Intelligente Batteriemanagement-Systeme sorgen für Sicherheit im Fahrzeug.

Intelligente Batteriemanagement-Systeme sorgen für Sicherheit im Fahrzeug. (Bild: @Premreuthai - stock.adobe.com)

Autokäufer erwarten von ihren Fahrzeugen nicht nur immer mehr Sicherheit und Komfort, sondern auch eine zunehmende Personalisierung. Eine Folge davon ist, dass vermehrt Software in aktuelle Autos einzieht und ein Kurs hin zum softwaredefinierten Auto eingeschlagen wurde.

Für die Automobilhersteller wird es hierdurch möglich, die Hard- und Softwarearchitektur ihrer Fahrzeuge grundlegend umzugestalten.

Domänen- und Zonenarchitekturen

In der Vergangenheit wurden die Fahrzeuge mit zusätzlichen MCUs ausgestattet, wenn Sensoren oder Aktoren nach mehr Intelligenz verlangten, was allerdings den Bedarf an immer komplexeren Steuerungs- oder Kommunikationsstrukturen zwangsläufig erhöhte. Die aus der Optionsvielfalt der unterschiedlichen Fahrzeugplattformen resultierende, zusätzliche Komplexität erhöht wiederum den Entwicklungsaufwand und macht die Instandhaltung zu einer anspruchsvollen Aufgabe, und auch Over-the-Air-Updates werden zeitaufwändig und komplex.

Abhilfe sollen Domänen- und Zonenarchitekturen schaffen. Bei Domänenarchitekturen (Bild 1) werden die MCUs hinsichtlich ihrer Funktionen gebündelt. In einem Elektrofahrzeug (EV) etwa würden der On-Board Charger (OBC), die DC/DC-Wandler, der Traktionswechselrichter und das Batteriemanagement-System (BMS) zur Control Domain gerechnet und sich einen gemeinsamen MCU teilen. OBC und Traktionswechselrichter etwa dürften niemals gleichzeitig aktiv sein und könnten die vom MCU gebotene Rechenkapazität daher problemlos gemeinsam nutzen.

Bild 1: Prinzip einer domänenbasierten Fahrzeugarchitektur.
Bild 1: Prinzip einer domänenbasierten Fahrzeugarchitektur. (Bild: TI)

Bei Zonenarchitekturen werden die MCUs nicht aufgrund funktionaler Ähnlichkeiten geteilt, sondern anhand der räumlichen Lage im Fahrzeug (Bild 2). Untereinander verbunden sind die Zonen mit einem breitbandigen Backbone, da die verteilten Sensoren und Aktoren bei der Kommunikation keine langen Verzögerungen dulden. Zonale Architekturen dieser Art kommen mit weniger MCUs aus und verringern auch die Komplexität und das Gewicht der Verkabelung, was die Kosten senkt und der Reichweite zugutekommt.

Bild 2: Schema einer zonalen Steuerungsarchitektur.
Bild 2: Schema einer zonalen Steuerungsarchitektur. (Bild: TI)

Ausgerichtet auf das Endziel, die Zahl der MCUs im Fahrzeug zu reduzieren, können domänenbasierte und zonale Architekturen sogar in ein und demselben Fahrzeug koexistieren.

Herausforderungen für ein BMS

Für ein BMS stellt sich jedoch eine entscheidende technische Herausforderung, denn die erfassten Spannungs-, Strom- und Temperaturmesswerte werden als Rohdaten übertragen, während die verfügbaren Zeitspannen zum Detektieren von Fehlern und für das Reagieren auf Fehler sowie das Herstellen eines sicheren Betriebszustands strikt vorgegeben sind. Die verfügbare Bandbreite der Schnittstelle muss deshalb genau im Blick und optimiert sein, und der zuständige Domänen- oder Zonen-MCU muss entsprechende Zeitschlitze reservieren, damit die Verarbeitung innerhalb eines vorgegebenen Intervalls erfolgen kann.

