt rettet.
Aber vielleicht kennen Sie Major Boothroyd auch einfach als Q, und der ist verantwortlich für die Ausrüstung von James Bond. Von ihm erhält James Bond unter anderem seine Waffen und Dienstwägen. Leider bringt 007 sie trotz Qs eindringlichen Bitten, nie intakt zurück. Vielleicht hat es deshalb so lange gedauert, bis wir einige seiner Erfindungen so ähnlich in der Realität nutzen konnten.
Das Hirn hinter dem Hirn: Filmarchitekt Ken Adam
Hinter jedem Actionheld steckt einer, der ihn mit Ausrüstung unterstützt, und hinter jedem, der einen Actionhalden mit Ausrüstung unterstützt, steckt ein kreativer Filmarchitekt: Bei Q war das in den ersten sieben Filmen der gebürtige Berliner Ken Adam. Der zweifache Oscar-Gewinner hat das Genre seit dem ersten Abenteuer von James Bond geprägt. Dabei orientierte er sich stets am aktuellen Stand der Technik: bei James Bond kommen oft tatsächliche Erfindungen vor, die wir uns im Folgenden ansehen und bewerten. Dabei hat Q James Bond im Laufe der Zeit mit zahlreichen technischen Gadgets wie Autos, Handy und Uhren ausgestattet – insgesamt sind es inzwischen über 190. Leider kann ich in diesem Beitrag nicht auf alle eingehen, aber dennoch will ich Ihnen keines vorenthalten. Deshalb können Sie in diesem Video alle Gadgets sehen, die Q jemals für 007 entwickelt hat. Vielleicht wird ja das ein oder andere noch so oder so ähnlich zum „Science-Fakt“.
Alle Bond-Gadgets auf einen Blick
Seiner Zeit stets voraus: Q nutzt den Laser
Q war damit seiner Zeit oft weit voraus. So soll 007 in „Goldfinger“ 1954 mit einem Laserstahl getötet werden.
Diese Technologie stand zu der Zeit allerdings noch am Anfang, erst vier Jahre zuvor wurde der erste Laser entwickelt, der auf einem Rubin-Kristall basierte. Die Laser, die 1964 verfügbar waren, hatten weder die erforderliche Leistung, um Metalle effizient zu schneiden, noch gab es die erforderlichen optischen Komponenten, um einen Laserstrahl auf einen kleinen Punkt zu fokussieren.
Es dauerte einige Jahrzehnte, bis leistungsstarke CO2-Laser und Faserlaser entwickelt wurden, die in der Lage waren, Metalle mit hoher Präzision zu schneiden. Inzwischen sind diese Laserschneidetechnologien in verschiedenen Industrien weit verbreitet, einschließlich der Metallverarbeitung, Automobilindustrie und Luft- und Raumfahrt.
Science-Fact statt Science-Fiction
Der technikbegeisterte langjährige Bond-Produzent Albert „Cubby“ Broccoli sprach bei den 007-Filme von Science-Fact statt von Science-Fiction. Denn, so Broccoli: „Man kann mit den bestehenden technischen Möglichkeiten alles machen, vorausgesetzt man investiert entsprechende Summen in ihre Entwicklung“.
Q und der wohl erst OLED-Display
Auch bei anderen Technologien war Q seiner Zeit voraus, wie bei dem Rasierapparat mit einem (damals einfarbig blauen) Display aus leuchtenden organischen Molekülen in “Stirb an einem anderen Tag“. Inzwischen gelten OLED-Display als die beste aktuell Verfügbare Display-Technologie. Ob sich Q ausgerechnet blaue OLEDs ausgesucht hat, die mit hohem Wirkungsgrad und stabiler Geräteleistung besonders schwer zu realisieren sind, da er geahnt hat, dass wir auch dieses Problem eventuell bald lösen können, bleibt sein Geheimnis.
Autotelefon mit Pager: fast ein Handy
1973 stellte ein Entwicklerteam bei Motorola um Martin Cooper und Chefdesigner Rudy Krolopp den ersten Prototyp eines Mobiltelefons her. In dem Jahr telefonierte James Bond noch mit einem fest im Auto installiertes Telefon. Dieses hatte er bereits 1963 in „Liebesgrüße aus Moskau“, zu einer Zeit, als Autotelefone noch längst nicht zur Massenware gehörten. Bond nutzte es in Kombination mit einem anderen, für die damalige Zeit bemerkenswerten Kommunikationsgerät: einem Pager. Der MI6 gab ihn an seine Agenten aus, damit es diese im Einsatz leicht kontaktieren konnte. So ein Funkmeldeempfänger wurde in der Realität im Jahr 1950 eingeführt. Bond funktionierte der Pager nur in eine Richtung: es piepste, wenn jemand Bond erreichen wollte. Zurückrufen musste 007 dann auf seinem Autotelefon.
