Elektromobilität Wärmemanagement Batterie

Bild 1: Abdichtung des Gehäusedeckels einer Batterie. (Bild: DuPont)

Mit zunehmender Verbreitung von Elektroantrieben in Fahrzeugen, erweist sich die Entwicklung chemischer Materialien als wichtige Komponente bei der Erarbeitung unterschiedlicher Wärmemanagement-Lösungen für neue Batteriekonzepte. Insbesondere trifft dies auf Klebstoffe und wärmeleitfähige Materialien zu: sie dienen nicht allein dem Verkleben verschiedener Substrate in der Batterie, sondern bilden auch thermisch leitende Verbindungen, die die Lebensdauer und die Sicherheit von Batterien insgesamt erhöhen. Materialwissenschaften spielen bei der Entwicklung von Klebstoffen und wärmeleitfähigen Materialien für Batterieanwendungen eine zen-trale Rolle. Dies gilt etwa für:

  • Die Auswahl der richtigen Chemie, um ein ganzes Spektrum verschiedener Anwendungen abzudecken
  • Eine geeignete Auswahl von Füllstoffen, um verschiedene Wärmeleitfähigkeitsniveaus abzudecken
  • Eine zielgerechte Einstellung der Materialviskosität, um eine automatisierte Applikation in der Großserie zu unterstützen
  • Entwicklung von chemischen Materialien mit exzellenter Haltbarkeit, die gegen äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen unempfindlich sind
  • Wirksame Abdichtung und dauerhafte Materialhaftung für hohe Festigkeits- und Modulanforderungen
  • Auswahl der richtigen Materialchemie

Bei der Formulierung von Klebstoffen kommt es wesentlich darauf an, dass sich der Klebstoff für die Verbindung ähnlicher und auch unterschiedlicher Substrate eignet und alle spezifischen technischen Anforderungen des Lastenheftes der Anwendung erfüllt. Auf Epoxidharz basierende Klebstoffe bieten ein breites Haftspektrum auf verschiedenen polaren Oberflächen und bilden eine dauerhaft hochfeste und schlagzähe Verbindung. Klebstoffe auf Polyurethanbasis lassen sich zu niedrigen oder höheren Festigkeiten einstellen, realisieren aber niedrigere Festigkeiten als Klebstoffe auf Epoxidharzbasis. Polyurethanklebstoffe weisen typischerweise hohe Dehnungen auf, welche eine direkte Energieaufnahme in den Klebstoff unter statischer und dynamischer Belastung erlaubt. Die Härtegeschwindigkeit solcher Klebstoffe lässt sich deutlich schneller einstellen, als die von Epoxidharzklebstoffen, was ein deutlicher Vorteil in der Anwendung sein kann. Reine Acrylat oder kombinierte Acrylat-Epoxidklebstoffsysteme vereinen das breite Haftungsspektrum reiner Epoxidklebstoffe und die schnelle Härtungsgeschwindigkeit von Polyurethanklebstoffen. Auch können sie innerhalb einer großen Modulbandbreite formuliert werden. Klebstoffe auf Silikonbasis zeichnen sich durch eine hohe Elastizität und Temperaturbeständigkeit der Verbindung aus. Allerdings lassen sie sich nicht zu hohen Festigkeiten formulieren und ihre relativ niedrige Oberflächenspannung birgt das Risiko Oberflächen hinsichtlich Haftung zu kontaminieren.

Wärmeleitfähige Polyurethanklebstoffe eignen sich besonders gut für die Anwendung in Batteriesystemen, denn sie realisieren eine dauerhafte strukturelle Verbindung von Bauteilen mit relativ hoher Festigkeit und bieten gleichzeitig ein wirksames Temperaturmanagement zur Abführung von Wärme während des Batteriebetriebes oder des Ladevorgangs. Polyurethanklebstoffe kombinieren dauerhafte Festigkeiten mit einer hohen Elastizität, was zu einer Steifigkeitserhöhung der Verbindung und einer höheren Crashsicherheit der Batterie und damit auch des gesamten Fahrzeuges führt. Die rheologische Elastizität dieser Klebestoffe begünstigt eine homogene durchgängige Verklebung und effiziente Füllung von Hohlräumen wie beispielsweise zwischen Batteriegehäuse und Batteriezellen. Dies sichert eine gleichmäßige Wärmeleitung, die höhere Betriebstemperaturen und somit auch kürzere Ladezeiten ermöglicht.

