Eine typische Schaltung für die Lösung mit dem integrierten 2L-SRC-Gatetreiber-IC 1ED3240MC12H in einer Halbbrücke.

Bild 1: Eine typische Schaltung für die Lösung mit dem integrierten 2L-SRC-Gatetreiber-IC 1ED3240MC12H in einer Halbbrücke. Der Chip hat zwei Ausgänge. Beide können mit individuellen Einschalt- und Ausschalt-Gatewiderständen konfiguriert werden, (Bild: Infineon)

Diskrete IGBTs sind in vielen Fällen eine geeignete Lösung für Leistungselektroniksysteme und auch bei verschiedenen Anbietern mit einem Kollektorstrom von 40 A verfügbar. In Systemen, beispielsweise Antrieben, wird die Parallelschaltung von diskreten IGBTs genutzt, um die Ausgangsleistung zu erhöhen. Die Parallelschaltung von IGBTs ist jedoch nicht ganz einfach. Ein mögliches Problem ist eine ungleiche Verteilung des Kollektorstroms.

Einfacher wäre es, wenn anstelle von zwei Schaltern nur ein einziger IGBT verwendet werden könnte. IGBTs im TO-247PLUS-Gehäuse von Infineon erweitern zum Beispiel den Kollektorstrom auf 75 A. Ein solches Bauelement ist aus elektrischer Sicht theoretisch fast identisch mit zwei 40-A-IGBTs in herkömmlichen TO-247-Gehäusen, wenn man die zuvor genannten Einschränkungen berücksichtigt. Allerdings hat ein einzelnes TO-247PLUS-Gehäuse einen höheren Wärmewiderstand als zwei herkömmliche parallelgeschaltete TO-247-Gehäuse.

Mit dem 2L-SRC-Gatetreiber-IC 1ED3240MC12H von Infineon können die Verluste des einzelnen 75-A-IGBT so reduziert werden, dass der thermische Nachteil ausgeglichen und eine große Vereinfachung auf Systemebene erreicht wird.

Schaltverluste reduzieren

Bild 1 zeigt die typische Schaltung für die Lösung mit dem integrierten 2L-SRC-Gatetreiber-IC 1ED3240MC12H in einer Halbbrücke. Der Chip hat zwei Ausgänge. Beide können mit individuellen Einschalt- und Ausschalt-Gatewiderständen konfiguriert werden, zum Beispiel R1/R2 und R3/R4. Damit lässt sich nahezu jedes beliebige Schaltverhalten herstellen.

Bild 2: Einschalt-Energie (oben) und Einschalt-dv/t (unten) des IKQ75N120CT2 (links) und einem skalierten 2 x IKW40 (rechts) in Abhängigkeit von Kollektorstrom und Gate-Widerstand.
Bild 2: Einschalt-Energie (oben) und Einschalt-dv/t (unten) des Gatetreiber-ICs IKQ75N120CT2 (links) und einem skalierten 2 x IKW40 (rechts) in Abhängigkeit von Kollektorstrom und Gate-Widerstand. (Bild: Infineon)

Der erste Ausgang OUT führt alle Schaltvorgänge aus, die vom IN-Eingang gesteuert werden. Der zweite Ausgang OUTF wird in Abhängigkeit vom Status des zweiten Steuerungseingangs /INF aktiviert. OUTF wird beim Einschalten zusammen mit OUT aktiviert, wenn der Pegel von /INF niedrig ist. Der Ausgang OUTF wird beim Ausschalten aktiviert, wenn der Pegel von /INF hoch ist. In den Fällen, in denen OUTF nicht zum Ein- oder Ausschaltvorgang beiträgt, bleibt er während des Schaltvorgangs des Leistungsschalters hochohmig.

Damit nimmt das vorgeschlagene 2L-SRC-Konzept das in Bild 2 dargestellte Schaltverhalten von Leistungstransistoren vorweg.

