Keine Frage: Elektronische Bauteile werden immer kleiner und komplexer. Mit Maßen, die teilweise schon unter einem Millimeter liegen, haben die in der Elektronikfertigung eingesetzten Staub-Partikel mitunter bereits die Größe der jeweils zu verbauenden Elemente. Bereits kleinste Partikeleinflüsse können auf Leiterplatten Probleme wie etwa eine korrekte Lötverbindung verursachen. Haftet die Lotpaste nicht, so kommt es zu empfindlichen Qualitätseinbußen des Endproduktes. Fertigungen in Reinräumen tragen dazu bei, solche Partikeleinflüsse einzudämmen bzw. zu verhindern. Im Reinraum kommt dabei allerdings auch eine besonders energie-intensive Technik zum Einsatz. Nur so lässt sich die Konzentration der Staubpartikel in den geforderten Grenzen halten.

In vielen Bereichen ist die Einhaltung von Reinraumbedingungen unumgänglich. Bauliche Voraussetzungen wie Luftschleuse und Raumluftfilterung und die unvermeidliche Schutzbekleidung und deren Reinigung verursachen hohe Kosten. Das Reinraumprinzip wird also nur dort angewandt, wo es notwendig und unvermeidbar ist. Dem will die zur Firmengruppe Rundfunk Gernrode gehörende RG Elektrotechnologie nun mit seiner neuartigen ADC-Technologie sicher begegnen. Das Verfahren schafft praktisch einen lokal begrenzten Raum, der staubfrei und elektrostatisch neutralisiert ist. Hier finden dann die entsprechenden Fertigungsprozesse statt, die qualitätsentscheidend sind.

Saubere Lösung

Das Akronym ADC steht für Antistatic Dedusting Conveyor. Mit diesem Verfahren wird eine verlässliche Abreinigung von Leiterplatten direkt in der Zuführung zum Lostpastendruck erreicht. Dabei wird die Reinigung vollständig berührungslos durchgeführt. Eine Ionisierung, die mittels Sensor gesteuert wird, sorgt dann dafür, dass nach einer Neutralisierung der Ladung die Staubpartikel während des Transports von der Leiterlatte gesaugt werden können.

Der abgeschirmte Transport der staubfreien Leiterplatten zum Lotpastendrucker verhindert so zuverlässig eine Wiederverschmutzung. Im Ergebnis werden Leiterplatten in Reinraumqualität gefertigt. Gleichzeitig lässt sich mehr als 90 Prozent an Energie einsparen. Damit trägt das Verfahren in erheblicher Weise sowohl zur Energieeffizienz als auch zur Erhöhung der Wertschöpfung bei. Die Strukturen moderner SMT-Bauelemente werden immer feiner, die Bestückungsdichte wird immer höher. Trotz dieser Entwicklung hat sich die klassische Produktionsumgebung kaum verändert.

Ebenso wie Schmutz und Staub gehören elektrostatische Aufladungen nicht in eine Elektronikproduktion. Vielfältige Maßnahmen zur Einhaltung der ESD-Vorschriften sollen Schäden an Bauelementen vermeiden. Indes, das Potential für statische Aufladung ist groß und kann bereits bei einem Stapel angelieferter Leiterplatten beginnen. Werden diese von der Verpackungsfolie befreit, findet unvermeidlich durch die Ladungstrennung eine Aufladung der Leiterplatten statt. Diesen Moment „nutzen“ alle feinen Staub- und Faserpartikel der näheren Umgebung und lassen sich einsammeln. Dort verbleiben sie dann während des gesamten Produktionsprozesses. Beim Lotpastendruck führen die mikroskopisch kleinen Partikel zu einer Störung der Benetzung und somit in der Folge zu Fehlern im Lötprozess. Infolge dessen steigen die Kosten durch Ausschuss oder Reparatur.