Batteriegehäuse Elektromobilität
Bild 2: Batteriegehäuse verklebt mit einem Strukturklebstoff. (Bild: DuPont)

Wahl der Füllstoffe

Die Wahl der richtigen Füllstoffe ist für die Formulierung neuer Klebstoffe von großer Bedeutung. Die Füllstoffe unterscheiden sich deutlich in der Art ihrer Zusammensetzung, ihrer Dichte und in ihren Kosten. Manche Füllstoffe sind abrasiv und verursachen dadurch Verschleiß an Applikationsanlagen was zu einem höheren Wartungsaufwand führt. Gerade bei Füllstoffen die benutzt werden, um Wärmeleitfähigkeit in der Materialformulierung zu generieren, spielt die Zusammensetzung eine große Rolle. Zum Beispiel eignen sich elektrisch leitende metallische Füllstoffe weniger für das Wärmemanagement.

Ein gutes Beispiel sind Wärmeleitmaterialien (thermische Interface-Materialien, TIM) oder wärmeleitende Polyurethanklebstoffe, welche unter anderem eine thermische Verbindung zwischen Batteriezellen und Kühlplatte herstellen (Bild 3). Mit wärmeleitfähigen Polyurethanklebstoffen lassen sich Batteriezellen direkt auf der Kühlplatte befestigen. Für den effizienten Einsatz dieser Klebstoffe in der Großserie muss die Viskosität des thermischen Interface-Materials möglichst niedrig sein und es sollte eine hohe Wärmeleitfähigkeit von rund 2 bis 4 W/mK besitzen. Hierzu werden diese mit thermisch leitfähigen Füllstoffen versetzt. Je höher der Füllstoffgehalt, umso größer ist meistens auch die Wärmeleitfähigkeit. Es hängt allerdings auch davon ab, welche Füllstoffzusammensetzungen, Füllstoffmischungen und Partikelgrößenverteilung gewählt wird. Ein Kompromiss zwischen Füllstoffgehalt, Füllstoffart und geforderter Viskosität ist für die Zusammensetzung der Wärmeleitpaste sehr wichtig.

Deshalb entwickeln Hersteller geeignete Polymere, um sie mit passenden Füllstoffpaketen zu kombinieren. Die ausgewählten wärmeleitenden Füllstoffe müssen sowohl dem geforderten Wärmemanagement des Batteriekonzepts als auch den jeweiligen Verarbeitungsanforderungen entsprechen. Dies gilt insbesondere für die Wärmeleitfähigkeit, die hygroskopische Stabilität und die flammhemmenden Eigenschaften, die sich durch eine geeignete Wahl der Füllstoffanteile in Volumen- und Gewichtsprozent erzielen lassen. Darüber hinaus ist die Morphologie der einzelnen Füllstoffe entsprechend der angestrebten Strukturviskosität zu wählen.

Lager- und Auslagerungsstabilität

Die Anforderungen an die Lagerbarkeit der und die Beständigkeit der wärmeleitfähigen Materialien unter verschiedenen klimatischen Verhältnissen sind sehr vielfältig. Die gewählte Materialformulierung muss robust gegenüber Temperatur und Feuchteeinflüssen sein. Die Zusammensetzung der organischen und anorganischen Phase muss für eine lange Haltbarkeit und Resistenz gegenüber Phasentrennung und die Aushärtungseigenschaften auf die Applikationsparamter abgestimmt werden. Die Formulierungen der wärmeleitfähigen Materialien können Hersteller an die Kundenanforderungen anpassen.

Sie lassen sich so formulieren, dass sie bei Umgebungstemperatur eine gewisse Latenz, also keinen bzw. nur einen geringen Anstieg der Anfangsviskosität, aufweisen. Das hat mehrere Vorteile:

  • Lange Lagerbarkeit: kein Aushärten des Materials während des Transports oder Lagerung bis zum Ende des vom Hersteller angegebenen Zeitraums
  • Geringes bis gar kein Aushärten des Materials in der Verarbeitungs- oder Dosiervorrichtung: entsprechend geringer ist der Spül- bzw. Reinigungsaufwand
  • Maximierung der offenen Zeit, also der Zeit, bis die beiden zu verbindenden Bauteile zusammengefügt werden, ohne Einbußen bei der Haftfähigkeit
  • Flexiblere Verarbeitung und weniger Abfall

Richtig formulierte Materialien garantieren die gewünschte Haftung auf verschiedenen Oberflächen beinahe unabhängig von der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchte. Die Scherfestigkeit lässt sich je nach Konstruktionsanforderungen für breiteste Temperaturbereiche (-30 °C bis 85 °C) anpassen. Der Rückgang der Zugscherfestigkeit nach einer dreimonatigen Einwirkung von erhöhter Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit ist gering. Je weniger sich diese Umweltfaktoren auf die Scherfestigkeit und die Substrathaftung des Klebstoffes auswirken, desto besser bleiben die Morphologie des wärmeleitenden Füllstoffnetzwerks und die mechanischen Eigenschaften des verklebten Batteriegehäuses erhalten. Entsprechend breit ist dann auch die Palette der Möglichkeiten zur Gestaltung des Fertigungsprozesses.