Fahrzeugfernsteuerung und Schlüsselnachmachfunktion: Das wahrscheinlich erste Smartphone der Welt
Einige Jahre später nutzte Bond dann tatsächlich ein Handy. 1997 versorgt Q ihn mit einem Gerät, mit dem er sogar sein Auto fernsteuern konnte. Was damals noch Science-Fiction pur war, ist aktuell durchaus realisierbar, allerdings in Anbetracht der Entwicklung von selbstfahrenden Autos nicht unbedingt ein vielversprechender Zukunftsmarkt. Aber Bonds Handy hatte noch mehr drauf: es konnte per Knopfdruck Schlüssel nachmachen und verfügte neben einem TASER auch über einen Fingerabdruck-Scanner. Ob ein TASER aus Gewichts- und Sicherheitsgründen in einem Handy Sinn macht, ist fraglich, möglich wäre es mit Sicherheit. Ein Fingerabdruck-Scanner wie in „Diamantenfieber“ 1971 dagegen ist inzwischen Realität. Um einen Fingerabdruck zu fälschen verwendete Bond damals aufgeklebte Fingerabdruck-Kopien aus Latex – heute würde er das eher über entsprechende Algorithmen machen, wie die Hacker des Chaos Computer Clubs. Diese haben 2014 den Abdruck des Daumens von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gefälscht. Dafür entnahmen sie Daten eines hochaufgelösten Fotos der Hand der Ministerin.
Später verwendet Bond ein Smartphone, das über Funktionen verfügt, die aktuell auch durchaus möglich und oft auch verfügbar sind: Ortung und Tracking, Fotografieren und Scannen, Steuerung anderer Geräte, Recherche, Identifizierung von Personen anhand von Fingerabdrücken oder Gesichtserkennung und sogar Telefonieren.
Mehr als nur die Zeit ablesen: Uhren bei James Bond
Dass man mit einer Uhr mehr machen kann, als die Zeit ablesen: das war Q bereits lange vor Apple klar. 1965 integrierte er in Bonds Uhr eine Geigerzähler zum Finden von Atombomben. Auch wenn Zeitmesser mit Germanium-Detektoren in kleinen Stückzahlen tatsächlich verkauft wurden, hat sich dieses Gadget in der Realität nicht durchgesetzt.
Uhr als Waffe oder Smart-Watch: Science-Fiction und Realität
Im Laufe der Zeit kamen immer weitere Funktionen dazu. Insbesondere die, die zur Verteidigung dienen, wie eine Kreissäge, ein Fernzünder oder ein Abschussgerät für einen Enterhaken, haben keinen Einzug in den Alltag erhalten und viele sind auch heute noch schlicht nicht umsetzbar. Zum Beispiel lässt sich ein Laser, der mit Temperaturen von bis zu 5000 °C Gegenstände durchschneidet, aus mehreren Gründen nicht in eine Armbanduhr integrieren. Zum einen könnte die Batterie nicht annähernd die benötigte Leistung liefern, um Metall zu schneiden, zum anderen würde wohl niemand eine solche Uhr noch am Handgelenkt tragen können, denn dafür wäre sie inklusive des benötigten Kühlsystems viel zu groß. Auch ein integrierter Elektronmagnet, der stark genug ist, um damit Pistolenkugeln abzulenken, kann aus Energie- und Größengründen aktuell nicht in eine Armbanduhr integriert werden. Echte Agenten müssen also auch in Zukunft noch Reißverschlüsse mit der Hand öffnen.
Allerdings hatten Bonds Uhren im Laufe der Zeit immer mehr Funktionen, die so oder so ähnlich tatsächlich in aktuellen Smart-Watches vorhanden sind. Die Minipresse zum Ausdrucken von Kurznachrichten von 1977 hat sich zwar nicht durchgesetzt, allerdings konnte Bond mit seiner Uhr vier Jahre später bereits kurze Nachrichten auf dem Display anzeigen und mit einem integrierten Mikrofon telefonieren. Die Uhr, die Bond 1993 von Q bekam verfügte wie unsere aktuellen Smart-Watches über eine integrierte Kamera und diente darüber hinaus als Ortungsgerät.
