proxima-fusion-stellarator Proxima Fusion zielt mit einer erfolgreichen Kernfusion auf nichts Geringeres als die Energie-Revolution. Mit neuer Technologie und Milliarden-Investitionen will das Start-Up den Traum von sauberer, unerschöpflicher Energie greifbar machen.

Proxima Fusion zielt auf nichts Geringeres als die Energie-Revolution. Mit neuer Technologie und Milliarden-Investitionen will das Start-Up den Traum von sauberer, unerschöpflicher Energie greifbar machen. (Bild: Proxima Fusion)

Fusionsenergie gilt als mögliche Energieversorgung der Zukunft. Und auch deutsche Start-Ups mischen mit, wenn es darum geht, die Energie von Morgen zu gewinnen. Proxima Fusion hat dabei ambitionierten Ziele: Gegründet als Spin-out des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP), entwickelt das Unternehmen eine neue Generation von Stellarator-Fusionskraftwerken. Diese vielversprechende Technologie soll eine saubere, sichere und nahezu unerschöpfliche Energiequelle liefern.

Ein Blick auf die Geschichte von Proxima Fusion

Proxima Fusion wurde mit der Vision gegründet, die jahrzehntelange Forschung im Bereich der Kernfusion endlich in die Praxis zu überführen. Das Start-up entstand 2023 aus dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik und wird von einem hochkarätigen Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren geleitet. Zu den Gründern zählen Experten des MIT, von Google und der Max-Planck-Gesellschaft.

Finanziell ist das Unternehmen auf soliden Beinen. In mehreren Finanzierungsrunden sammelte Proxima Fusion insgesamt mehr als 27 Millionen Euro ein, unterstützt durch Investoren wie den High-Tech-Gründerfonds, Bayern Kapital und Redalpine. Darüber hinaus profitiert das Start-up von öffentlichen Mitteln in Höhe von 1,3 Milliarden Euro, die in das Fusionsreaktor-Experiment Wendelstein 7-X in Greifswald geflossen sind. Ganz aktuell hat Proxima Fusion eine weitere Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von 6,5 Millionen Euro erhalten, um die Entwicklung von Stellarator-Fusionskraftwerken mithilfe von KI voranzutreiben.

Die Technologie hinter den Stellaratoren

Stellaratoren sind spezielle Fusionsreaktoren, die Plasmen mit magnetischen Feldern stabil einschließen. Im Gegensatz zu Tokamaks, die auf toroidale Plasma-Ströme angewiesen sind, vermeiden Stellaratoren solche Ströme und minimieren damit das Risiko plötzlicher Störungen (Disruptionen). Diese Eigenschaft macht sie besonders robust und geeignet für einen kontinuierlichen Betrieb.

Proxima Fusion setzt auf eine Weiterentwicklung dieses Konzepts: Quasi-isodynamische (QI) Stellaratoren. Sie zeichnen sich durch optimierte Magnetfeldstrukturen aus, die eine stabile Plasmaeinschlussgeometrie bieten. Quasi-isodynamik bedeutet, dass die Magnetfelder so gestaltet sind, dass elektrische Ströme im Plasma in toroidaler Richtung nahezu eliminiert werden. Dadurch werden störende instabilitätsgetriebene Phänomene, wie sie bei anderen Fusionstechnologien auftreten können, vermieden. Dies macht den Betrieb sicherer und ermöglicht längere Betriebszeiten ohne aktive Stabilisierung. Quasi-isodynamik bedeutet, dass die Magnetfelder so gestaltet sind, dass elektrische Ströme im Plasma in toroidaler Richtung nahezu eliminiert werden. Dadurch werden störende instabilitätsgetriebene Phänomene, wie sie bei anderen Fusionstechnologien auftreten können, vermieden. Dies macht den Betrieb sicherer und ermöglicht längere Betriebszeiten ohne aktive Stabilisierung. Diese Technologie basiert auf Erkenntnissen aus dem Wendelstein 7-X-Experiment, das in den letzten Jahren mehrere Leistungsrekorde in der Fusionsforschung aufgestellt hat.

Was unterscheidet Proxima Fusion von anderen Unternehmen?

Im Vergleich zu anderen Fusions-Start-ups setzt Proxima Fusion eben auf den Ansatz der Quasi-isodynamischen Stellaratoren, während viele Marktbegleiter weiterhin auf Tokamak-Designs oder andere Fusionskonzepte fokussiert sind. Der Vorteil des Stellarator-Ansatzes liegt in seiner inhärenten Stabilität, die keine ständige aktive Stabilisierung des Plasmas erfordert. Damit will Proxima Fusion einige der größten Herausforderungen vermeiden, denen Tokamak-Systeme gegenüberstehen, wie etwa das Risiko plötzlicher Plasmaunterbrechungen.

Darüber hinaus hebt sich Proxima durch den intensiven Einsatz von KI und fortschrittlichen Simulationstools ab, um die Entwicklungskosten zu senken und den Designprozess zu beschleunigen. Auch der Einsatz von Hochtemperatursupraleitern (HTS) ist ein Alleinstellungsmerkmal, das kompaktere und effizientere Reaktoren ermöglicht. Diese Kombination aus einzigartiger Technologie und modernsten Optimierungsmethoden gibt Proxima Fusion einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Darum geht es bei "AI for Fusion Engineering"

Fortschritt durch KI und Simulation

Ein Schüssel zum Erfolg von Proxima Fusion ist der intensive Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Simulationstechniken. Mit dem Projekt "AI for Fusion Engineering" entwickelt das Unternehmen gemeinsam mit der Universität Bonn, der Technischen Universität München und dem Forschungszentrum Jülich innovative Werkzeuge zur Optimierung von Stellaratoren. Diese Ansätze beschleunigen den Designprozess erheblich und reduzieren die Kosten für die Entwicklung.