Berührungslos im Mini-Reinraum

Bei Rundfunk Gernrode setzt man zielgerichtet auf nachhaltige Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Die Wissenschaftler und Ingenieure entwickeln umweltfreundliche Verfahren und Produkte für die Elektronikindustrie. Jüngste Entwicklung ist das System PB 500 /1-ADC, das die berührungslose antistatische Reinigung von Leiterplatten während des Transports mit einem Dreiphasen-System ermöglicht: Zunächst misst es die elektrostatische Aufladung, dem sich eine gesteuerte Ladungsneutralisierung durch ionisierte Luft anschließt. Abschließend werden die neutralisierten Staubpartikel einfach abgesaugt.

Die gereinigten und ladungsneutralisierten Leiterplatten wandern in Reinraumqualität zum Lotpastendruck. Damit wird der gesamte SMT-Prozess verbessert – für Bestückung mit μBGA, 0201 und 0402 Bauelemente unverzichtbar. Der Reinigungsprozess findet in einer abgeschirmten Atmosphäre statt, so dass bei der Übergabe zum Lotpastendrucker keine Neuverschmutzung möglich ist. Die Maschine stellt praktisch einen Mini-Reinraum dar. Die Absaugung erfolgt mit einem mobilen, regelbaren Absaug- und Filtersystem mit Schwebstofffilter Klasse S nach DIN 24184 und Aktivkohlefilter mit Vor- und Nachfiltermatte. Wie alle bei RG Elektrotechnologie entwickelten und produzierten Handlingsysteme zeichnet sich der PB 500/1-ADC durch einen stabilen Aufbau aus, er steht auf eigenen Füßen, die Steuerelektronik auf Basis von Simatic befindet sich in einem gut zugänglichen, herausziehbarem Schaltschrank. Durchgehende, parallel laufende Transportriemen ermöglichen eine 3 mm breite Randauflage der Leiterplatten.

Standardmäßig wird der Conveyor mit einer manuellen Breitenverstellung von 50 bis hin zu 380 mm ausgeliefert, optional ist eine motorische Breitenverstellung erhältlich. Über die stufenlos einstellbare Bandgeschwindigkeit von bis 15 m/s lässt sich der Conveyor problemlos in den Taktzyklus der Fertigungslinie einbinden. Überdies verfügt das Gerät über eine eigene Stromversorgung und unterstützt die SMEMA- oder Siemens-Schnittstelle. Der integrierte Ionisierer mit Rückkopplungssensor zum schnellen Abbau statischer Elektrizität ist eine Neuentwicklung. Die Ionenerzeugung erfolgt über Spitzenentladung mit einer Hochspannung von 7000 V in speziellen Düsen, die sich auf einfache Weise herausnehmen und reinigen lassen. Per Druckluft werden die Ionen in Richtung der zu reinigenden Oberfläche befördert, im Zusammenspiel mit dem Rückkopplungssensor kommt es so zu einem schnellen Ladungsabbau im Bereich von ± 30 V.

Chip-brush für hartnäckige Verschmutzungen

Ein neues ADC-Feature wurde auf der diesjährigen Messe SMT Hybrid Packging 2013 vorgestellt. Für hartnäckige Verschmutzungen, die klebend oder mechanisch anhaften wie etwa Fräs- oder Stanzreste, bietet RG Elektrotechnologie die ADC-Technik im Verbund mit der chip-brush-Technologie an. Eine quer zur Transportrichtung oszilierende Bürste löst den Schmutz, der in der Absaugdüse verschwindet.

Elektronikproduzenten, die auch zukünftig den steigenden Qualitätsanforderung ihrer Kunden, vor allem im Bereich Automotive und Medizin gerecht werden wollen, werden bei der Planung von Produktionslinien nicht umhin kommen, dem komplexen Thema Leiterplattenreinigung vor dem Lotpastendruck entsprechend Platz einzuräumen. Er verlängert eine Fertigungslinie um 500 mm, die im Wettbewerb um höhere und gleichbleibende Qualität einen gewaltigen Vorsprung bedeuten können.

Marisa Robles Consée

ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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