Störsicherheit für kritische Systeme gewährleisten

Wie EMV-Tests Raumfahrttechnik absichern

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Elektromagnetische Störungen stellen eine ernstzunehmende Gefahr für Raumfahrtsysteme dar.
Elektromagnetische Störungen stellen eine ernstzunehmende Gefahr für Raumfahrtsysteme dar.

Elektromagnetische Störungen stellen eine ernstzunehmende Gefahr für Raumfahrtsysteme dar. Um die Störfestigkeit kritischer Bordelektronik zuverlässig zu gewährleisten, sind normgerechte EMV-Prüfungen unerlässlich.

Elektronische Systeme in Satelliten und Raumfahrzeugen sind einer Vielzahl elektromagnetischer Einflüsse ausgesetzt. Hochfrequenzstörungen (EMI) durch Bordelektronik, externe Funkquellen oder Sonnenwinde können Signalstörungen verursachen. Kosmische Strahlung und geladene Teilchen im Orbit können zu Datenfehlern (z. B. Bit-Flips) oder Bauteilschäden führen. Auch terrestrische Funkquellen, etwa Bodenstationen oder Radar, können in Kommunikationssysteme einstrahlen und deren Leistung beeinträchtigen.

Normen und Standards für EMV in der Raumfahrt

Strenge Raumfahrtnormen wie ECSS-E-ST-20-07C und militärische Standards wie MIL-STD-461 legen Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) von Raumfahrtsystemen fest. Sie definieren Grenzwerte für abgestrahlte und leitungsgebundene Emissionen sowie die Störfestigkeit gegenüber externen elektromagnetischen Einflüssen, um eine zuverlässige Funktionalität auch unter extremen Bedingungen sicherzustellen.

Tabelle 1: Typische EMV-Störquellen in Raumfahrtsystemen
Tabelle 1: Typische EMV-Störquellen in Raumfahrtsystemen.

Elektromagnetische Störungen betreffen verschiedene Subsysteme von Raumfahrzeugen in unterschiedlichem Ausmaß. Besonders empfindliche Komponenten sind in Tabelle 2 aufgelistet.

Tabelle 2: Betroffene Raumfahrtsysteme und ihre Anfälligkeit für EMV-Störungen
Tabelle 2: Betroffene Raumfahrtsysteme und ihre Anfälligkeit für EMV-Störungen.

Durch gezielte EMV-Prüfungen lassen sich diese potenziellen Probleme frühzeitig identifizieren und durch geeignete Korrektur- und Schutzmaßnahmen minimieren.

Welche Messtechnik entlarvt gefährliche Störquellen?

Zur Analyse abgestrahlter Hochfrequenzemissionen werden unter anderem Spektrumanalysatoren eingesetzt, die über einen weiten Frequenzbereich arbeiten (MHz bis GHz). Diese ermöglichen es, kontinuierliche sowie transiente Störsignale zu detektieren, die durch digitale Hochgeschwindigkeits-Schaltungen, Taktgeneratoren oder Hochfrequenzsender entstehen. Echtzeit-Spektrumanalysatoren bieten die Möglichkeit, kurzzeitige Emissionsereignisse sichtbar zu machen, die mit konventionellen Verfahren nicht zuverlässig erfasst werden.

Die Lokalisation von Störquellen auf Leiterplatten oder Kabelbäumen erfolgt mithilfe von Nahfeldsonden, die elektrische und magnetische Felder erfassen. Dadurch können ungewollte Kopplungen und Schwachstellen im PCB-Layout aufgedeckt werden, um gezielte Abschirmmaßnahmen oder Designoptimierungen vorzunehmen.

Leistungsfähige Oszilloskope kommen ebenfalls bei der EMI-Fehlersuche zum Einsatz, indem ihre FFT-Funktion (Fast Fourier Transformation) eine detaillierte Signalanalyse im Frequenzbereich ermöglicht. FFT-verwandte Zusatzfunktionen wie Frequenzmaskentrigger oder Spitzenwertlisten unterstützen insbesondere auch die Identifikation von sporadisch auftretenden Emissionsfrequenzen.

