Glasfasern in der Medizintechnik
Mit einer Glasfaserverbindung zur Übertragung von Videosignalen zwischen dem sensiblen medizinischen Bereich und der Außenwelt werden viele Anforderungen gelöst: Große Distanzen, die galvanische Trennung und die hohe Bandbreite für eine Darstellung ohne Kompromisse. Der Einsatz ist problemlos, da konventionelle Schnittstellen einfach durch die optischen Äquivalente ersetzt werden können.
In der Medizintechnik sollen oft Live-Bilder einer Operation oder Aufnahmen von anderen medizinischen Geräten (zum Beispiel MRT, Endoskop, Zahntechnik) über größere Entfernungen übertragen werden: Die Daten werden am Patienten erfasst und der Bildverarbeitungsrechner steht abseits in einem Technikraum. Dort erzeugt Software aus den gemessenen Daten ein Bild. Die Daten werden mit leistungsfähigen Algorithmen aufbereitet und gefiltert. Bei Bedarf können sie markiert oder eingefärbt werden.
Der Arzt steht jedoch neben dem Patienten; dort befindet sich auch der Bildschirm, mit dem die Diagnose erstellt wird. Der Bildrechner mit seiner leistungsfähigen Hardware steht geschützt in einem separaten Raum. Vom Ausgang seiner Grafikkarte müssen die Daten zum Bildschirm übertragen werden. Hier stellen sich zwei Aufgaben: Die Distanz ist in der Regel größer, als sie mit direkter Übertragung überbrückt werden kann, und zum anderen muss eine Potenzialtrennung vorgesehen werden, die nicht nur für sichere elektrische Pegel am Patienten sorgt, sondern auch Brummschleifen über die Masseleitung und die damit verbundenen Ausgleichsströme verhindert. Siehe dazu Bild 1.
Geeignete Übertragungsstrecke
Grundsätzlich muss die Übertragungsstrecke für die Anwendung in der Medizin geeignet sein. Dazu gehören die elektrische Sicherheit, die Zuverlässigkeit und die mechanische Stabilität. Schließlich könnte die Leitung, falls temporär auf dem Boden verlegt, von einem Bett oder einem Gerätewagen überrollt werden oder ist in einem Arm verlegt, der vom Operateur ständig in eine neue Position gebracht werden muss. Für hochauflösende Bildschirme braucht die Übertragung der Daten eine hohe Bandbreite mit gleichzeitig niedriger Latenz. Falls ältere Systeme aufgerüstet werden, kann eine Rückwärtskompatibilität von Vorteil sein. Bei Applikationen wie MRT (Magnetresonanztomographie), die mithilfe eines starken Magnetfeldes und Hochfrequenz arbeitet, darf kein ferromagnetisches Material verwendet werden. In einem elektrischen Leiter in der Nähe des Magneten wird (bei Bewegung) eine Spannung induziert, die zur Verfälschung des Signals oder Zerstörung der Komponenten der Bildübertragung führen würde.
Technologievergleich
Bild 2 vergleicht gängige Technologien, die Bildschirme an Rechner anbinden. Kupferkabel kann bei kurzen bis mittleren Distanzen eingesetzt werden, bietet je nach Schnittstelle die volle Bandbreite, aber keine galvanische Trennung. Wird mit modulierten Signalen nach dem „HDBaseT“-Standard gearbeitet, müssen die Signale an Quelle und Senke jeweils gewandelt werden. Die überbrückbare Distanz ist groß und die Kabelkosten sind gering, da herkömmliche CAT-Kabel eingesetzt werden.
Bei einer Funkübertragung ist zunächst zu klären, ob sie in der entsprechenden Anwendung zulässig ist und funktioniert. Im 60-GHz-Band steht die größte Bandbreite zur Verfügung, das Signal braucht aber eine Sichtverbindung, da es Wände nicht durchdringen kann. Im 5-GHz-Band können hochauflösende Signale nur komprimiert übertragen werden und je nach Auslastung durch andere Sender und Empfänger kann der Empfang ins Stocken kommen.
