Nutzfahrzeuge in extremen Witterungen

(Bild: Weco)

Der Automotive-Bereich stellt spezifische Anforderungen an die Leiterplatten, die in Fahrzeugen verwendet werden. Im Segment der Nutzfahrzeuge sind die Bedingungen noch anspruchsvoller. Die elektronischen Komponenten müssen besonders robust sein, um auch in schwierigem Gelände zuverlässig zu funktionieren. Ein weiterer wichtiger Faktor sind die extremen Umweltbedingungen, denen die Fahrzeuge ausgesetzt sind. Ob Sandstürme, Eisregen oder hohe Luftfeuchtigkeit – die Fahrzeuge müssen über viele Jahre hinweg den widrigsten Bedingungen standhalten.

Fahrzeuge, die bei extremen Temperaturen eingesetzt werden, erfordern Getriebeeinheiten, die in einem breiten Temperaturspektrum reibungslos funktionieren. Beispielsweise sind im sibirischen Winter Außentemperaturen von -40 °C keine Seltenheit, während die Betriebstemperatur des Getriebeöls auf bis zu 90 bis 100 °C steigen kann. Das integrierte System muss diese Schwankungen problemlos aushalten können. Für den Einsatz in solch rauen Umgebungen hat sich die Floating Pin-Technologie als äußerst zuverlässig erwiesen. Diese robuste Technologie funktioniert bei jedem Wetter und arbeitet zuverlässig bei Hitze, Regen, Eisregen und Schnee. Zusätzlich ist sie unempfindlich gegenüber Getriebeöl, Gasen oder anderen chemischen Einflüssen. Eine hohe Festigkeit und Koplanarität sind entscheidend für die Langlebigkeit, die für den Einsatz in Fahrzeugen unerlässlich ist.

Leiterplatte mit Kontaktelementen
links: Fest eingebaute Kontaktelemente führen bei Temperaturschwankungen und unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien zu Spannungen an den Lötstellen sowie zu Veränderungen im Rastermaß. Mitte: Die Ausdehnung der Leiterplatte ist bei freischwebenden Kontaktelementen kompensierbar. rechts: Die natürliche Kohäsion sorgt bei freischwebenden Kontaktelementen für eine Zentrierung auf den Lötstellen, geringe Widerstandswerte sowie Verbindungen ohne auftretende Seitenkräfte (Bild: Weco)

Die Produkte basieren auf der Oberflächenmontagetechnik SMT, die in der Kfz-Elektronik mittlerweile eine zentrale Rolle spielt. SMT punktet nicht nur mit Flexibilität, sondern auch mit einer hohen Wirtschaftlichkeit. Allerdings kommen die klassischen SMT-Bauteile in der Automotive-Industrie durchaus auch an ihre Grenzen. Bislang waren davon Steckverbinder ab einer gewissen Baugröße sowie einem Rastermaß von mehr als 2,54 Millimeter betroffen. Hier war bislang nach wie vor die Durchsteckmontage notwendig, um die Komponenten auf der Leiterplatte zu befestigen. Der Grund ist, dass der Leiteranschluss und die Stromversorgung ausreichende Abmessungen benötigen, um bei höheren Strömen und Spannungen den physikalischen Anforderungen zu entsprechen. Leiterplattenklemmen sind zudem größeren mechanischen Belastungen ausgesetzt als andere passive oder aktive Elektronikbauteile. Beim Montageprozess kommt es zu einer enormen Kräfteentwicklung, sei es durch das Anschließen von elektrischen Leitern oder das Aufbringen einer korrespondierenden Steckerleiste. Das führt vereinzelt dazu, dass die Haftkräfte der Klemme den Installationsanforderungen nicht immer standhalten und diese sich von der Leiterplatte ablöst.

Die Floating Pin-Technologie als Lösung?

