
Mit seiner Keynote "Jaguar Land Rover ADAS Software Factory: Transforming Automotive Innovation" eröffnete Karsten Hoffmeister (l.), Chief Engineer Assisted & Automated Driving Software bei Jaguar Land Rover, die Automotive Software Conference 2025. Daneben Martin Schleicher, Conference Chairman und ehemals Continental. (Bild: Anna McMaster)
Rund 175 Entscheider, Entwickler und Strategen aus der Automobil- und Softwarebranche kamen zur diesjährigen Automotive Software Strategies Conference in München zusammen. Im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung: Software-Defined Vehicles (SDV), neue Programmiersprachen wie Rust, veränderte Lieferketten – und die Frage, wie sich mit Code auch Geschäftsmodelle schreiben lassen.
Wie digitale Plattformen das Engineering im Auto verändern
Die Teilnehmer erlebten eine breite Themenpalette: OEMs wie BMW, Jaguar Land Rover und Mercedes-Benz, Zulieferer, Tech-Unternehmen und KI-Experten diskutierten unter anderem über Open-Source-Strategien, RISC-V-Integration und Cloud-native Entwicklungstools. Die Botschaft war klar: In einer Ära softwaredefinierter Mobilität entscheidet nicht mehr nur Hardware über Wettbewerbsfähigkeit – sondern vor allem die Qualität, Skalierbarkeit und Sicherheit der Software.
Karsten Hoffmeister, Chief Engineer für automatisiertes Fahren bei Jaguar Land Rover, stellte die wachsende Bedeutung domänenübergreifender Entwicklungsprozesse in den Fokus. Die ADAS Software Factory diene laut ihm als strategisches Zentrum der Zusammenarbeit, wobei kulturelle Veränderungen im Unternehmen ebenso zentral seien wie technische. „Konsistenz ist ein Mantra“, betonte er.
Welche Rolle spielen Rust und RISC-V in der SDV-Entwicklung?
Mit der wachsenden Komplexität von Fahrzeugsoftware wächst auch der Anspruch an Sicherheit und Effizienz. Frédéric Ameye (Renault Ampere) und Stefan Nürnberger (Veecle) warben unabhängig voneinander für moderne Tools und Sprachen wie Rust, um Sicherheitslücken zu minimieren und Entwicklungsprozesse zu beschleunigen. Nürnberger stellte ein cloudbasiertes Toolset vor, das domänenübergreifende Zusammenarbeit im SDV-Umfeld ermöglichen soll – samt Compliance und verkürzter Release-Zyklen.
Wie lassen sich digitale Dienste im Auto monetarisieren?
Auch wirtschaftliche Fragen fanden Raum: Vishnu Sundaram (Gentherm) und Nick Telford-Reed (Endava) präsentierten Konzepte für In-Car-Commerce und Monetarisierungsstrategien, die digitale Dienstleistungen direkt ins Fahrzeug bringen. Dabei ging es um weit mehr als nur Bezahlfunktionen – sondern um Vertrauen, Nutzererwartung und Systemintegration.
Michael Zunke (Thales) beschrieb softwarebasierte Erlösmodelle, die mit regulatorischen Anforderungen in Einklang stehen sollen. Google-Manager Michael Kollig skizzierte den Einfluss von generativer KI auf Entwicklungsprozesse – vom Code über Simulationen bis hin zur Nutzerpersonalisierung. Sein ironischer Seitenhieb: „Jeder Entwickler hasst Dokumentation“ – ein Problem, das moderne KI-Tools zunehmend auffangen könnten.
Engineering trifft Politik – und Realität
Ein weiterer Schwerpunkt: die Datennutzung im SDV-Kontext. Michael Gröschel (IAV) und Falk Langer (Hochschule Mittweida) stellten föderierte Datenräume vor, die regulatorischen Anforderungen wie dem EU Data Act gerecht werden und gleichzeitig dezentrale Zusammenarbeit ermöglichen sollen.
Prashant Gulati (SDVerse) nahm die Metaebene ein: Fragmentierung, Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel seien nicht nur technische, sondern gesamtgesellschaftliche Herausforderungen. Auch Alexander Mattausch (Elektrobit) ging auf strukturelle Fragen ein und zeigte, wie sich mit AUTOSAR auf RISC-V-Prozessoren neue Plattformen realisieren lassen – zwischen Sicherheitsanforderungen und Innovationspotenzial.
Ausblick: Ein System im Wandel
Die Konferenz endete mit Impulsen zu Testverfahren, Toolchains und Edge-Technologien – unter anderem durch Thomas Dannemann (Qualcomm), Emil Dautovic (RemotiveLabs) und Hans-Peter Loeb (Applied Intuition). Der gemeinsame Nenner: Nur wer Testing, Deployment und Entwicklung als durchgängige Kette denkt, wird dem Tempo der SDV-Transformation standhalten können.
Die nächste Automotive Software Strategies Conference findet am 19. und 20. Mai 2026 statt. Das Thema wird sich kaum ändern – aber die Software, die darüber bestimmt, ganz sicher.
Dieser Artikel wurde zuerst auf Automotive Digital Transformation veröffentlicht.