Elektronik-Fertigung

26. Jun. 2025 | 15:00 Uhr | von Jessica Mouchegh

Chiplets & Co. definieren Mikroelektronik neu

Advanced-Packaging-Technologien auf der productronica 2025

Auf der Weltleitmesse productronica trifft sich die Branche für Elektronikentwicklung und -fertigung im November 2025 in München. Im Fokus stehen Advanced-Packaging-Technologien, deren Potential bis 2029 bei über 69 Mrd. Euro liegen soll.

productronica 2025_AdvancedPackaging: Chiplets & Co.

Auf der productronica 2025 dreht sich alles um AdvancedPackaging: Chiplets & Co. (Bild: Messe München)

Unter dem Motto „the pulse of innovation“ versammelt die Weltleitmesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik productronica im November mehr als 1.400 Austeller in München. Parallel lädt die Semicon Europa dazu ein, die komplette Wertschöpfungskette der Halbleiterindustrie kennenzulernen. Im Innovation Forum des VDMA können sich Messebesucher in Fachvorträgen über die aktuellen Advanced-Packaging-Technologien informieren. Auf diversen Networking-Events knüpfen Besucher Kontakte und tauschen sich mit Experten aus.

Wenn Skalierung nicht mehr ausreicht

In den letzten Jahren sorgte die Skalierung von Silizium zu einer verbesserten technologischen Leistung, heute aber kann dieser Effekt nicht mehr die Anforderungen der Industrie an beispielsweise höhere Datengeschwindigkeiten erfüllen: Da die Kosten für die Herstellung eines IC stetig steigen, kann sich die Industrie nicht mehr auf die Entwicklung kleinerer Transistoren verlassen.

Eine Lösung für dieses Problems ist die Einführung des Advanced Packaging auf Basis von Chiplet-Designs, heterogener Integration, Multi-Chip-Modulen oder System in Package. Laut eines Berichts der Yole Group erreichte der Advanced-Packaging-Markt im Jahr 2023 einen Wert von 37,8 Mrd. US-Dollar. Mehr als 70 % des Gesamtumsatzes entfielen dabei auf den Sektor Mobile & Consumer, allerdings sollen die Bereiche Automotive sowie Telekommunikation & Infrastruktur in den nächsten Jahren deutlich zulegen. Die Analysten erwarten außerdem, dass der Markt für Advanced Packaging bis zum Jahr 2029 einen Wert von 69,5 Mrd. USD erreicht.

Was sind die meist genutzten Verfahren?

Dominierende Technologien beim Advanced Packaging sind derzeit 2.5/3D, Flip Chip, System in Package (SiP) sowie Chiplets. Andere Produktionsverfahren wie Fan out, Embedded Die oder WLCSP erreichen dagegen weniger Marktanteile. Die Zukunft von Advanced Packaging stellen vor allem Weiterentwicklungen der 2.5D-, 3D- sowie der Chiplet- und SiP-Technologie dar, bei der die Hersteller verschiedene Funktionseinheiten über ein gemeinsames Package auf einem Die verbinden.

Die Chiplet-Technologie basiert darauf, komplexe Prozessoren in mehrere spezialisierte, kleinere Chips aufzuteilen, sogenannte Chiplets, die jeweils unterschiedliche Funktionen wie CPU, GPU, I/Os oder Caches übernehmen. Anschließend werden die Chiplets über schnelle Interconnects in einem gemeinsamen Package verbunden und arbeiten dort zusammen wie ein einzelner großer Chip.

Bei der 2.5D- und 3D-Technologie versuchen Hersteller zwei oder mehrere Chips möglichst platzsparend miteinander zu verbinden. Bei 2.5D platziert man die Chips auf einem Interposer nebeneinander, was für eine hohe Dichte sowie Kommunikation zwischen den Einheiten sorgt. Eine noch höhere Integration und Leistungsdichte lässt sich mit der 3D-Technologie erreichen, bei der Hersteller mehrere Chips übereinanderstapeln.

Komplexere Lieferketten

Ein wichtiges Thema sind auch die durch Advanced Packaging verlängerten Lieferketten. Digitalisierung und Datenvernetzung gehören in diesem Zusammenhang zu den technischen Herausforderungen im Bereich Halbleiter. So braucht es für die Produktion beispielsweise spezielle Substrate/Interposer, die teuer und nur bei wenigen Lieferanten verfügbar sind.

Auch steigen die technischen Anforderungen an die Testverfahren aufgrund der feinen Strukturen. Das macht ebenfalls die Lieferketten volatiler, denn komplexe Tests bedeuten mehr Zeit, höhere Kosten und ein größeres finanzielles Risiko. Hinzu kommt, dass sich fehlerhafte Microbumps oder Bonding-Fehler fatal auswirken können, womit neue Prüfmethoden wie KI gestützte Röntgeninspektionen nötig sind.

Forschung und Technologie made in Europe

Innovative Anwendungsbeispiele für Advanced Packaging sind auf der VDMA-Special-Exhibit-Fläche zu sehen: Forschungseinrichtungen wie das Silicon Austria Labs oder PhoenixD zeigen neue Entwicklungen wie mikrooptische Systeme auf Glassubstraten für die abhörsichere Telekommunikation. Schweizer Electronic zeigt eine Embedding Technologie als Lösung für Anwendungen in der Leistungselektronik und beleuchtet dabei auch die Produktionstechniken.

Neben den Halbleiterherstellern übernimmt auch die Forschung & Entwicklung eine tragende Rolle im Bereich Advanced Packaging. So hat beispielsweise das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM die Future-Packaging-Linie entwickelt, die Teil der productronica 2025 sein wird. Unter anderem beteiligen sich Aussteller wie Asys, F&K Delvotec und Fuji an der Sonderschau. Die Future-Packaging-Line soll zeigen, wie ein höherer Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad die Prozesse in der Produktion robuster gegen Störungen und äußere Einflüsse gestalten kann.

Ein weiterer wichtiger Forschungsbereich ist die Pilotlinie für »Advanced Packaging and Heterogeneous Integration for Electronic Components and Systems« (APECS), die im Zuge des EU Chip Acts umgesetzt wird. Sie soll Chiplet-Innovationen vorantreiben und die Forschungs- und Fertigungskapazitäten für Halbleiter in Europa erhöhen. Ein Schwerpunkt von APECS ist die quasi-monolithische Integration (QMI), bei der man Chips in Chips integriert und direkt aufeinander aufbringt. Zudem soll APECS zu Europas führendem Hub für Advanced Packaging werden.

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