Elektromechanische Aktoren stellen wertvolle und umfangreiche Feedback-Informationen zur Verfügung – ganz ähnlich einem Sensor. Für Industrie 4.0 und darüber hinaus sind solche Edge Devices von grundlegender Bedeutung, denn sie steuern Roboter, manipulieren und automatisieren Fabrikprozesse und setzen digitale Informationen in mechanische Bewegungen um – gepaart mit einem hohen Grad an Intelligenz und „Self Awareness“.
Treiberelektronik für Aktoren
Schrittmotoren und Solenoide (Magnetventile) machen einen großen Teil dieser elektromechanischen Aktoren aus (Bild 1). Sie enthalten Kupferspulen, die bei Bestromung eine mechanische Bewegung bewirken. Man findet sie nicht nur in jeder Fabrik, sondern auch in Automotive und Anwendungen der Laborautomatisierung und Medizin. Diese Anwendungen verlangen zunehmend nach weitergehender Automatisierung und Miniaturisierung der Aktoren und der zugehörigen Treiberelektronik. Traditionelle Lösungen aber sind nicht für diese neuen Anforderungen ausgelegt und bieten keine beziehungsweise nur eingeschränkte Sensorfunktionen.
In Kürze: Smarte Treiberlösungen und Technologien an der intelligenten Edge
Damit Edge-Intelligenz umfassend zum Tragen kommen kann, müssen elektromechanische Aktoren mit smarten, hochintegrierten Treiberlösungen ausgestattet und geregelt werden. Solche smarten Edge Devices kombinieren die Funktionalitäten von Aktoren und Sensoren, um bessere Echtzeit-Entscheidungen auf der Maschinenebene zu ermöglichen und lokale Rückmeldeinformationen, welche nur direkt vor Ort gesammelt werden können, für höhere Steuerungsebenen, die Cloud oder KI-basierte Produktivitätslösungen zur Verfügung zu stellen. Der Artikel beschreibt smarte Treiberlösungen und Technologien an der intelligenten Edge, also an der Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt.
Die neuesten, aus einem smarten Controller und einem Treiber bestehenden cDriver-Lösungen von ADI Trinamic ermöglichen die Realisierung smarter Aktoren an der Edge. Sie bündeln Sensorik und Aktorik in hochintegrierten Komponenten, die wiederum in eingebetteten Motion-Control-Lösungen zum Einsatz kommen können. „In-situ“-Systemparameter und -Zustandsgrößen, die ausschließlich direkt in oder unmittelbar am elektromechanischen Aktor verfügbar sind (z. B. Temperaturen, Schalt- und Reaktionszeiten von Solenoiden, aktuelle Last am Motor-Abtrieb), werden vor Ort gemessen und ausgewertet.
Warum ist ein neues Ansteuerkonzept erforderlich?
Aktuell verfügbare Treiber-ICs sind nicht eigens für das Ansteuern von Solenoiden ausgelegt. Sie enthalten weder Ablaufsteuerungen noch applikationsspezifische Funktionen oder Diagnose- und Schutzeinrichtungen. Effiziente, wirtschaftliche Lösungen lassen sich schwer oder gar nicht realisieren. Werden anspruchsvolle Ansteuerfunktionen (Treiber-Sequencer, Dithering, Schnell-Entmagnetisierung, Strommessung) oder Diagnosefunktionen (Erkennung der Kolbenbewegung und des Ein-/Aus-Zustands, Induktivitätsmessung, Open-Load-Erkennung) benötigt, nimmt die Komplexität des Systems durch zusätzlichen externen Schaltungsaufwand zu.
Teilschaltungen (digitale Steuerung, Strommessung, Signalaufbereitung, Leistungsstufen, Schutzfunktionen) werden separat entwickelt und anschließend kombiniert, was viel Platinenfläche und Entwicklungszeit erfordert und Probleme bezüglich der Zuverlässigkeit, des Bauteileaufwands und der mangelnden Flexibilität mit sich bringt.