Entschärfen lassen sich diese Anforderungen, indem man den Hochvolt-Chipsatz mit mehr Intelligenz versieht oder einen kleineren Sicherheits-MCU an der Edge des BMS anordnet, beispielsweise in Form eines smarten Batterie-Verteilerkastens. An den zentralen MCU werden damit keine Rohdaten mehr übertragen, sondern nur die Information, ob alles in Ordnung ist oder nicht. Auch wenn dieses Konzept dem eigentlichen Ziel zuwiderläuft, die Zahl der MCUs zu verringern, kann der lokale MCU mithilfe standardisierter Schnittstellen (z. B. CAN-FD oder Ethernet 10BASE-T1S) eine Abstraktionsschicht einfügen, die es beispielsweise möglich macht, Akkusätze aus unterschiedlichen Quellen zu beziehen oder für fahrzeug-, plattform- oder generationsübergreifende Kompatibilität zu sorgen.

Intelligentes BMS

Auf einer sehr elementaren Ebene ist ein MCU in einem BMS für zwei Aufgaben zuständig: er muss Daten aus Sensoren entgegennehmen und die daraus gewonnenen, für die funktionale Sicherheit und Diagnoseaufgaben relevanten Informationen (z. B. den Ladezustand) an das BMS übertragen. Mit mehr Rechenleistung ausgestattet, können die MCUs jedoch auch komplexere Algorithmen verarbeiten und die nötige Intelligenz bereitstellen, um den Nutzen der Batterie zu maximieren. Je größer die Batterien werden, umso mehr Zellen enthalten sie außerdem, sodass der Messaufwand entsprechend steigt, und nicht zuletzt werden auch die Spannungen und der Energiegehalt größer. Die wachsende Zahl von Signalen erfordert MCUs mit größeren Gehäusen, zumal auch der Übergang von Domänen- zu Zonenarchitekturen den Bedarf an Ein- und Ausgängen erhöht.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Erfüllen lassen sich die steigenden Anforderungen durch mehr Rechenleistung. Waren bisher Single-Core-MCUs mit 100 MHz Taktfrequenz ausreichend, kommen inzwischen Multi-Core-Bausteine mit bis zu 1 GHz Taktfrequenz zum Einsatz. Die Arm-Cortex-basierten 32-Bit-MCUs von TI etwa bringen die nötige Rechenleistung und Energieeffizienz für diese Anwendungen mit.

Komplexer wird auch die Kommunikation zwischen dem Batterie-ECU und dem übrigen Fahrzeug, zumal die Systeme unter Umständen je nach dem aktuellen Betriebszustand des Fahrzeugs unterschiedliche Aufgaben übernehmen müssen. Bei schneller Fahrt etwa wäre es wenig sinnvoll, Diagnosen durchzuführen oder Zellen zu pflegen. Wenn das Fahrzeug dagegen an eine Ladestation angeschlossen ist, steht mehr Zeit und Systembandbreite zur Verfügung, um diese Aufgaben auszuführen und Informationen an das Fahrzeugnetzwerk zu übermitteln – entweder drahtlos oder per Ethernet. Abhängig vom realisierten Modularisierungsgrad kann sogar eine Kommunikation innerhalb des BMS nötig sein.

MCUs in einem BMS müssen nicht nur auf funktionale Sicherheit ausgelegt sein, sondern bedingt durch die zunehmende Vernetzung auch Security-Aspekte berücksichtigen. Zusätzlich gilt es, Unterstützung für offene, standardisierte Architekturen wie etwa AUTOSAR (Automotive Open System Architecture) zu bieten, um die Sicherheit zu verbessern und die Entwicklungszeiten zu verkürzen.

Drahtlose Kommunikation

Einen entscheidenden Fortschritt stellt der Einzug der Edge-Verarbeitung in drahtlose BMS-Lösungen dar, denn das verbessert die Fähigkeit für Echtzeit-Entscheidungen, verringert die Latenz und optimiert die allgemeine Leistungsfähigkeit von Automotive-Systemen.

Wenn Daten nur noch in minimalem Umfang an zentrale ECUs übertragen werden müssen, verkürzt sich die Reaktionszeit beispielsweise von adaptiven Batteriemanagement- und dynamischen Energieverteilungs-Konzepten. Mit Edge Computing kann ein drahtloses BMS die Batteriegesundheit, Nutzungsmuster und Umgebungseinflüsse in Echtzeit analysieren, sodass das System die Batterie-Performance verzögerungsfrei anpassen und optimieren kann. Nicht zuletzt reduziert die lokale Verarbeitung kritischer Daten auch die Anfälligkeit gegenüber Angriffen aus dem Cyberspace.

