Mit SiC-MOSFETs kann die Energieeffizienz von Antrieben gesteigert werden

Da industrielle Antriebe beispielsweise in Pumpen, Lüftern und Servoantrieben ständig laufen müssen, ergibt sich mit SiC-MOSFETs die Gelegenheit zur Verbesserung der Energieeffizienz, was wiederum dazu führt, den Energieverbrauch zu senken. (Bild: Pugun & Photo Studio @ AdobeStock)

Heutzutage kommen in industriellen Antrieben vorwiegend die bekannten, auf Silizium-IGBTs basierenden Wechselrichter zum Einsatz. Durch die kürzliche Entwicklung von MOSFETs auf der Basis von Siliziumkarbid (SiC) jedoch erschließen sich auf diesem Gebiet neue Szenarien.

Eckdaten

Der Artikel vergleicht die Performance zwischen Wechselrichtern für industrielle Antriebe auf der Basis von Si-IGBTs und SiC-MOSFETs (jeweils für 1200 V) und weist auf die technischen Restriktionen hinsichtlich der begrenzten Steilheit der Spannungsflanken hin, um die Motorwicklungen und Lager zu schützen. Das Ergebnis zeigt eine Steigerung der elektrischen Energieeffizienz, wenn anstelle des Si-IGBT ein SiC-MOSFET zum Einsatz kommt. Dies gilt auch dann, wenn die Kommutierungsgeschwindigkeit auf 5 V/ns begrenzt wird. Abschließend erfolgt ein Kostenvergleich für eine allgemeine industrielle Antriebsapplikation unter bestimmten Rahmenbedingungen.

Die SiC-MOSFET-Technologie von ST Microelectronics bietet einen sehr niedrigen Einschaltwiderstand pro Flächeneinheit, gute Schalteigenschaften und eine vernachlässigbare Sperrverzögerungsenergie während des Abschaltens der Body-Diode im Vergleich zu traditionellen Silizium-Freilaufdioden.

Da industrielle Antriebe beispielsweise in Pumpen, Lüftern und Servoantrieben ständig laufen müssen, ergibt sich mit SiC-MOSFETs die Gelegenheit zur Verbesserung der Energieeffizienz, was wiederum dazu führt, den Energieverbrauch zu senken.

Dieser Artikel vergleicht die wichtigsten Eigenschaften eines 1200-V-SiC-MOSFET und eines Si-IGBT in Acepack-Gehäusen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Die wichtigsten Daten der untersuchten Bauelemente.

Tabelle 1: Die wichtigsten Daten der untersuchten Bauelemente. ST Microelectronics

Versuchsergebnisse aus Doppelpuls-Tests und statischen Messungen verwendeten die Entwickler in Simulationen mit der Software ST Power Studio. Bei der Simulation eines industriellen Antriebs mit 20 kW Leistung untersuchten sie sowohl den Elektrizitätsverbrauch beider Lösungen als auch die Anforderungen an das Kühlsystem.

  1. Wichtige technologische Wegbereiter

In der auf einem Wechselrichter basierenden Antriebsapplikation enthält die gängigste Topologie sechs Leistungsschalter, die zu drei Halbbrückenzweigen verschaltet sind. Jede Halbbrücke arbeitet mit harter Kommutierung an einer teils ohmschen, teils induktiven Last, nämlich dem Motor, um dessen Drehzahl, Position oder Drehmoment zu regeln. Wegen der induktiven Last erfordert jede Kommutierung sechs antiparallele Dioden für die Freilaufphase. Wenn sich die untere Freilaufdiode im Sperrverzögerungsmodus befindet, fließt der Strom in ihr in die gleiche Richtung wie im oberen Schalter. Hierdurch kommt es bei der Einschalt-Kommutierung zu einem Überschwinger, der zusätzliche Verluste mit sich bringt. Das Sperrverzögerungsverhalten der Diode hat deshalb erheblichen Einfluss auf die während des Schaltens auftretenden Verluste und damit auf die Energieeffizienz insgesamt.

Bild 1: Einschaltverhalten des SiC-MOSFET.