Fortschritte im Bereich der Miniatur-Aktoren
Durch fortschreitende Miniaturisierung haben sich elektromechanische Aktoren zu kosten- und platzeffizienten Komponenten entwickelt. Die Abmessungen einzelner Aktuatoren betragen teils nur wenige Millimeter. Die Vorteile dieser Miniatur-Aktoren werden dafür sorgen, dass die Wachstumsraten hier weiter steigen. Jedoch stellen die Märkte zusätzliche Forderungen nach längerer effektiver Lebensdauer und erhöhter Zuverlässigkeit, nach kleinen, eingebetteten Elektroniken (um den beengten Platzverhältnissen Rechnung zu tragen) sowie nach einfacher Integration und Bedienung.
Verbesserte Diagnosefunktionen
Elektromechanische Aktoren verschleißen bei längerem Einsatz und unterliegen elektrischen (Spulenprobleme, Restenergie in der Spule, Überhitzung, Isolierungsfehler) und mechanischen (unvollständiges Öffnen oder Schließen des Ventils, manuelle Übersteuerung, Druckdifferenzen, Verschmutzung, beschädigte Ventilmechanik, Eintrocknen des Schmierfetts) Ausfallmechanismen. Diese Probleme wirken sich auf die Leistungsfähigkeit, Lebensdauer und Betriebsbereitschaft der Aktoren selbst und der Systeme aus, in denen sie verbaut werden. Hieraus resultiert die Forderung nach Digitalisierung, damit aus detaillierten, hochwertigen Diagnosemeldungen über lokale Systemparameter auch der Gesundheitszustand des Aktors und der Ansteuerelektronik abgelesen werden kann. Dies wiederum ermöglicht fundiertere Entscheidungen auf Maschinenebene, um auf Änderungen zu reagieren. Zudem können solche Diagnosedaten (entweder als Rohdaten oder aufbereitet) von der Edge an höhere Steuerungsebenen weitergeleitet, kontinuierlich beobachtet und analysiert werden. Fundierte Feedback- und Diagnose-Informationen, die sich nicht auf simple Fehlermeldungen (Error-Flags) beschränken, sind erforderlich.
Time-to-Market
Trotz zunehmender Systemkomplexität müssen Entwicklungszeiten verkürzt werden. Hochintegrierte, erprobte und gebrauchsfertige Baugruppen tragen bei, die Gesamtkomplexität zu verringern, Designrisiken zu mindern und Markteinführungszeiten auf vertretbarem Niveau zu halten. Zunehmend wird das Systemdesign von Kommunikations-Schnittstellen und softwareorientierten Sichtweisen dominiert, weshalb aktive Systembauteile und Baugruppen anhand ihrer Flexibilität und der Art ihrer Kommunikations- und Steuerungsschnittstellen ausgewählt werden.
Miniatur-Aktoren: Kompakte eingebettete Hardwarelösungen
Miniaturventillösungen, Ventilblöcke und mehrachsige Anwendungen profitieren durch den Einsatz hochintegrierter, eingebetteter Ansteuerlösungen. Mit einer ebenso kompakten Realisierung der Controller- und Treiberelektronik kann das gesamte Aktor-Subsystem mit einer Größenreduzierung aufwarten und für (neue) Anwendungen mit begrenztem Bauraum interessant werden. Steuerelektroniken für ein Solenoid, einen Ventilblock oder mehrachsige Schrittmotorsysteme bestehen aus einer Kommunikationsschnittstelle, einem Mikrocontroller (MCU) sowie einem oder mehreren Controllern/Treiber-Einheiten (Bild 2).