Die in Bild 3 gezeigte Software-Defined-Radio-Lösung von TI überwindet die Restriktionen leitungsgebundener Lösungen und erlaubt eine kreativere, effizientere Einbindung in die komplexe Architektur softwaredefinierter Fahrzeuge.

Bild 3: Integrationsebene innerhalb einer Software-Defined-Radio-Lösung für ein drahtloses BMS.
Bild 3: Integrationsebene innerhalb einer Software-Defined-Radio-Lösung für ein drahtloses BMS. (Bild: TI)

Ein drahtloses BMS kann sich dynamisch an wechselnde Fahrzeugkonfigurationen anpassen, kommt auch mit Updates und Modifikationen zurecht und ist dementsprechend zukunftssicher. Durch geschützte Kommunikationsprotokolle und Redundanz verbessert es außerdem die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs.

Intelligente Verteilerkästen

Ein Pack Monitor in einem intelligenten Verteilerkasten (Bild 4) kann Spannungen, Ströme und Isolationswiderstände messen.

Bild 4: Vereinfachtes Blockschaltbild eines intelligenten Batterie-Verteilerkastens.
Bild 4: Vereinfachtes Blockschaltbild eines intelligenten Batterie-Verteilerkastens. (Bild: TI)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

Kritische Funktionen in einem BMS sind das Trennen der Verbindung zur Batterie und die Stromverteilung (Bild 5). Deshalb enthält ein intelligenter Batterie-Verteilerkasten neben dem Pack Monitor auch Schütz- und Pyrosicherungs-Treiber, um die Verbindung des Akkusatzes zu den übrigen Systemen des EVs unterbrechen zu können, wenn es zu einem Unfall kommt. Während Pyrosicherungen aktuell meist noch durch komplexe diskrete Schaltungen angesteuert werden, hat TI mit dem DRV3901-Q1 eine hochintegrierte, auf Sicherheit ausgerichtete Lösung für diese Aufgabe vorgestellt.

Bild 5: Die Trenn- und Verteilvorrichtungen in einem BMS müssen hohe Ströme verkraften.
Bild 5: Die Trenn- und Verteilvorrichtungen in einem BMS müssen hohe Ströme verkraften. (Bild: TI)

Die Schütze, die zur Verteilung des Stroms an die einzelnen Subsysteme dienen, sind oftmals mit so genannten Economizer-Spulen ausgestattet, um die Stromaufnahme und die Wärmeentwicklung zu verringern. Schütze ohne diese Ausstattung benötigen demgegenüber komplexere, diskrete Ansteuerschaltungen, um die Sicherheits- und Effizienzanforderungen zu erfüllen. Abhilfe schafft der von TI entwickelte, zweikanalige Schütztreiber DRV3946-Q1, der beim Design für mehr Flexibilität sorgt.

In intelligenten Batterie-Verteilerkästen kann der isolierte Schaltertreiber TPSI3100-Q1 mit seinen isolierten Komparatoren und Fehlermeldungs-Ausgängen die Diagnosefähigkeiten verbessern. Zusätzlich ist die Überwachung des erforderlichen Isolationswiderstands zwischen dem Plus- und Minuspol der Traktionsbatterie und der Fahrzeugmasse unerlässlich. Halbleiterrelais wie der Baustein TPSI2140-Q1 schalten einen definierten Widerstand von beispielsweise 1 MΩ parallel zu dem Widerstand zwischen Batteriepol und Masse, um anschließend mit einem Pack Monitor wie dem BQ79731-Q1 den Gesamtwiderstand zu messen und zu entscheiden, ob dieser noch im Toleranzbereich liegt.

Intelligente Funktionen

Die Software bietet vielfältige Möglichkeiten. So lassen sich durch Überwachung der individuellen Fahrweise, der Verkehrslage, der topografischen Verhältnisse und des Straßenzustands präzisere Reichweitenschätzungen anstellen, und durch Speichern von Daten in der Cloud ist das frühzeitige Erkennen bestimmter Ausfallmuster möglich, sodass vorbeugend ein Werkstattbesuch veranlasst werden kann. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie das BMS die Grundlage für zahlreiche innovative Konzepte bilden kann. TI bietet ein ganzes Bauelemente-Portfolio für dieses Anwendungsgebiet an, damit moderne Fahrzeuge intelligenter, sicherer und besser vernetzt werden. (bs)

Dieser Beitrag basiert auf Unterlagen von Texas Instruments.

 

 

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