Der Vorteil von IP (Internet Protocol) liegt in der Verwendung herkömmlicher Komponenten aus der Netzwerktechnik wie CAT-Kabel und Switches. Für eine ungestörte Übertragung ist allerdings eine exklusive Nutzung des Mediums (Kabel) unerlässlich. Während 1Gbps mit ähnlicher Kompression wie 5-GHz-Funk arbeitet, steht im 10-Gpbs-Netzwerk eine hohe Bandbreite zur Verfügung. Durch Multicast können mehrere Teilnehmer denselben Datenstrom empfangen und gleichzeitig darstellen. Glasfaser hingegen ist als Ersatz für Kupferkabel als Punkt-zu-Punkt-Verbindung ausgelegt und schneidet in den meisten Disziplinen, außer bei den Kosten, am besten ab. Mit einer Latenz so niedrig wie bei einer Standardverbindung über Kupferkabel, ist sie Champion bei Distanz, galvanischer Trennung zwischen Medizin und Technik, und bietet gleichzeitig die höchste Bandbreite, wodurch Artefakte vermieden werden.
Bei allen Lösungen, die nicht direkt das Kupferkabel ersetzen, muss der Aufwand für die Integration berücksichtigt werden. Kann der Ausgang der Grafikkarte nicht verwendet werden, muss ein Treiber das Signal abfangen und zum Beispiel im Fall von IP im Speicher ablegen und paketweise übertragen. Ob die Grafikkarte in diesem Fall das Rendering übernehmen kann, hängt von der Implementierung ab.
Kompression der übertragenen Daten
Je höher die Auflösung, die Framerate und die Farbtiefe, desto höher muss die Bandbreite des Übertragungskanals sein. Wo sie nicht ausreicht, werden die Daten vor der Übertragung komprimiert und vor der Darstellung wieder dekomprimiert. Dazu gibt es verschiedene Verfahren, die hier nicht näher dargestellt werden sollen. Bei medizinischen Anwendungen gerade im Operationssaal werden die geringsten Kompromisse eingegangen. Das Verfahren darf keine Artefakte, also Auffälligkeiten an Kanten oder homogenen Flächen, erzeugen und muss mit möglichst geringer Latenz (Zeitverzögerung durch Kompression und Dekompression) arbeiten. Dabei muss zwischen Aufwand zur Berechnung beziehungsweise Implementierung in Hard- und Software und erzielbarer Bildqualität abgewogen werden. Gute Beispiele sind DSC und ALVC.
Auf der nächsten Seite geht es im Detail um die Glasfaserübertragung
Eine Übertragung der Signale über Glasfaser bietet die meisten Vorteile. Sie soll hier näher betrachtet werden. Bild 3 zeigt am Beispiel von DVI, wie die Signale über die Glasfaserleitung übertragen werden. DVI verwendet vier elektrische Kanäle, die die drei Primärfarben rot, grün und blau sowie den separaten Takt übertragen. Jeder Kanal wird von einer Laserdiode in Licht umgesetzt. Im Sender strahlen vier Laserdioden auf unterschiedlichen Wellenlängen in die Glasfaser ein, und im Empfänger nehmen vier Fotodioden nach Wellenlänge gefiltert die Signale entgegen und setzen Licht in elektrische Signale um.
Hohe Bandbreite mit Displayport
Die Displayport-Schnittstelle bietet die höchste Bandbreite, einen robusten Stecker, der Rückwärtskompatibilität bei Bedarf und der Betriebssicherheit durch Link Training. Bild 4 zeigt den Aufbau einer DP-Übertragung mithilfe einer Glasfaser. An den Ausgang der Bildquelle wird ein Wandler angeschlossen, der die Displayport-Signale der Grafikkarte übernimmt. Dies sind die vier Lanes für die Grafikdaten, der Aux-Kanal und Steuerleitungen. Displayport stellt außerdem an Quelle und Senke einen Ausgang zur Verfügung, mit dem die Wandler gespeist werden, externe Netzteil entfallen. In Bild 5 ist die Ausführung einer solchen Übertragungsstrecke zu sehen. Grafik und Aux-Kanal werden über nur eine Glasfaser übertragen.