Und was kann jede Uhr, die Bond von Q bekommt noch? „Sie zeigt die Zeit an. Das sollte Ihnen mit Ihrem Pünktlichkeitsproblem helfen.“
Mehr als nur Fahren: Bonds Autos
Genauso wenig wegzudenken, wie die Uhren sind aus den Bond-Filmen die Autos – und auch hier war Q immer up to date oder sogar seiner Zeit voraus. 1963 hatte Bonds Auto immerhin schon ein Autotelefon, damals durchaus noch nicht Massenware.
Der Aston Martin DB5 – Das wohl berühmteste Auto der Welt
In Goldfinger (1964) übergibt Q Bond dann den Aston Martin DB5 – das wohl berühmteste Auto der Welt.
Neben drehbaren Nummernschildern, schusssicheren Scheiben, Nebelwand- und Ölteppichdüsen und einem Maschinengewehr, enthält es etwas, um das Bond auch heute noch viele Autofahrer beneiden, die unter ihren nervigen, besserwisserischen Beifahrern leiden: einen Schleudersitz. Leider hat sich dieser bei unseren aktuellen Fahrzeugen nicht durchgesetzt. Falls Sie sich dennoch für die Technik interessieren, wird sie im folgenden Kasten kurz erklärt, allerdings anhand eines Militärflugzeugs, wo solche Sitze tatsächlich zum Einsatz kommen.
Wie funktioniert ein Schleudersitz?
Der Vorgang beginnt, wenn der Pilot den Schleudersitz aktiviert, meist durch Ziehen an einem Griff. Damit löst er ein Signal aus, dass an das Steuermodul des Schleudersitzes gesendet wird. Das Steuermodul koordiniert die zeitliche Abfolge der nachfolgenden Aktionen. Zunächst wird im Flugzeugen die Kanzelhaube (Kanopy) mittels Sprengbolzen oder anderer Mechanismen entfernt. In anderen Fällen ist der Sitz so konstruiert, dass er durch die geschlossene Kanopy brechen kann. Pyrotechnische Ladungen, die elektrisch gezündet werden, erzeugen eine kontrollierte Explosion, die den Sitz mit großer Kraft nach oben treibt. Sobald der Sitz das Flugzeug verlassen hat, sorgen kleine Steuerdüsen oder Stabilisatoren dafür, dass der Sitz und damit der Pilot stabil bleiben und nicht ins Trudeln geraten. Nach einer vorprogrammierten Zeit oder einer bestimmten Höhe öffnet sich automatisch ein Fallschirm. In modernen Systemen kann diese Auslösung auch durch Sensoren gesteuert werden, die die Höhe und Geschwindigkeit messen. Sobald der Fallschirm vollständig geöffnet ist, wird der Pilot automatisch oder manuell vom Sitz getrennt, damit er sicher am Fallschirm hängend landen kann.
Das Auto als Waffe und die wohl effektivste Diebstahlsicherung
Im Laufe der Zeit entwickelte Q für Bonds Autos weitere Waffen und Verteidigungsvorrichtungen, wie zum Beispiel Minenwerfer, Boden-Luft-Raketen und diverse Diebstahlsicherungen. Dabei hat sich die Variante, bei der das Auto kurzerhand in die Luft fliegt, sollte jemand versuchen, es zu stehlen, in der Realität nicht durchgesetzt, ich denke, vor allem Versicherungen hätten damit wohl ein Problem. Die Fernsteuerung via Handy – obwohl durchaus realisierbar – wird bei zukünftigen selbstfahrenden Autos eher nicht nötig sein.
Andere Bond-Fahrzeuge: das U-Boot und das unsichtbare Auto
Jeder Bond- (oder Q-)Fan erinnert sich an folgende Szene aus "Der Spion, der ich liebte": In einer wilden Verfolgungsjagd rast Bond in seinem Lotus Esprit über einen Steg direkt ins Wasser. Das Bond-Girl neben ihm schreit auf vor Angst, doch Bond lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Warum auch? Schließlich kann er dank Q sein Auto einfach per Knopfdruck in eine U-Boot verwandeln. Das ist leider eines der Erfindungen von Q die (noch) Science-Fiction sind. Zwar gibt es bereits Amphibienfahrzeuge, die gleichzeitig als Boot dienen, allerdings bewegen diese sich im Wasser stets an der Oberfläche.