Die Kommunikationsschnittstelle und die MCU hängen von der Anwendung ab, sind aber meist nur einmal vorhanden. Von der Controller/Treiber-Stufe des Aktors werden hingegen mehrere Instanzen benötigt, wenn es sich um einen Ventilblock oder ein Mehrachssystem handelt, sodass hier das größte Optimierungspotenzial besteht. Existente Treiber-Implementierungen für Solenoide, die auch erweiterte Features bieten, erfordern einen großen Bauteileaufwand und viel Platinenfläche.
Werden diese erweiterten Steuerungs- und Sensorfunktionen in ein einziges Bauteil integriert, verringert sich der Platzbedarf auf ein Minimum. Lösungen mit integrierter Strommessung benötigen keine großen externen Messwiderstände mehr. Integrierte Treiberstufen mit niedrigem RDS(on) resultieren in höchster Effizienz und verringern thermische Verluste, was sich positiv auf die benötigte Kühlfläche oder die Eignung für kritische Anwendungsumgebungen auswirkt.
Bild 3 zeigt Beispiele für Ventilblöcke. Geringe Abmaße und reduzierter Bauteileaufwand ermöglichen hier ultrakompakte Lösungen und bringen Kosteneinsparungen bei den Bauteilen, Leiterplatten und Gehäusematerialien mit sich.
Ebenso wie bei Solenoiden spielt die Treiberendstufe auch bei Schrittmotor-Lösungen eine entscheidende Rolle. Hochintegrierte cDriver für Schrittmotoren reduzieren den Platzbedarf erheblich und erlauben eine sehr genaue Stromregelung. Neben Diagnose- und Feedback-Funktionen bieten sie einen integrierten Motion Controller, die dazugehörige Leistungsstufe sowie eine vollständig integrierte Strommessung.
Verbesserte Diagnosefunktionen: vorausschauende Instandhaltung und Self-Awareness
Smarte cDriver stellen sensorähnliche Daten bereit, welche teilweise nur direkt vor Ort im Treiber und Aktuator verfügbar sind. Was aber kann mit diesen umfangreichen Informationen getan werden? Zu diesen Daten gehören die Treibertemperatur, Widerstand und Temperatur der Spulen, Spuleninduktivität, Versorgungsspannung, die tatsächlichen Spulenströme und die Gegen-EMK. Daraus lassen sich lokal im Edge Device System- und Applikationszustände ebenso ableiten wie weitere Systemparameter, wie etwa Reaktions- und Stellzeiten, die lokale Senke im Stromprofil (Bild 4), die Open-Load-Erkennung, Überstrom- und Kurzschlusserkennung, Detektion der Kolbenbewegung, der gemessene Kolbenhub und die Echtzeit-Stromüberwachung.
5G – Was es zum Mobilfunkstandard zu wissen gibt
5G gilt als Schlüsseltechnologie in vielen Bereichen. Größere Datenmengen bei höheren Übertragungsgeschwindigkeiten sind der Grund. Wie funktioniert die Technologie? Welche schnell ist es? Die Antwort auf diese und andere Fragen finden Sie in unsere Übersicht.
Im Fall von Schrittmotoren kann die momentane Last auf der Basis von StallGuard ebenso ausgelesen werden wie die aktuelle Stromreduzierung via CoolStep. In vielen Anwendungen ist die Kenntnis des aktuellen Lastwerts ein wertvoller Parameter. Er kann über die Zeit variieren und seine Langzeitdrift unter anderem auf Verschleiß an der Mechanik, an Getrieben sowie auf defekte Endanschläge hinweisen. Am StallGuard-Wert ist ein mechanisches Blockieren des Motors bereits erkennbar, bevor es auftritt. Dies wiederum ist hilfreich für eine sensorlose Endanschlag-Erkennung oder zum Kalibrieren.
