Dieter Müller, FED

Dieter Müller vom FED eröffnete die 32. Konferenz in Ulm. (Bild: FED)

Die heimische Leiterplatten- und Baugruppenindustrie steht nach wie vor unter großem internationalen Kosten- und Wettbewerbsdruck. Durch lösungsorientiertes Vorgehen, Kreativität und Flexibilität, geschlossene Prozessketten und klare Geschäftsstrategien können sich kleine und mittelständische Unternehmen in dieser Ära des Wandels erfolgreich am Markt behaupten und neue Chancen nutzen.

Schlüsselthemen für den Erfolg sind zuverlässige Elektronikdesigns, flexible Fertigungsprozesse, umweltschonendere Produktionsmethoden und Materialien sowie hochqualifizierte Fachkräfte. Digitalisierung, Industrie-4.0-Konzepte und KI-Lösungen sind die entscheidenden Werkzeuge, um die Prozesse flexibler, effizienter und widerstandsfähiger zu gestalten sind. Wie dies in der Praxis gelingt, zeigte sich wieder einmal vom 18.-19. September 2024 auf der FED-Konferenz.

FED Konferenz 2024
Großen Anklang fand die diesjährige FED-Konferenz, sodass sich die Veranstalter erneut über zahrlreiche Teilnehmer freuen konnten. (Bild: FED)

Das sind die Gewinner im PCB Design Award

Bereits zum 7. Mal hat der FED alle Leiterplattendesigner in der DACH-Region aufgerufen, eine besonders herausfordernde Arbeit aus ihrem Alltag einzureichen. Der Preis wird vergeben, um innovative und besonders anspruchsvolle Designs zu honorieren, die neue Standards setzen. Typischerweise bewertet die Jury dabei Aspekte wie Designqualität, Funktionalität, Effizienz und die Fähigkeit, komplexe technische Anforderungen zu erfüllen. Besonders im Fokus stehen dabei auch Kriterien wie Miniaturisierung, Signalintegrität und thermisches Management.

Den ersten Platz in der Kategorie 3-D/Bauraum belegte Udo Cochet unter Mitwirkung von Bernard Steinkamp von der Rosen Technologie & Research Center GmbH. Seine Einreichung ist ein Modul zur Erfassung und Abspeicherung von Sensordaten in einem Pipeline-Inspektionssystem, bestehend aus vier gestapelten Baugruppen. Die eingereichte Baugruppe mit 18 Versorgungsspannungen plus ein Massekonzept, dazu ein Ball-Grid-Array mit 0,5/0,65mm Pitch und 361Balls ist das Herz des gesamten Moduls, das in einem Bauraum von knapp 51 x 42 x 35 mm untergebracht ist. Diese Kompaktheit wurde durch einen 12-lagigen Multilayeraufbau mit definierten Referenzlagen erreicht. Ein spezielles Aluminiumprofil leitet die eigene Wärme an die Umgebung ab und dient ebenfalls der Abschirmung.

FED-Award 2024
Die neuen Awards sind nicht nur schwer, sondern auch schön anzusehen. (Bild: FED)

In der Kategorie High-Power ging es um die Herausforderung von sehr hohen Spannungen, Strömen oder Verlustleistungen außerhalb der üblichen Standards und deren Lösungen. Alois Spieß unter Mitwirkung von Heinz Hornung, beide TQ Systems GmbH, freuten sich über ihre Auszeichnung für eine Ansteuerschaltung für einen 3-Phasen Motor. Auf wenig Platz (so groß wie eine 2 Euro Münze) musste eine hohe Leistungsdichte umgesetzt werden: 1000 W aus 48 V! Die bis zu 50 A Gleichstrom wurden auf «nur» 6-Lagen mit 35 µm Kupferfolie realisiert. Um die Verlustleistung zu reduzieren, wurden Bauteile mit der neuen Gallium-Nitrid (GaN) Technologie eingesetzt, welche einen Wirkungsgrad von über 99 % haben. Dadurch konnte im Leistungsteil auf eine Kühlanbindung verzichtet werden.

Das dritte prämierte Design im Bereich High-Density ist eine Hardware-Beschleuniger-Karte mit STX-Chiplets zum Einsatz in energie-effizienten Supercomputern. Thomas Strunz unter Mitwirkung seiner Kollegen Martin Krieger, Matthias Kufner, Diana Pritzel der Zollner Elektronik AG hat auf der Fläche einer halben PCIe-Steckkarte die hohen Anforderungen von PCIe 5.0 in puncto Geschwindigkeit und hochstabiler Stromversorgung realisiert. Die Anforderung war: ein Drittel der gleichen Energiemenge auf der halben Fläche, bei gleicher Performance umzusetzen. Mit umfangreicher Thermo-, sowie Signal- und Power Integrity Simulation wurde die Basis für das Layout geschaffen. Die Simulationsergebnisse wurden zusätzlich mit Testaufbauten validiert. Dadurch gelang das Optimieren der Stromversorgungssysteme mit angepasstem Routing und Placement. Es war somit möglich, den Lagenaufbau von 1-8 auf 12-Lagen zu reduzieren und sogar den Zielpreis um 10% zu unterbieten.

Beste Leiterplattendesigner 2024: v.l.n.r Alois Spieß, Thomas Strunz, Udo Cochet
Das sind die beste Leiterplattendesigner 2024: v.l.n.r Alois Spieß, Thomas Strunz, Udo Cochet (Bild: FED)

Fahren wir bald alle autonom?