Anbindung eines Monitors mit Touch Screen und USB-Hub
Die Bandbreite der Glasfaser ist so groß, dass neben hochauflösenden Grafiksignalen noch ausreichend Bandbreite für die Übertragung von Seitenkanälen wie zum Beispiel USB 3.1 Superspeed und Zweikanal-Audio bleibt. So kann ein voll ausgestatteter Monitor mit Touchscreen und Tonausgabe abgesetzt mit nur zwei Glasfasern mit der Quelle verbunden werden, siehe Bild 6. Ein USB-Hub innerhalb des Monitors verteilt die Signale an weitere Peripheriegeräte, die an denselben, geschützten Stromkreis wie der Monitor angeschlossen sind. Bild 7 zeigt eine Komplettlösung, wie sie von Opticis angeboten wird.
Glasfaser-Komplettlösung im Operationssaal
Die Sammlung und Verteilung von Videosignalen unterschiedlicher Quellen kann im Operationssaal effektiv mit Glasfaser-Leitungen durchgeführt werden. Bild 8 zeigt eine beispielhafte Integration. Verschiedene Bildquellen sind mit ihren spezifischen Schnittstellen (auch SDI, FBAS, Analog RBG) über Kupferkabel an einen lokalen Wandler, im Diagramm mit „Scaler TX“ bezeichnet, angeschlossen. Er bringt die in Auflösung und Timing verschiedenen Signale auf einen einheitlichen Standard für die Glasfaserübertragung zum Beispiel Full HD, 60 Hz. Dieses Signal kann dann nach elektro-optischer Wandlung nahezu beliebig weit übertragen werden. Am anderen Ende der Signalkette kann es entweder direkt in einen Monitor eingespeist werden, oder als eines von mehreren Signalen in eine Matrix. Die Kreuzschiene verteilt das Signal an den Bestimmungsort zum Beispiel den Diagnosemonitor im Behandlungsraum oder den Kontrollmonitor im Technikraum. Das Signal kann hier abgezweigt und in einem Rekorder zur Dokumentation abgespeichert werden. Die Wandlung in das IP-Format erlaubt die weitere Verteilung über ein Netzwerk, sei es in den Hörsaal, in dem ein Auditorium live das Geschehen verfolgen kann, oder über das Internet an einen entfernt sitzenden Spezialisten, der mit seinen Ratschlägen den behandelnden Arzt unterstützt.
Ausblick
Während für aktuelle Neuinstallationen Full-HD-Formate von UHD-Bildschirmen abgelöst werden, stehen neue Formate bereits in den Startlöchern. Manche Übertragungsmedien erfordern aufgrund ihrer Bandbreite bereits für aktuelle Auflösungen eine Kompression des Bildsignals (zum Beispiel IP 1 GHz, Wi-Fi 5 GHz), während andere wie HDBaseT und Glasfaser-Full-HD dies spielend bewältigen. Die enorme Bandbreite des Glasfaserkanals erlaubt auch UHD-Übertragung ohne Kompromisse wie Farbreduktion, niedrigen Wiederholraten oder Signalkompression. Insbesondere Displayport kann mit den standardisierten DSC-Auflösungen größer 4k mit hoher Farbtiefe (HDR) übertragen, ohne dass Artefakte an Flächen oder Kanten sichtbar werden. Die Glasfasertechnik bietet ausreichende Reserven, um auch mit zukünftigen Entwicklungen wie 8k, HDR und gesteigerter Framefrequenz, wie sie bei AR/VR-Brillen verwendet wird, Schritt zu halten.
(neu)