Prüfmethoden für leitungsgebundene und HF-Störungen

Neben der Ermittlung eigener Störaussendungen ist die Überprüfung der Störresistenz von Raumfahrtelektronik essenziell, um sicherzustellen, dass Systeme unter realistischen elektromagnetischen Bedingungen zuverlässig arbeiten.

  • Leitungsgebundene Störungen: Elektronische Systeme können durch EMV-Störungen über Kabelverbindungen beeinträchtigt werden. In leitungsgebundenen Störfestigkeitstests werden HF-Störsignale gezielt in Strom- und Signalleitungen eingekoppelt, um die Immunität gegen elektromagnetische Einflüsse zu testen. Netzwerkanalysatoren dienen dazu, die Übertragungseigenschaften von HF-Signalen innerhalb der Schaltung zu bewerten und Reflexionen oder unerwünschte Resonanzeffekte frühzeitig zu identifizieren.
  • Hochfrequenzbestrahlung: Um die Widerstandsfähigkeit gegen elektromagnetische Strahlung zu bewerten, werden Systeme kontrollierten Hochfrequenzfeldern ausgesetzt. Dies simuliert reale Bedingungen im Orbit, in denen externe HF-Quellen wie Satellitenkommunikation oder terrestrische Radarsysteme Einfluss auf die Bordelektronik nehmen können. Hierbei werden gezielte Prüfverfahren genutzt, um mögliche Fehlfunktionen durch HF-Einstrahlung auf Antennen, Verstärker oder digitale Schaltungen frühzeitig zu erkennen.
  • Puls- & Bursttests (ESD-Simulation): In der Raumfahrt sind elektrostatische Entladungen (ESD) eine spezielle Herausforderung. Um die Robustheit elektronischer Systeme gegenüber solchen transienten Hochspannungsereignissen zu bewerten, kommen Impulsgeneratoren zur Simulation von ESD- und Burst-Phänomenen zum Einsatz. Ergänzend wird die Leistungsaufnahme von Bauteilen unter Störbelastung überprüft, um mögliche Schäden oder Funktionsbeeinträchtigungen frühzeitig zu identifizieren.

Fazit

Die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) von Raumfahrtsystemen ist entscheidend für die zuverlässige Funktion von Kommunikations-, Navigations- und Steuerungssystemen im Orbit. Strahlungsbedingte Ladungsverschiebungen, Hochfrequenzinterferenzen zwischen Subsystemen und terrestrische Funkquellen erfordern eine präzise Charakterisierung und Absicherung der Bordelektronik.

Spektrumanalysatoren und Oszilloskope ermöglichen die detaillierte Erfassung und Bewertung von Hochfrequenzstörungen, insbesondere im Bereich der L-, S- und X-Band-Kommunikation. Nahfeldmessungen identifizieren lokale Kopplungseffekte und optimieren das Schaltungsdesign, während HF-Bestrahlungstests die Widerstandsfähigkeit von Subsystemen gegenüber externer Einstrahlung und Selbststörungen durch Bordelektronik validieren. (bs)

Bild: Spektrumanalysatoren und Oszilloskope ermöglichen die detaillierte Erfassung und Bewertung von Hochfrequenzstörungen, insbesondere im Bereich der L-, S- und X-Band-Kommunikation.
Bild: Spektrumanalysatoren und Oszilloskope ermöglichen die detaillierte Erfassung und Bewertung von Hochfrequenzstörungen.

Zuverlässige EMV-Tests sind essenziell, um unerwartete Funktionsstörungen durch leitungsgebundene oder abgestrahlte Interferenzen zu vermeiden und um sicherzustellen, dass Raumfahrtsysteme den Normen entsprechen. Nur durch eine systematische Kombination aus Messtechnik, simulationsgestützten Validierungen und iterativen Optimierungen lassen sich die hohen Anforderungen der Raumfahrtindustrie erfüllen.

Für eine präzise Umsetzung dieser Messaufgaben sind spezialisierte Test- und Messlösungen erforderlich. Als Partner für Messtechnik bietet dataTec Ingenieuren Zugang zu einem breiten Portfolio bewährter Messsysteme für EMV-Analysen in der Raumfahrt. (bs)

Dieser Beitrag beruht auf Unterlagen von Datatec.