Bild 1: Einschaltverhalten des SiC-MOSFET STMicroelectronics

Wegen des deutlich geringeren Sperrverzögerungsstroms und der wesentlich kürzeren Erholzeit führen SiC-MOSFETs zu einer drastischen Reduzierung der Erholverluste und des Energieverbrauchs gegenüber der Silizium-Freilaufdiode, die sich im selben Gehäuse wie der Si-IGBT befindet.

Bild 2: Einschaltverhalten des Si-IGBT.

Bild 2: Einschaltverhalten des Si-IGBT STMicroelectronics

Die Bilder 1 und 2 veranschaulichen die Einschalt-Kommutierung des SiC-MOSFET und des Si-IGBT bei 50 A und 600 VDC. Der blau schraffierte Bereich zeigt, dass der Sperrverzögerungsstrom und die Sperrverzögerungszeit beim SiC-MOSFET deutlich geringer ausfallen. Die hohe Kommutierungsgeschwindigkeit beim Ein- und Abschalten bewirkt also eine Verringerung der Schaltverluste. Die Kommutierungsgeschwindigkeit lässt sich jedoch nicht grenzenlos steigern, da sich beispielsweise die Störemissionen, Spannungsspitzen und Oszillationsprobleme verschärfen.

Bild 3: Abschaltverhalten des SiC-MOSFET.

Bild 3: Abschaltverhalten des SiC-MOSFET STMicroelectronics

Ein wichtiger Parameter, der bei industriellen Antrieben häufig eine Rolle spielt, ist das Risiko von Schäden durch steile Kommutierungsflanken an den Wechselrichterausgängen. Tatsächlich führen steile Spannungsflanken zu höheren Spannungsspitzen auf den Motorkabeln und zu höheren parasitären Gleichtakt- und Differenzialströmen, die mit der Zeit zu Schäden an der Wicklungsisolation und den Motorlagern führen können. Die typische Spannungssteilheit bei industriellen Antrieben stellen Entwickler deshalb aus Zuverlässigkeitsgründen häufig auf 5 bis 10 V/ns ein.

Dies schränkt den Nutzen von SiC-MOSFETs auf diesem Gebiet allerdings nicht ein, denn schließlich gehört die schnelle Kommutierung zu den entscheidenden Eigenschaften dieser Bauelemente. Der eigens für Motorregelungen konzipierte 1200-V-Si-IGBT kommt jedoch auf eine innerhalb dieser Grenzen liegende Schaltgeschwindigkeit. Ungeachtet dessen machen die Bilder 1 bis 4 deutlich, dass der SiC-MOSFET auch bei der Begrenzung auf 5 V/ns deutlich niedrigere Energieverluste beim Ein- und Abschalten garantieren kann als der Si-IGBT.

Bild 4: Abschaltverhalten des Si-IGBT.

Bild 4: Abschaltverhalten des Si-IGBT STMicroelectronics

  1. Statische und dynamische Eigenschaften

Es folgt ein Vergleich der statischen und dynamischen Eigenschaften beider Technologien auf der Basis einer typischen Betriebs-Sperrschichttemperatur (TJ) von 110 °C.

In Bild 5 sind die statischen V-I-Kennlinien beider Bausteine am Ausgang zu sehen. Über den gesamten Bereich ist der Vorteil des SiC-MOSFET deutlich zu erkennen, der auf einen linearen Spannungsabfall zurückzuführen ist. Im Vergleich dazu weist der Si-IGBT einen nichtlinearen Spannungsabfall (VCE(sat)) als Funktion des Kollektorstroms auf. Obwohl der SiC-MOSFET zum Erreichen eines sehr guten RDS(on) einen VGS-Wert von 18 V benötigt, kann er deutlich bessere statische Eigenschaften garantieren als der Si-IGBT, was wiederum zu erheblich niedrigeren Leitungsverlusten führt.

Bild 5: Vergleich der statischen Eigenschaften.

