Bild 1: FPGA-Rapid-Prototyping-System (FRPS) in der 19-Zoll-Rack- und 10-Zoll-Tabel-Variante.

Bild 1: FPGA-Rapid-Prototyping-System (FRPS) in der 19-Zoll-Rack- und 10-Zoll-Tabel-Variante. (Bild: Tetranes)

Die Leistungselektronik spielt eine entscheidende Rolle in zahlreichen aktuellen Anwendungen, von Elektrofahrzeugen bis zu erneuerbaren Energiesystemen. In diesem Bereich sind heute komplexe und dynamische Systeme Standard, und die Steuerungsplattformen müssen mit dieser Entwicklung Schritt halten. FPGAs (Field Programmable Gate Arrays) sind in der Leistungselektronik bisher kein Standard, jedoch ermöglichen sie auch hier fortschrittliche Lösungen.

Anforderungen von Leistungselektroniksystemen

Aktuelle Leistungselektroniksysteme sind stark von Algorithmen abhängig, die komplexe Berechnungen durchführen. Gleichzeitig erfordern fortschrittliche Algorithmen leistungsstarke Hardware, um effizient zu arbeiten. Ein Beispiel hierfür sind mehrstufige und schnellschaltende Wechselrichter, die die harmonische Verzerrung reduzieren und mit weniger passiven Komponenten auskommen. Doch diese Fortschritte machen einen höheren Aufwand bei den Gate-Treibern und der Signalübertragung nötig. Die Erweiterung eines zweistufigen Wechselrichters auf einen fünfstufigen erfordert mindestens eine Vervierfachung der aktiven Komponenten.

Die Komplexität erstreckt sich jedoch nicht nur auf die Hardware, sondern auch auf die Software, insbesondere bei der Anwendung der modellprädiktiven Regelung (MPC). Dieses Verfahren nutzt umfangreiche Algorithmen, um die Nachteile herkömmlicher linearer Regelungen zu überwinden. Dabei werden die Auswirkungen jeder möglichen Schaltoperation in Echtzeit für mehrere Vorhersageschritte berechnet, was eine hohe Rechenleistung erfordert.

Leistungshalbleiter erhöhen die Anfoderungen an die Rechenleistung

Neuartige Halbleiter wie Siliziumkarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) erhöhen die Anforderungen an die Rechenleistung weiter, weil höhere Schaltfrequenzen möglich werden. Obwohl einige Mikrocontroller bereits Hardware-Kerne für die Pulsweitenmodulation (PWM) oder die Raumvektormodulation (SVM) integriert haben, sind diese oftmals nicht flexibel genug für Forschungs- und Entwicklungsprojekte, insbesondere wenn das Modulationsschema individualisiert werden muss.

Vorteile der FPGA-Technologie

Hier kommt die FPGA-Technologie ins Spiel. Ein FPGA ist ein programmierbarer Chip, der es ermöglicht, maßgeschneiderte Hardware- und Softwarelösungen zu erstellen. Mit FPGAs lassen sich mittels einer Hardwarebeschreibungssprache leistungsstarke, maßgeschneiderte Prozessorarchitekturen und zusätzlich anwendungsspezifische Hardwareschaltungen implementieren – alles auf einem Chip. Sie sind damit sehr flexibel einsetzbar, ein klarer Vorteil gegenüber gängigen Mikrocontrollern mit festverdrahteten Peripheriebausteinen etwa für PWM oder SVM. Weil sich auf einem FPGA auch mehrere parallele Prozessstrukturen implementieren lassen, können Regelvorgänge parallel abgearbeitet werden, was der Performance zugutekommt – ein weiterer Vorteil gegenüber Mikrocontrollern mit ihrer sequenziellen Arbeitsweise.

Insbesondere ist eine software- und hardwareseitige modulare Nutzung FPGA-bestückter Produkte ohne Hardware-Anpassung möglich. Entwicklungsabteilungen eröffnet das die Möglichkeit, ein geplantes Vorhaben direkt umsetzen zu können, ohne jedesmal die Hardware aufwendig anpassen zu müssen. Das Unternehmen spart damit Entwicklungszeit, Kosten und Stress – allesamt Faktoren, die sich letztlich in einen Wettbewerbsvorteil ummünzen lassen.

Modulare Entwicklungsumgebung auf FPGA-Basis

Ganz umsonst sind diese Vorteile jedoch nicht zu erhalten, denn die Entwicklung mit FPGAs erfordert umfangreiche Spezialkenntnisse. Traditionell werden FPGAs vor allem in der Nachrichten- und Signalverarbeitung eingesetzt; in der Leistungselektronik sind die erforderlichen Qualifikationen nicht so stark verbreitet – bisher jedenfalls.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, hat Tetranes eine modulare Entwicklungsumgebung auf FPGA-Basis geschaffen. Diese Plattform mit der Bezeichnung FRPS (FPGA-Rapid-Prototyping-System) besteht aus verschiedenen Karten, die miteinander verbunden und in ein Rack montiert werden. Zentrale Komponente ist eine FPGA-Karte, die die Berechnungen durchführt. Diese Karte kann je nach Bedarf mit verschiedenen Erweiterungskarten ausgestattet werden, um Funktionen wie die Kommunikation mit Wechselrichtern oder die Erfassung von analogen Daten zu unterstützen.

Vorteile der FRPS

Die Vorteile dieser modularen Plattform sind vielfältig. Sie ermöglicht es Ingenieuren, maßgeschneiderte Multilevel-Steuerungssysteme für ihre Anwendungen zu erstellen, ohne von vorgefertigten Lösungen abhängig zu sein. So lassen sich Steuerungen für große 3-Level oder N-Level-Umrichter mit vergleichsweise geringem Aufwand implementieren. Die Plattform stellt darüber hinaus eine schnelle Entwicklungsumgebung zur Verfügung, die es den Ingenieuren ermöglicht, ihre Algorithmen schnell zu testen und zu verbessern. Zudem gibt das FRPS den Entwicklern einen zusätzlichen Freiheitsgrad, denn damit lassen sich auch andere Modulationsverfahren als PWM umsetzen.

Bild 2: Workflow des FRPS – Erstellen von komplizierten Regelalgorithmen ohne Programmierkenntnisse innerhalb einer Simulation.
Bild 2: Workflow des FRPS – Erstellen von komplizierten Regelalgorithmen ohne Programmierkenntnisse innerhalb einer Simulation. (Bild: Tetranes)

Fazit

Die FPGA-Technologie und diese modulare Entwicklungsumgebung eröffnen neue Möglichkeiten für die Leistungselektronik. Sie ermöglichen es, fortschrittliche Systeme zu entwickeln und gleichzeitig die Flexibilität zu bewahren, um auf neue Herausforderungen zu reagieren. Dies ist entscheidend, da sich die Technologie ständig weiterentwickelt und wir uns auf immer komplexere Anwendungen vorbereiten müssen.

Insgesamt zeigt dieses Beispiel, wie Technologie und Innovation zusammenkommen, um die Leistungselektronikbranche voranzutreiben. Es verspricht eine aufregende Zukunft, in der unsere elektronischen Systeme noch intelligenter und effizienter werden.

Julian Endres

Geschäftsführer bei Tetranes

Bernd Dreßel

Geschäftsführer bei Tetranes

Michael Seefried

Produkt-Manager bei Tetranes

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