Eine Lösung bietet die von Weco entwickelte „Floating Pin“-Technologie. Floating Pins kompensieren die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Bauteilen, fangen Leiterplattenunebenheiten ab und gleichen Lötstellentoleranzen aus. Diese schwebenden Kontaktelemente sind in alle Richtungen beweglich und setzen zuverlässig auf der Leiterplattenoberfläche auf. Dadurch wird eine hohe Koplanarität erzielt, unabhängig von der Größe oder Polzahl der Bauteile.

Detlef Fritsch, Geschäftsführer der Weco Contact GmbH
Zitat

„Bei SMD-Bauelementen erzielen wir so eine hundertprozentige Koplanarität. Die Größe der Bauteile oder die Polzahl haben keinen Einfluss auf das Endergebnis.“

Detlef Fritsch, Geschäftsführer von Weco Contact
(Bild: Weco)

Durch das Floating werden Bauteile nicht fest mit der Platine verbunden. Auf diese Weise können sie sich flexibel nach oben und unten sowie seitwärts bewegen. Im Automobilbau hat das den Vorteil, dass die Bauteile z.B. starke Schwingungen und Temperaturschwankungen abfedern können. Jede Komponente für sich hat einen Ausdehnungskoeffizienten, weshalb Platine und Kunststoffteil sich jeweils separat ausdehnen können. Die Ausdehnungskoeffizienten stimmen nicht überein, was die Flexibilität der Komponenten im eingesetzten Umfeld deutlich steigert. Die Luft zwischen den Komponenten bietet ausreichend Spielraum für die Ausdehnung. Aufgrund von Kohäsion wandert das aufzubringende Metallteil genau in die Mitte des Lötzinns und liegt damit optimal auf der Oberfläche auf. Auf diese Weise lässt sich eine hohe Festigkeit erzielen, weil das Bauteil automatisch immer in der Mitte des Lötpunktes liegt. Damit wird der vermeintliche Nachteil von SMT ad absurdum geführt, weil in diesem Fall das Bauteil immer ideal mittig liegt und eine Festigkeit erreicht wird. Bei fest verbauten Teilen dagegen dehnen sich sowohl Platine als auch Bauteile aus, es kommt zu einem extremen Spannungsstress auf die Lötpunkte. Im Extremfall können sowohl die Lötung als auch die Platine und das Bauteil reißen.

Wie wird die Floating Pin-Technologie implementiert?

Beim Floating Pin-Verfahren werden die Komponenten nicht mehr herkömmlich gelötet, sondern durchlaufen einen Lötofen. Zunächst wird eine spezielle Folie auf die Basisplatine aufgelegt, die ein Negativbild der Komponenten zeigt. Die Lötpaste wird dann auf die vorgegebenen Punkte aufgebracht. Die Bauteile werden mittels Roboterarm montiert und durchlaufen anschließend den Lötofen, in dem die Lötpaste bei 260 Grad schmilzt. Während dieses Prozesses verbinden sich die Metallkomponenten des Steckers mit der Platine. Nach dem Abkühlen sind alle Komponenten fest miteinander verbunden. Durch Wärmetest mit dem Kunststoff wird die Robustheit ermöglicht.

Unabhängige Tests bescheinigen Qualität

Vibrationstests, Tests über Temperaturweiten sowie die Resistenz gegen Lösungsmittel, Öle und Gase werden von einem unabhängigen externen Labor durchgeführt. Der Kunde erhält ein neutrales Prüfprotokoll. Im Automotive-Bereich spielt auch die Reinlichkeit eine entscheidende Rolle. Verschmutzungen können das Getriebe gefährden, da sie das Getriebeöl verklumpen lassen und die Abnutzung beschleunigen. Auch hierzu prüft ein unabhängiges Labor die Produkte. Die IATF-Zertifizierung bestätigt zudem die Einhaltung aller Qualitätsstandards, die für Zulieferer der Automobilindustrie ein Muss sind.

WECO_Prinzipdarstellung Automotive-Stiftleiste 01B
Da die Stifte nicht starr im Kunststoff des Gehäuses, das die Leiterplatte umschließt, befestigt sind, können sie sich in ausreichendem Maße auf und ab sowie seitlich bewegen. (Bild: Weco)

Welche Anwendungen gibt es?

