GaN-Bauelemente bringen hohe Frequenzen in Anwendungen wie On-Board-Charger im EV. Damit fallen passive Bauelemente kleiner aus und die Verluste sinken deutlich.

GaN-Bauelemente bringen hohe Frequenzen in Anwendungen wie On-Board-Charger im EV. Damit fallen passive Bauelemente kleiner aus und die Verluste sinken deutlich. (Bild: Texas Instruments)

Um die Verbreitung von Elektrofahrzeugen (EVs) zu steigern, gilt es den wichtigsten Bedenken der Anwender Rechnung zu tragen, die sich auf die Reichweite, die Ladezeit und die Bezahlbarkeit der Fahrzeuge beziehen. Automobilhersteller auf der ganzen Welt streben deshalb nach mehr Batteriekapazität und kürzeren Ladezeiten, ohne dass jedoch die Abmessungen, das Gewicht oder die Kosten der Bauelemente in die Höhe gehen dürfen.

Die Bordladegeräte von EVs erlauben es den Anwendern, die Batterie direkt aus dem Wechselstromnetz zu laden – sei es zu Hause oder an einer öffentlichen oder kommerziellen Ladestation. Technisch tut sich hier einiges. Die Notwendigkeit zur Steigerung der Laderaten hat zu einer Leistungsanhebung von 3,6 kW auf 22 kW geführt, aber gleichzeitig muss die OBC-Einheit in den vorhandenen Einbauraum passen und vom Fahrzeug stets mitgeführt werden, was den Aktionsradius nicht schmälern darf. Gleichzeitig gibt es Bestrebungen, die Leistungsdichte der Bordladegeräte zu erhöhen, nämlich von derzeit weniger als 2 kW/l auf über 4 kW/l.

Die Bedeutung der Schaltfrequenz

Der OBC ist im Prinzip nichts weiter als ein geschalteter Leistungswandler, dessen Gewicht und Volumen zu einem großen Teil auf passive Bauelemente wie Übertrager, Induktivitäten, Filter und Kondensatoren mit den entsprechenden Kühlkörpern entfällt. Der Einsatz kleinerer passiver Bauelemente wird durch eine Erhöhung der Schaltfrequenz möglich, jedoch nehmen hierdurch auch die Verluste in den schaltenden Bauelementen zu, zu denen beispielsweise Leistungs-MOSFETs und IGBTs gehören.

Da beim Verkleinern der Abmessungen weniger Oberfläche zum Abführen der Wärme zur Verfügung steht, müssen die Verluste sinken, um die Bauelemente auf derselben Temperatur zu halten. Die gesteigerte Leistungsdichte verlangt nach einer gleichzeitigen Anhebung von Schaltfrequenz und Wirkungsgrad. Genau hierin liegt die Herausforderung, mit der auf Silizium basierende Leistungs-Bausteine ihre Probleme haben.

Ein Erhöhen der Schaltgeschwindigkeit, also der Geschwindigkeit, mit der sich die Spannungen und Ströme an den Anschlüssen des betreffenden Bausteins ändern, senkt grundsätzlich die beim Schalten entstehenden Energieverluste. Diese Geschwindigkeitssteigerung ist notwendig, da sich sonst die Frequenz nicht über eine bestimmte Obergrenze hinaus anheben lässt. Verbesserungen sind hier mit Leistungs-Bausteinen möglich, die eine geringere parasitäre Kapazität zwischen ihren Anschlüssen aufweisen und in sorgfältig geplanten Schaltungen mit geringer Induktivität zum Einsatz kommen.

Abkehr vom Silizium

Leistungs-Bausteine, die mit Halbleitermaterialien mit großer Bandlücke (Wide Band Gap) wie etwa Galliumnitrid (GaN) oder Siliziumkarbid (SiC) hergestellt werden, zeichnen sich aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften bei vergleichbarem Einschaltwiderstand und ähnlicher Durchbruchspannung durch eine erheblich niedrigere Kapazität aus. Höhere kritische elektrische Durchbruchfeldstärken (bei GaN zehnmal so hoch wie bei Silizium) und die höhere Elektronenbeweglichkeit (bei GaN über 33 Prozent höher als bei Si) ermöglichen effektiv sowohl einen niedrigeren Einschaltwiderstand als auch eine geringere Kapazität. Infolgedessen sind GaN- und SiC-FETs prinzipbedingt in der Lage, bei geringeren Verlusten, als sie bei Silizium auftreten, mit höheren Schaltgeschwindigkeiten zu arbeiten.