Bild 5: Vergleich der statischen Eigenschaften STMicroelectronics

Darüber hinaus wurden mit einem Doppelpulstest die dynamischen Eigenschaften beider Bauelemente verglichen. Der Vergleich beruht auf anwendungsnahen Bedingungen, also auf einer Gleichspannungs-Zwischenkreisspannung von 600 V und einer auf 5 V/ns eingestellten Spannungssteilheit beim Ein- und Abschalten. Bild 6 zeigt eine Zusammenfassung der bei den Versuchen aufgezeichneten Messergebnisse.

Beim SiC-MOSFET sind über den gesamten untersuchten Strombereich wesentlich, nämlich um rund 50 Prozent geringere Ein- und Abschaltenergien zu erkennen als beim Si-IGBT – selbst bei der Begrenzung auf 5 v/ns.

  1. Elektrisch-thermische Simulation

Zum Vergleich beider Bauelemente in einer typischen industriellen Antriebsapplikation nahm das Entwicklerteam von STMicroelectronics mithilfe von ST Power Studio eine elektrisch-thermische Simulation vor. Diese Simulation greift auf Eingangsbedingungen zurück, die für diese Anwendung typisch sind, um die insgesamt auftretenden Verluste unter Einbeziehung aller temperaturabhängigen Parameter abzuschätzen. Der Vergleich basiert auf einem industriellen Antrieb mit einer Nennleistung von 20 kW und einer Kommutierungsgeschwindigkeit von 5 V/ns (Tabelle 2).

Tabelle 2: Simulationsbedingungen des Vergleichs.

Tabelle 2: Simulationsbedingungen des Vergleichs. ST Microelectronics

Es wurden zwei verschiedene Schaltfrequenzen von 4 kHz und 8 kHz betrachtet, um den Vorteil einer Lösung bei höheren fSW-Werten hervorzuheben. In Anbetracht der Tatsache, dass jeder Motor in der Regel zu verschiedenen Zeiten bei unterschiedlichen Betriebspunkten arbeitet, legten die Entwickler einige Annahmen zugrunde, um die Verluste des Antriebs zu berechnen. Gemäß der Norm EN 50598-2, die die Energieeffizienz-Klassen für CDMs (Complete Drive Modules) und die neuen IES-Klassen für Power Drive Systems (PDS) festlegt, wählten sie für die Simulation zwei Betriebspunkte. Der erste liegt bei einem Strom, der ein Drehmoment von 50 Prozent erzeugt, während der andere ein Drehmoment von 100 Prozent ergibt. Für die hier gegebene Anwendung bedeutet dies einen Ausgangsstrom von 24 und 40 Arms.

Bild 6: Vergleich der dynamischen Eigenschaften.

Bild 6: Vergleich der dynamischen Eigenschaften STMicroelectronics

Die Wärmewiderstände der Kühlkörper wählten sie so, dass die Sperrschichttemperatur bei beiden Bausteinen und bei maximaler Last auf 110 °C gehalten wurde, wenn der Strom 100 Prozent Drehmoment erzeugt.

Bild 7 zeigt den Verlustvergleich zwischen SiC-MOSFET und Si-IGBT bei einem 50 Prozent Drehmoment erzeugenden Strom und Schaltfrequenzen von 4 und 8 kHz.

In Bild 8 ist der entsprechende Vergleich für einen 100 Prozent Drehmoment erzeugenden Strom zu sehen.

Der Verlust ist auf den Schalter selbst (Leit- und Schaltverlust) und die antiparallele Diode aufgeteilt, um die wichtigsten Unterschiede herauszustellen. Die SiC-MOSFET-Lösung führt eindeutig zu deutlich niedrigeren Gesamtverlusten als der Si-IGBT. Dieses Ergebnis erklärt sich aus den geringeren Verlusten im Schalter selbst sowie in der Diode unter statischen und dynamischen Bedingungen.

Bild 7: Verlust pro Schalter bei einem 50 % Drehmoment erzeugenden Strom.