Ergebnisse der Doppelpuls-Messungen

Doppelpuls-Tests erfassen die Schalteigenschaften von Leistungsschaltern. Bild 2 zeigt Beispiele für die Einschaltenergien Eon und die Kollektor-Emitter-Spannungsanstiegsgeschwindigkeiten dvCE/dt der getesteten diskreten IGBTs. Die Werte der beiden parallel geschalteten IKW40N120T2 sind rechts in Bild 2 dargestellt und wurden durch Skalierung aus einer Messung eines einzelnen IKW40N120T2 abgeleitet. Der Wärmewiderstand und die Kapazität der beiden parallelen TO-247-Gehäuse wurden ebenfalls skaliert. Zu beachten ist, dass die Skalierungsmethode in der Regel zu einem optimistischeren Modell führt, da die nachteiligen Auswirkungen der Parallelschaltung von parallel geschalteten IGBTs bei der Skalierung nicht berücksichtigt werden können. Die Ergebnisse der getesteten IKQ75N120CT2-Bauteile sind links in Bild 2 zu sehen. Die Auswahl der in Tabelle 1 aufgeführten Gate-Widerstände basiert auf diesen Ergebnissen.

Auswahl des Gate-Widerstands für die Simulation.
Auswahl des Gate-Widerstands für die Simulation. (Bild: Infineon)

Anzahl parallel geschalteter IGBTs reduzieren

Die Strombelastbarkeit eines diskreten IGBTs mit einer Freilaufdiode im selben Gehäuse ist im Vergleich zur Leistungsfähigkeit von Leistungsmodulen begrenzt. Um die Ausgangsleistung zu erhöhen, werden diskrete IGBTs daher gerne parallelgeschaltet. Die ungleichmäßige Stromverteilung zwischen den parallel geschalteten IGBTs während der Schaltvorgänge führt jedoch häufig zu einer Verringerung der Leistungsfähigkeit der IGBTs. Mit dem Gatetreiber-IC mit zweistufiger Slew-Rate-Steuerung (2L-SRC) und IGBTs im TO247-PLUS-Gehäuse von Infineon lässt sich die Anzahl parallel geschalteter IGBTs ohne Einschränkungen reduzieren.

Ergebnisse der Systemsimulation

Bild 3 zeigt Slow-Mode- und Fast-Mode-Bereiche über eine Motorstromperiode. Der Wechsel des Signals am Ausgang /INF erfolgt bei einem definierten Momentanwert des Motorstroms. Der IC arbeitet im Slow-Mode, wenn der Motorstrom unter dem Grenzwert |/lim| liegt und im Fast-Mode, wenn er über |/lim| liegt. Der Systemcontroller erzeugt das Signal /INF. Die Änderung des /INF-Signals basiert auf dem momentanen Phasenstrom eines Motorantriebs, ist aber nicht darauf beschränkt. Andere entscheidungsrelevante Signale können beispielsweise die Temperatur des Kühlkörpers oder des Leistungsschalters sein.

Außerdem kann es zu keinerlei Änderungen in den Modi kommen, wenn die Motorstromamplitude dauerhaft unter dem Grenzwert |/lim| bleibt. Dieser Fall ist in der braun-orangenen Kurve dargestellt.

Die Simulation wird bei einer DC-Zwischenkreisspannung von VDC = 560 V, einer Schaltfrequenz von fp = 16 kHz, einer festen Kühlkörpertemperatur von THS = 100 °C und einer Sinusmodulation mit einer Motorfrequenz von fMot = 50 Hz und dem Leistungsfaktor des Motors von cos φ = 0,8 durchgeführt. Die Auswahl der Gate-Widerstände stellt sicher, dass dvCE/dt bei 10 Prozent des Nennstroms Inom einen Wert von 5 V/ns nicht überschreitet. Der Umschaltstrom wurde mit |/lim| = 15 A gewählt.