Besondere Vorteile von GaN

Die geringe Gatekapazität von GaN lässt bei harten Schaltvorgängen ein schnelleres Ein- und Ausschalten zu, was die Übergangsverluste verringert. Die Gateladungs-Gütezahl von GaN beträgt 1 nC∙Ω. GaN ermöglicht eine niedrige Ausgangskapazität und erlaubt damit schnelle Drain-Source-Übergänge beim sanften Schalten, und dies insbesondere bei niedrigen Last- bzw. Magnetisierungsströmen. Ein typischer GaN-FET etwa kommt auf eine Ausgangsladungs-Gütezahl von 5 nC∙Ω, während es bei Silizium 25 nC∙Ω sind. Dies gibt Designern die Möglichkeit, kurze Totzeiten und geringe Magnetisierungsströme zu verwenden, was wiederum notwendig ist, um die Schaltfrequenz zu steigern und die zyklischen Verluste zu verringern.

Im Unterschied zu Leistungs-MOSFETs auf Si- und SiC-Basis weist ein GaN-Transistor in seiner Struktur keine Body-Diode auf, sodass keine Sperrverzögerungs-Verluste auftreten. Hierdurch sind neue,  sehr effiziente Architekturen wie etwa brückenlose Totem-Pole-Leistungsfaktor-Korrekturstufen auch mit Leistungen von mehreren Kilowatt realisierbar, was mit Silizium-Bauelementen ausgeschlossen war.

Alle diese Vorteile geben Designern die Möglichkeit, mithilfe von GaN bei deutlich höheren Schaltfrequenzen einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen (siehe Bild 1). Mit GaN-FETs mit 650 V Nennspannung lassen sich Anwendungen bis 10 kW realisieren, wie z. B. AC/DC-Stromversorgungen für Server sowie Hochspannungs-Gleichspannungswandler und OBCs für Elektrofahrzeuge (bei Parallelschaltung für bis zu 22 kW). SiC-Bauelemente, die mit Nennspannungen von bis zu 1,2 kV und hoher Stromtragfähigkeit im Angebot sind, eignen sich sehr gut für EV-Traktionswechselrichter und große netzgeführte Dreiphasen-Umrichter.

Design-Herausforderungen bei hohen Frequenzen

Die typischen Anstiegs- und Abfallzeiten von 10 ns verlangen beim Schalten von mehreren hundert Volt nach sorgfältigem Design, um die unerwünschten Auswirkungen parasitärer Induktivitäten zu unterbinden. Die Common-Source- und Gateschleifen-Induktivität zwischen FET und Treiber sind in verschiedener Hinsicht kritisch. Die Common-Source-Induktivität limitiert die Steilheit der Drain-Source-Spannungsflanken (dV/dt) und der Stromflanken (dI/dt), was die Schaltgeschwindigkeit verringert und die Überschneidungsverluste beim harten Schalten ebenso erhöht wie die Übergangszeiten beim sanften Schalten.

Die Gateschleifen-Induktivität begrenzt die Steilheit der Gatestrom-Flanken (dI/dt), was ebenfalls die Schaltgeschwindigkeit reduziert und zu höheren Überschneidungsverlusten beim harten Schalten führt. Zu den weiteren negativen Auswirkungen gehört die erhöhte Empfindlichkeit gegen unerwünschtes Einschalten aufgrund des Millereffekts, was das Risiko für höhere Verluste birgt und für das Design die Herausforderung mit sich bringt, die übermäßige Spannungsbelastung des Gate-Isolators zu minimieren. Letztere beeinträchtigt die Zuverlässigkeit, sofern keine geeigneten Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Entwickler können hier auf Ferritperlen und Dämpfungswiderstände zurückgreifen, die jedoch die Schaltgeschwindigkeiten verringern und damit der angestrebten Frequenzsteigerung zuwiderlaufen. GaN- und SiC-Bauelemente sind zwar grundsätzlich an hohe Frequenzen anpassbar, aber es sind auf der Systemebene weitere technische Herausforderungen zu überwinden, damit sich ihre Vorteile vollständig ausschöpfen lassen. Ein sorgfältig entwickeltes Produkt, bei dem die Aspekte der einfachen Anwendung, der Robustheit und der Designflexibilität berücksichtigt sind, wird die Akzeptanz der Technologie beschleunigen.