Die lokalen Sensor- und Diagnosefunktionen und die Verfügbarkeit von „in-situ“ Feedback ebnen den Weg zu Predictive Maintenance und Self-Awareness auf drei verschiedenen Ebenen (Bild 5):
- Lokal im cDriver-Baustein
- Auf Applikations-Ebene in der MCU des Aktuator-Systems
- Auf höheren Leitebenen (Werkhalle, Anlagensteuerung oder Cloud)
Lokale Überwachungs- und Selbstdiagnose-Funktionen ermöglichen latenzfreie Echtzeit-Entscheidungen direkt in der Controller- und Treiberelektronik. Geboten werden z. B. konfigurierbare Übertemperatur- und Überstromgrenzen, automatisches Umschalten zwischen Anzugs- und Haltestrom bei Solenoiden sowie sofortiger Schutz des Treibers im Fehlerfall.
Energieeffizienz durch deutlich verbesserte Regelgüte
Die Messung der Reaktions- und Stellzeit eines Magnetventils lokal im cDriver und die Detektion der Stromsenke wirken sich positiv auf den Stromverbrauch aus und erlauben eine genaue Abstimmung von Parametern wie Sollstrom und Anstiegsgeschwindigkeit, um die Reaktions- und Stellzeit zu optimieren. Es kann zudem am optimalen Zeitpunkt von Anzugs- auf Haltestrom umgeschaltet werden, anstatt feste Zeitfenster abzuwarten. Die Energie, die unnötigerweise in die Spule des Magnetventils eingeleitet würde, wird eingespart, was den Wirkungsgrad von Solenoid-Baugruppen verbessert. Dies gilt besonders für bistabile Puls-Solenoide, in denen der Haltezustand durch mechanische Federn aufrechterhalten wird. Der Haltestrom beträgt hier null, sodass lediglich der Anzugsstrom in den Gesamt-Stromverbrauch eingeht.
In Schrittmotoranwendungen sind enorme Energieeinsparungen möglich, wenn neben StallGuard auch das CoolStep-Feature der cDriver-Bausteine genutzt wird. CoolStep berücksichtigt als sensorlose dynamische Stromregelung die momentane, tatsächliche Last an der Motorwelle. Bei geringer Last ist es unnötig, den Motor mit dem Nennstrom zu beaufschlagen. Der Strom kann auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß gesenkt werden. Nimmt die Last wieder zu, kann der Strom entsprechend angepasst werden, um das Drehmoment zu steigern. Selbst Lastspitzen lassen sich durch Anheben des Sollstroms über den Nennstrom hinaus abfangen, ohne dass der Motor dadurch Schaden nimmt. Der Schrittmotor wird mit dem geringstmöglichen Strom betrieben, wodurch sich sein Energieverbrauch um bis zu 90 Prozent verringert. (na)
Zusammenfassung
Mit ihrer Kombination aus Sensor und Aktor ermöglichen die neuen cDriver-Komponenten die Realisierung smarter elektromechanischer Edge-Lösungen. Die cDriver-Produkte können weit mehr, als nur ein Magnetventil zum Schalten oder einen Motor zum Drehen zu bringen, sondern enthalten umfangreiche Diagnosefunktionen und stellen damit selbst eine Art Sensor dar. Sie können Daten aufbereiten und auf lokaler Ebene Entscheidungen fällen und warten mit Sicherheits- und Überwachungsfunktionen auf. Diese Art intelligenter, mit Sensorik ausgestatteter Aktoren ergeben einen Zusatznutzen für die cyber-physischen Systeme und Fabriken der Zukunft, indem sie mechanische Probleme lösen, Komplexität verbergen, eine Vielzahl an Funktionen bündeln, umfangreiche Informationen zur Weiterverarbeitung an die übergeordneten Steuerungsebenen übergeben und sowohl die Kosten als auch den Stromverbrauch verringern. Wir haben es hier mit einem neuen Grad an Digitalisierung sowie mit einem Paradigmenwechsel zu tun, was das Ansteuern elektromechanischer Aktoren insbesondere aber nicht ausschließlich nur an der Edge betrifft. (bs, na)