KI-gestützte Modelle wie Physics-Informed Neural Networks erlauben es, komplexe physikalische Prozesse in Stellaratoren vorherzusagen und zu optimieren. Mit diesen Modellen können Ingenieure verschiedene Designs simulieren und so die besten Konfigurationen ermitteln, bevor teure Prototypen gebaut werden.

Wie simulationsgestützte Technik die Stellaratorentwicklung bei Proxima Fusion beschleunigt

Hochtemperatursupraleiter: Ein technologischer Meilenstein

Ein weiterer entscheidender Baustein sind Hochtemperatursupraleitende (HTS) Magnete, die bei höheren Temperaturen und magnetischen Feldstärken arbeiten als herkömmliche Supraleiter. Diese Technologie ermöglicht kompaktere und effizientere Reaktordesigns und erweitert den Spielraum für innovative Geometrien. HTS-Materialien bestehen aus keramischen Verbindungen, die bei Temperaturen von bis zu -200 °C supraleitend bleiben, was im Vergleich zu klassischen Supraleitern ein deutlicher Vorteil ist.

Die Verwendung von HTS erlaubt es, stärkere magnetische Felder zu erzeugen, die für die Stabilisierung des Plasmas in Stellaratoren entscheidend sind. Dies reduziert nicht nur die Größe und die Kosten der Magnetspulen, sondern verbessert auch die Gesamteffizienz des Reaktors. Proxima Fusion arbeitet eng mit führenden Forschungseinrichtungen zusammen, um die Herausforderungen der Fertigung dieser komplexen Magnetstrukturen zu bewältigen. Hierbei wird unter anderem daran gearbeitet, die HTS-Bänder in die dreidimensionalen, verdrehten Formen zu bringen, die für Stellarator-Magnete erforderlich sind.

Zusätzlich ist Proxima Fusion an der Entwicklung von Demonstrationsmagneten beteiligt, die repräsentative Feldstärken und gespeicherte Energien nachweisen sollen. Diese Projekte sind wesentliche Schritte, um das Risiko in der Magnetentwicklung zu minimieren und die Technologie für den Einsatz in kommerziellen Kraftwerken zu skalieren.

Herstellung von HTS-Magneten für Stellarator-Fusionskraftwerke

Der Zeitplan: Vom Prototyp zur Energieversorgung

Proxima Fusion verfolgt ehrgeizige Ziele: Bereits 2031 soll ein Prototyp fertiggestellt sein, der mehr Energie produziert, als er verbraucht. Bis Ende der 2030er Jahre plant das Unternehmen, erste kommerzielle Stellarator-Fusionskraftwerke in Betrieb zu nehmen. Diese sollen eine stabile Grundlastfähigkeit bieten – ein entscheidender Vorteil gegenüber vielen erneuerbaren Energien.

Der Erfolg hängt jedoch nicht nur von technologischen Fortschritten ab. Wie Proxima-Gründer Jorrit Lion bei der Verleihung des Gründerszene Awards 2024 betonte, sind eine enge Zusammenarbeit mit der Politik und der Industrie sowie ein klarer regulatorischer Rahmen entscheidend, um die Technologie auf den Markt zu bringen.

Wo laut Proxima Risiken liegen

Proxima Fusion sieht verschiedene Risiken, darunter:

  • Regulatorische Herausforderungen: Die Genehmigung neuer Kraftwerkstechnologien ist ein komplexer und oft langwieriger Prozess. Proxima Fusion arbeitet daher eng mit politischen Entscheidungsträgern zusammen, um rechtliche Hürden frühzeitig zu adressieren.

  • Technologische Unsicherheiten: Trotz der vielversprechenden Fortschritte bleibt die Entwicklung stabiler und kosteneffizienter Stellaratoren eine große Herausforderung. Hier setzen Proximas KI-gestützte Optimierungsmethoden an, um Risiken in der Designphase zu minimieren.

  • Wirtschaftliche Risiken: Die hohen Investitionskosten für Forschung und Entwicklung könnten abschreckend wirken. Proxima sichert die Finanzierung durch strategische Partnerschaften und öffentliche Fördermittel ab.

Die langfristige Skalierbarkeit will das Unternehmen durch die kontinuierliche Verbesserung der Produktionsprozesse und die Automatisierung in der Herstellung gewährleisten. Durch die enge Integration von Simulationen und Fertigungsprozessen wollen sie kosteneffiziente Designs schneller realisieren.

Was wäre wenn? Integration in bestehende Energienetze

Proxima Fusion plant, Stellaratoren durch gezielte Kooperationen mit Energieversorgern und Netzbetreibern nahtlos in bestehende Energienetze zu integrieren. Stellarator-Kraftwerke sind darauf ausgelegt, eine stabile Grundlast bereitzustellen, was sie zu einer idealen Ergänzung für erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft macht, die oft von Wetterbedingungen abhängen. Zudem werden Konzepte zur Flexibilität der Einspeisung entwickelt, um den schwankenden Energiebedarf in modernen Stromnetzen zu bedienen.

Kernfusion als Potenzial für die Zukunft

Die Aussicht auf unerschöpfliche, saubere Energie durch Kernfusion könnte eine globale Revolution auslösen. Stellarator-Fusionskraftwerke haben das Potenzial, den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren und eine zuverlässige Energiequelle für die kommenden Generationen bereitzustellen. Proxima Fusion steht an der Spitze dieser Bewegung und könnte Deutschland als weltweiten Technologieführer etablieren.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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