Bild 7: Verlust pro Schalter bei einem 50 % Drehmoment erzeugenden Strom STMicroelectronics

Die Verlustminderung liegt bei 4 und 8 kHz Schaltfrequenz sowie unter beiden Lastbedingungen im Bereich von 50 Prozent. Die Ergebnisse machen deutlich, dass eine erheblich höhere Energieeffizienz erzielbar ist und dass sich die thermischen Anforderungen an die Kühlkörper entsprechend reduzieren, was Vorteile hinsichtlich des Gewichts, des Platzbedarfs und der Kosten mit sich bringt.

Tabelle 3 enthält die Simulationsresultate für die Verluste des Wechselrichters insgesamt sowie den erforderlichen Wärmewiderstand des Kühlkörpers, wenn die Sperrschichttemperatur beider Bauelemente auf 110 °C gehalten werden soll.

Tabelle 3: Zusammenfassung der Simulationsergebnisse (Betriebspunkt 100 %).

Tabelle 3: Zusammenfassung der Simulationsergebnisse (Betriebspunkt 100 %). ST Microelectronics

Unter den für die Simulationen angesetzten Bedingungen würde sich der erforderliche Rth-Wert des Kühlkörpers im 8-kHz-Szenario von 0,09 °C/W für den Si-IGBT auf 0,22 °C/W für den SiC-MOSFET erhöhen, was eine Reduzierung des Kühlkörpervolumens um den Faktor 5 bei Zwangsbelüftung ermöglicht und klare Vorteile in Bezug auf Abmessungen, Gewicht und Kosten ergibt. Im 4-kHz-Szenario würde sich der Rth-Wert von 0,25 °C/W auf 0,17 °C/W verändern, was einer Volumenreduzierung um den Faktor 4 entspricht.

  1. Auswirkungen auf die Energiekosten

Bild 8: Verlust pro Schalter bei einem 100 % Drehmoment erzeugenden Strom.

Bild 8: Verlust pro Schalter bei einem 100 % Drehmoment erzeugenden Strom STMicroelectronics

Im Zusammenhang mit industriellen Anwendungen, die viel Energie benötigen, wird die Energieeffizienz zu einem kritischen Faktor. Um die in der Simulation gewonnenen Verlustangaben in einen Überblick über die Energiekosten zu übertragen, müssen einige Annahmen hinsichtlich des jährlichen Auslastungsprofils und der Energiekosten zugrunde gelegt werden, bei denen es sich um einen zeitlich und geografisch variablen Parameter handelt. Aus Gründen der Einfachheit betrachteten die Entwickler lediglich zwei Leistungsniveaus (100 und 50 Prozent Last). Der Unterschied zwischen Profil 1 und Profil 2 ist einzig die Dauer jeder Belastung. Um die Senkung der Energiekosten hervorzuheben, untersuchten sie eine im Dauerbetrieb laufende industrielle Anwendung. Das Missionsprofil 1 legt 50 Prozent Last zu 60 Prozent der Zeit und 100 Prozent Last in der übrigen Zeit zugrunde, während es beim Missionsprofil 2 genau umgekehrt ist.

Die Konsequenzen für die jährlichen Energiekosten ermittelten die Entwickler aufgrund von Energiekosten in Höhe von 0,14 Euro/kWh (Stromtarif von Eurostat für gewerbliche Kunden). Auf dieser Basis weist Tabelle 4 für den SiC-MOSFET eine jährliche Energieeinsparung zwischen 895,7 und 1415 kWh aus, was zu einer Kostensenkung von 125,40 bis 198,10 Euro führt. Ohne die Begrenzung der Spannungssteilheit würden diese Vorteile sogar noch größer ausfallen.

Tabelle 4: Jährliche Energie- und Kosteneinsparungen durch den SiC-MOSFET für die beiden Missionsprofile.

Tabelle 4: Jährliche Energie- und Kosteneinsparungen durch den SiC-MOSFET für die beiden Missionsprofile. ST Microelectronics

Carmelo Parisi

IGBT, IPM and Industrial Modules Application Development Manager bei ST Microelectronics

Antonino Raciti

Application Development Engineer bei ST Microelectronics

Angelo Sciacca

(prm)

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