
Die Textur des Materials lässt sich mit der von Zahnpasta vergleichen. So kann sie auch in einem 3D-Drucker verwendet werden, um die Batterie nach Belieben zu formen. (Bild: Photographer:Thor Balkhed)
Formbare Batterie, flexible Batterie, streckbare Batterie – drei Begriffe, ein Konzept: die redox‑aktive „Electrofluid Cell“ der Universität Linköping. Forschende um Aiman Rahmanudin haben demonstriert, dass sie Akku‑Elektroden verflüssigen können, ohne Kapazität oder Wirkungsgrad einzubüßen. Damit verschwindet das klassische Design‑Dilemma, das höhere Energiedichte bisher mit dickeren, steiferen Feststoffschichten bezahlte. Die Ergebnisse könnten einen deutlichen Innovationsschub für Wearables, Soft‑Robotics und die Milliarden Knoten des Internet‑of‑Things darstellen.
Zahnpasta statt Foliensandwich
Das Herzstück des Systems ist der Wechsel vom Festkörper‑ zum Flüssigparadigma. Anstelle gepresster Metall‑ oder Folienschichten kommen Suspensionen aus leitfähigen Polymeren, ligninbasierten Redox‑Partikeln und Kohlenstoff‑Nanopartikeln in 0,1 M Perchlorsäure zum Einsatz. Die Viskosität wird so eingestellt, dass im Ruhezustand selbstorganisierte Leitnetzwerke entstehen; unter Zug brechen die Kontakte kontrolliert auf, fließen mit und schließen sich nach Entlastung erneut. Laut den Messungen im Science‑Advances‑Paper gibt es eine fünffache Leitwertsteigerung, wenn das Fluid von 0 % auf 500 % Dehnung gestreckt wird – und anschließend nahezu verlustfrei in den Ausgangszustand zurückkehrt.
Nachhaltige Rohstoffe für die mobile Batterie der Zukunft
Kathodenseitig dient chemisch modifiziertes Lignin – ein bislang überwiegend verbranntes Abfallprodukt der Zellstoffindustrie. Die Anode basiert auf Poly(1‑amino‑5‑chloroanthrachinon). Beide Aktivmaterialien werden über in‑situ‑Polymerisation mit PEDOT verschaltet, sodass jedes Partikel eine leitfähige Hülle erhält. Seltene Metalle entfallen; die Hauptbestandteile sind global verfügbar und verbessern die CO₂‑Bilanz deutlich. Die viskose Mischung lässt sich direkt extrudieren, 3‑D‑drucken oder als leitfähiges Filament in Textilien einspinnen.
Technische Leistungsdaten der flexiblen Batterie
Der am 11. April 2025 veröffentlichte Fachartikel beschreibt Zellen mit 92 mm³ Elektrofluid, die eine Nennspannung von 0,9 V erreichen. Nach 500 Lade‑/Entladezyklen verbleiben 85 % der Anfangskapazität. Selbst bei 100 % axialer Dehnung ändert sich die Leistungsabgabe kaum. Möglich macht das ein zweilagiger Stromsammler aus Silbernanodrähten und einem Graphit‑Elastomer, dessen Widerstand unter fünffacher Zugbeanspruchung nur um einen Faktor < 5 ansteigt. Eine hierarchisch poröse SIBS‑Separator‑Membran verhindert Partikel‑Crossover und lässt Protonen nahezu verlustfrei passieren.
Kapazität ohne Steifigkeitszuwachs
Ein zentrales Ergebnis, das in der Pressemitteilung fehlt: Die Kapazität wächst nahezu linear mit dem Fluidvolumen, während die axiale Steifigkeit konstant bleibt. Klassische Stretch‑Batterien verzeichnen hier einen Zielkonflikt – mehr Aktivmasse führt zu höheren Biegemomenten. Im Electrofluid‑Ansatz wird die Mechanik stattdessen über die Viskosität gesteuert und lässt sich unabhängig von der Energiedichte anpassen.

Welche Probleme gibt es noch mit der Batterie?
Die aktuelle Zellspannng von 0,9 V reicht für Low‑Power‑Sensorik, Bluetooth‑Beacons oder implantierbare Medizintechnik. Für energiehungrigere Anwendungen prüfen die Forschenden Lignin/Zink‑ und Lignin/Mangan‑Paare, die bis zu 1,3 V versprechen. Außerdem begrenzt die langsame Degradation der Quinon‑Gruppen bei sehr niedrigen Strömen noch die Coulomb‑Effizienz – hier sollen optimierte Elektrolyte und Antioxidantien Abhilfe schaffen.
Potenzial für Wearables und Soft‑Robotics
Medizinische Patches, E‑Textilien oder weiche Greifer – überall dort, wo starre Batterien versagen, bietet das flüssige Konzept neue Freiheitsgrade. Weil Form und Kapazität entkoppelt sind, kann der Energiespeicher als dünne Hautschicht, als flexibles Garn oder als viskoses Füllmaterial eines Soft‑Robot‑Arms integriert werden. Künftig bestimmt also das Produktdesign die Zellform, nicht umgekehrt – eine Perspektive, die das Wachstum der vernetzten Gerätewelt erheblich beschleunigen dürfte.
Der Autor: Dr. Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.
The Automotive Battery Congress

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