Das Generieren der erforderlichen Daten für die Entwicklung von wärmeleitfähigen Materialien bedarf der Ausstattung eines zeitgemäßen Prüflabors. Das Center of Excellence für Wärmemanagement von DuPont nahe Zürich bietet die Kapazitäten zur gezielten Entwicklung und Testen von Materialien die individuell auf die entsprechenden Kundenbedürfnisse abgestimmt sind. Dies Möglichkeiten beinhalten unter anderem:

  • Prüfung der Wärmeleitfähigkeit
  • Validierung der elektrischen Widerstände
  • Das Prüfen von Wärmeleitpasten oder wärmeleitfähigen Klebstoffen in Klimaschränken unter Temperatur und Feuchteeinfluss und Prüfen ganzer Batteriemodule im Shakertest
  • Dauerschwingversuche zur Ermittlung der Dauerfestigkeit des Fügeverbundes
  • Moderne Applikationsanlagen zur Qualifizierung des Auftrags

Abdichtung und Langzeithaftung

Das Fügen des Batteriegehäuses oder von Verstärkungsrahmen an Batterieelemente und die Abdichtung von Batteriedeckeln sind weitere wichtige Klebstoffapplikationen. Strukturelle und Crash-sichere Klebstoffe sind nicht wärmeleitend, spielen aber eine wichtige Rolle, um das Batteriegehäuse und die einzelnen Zellen bei dynamischen Belastungen wie Unfällen vor mechanischer Schädigung zu schützen. Wird eine Zelle oder eine ganze Batterie beschädigt, kann es spontan zu einem Kurzschluss mit hoher Temperaturentwicklung kommen. Durch den Einsatz von Strukturklebstoffen und dem Einsatz von Dichtungsmaterialien zur Abdichtung von Batteriedeckeln, wird die Batteriesicherheit optimiert, so dass Insassen bei einem Fahrzeugcrash oder einem Batteriekurzschluss vor einem möglichen thermischen Durchgehen (thermal runaway) der Batterie geschützt werden.

Crash-feste Strukturklebstoffe auf Epoxidbasis sorgen für zusätzliche Sicherheit, da sie dynamische Energie in die Verformung des gefügten Substrats ableiten. Ein Schlagzähigkeitsmodifikator im Klebstoff hemmt das Risswachstum und leitet die Verformungsenergie ab. Der so modifizierte Strukturklebstoff weist deutlich höhere statische und dynamische Festigkeiten auf als nicht modifizierte Klebstoffe. Er kann als 1-Komponenten-Klebestoff mit Aushärtung durch Wärmebehandlung oder als 2-Komponenten-Klebestoff, der bei Raumtemperatur aushärtet, formuliert werden.

Ebenso wichtig ist eine wirksame Abdichtung des Batterie-gehäuses. Gewährleistet der Strukturklebstoff die Unversehrtheit der Zellen und den Schutz gegen mechanische Belastungen, so ist für den zuverlässigen und sicheren Betrieb der Zellen, eine wirksame Abdichtung gegen Feuchtigkeit sowie Schmutz und anderen Verunreinigungen unerlässlich. Zur Abdichtung der Deckel von Batteriegehäusen sind elastische Dichtstoffe auf Polyurethanbasis oder silanmodifiziertem Polyurethan empfehlenswert. Sie erzielen nicht nur die Abdichtung des Batteriegehäuses, sondern gewähren auch das den Zugriff auf einzelne Batteriezellen oder elektronische Steuereinheiten bei Austausch oder Reparatur.

Wärmeleitmaterial Wärmemanagement Elektromobilität
Bild 3: Darstellung eines wärmeleit-fähigen Gapfillers welcher die Batterie-zellen mit dem Kühlelement verbindet. (Bild: DuPont)

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Fazit

Nur speziell entwickelte Kleb- und Dichtstoffe sowie Wärmeleitpasten, können Wärmemanagement, Dauerbeständigkeit der Fügung, Lebensdauer und Sicherheit der Batterie so umfassend gewährleisten, wie es die Anforderungen an Batterien von
Hybrid- und Elektrofahrzeugen erfordern. Die Entwicklung neuer chemischer Materialien unterstützt die Entwicklung der Batteriesysteme der nächsten Generationen, im Hinblick auf

Designvereinfachung, Batteriesicherheit, Reichweite und Kostenreduktion. Neue wärmeleitende Strukturklebstoffe werden bei der Optimierung von Batterien auch künftig eine bedeutende Rolle spielen, und zwar sowohl für existierende Anwendungen als auch für die neuen Batterie Cell-to-Cell- und Cell-to-Pack-Technologien. (prm)

Dr. Andreas Lutz

Global Technology Leader bei DuPont

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