Bild 3: Implementierung des 2L-SRC und Abbildung der Betriebsarten.
Bild 3: Implementierung des 2L-SRC und Abbildung der Betriebsarten. Gezeigt werden Slow-Mode- und Fast-Mode-Bereiche über eine Motorstromperiode. Der IC arbeitet im Slow-Mode, wenn der Motorstrom unter dem Grenzwert |Ilim| liegt und im Fast-Mode, wenn er über |Ilim| liegt. (Bild: Infineon)

Bild 4 zeigt die Simulationsergebnisse unter den beschriebenen Bedingungen. Es wurden drei Fälle simuliert. Die gestrichelte Linie zeigt das vorgeschlagene Gatetreiber-Schema im TO-247PLUS-Gehäuse („1Q75SRC“). Die durchgezogene Linie („2W40“) stellt die beiden parallel geschalteten IGBT mit der herkömmlichen Gate-Ansteuerung dar. Eine Verlangsamung der Schaltgeschwindigkeit für eine gleichmäßige Stromverteilung wird hier nicht berücksichtigt. Daher sind die Ergebnisse im Fall der parallel geschalteten IGBTs optimistisch. Als dritten Fall zeigen die gepunkteten Linien die Ergebnisse für den TO-247PLUS mit konventioneller Gate-Ansteuerung („1Q75con“).

Es ist zu erkennen, dass die Sperrschichttemperatur Tj des einzelnen IGBT im TO-247PLUS-Gehäuse unter Verwendung von 2L-SRC der Sperrschichttemperatur der beiden IGBT im parallel geschalteten herkömmlichen TO-247-Gehäuse sehr ähnlich ist. Beide Lösungen übertreffen den Ausgangsstrom des TO-247PLUS mit konventioneller Gate-Ansteuerung um zirca 8 bis 10 A r.m.s bei einer gegebenen Sperrschichttemperatur von Tj = 175 °C (blaue Kurven). Dies bedeutet eine Verbesserung von 10 Prozent. Darüber hinaus führen die Verluste des vorgeschlagenen Gatetreibers mit Slew-Rate-Steuerung zu geringeren Gesamtverlusten, selbst im Vergleich zu den zwei parallel geschalteten konventionellen TO-247-Gehäusen.

Simulationsergebnisse für die IGBT-Spitzensperrschichttemperatur Tj und die Verlustleistung Pd in Abhängigkeit vom Motorstrom für den 2L-SRC mit IKQ75N120CT2 (langer Strich), konventionelle Gate-Ansteuerung mit zwei parallel geschalteten IKW40N120T2 (durchgezogene Linie) und konventionelle Gate-Ansteuerung mit einem IKQ75N120T2 (kurzer Strich).
Simulationsergebnisse für die IGBT-Spitzensperrschichttemperatur Tj und die Verlustleistung Pd in Abhängigkeit vom Motorstrom für den 2L-SRC mit IKQ75N120CT2 (langer Strich), konventionelle Gate-Ansteuerung mit zwei parallel geschalteten IKW40N120T2 (durchgezogene Linie) und konventionelle Gate-Ansteuerung mit einem IKQ75N120T2 (kurzer Strich). (Bild: Infineon)

Geringe Gesamtverluste durch Reduzierung der Schaltverluste

Die Gatetreiber-IC-Familie 1ED3240MC12H von Infineon ermöglicht geringere Gesamtverluste durch Reduzierung der Schaltverluste. Simulationen auf Grundlage von Doppelpuls-Messungen zeigen, dass ein einzelner 75-A-IGBT zwei parallel geschaltete 40-A-IGBT in Antriebssystemen ersetzen kann, ohne die Gesamtausgangsleistung zu beeinträchtigen.

Darüber hinaus kann die 1ED3240MC12H-Familie die Ausgangsleistung der Anwendung erhöhen. Der 2L-SRC-Gatetreiber 1ED3240MC12H von Infineon reduziert somit die Komplexität von Antriebssystemen, die zwei oder mehrere IGBTs parallel verwenden.

Nicht zuletzt bietet der 2L-SRC-IC 1ED3240MC12H Steigerungspotential bei der Leistung, da das Derating von parallelen IGBTs in den Simulationen noch nicht berücksichtigt wurde und damit eine optimistische Leistung des konventionellen Aufbaus ergibt. Daher kann die zweistufige Slew-Rate-Steuerung die konventionellen parallelen IGBTs in Bezug auf den maximalen Motorstrom sogar übertreffen. (neu)

 

Autor

Autor Wolfgang Frank
(Bild: Infineon)

Wolfgang Frank ist Lead Principal Engineer für Produktdefinition & Konzept von Gate Driver ICs bei Infineon Technologies.

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