Mit einer tiefgreifenden Analyse zum automatisierten Fahren eröffnete anschließend Prof. Dr.-Ing- Steven Peters, Leiter des Fachgebiets Fahrzeugtechnik an der TU Darmstadt, die Fachvorträge der FED-Konferenz. Ein herausragendes Projekt im Rahmen seiner Forschungstätigkeit ist das vollautonome Fahrzeug "autoELF", das im Rahmen des BMBF-Projekts UNICARagil entwickelt wurde. Zusammen mit sieben weiteren Universitäten entstanden insgesamt vier solcher Fahrzeuge, die als wichtige Forschungsplattformen dienen. An der TU Darmstadt arbeiten über zehn Fachbereiche an den Herausforderungen des automatisierten Fahrens, darunter Rechtswissenschaften, Regelungstechnik und Künstliche Intelligenz.

Die Forschung konzentriert sich derzeit auf zwei Anwendungsfälle: automatisierte Lkw und Shuttles, die den öffentlichen Nahverkehr in Randzonen unterstützen sollen. Peters betont, dass automatisiertes Fahren vor allem die Logistik und den ÖPNV verbessern könnte, gerade angesichts des Fachkräftemangels. Im Hinblick auf die Sicherheit sieht er jedoch größere Fortschritte eher in der Weiterentwicklung von Assistenzsystemen, die den Fahrer weiterhin in den Entscheidungsprozess einbinden.

Eine zentrale Herausforderung beim autonomen Fahren ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz, die in einer komplexen, dynamischen Umgebung sicherheitsrelevante Entscheidungen treffen muss. Dies sei laut Peters die schwierigste Aufgabe für eine KI. Im internationalen Vergleich sieht er Deutschland mit Herstellern wie Mercedes und BMW an der Weltspitze, insbesondere durch den Verkauf von Level-3-Fahrzeugen. Während in den USA Unternehmen wie Waymo bereits autonom ohne Sicherheitsfahrer unterwegs sind, geht Peters davon aus, dass es in Deutschland noch einige Zeit dauern wird, bis vollständig autonome Fahrzeuge ohne Sicherheitsfahrer im regulären Stadtverkehr fahren können – eine Entwicklung, die seiner Einschätzung nach nicht mehr in diesem Jahrzehnt abgeschlossen sein wird.

Gut besuchte Vorträge

Das Fachprogramm umfasste vier parallele Workshop-Slots mit insgesamt 48 Fachvorträgen, in denen Experten über die neuesten Herausforderungen und Trends im Elektronikdesign, in der AVT & 3D Elektronik, in der Fertigung sowie im Management berichteten. Auch Themen wie das PFAS-Verbot, KI-Unterstützung in der Fertigung und High Speed Designs standen im Mittelpunkt vieler Vorträge.

Was gibt es Neues beim FED?

Die FED-Homepage wandelt sich. Die Entscheidung, die Verbandshomepage nun in absehbarer Zeit auch in englischer Sprache anzubieten, basiert auf dem Ziel, eine internationale Zielgruppe besser zu erreichen und den Austausch mit Experten und Partnern weltweit zu erleichtern. „Englisch ist die globale Fachsprache in der Elektronik- und Technologiebranche, und durch die Bereitstellung der Inhalte in dieser Sprache können wir unsere Reichweite erhöhen, internationale Kooperationen stärken und den Zugang zu unseren Ressourcen und Informationen für ein breiteres Publikum ermöglichen. Dies unterstützt auch die Positionierung des Verbands als globaler Akteur in einer vernetzten Welt“, so der FED-Vorstandsvorsitzende Dieter Müller. Darüber hinaus verkündete er die Zusammenarbeit von FED und IPC in der 1. Paneuropäischen Elektronik-Design-Konferenz (PEDC), die vom 29.-20.01.2025 in Wien stattfinden wird. Die neue Konferenz ziele darauf ab, die europäische Elektronikindustrie und die wissenschaftliche Gemeinschaft zu vernetzen und die neuesten Entwicklungen im Elektronikdesign unter dem Motto "from silicon-to-systems" zu präsentieren. Die Themen umfassen Entwicklung, Design for Excellence, Software und Tools sowie den Designprozess von elektronischen Systemen. Zwei Tage lang werden Vorträge und Expertenpanels in zwei parallelen Themenblöcken angeboten, die alle Technologien und Prozesse zur Entwicklung und Produktion von elektronischen Baugruppen und Systemen abdecken. Anmeldungen sind bereits unter https://pedc.eu/ möglich.

Die Autorin: Dipl. Ing. Dipl. Wirt. Ing (FH) Petra Gottwald

Petra Gottwald / Redaktion all-electronics
(Bild: Petra Gottwald)

Die Doppel-Ingenieurin (Textiltechnik und Wirtschaft) hat nur ein Ziel: Sie möchte Menschen für technische Themen begeistern - ob sie wollen oder nicht. So kommt es schon 'mal vor, dass sie ihren Freunden die komplexe Herstellung einer Leiterplatte in einer packenden Story erzählt oder wie man Elektronik in Textilien einbaut. Privat düst sie auf leisen Sohlen durch die Gegend, denn sie hat seit 2016 ein Faible für Elektromobilität und will mit ihrem Wissen Interessierten die Reichweitenangst beim voll-elektrischen Fahren nehmen.

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