GaN-FET mit Treiber, Schutzfunktionen und PWM

Die vollständig integrierten, für Automotive-Anwendungen konzipierten 650-V-GaN-FETs von Texas Instruments sind dafür ausgelegt, die Wirkungsgrad- und Schaltfrequenz-Vorteile von GaN auszuspielen, ohne dass die Nachteile bezüglich des Designs und der Bauelemente-Auswahl in Kauf zu nehmen sind. Die Integration des GaN-FET und des zugehörigen Treibers auf engstem Raum in einem QFN-Gehäuse mit geringen Induktivitätswerten bewirkt eine entscheidende Verringerung der parasitären Gateschleifen-Induktivitäten, was Bedenken wegen einer möglichen Überlastung des Gates und eines parasitären Einschaltens durch den Millereffekt ausräumt. Gleichzeitig sorgen die geringen Common-Source-Induktivitäten für hohe Schaltgeschwindigkeiten, was wiederum die Verluste senkt.

In Verbindung mit den Echtzeit-Mikrocontrollern der C2000-Reihe (z. B. TMS320F2838x oder TMS320F28004x) ermöglicht der LMG3522R030-Q1 in Leistungswandlern Schaltfrequenzen von mehr als 1 MHz, wodurch sich die Größe der induktiven Bauelemente gegenüber Si- und SiC-Lösungen um 59 Prozent verringern lässt.

Nachgewiesene Drain-Source-Anstiegsgeschwindigkeiten von über 100 V/ns machen im Vergleich zu diskreten FETs eine Senkung der Schaltverluste um sieben Prozent möglich, während die Einstellbarkeit von 30 V/ns bis 150 V/ns ein Abwägen zwischen Wirkungsgrad und EMI zulässt, um die Risiken für das anschließende Produktdesign zu mindern. Ein integrierter Überstromschutz sorgt für Robustheit, und als neue Features sind eine PWM-Temperaturmeldefunktion für ein aktives Power-Management, eine Zustandsüberwachung und ein Ideal-Diode-Modus hinzugekommen. Diese Merkmale des LMG3522R030-Q1 machen eine adaptive Totzeitregelung entbehrlich. Das 12 mm × 12 mm große, über die Oberseite gekühlte QFN-Gehäuse lässt außerdem ein verbessertes Wärmemanagement zu.

Mit über 40 Millionen Zuverlässigkeitsstunden und einer FIT-Rate von weniger als 1 für zehn Jahre Lebensdauer bringen die GaN-Bauelemente von TI die von den Automobilherstellern geforderte Robustheit mit. Sie werden auf allgemein verfügbaren Silizium-Substraten unter Verwendung bestehender Prozessknoten und zu 100 Prozent in eigenen Fertigungsstätten produziert und warten deshalb mit definitiven Vorteilen hinsichtlich der Lieferkette und der Kosten auf, womit sie sich von anderen Technologien auf der Grundlage von SiC- oder Saphirsubstraten unterscheiden.

E-Mobility: Reichweite

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(Bild: Adobe Stock 204728350, Hüthig)

Wie lässt sich die Reichweite eines E-Autos erhöhen? Höherer Wirkungsgrad durch die richtigen Halbleiter, geringeres Gewicht durch Leichtbau und intelligente Fahrweise sorgen für mehr Reichweite. Welche Technologien dahinter stecken, erfahren Sie hier.

Ramanan Natarajan

Product Marketing Manager bei Texas Instruments

(na)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

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