Von Fiktion zum Fakt – Was wir von Filmen lernen können
Kennen Sie das auch: Sie schauen einen Science-Fiction-Film an, in dem ein Erfinder eine abgefahrene Technologie entwickelt und Sie fragen sich, ob das nicht auch in Echt funktionieren würde? Mir zumindest geht es sehr oft so, deshalb habe ich beschlossen, meine Lieblings-Elektronik-Entwickler aus Film und Fernsehen mal einem Realitätscheck zu unterziehen.
Was mich überrascht hat, ist, wie viel von dem, was zum Dreh-Zeitpunkt „Science-Fiction“ war, inzwischen so oder zumindest so ähnlich Realität ist. Das kommt nicht von ungefähr, denn viele Filmemacher lassen sich von tatsächlich existierenden aktuellen Technologien inspirieren. Deshalb sprach Bond-Produzenten Albert „Cubby“ Broccoli bei den Erfindungen von Q, dem Waffenmeister von James Bond, auch von „Sciences Facts“.
Leider lassen sich nicht alle Ideen aus den Filmen umsetzen, denn die Elektrotechnik hat Grenzen – unsere Fantasie hingegen nicht. Aber vielleicht können wir das auch als Ansporn sehen, auch das Unmögliche irgendwann möglich zu machen.
Ich bin gespannt, was die Zukunft alles bereithält, sowohl im Film als auch in der Realität. Vielleicht lassen Sie sich von Ihrem nächsten Kinobesuch zu einer bahnbrechenden Entwicklung inspirieren. Und schreiben Sie mir gerne, wenn Sie in einem Film auf einen Elektronik-Entwickler mit interessanten Ideen stoßen, die es wert sind, genauer unter die Lupe genommen zu werden!
Fortsetzung folgt...
Auch um ein weiters Auto beneiden wir James Bond: den Aston Martin V12 Vanquish mit einem einzigartigen Tarnsystem. Q hat es mit Sensoren ausgestattet, die die Umgebung erfassen. Die Bilder der Umgebung werden auf die Oberfläche des Fahrzeugs projiziert, so dass das Auto optisch mit seiner Umgebung verschmilzt und quasi unsichtbar wird. Leider ist das in der Realität nicht möglich. Zwar gibt es Fortschritte in der Technologie der Tarnung, insbesondere im militärischen Bereich. Ein Beispiel ist die Tarnkappentechnologie, die darauf abzielt, die von einem Objekt ausgesandten oder reflektierten Emissionen so zu reduzieren, dass eine Ortung mittels Radar erschwert ist. Ein anderes Beispiel sind Metamaterialien, die Objekte möglicherweise unsichtbar machen könnten, indem sie eintreffende Wellen um diese herum lenken. Allerdings sind aktuelle Tarnkappentechnologien noch weit davon entfernt, Objekte in Echtzeit vollständig unsichtbar zu machen, insbesondere für das menschliche Auge und in einer so dynamischen und vielseitigen Umgebung wie dem Straßenverkehr. Metamaterialien beispielsweise sind bisher hauptsächlich auf Laborumgebungen beschränkt und funktionieren nur unter sehr spezifischen Bedingungen und meist nur für bestimmte Wellenlängen des Lichts. Daher ist die Chamäleon-Funktion des Autos von James Bond aktuell „Science-Fiction“.
Die Autorin: Sabine Synkule
Durch ihr Elternhaus schon von Kindesbeinen an naturwissenschaftlich geprägt, war früh klar, dass Sabine Synkule auch beruflich einmal diese Richtung einschlagen würde. Nach einem Physikstudium und einer Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiterin entschied sie sich schließlich dafür, nicht mehr selbst zu forschen, sondern über die Ergebnisse der Forschung anderer zu berichten. So ist sie schließlich im Fachjournalismus gelandet und dort für die Bereich Messtechnik, Sensoren und Stromversorgung zuständig. Deshalb – und weil sowieso niemand ihren Nachnamen richtig ausspricht – wird sie auch gerne als die Power-Frau von Hüthig vorgestellt. Privat würde niemand auf die Idee kommen, dass ihr Beruf etwas mit Technik zu tun hat. So fragt sie keiner ihrer Bekannten jemals um Rat, wenn einmal ein Fernseher oder Computer kaputt ist. Ihre Expertise wird nur bei der Umsetzung aufwändiger Kochrezepte oder dem Erstellen neuer Strick- und Stickmuster eingeholt.