Für die Automotive-Industrie sind auch Modelle mit größerem Raster verfügbar; zum Beispiel Anschlussklemmen im Raster von 3,5 mm, die für einen Leiterquerschnitt von bis zu 1 mm² geeignet sind. Der Klemmkörper ist beweglich im Gehäuse integriert. Ein besonderes Merkmal dieser Variante ist, dass kein seitlicher Lötflansch zur Vergrößerung der Lötoberfläche erforderlich ist. Die zweipolige Ausführung erreicht durch diese Technologie bereits eine Platinen-Abreißkraft von über 100 Newton.

Auch Bauteile mit einem Raster von 5,0 mm sind erhältlich. Bei einer entsprechenden Leiterplattenklemme ist der Klemmbügel mit der Lötfahne aus einem Stück gefertigt und fest im Gehäuse integriert. Die Lötfahnen, die nach dem Reflowlöten eine koplanare Verbindung herstellen, sind parallel zur Leiterplatte ausgerichtet. Die Gehäuse verfügen über zwei seitliche Befestigungsflansche, in denen sich Lötelemente befinden, die in vertikaler Richtung geringfügig beweglich sind. Dies ermöglicht den Ausgleich von Höhenunterschieden, die auftreten können, wenn die Lötpaste ungleichmäßig auf die Leiterplatte aufgebracht wird. Die optimale Anpassung an die Lötpastendicke sorgt für eine sichere mechanische Fixierung auf der Leiterplatte. In Prüfvorgängen mit der gängigen Anzahl von sechs Polen hat sich gezeigt, dass die Leiterplattenklemme Abreißkräften von bis zu 320 Newton standhält. Zusätzliche Bohrungen, durchkontaktierte Lötverbindungen oder Verschraubungen sind nicht notwendig.

Floating PIN-Technologie
Die Floating PIN-Technologie ermöglicht die Koplanarität der Kontaktflächen zur Leiterplatte. (Bild: Weco)

Platinen für den Automotive-Bereich

Die für den Automotive-Bereich entwickelte Platine misst etwa 6 cm und verfügt über 19 plus drei oder 24 plus drei Pins, die für die Zuführung oder Abnahme der Steuersignale im Getriebe benötigt werden. Würden alle Pins starr in den Kunststoffträger eingebunden, könnte das Bauteil den mechanischen Druck beim Ausdehnen oder Zusammenziehen nicht ausreichend abfedern. Die resultierende hohe mechanische Kraft würde auf die einzelnen Lötpunkte der Platine wirken, was zu Fehlern führen könnte.

Da die Pins jedoch nicht starr im Kunststoffgehäuse fixiert sind, sondern sich ausreichend auf- und ab- sowie seitwärts bewegen können, wird mechanischer Druck effektiv abgefedert. Diese Flexibilität sorgt dafür, dass die Elektronik reibungslos und wartungsfrei über die gesamte Lebensdauer des Getriebes funktioniert. Aufwändige und teure Wartungsarbeiten entfallen. Zudem lässt sich die Platine extern steuern und muss nicht ausgebaut werden. „Sicherheit und Zuverlässigkeit stehen bei dieser Technologie im absoluten Fokus“, betont Detlef Fritsch, Geschäftsführer von Weco Contact.

Stiftleiste für Getriebesteuerungen
Stiftleiste für Getriebesteuerungen (Bild: Weco)

Ein weiterer Vorteil der Floating Pin-Technologie ist, dass die benötigten Bauteile auf kleineren Platinen angebracht werden können. Im Vergleich zur herkömmlichen THR-Technologie (Through Hole Reflow), bei der größere Platinen durchbohrt werden mussten, um die Bauteile aufzubringen, ist das schwebende Verfahren weniger aufwändig und zeitintensiv. Dies bietet den Automotive-Anbietern mehr Flexibilität und ermöglicht eine schnellere Herstellung der Platinen.

Petra Adamik
(Bild: Weco)

Petra Adamik

freie IT-Autorin im Auftrag von Weco Contact, Hanau

Sie möchten gerne weiterlesen?