Elektronikfertiger mit hohen Durchsatzraten versuchen durch einen optimalen Einkauf, eine gute Zulieferlogistik und den Einsatz von Trockenschränken die Verarbeitungszeiträume der feuchtigkeitsempfindlichen Materialien einzuhalten. Betriebe mit geringeren Durchsatzraten verfolgen ebenfalls diesen Ansatz, brauchen allerdings länger, um ein Bauteilgebinde zu verbrauchen. In beiden Betriebsformen kommt es vor, dass die Bauteilverarbeitungszeit abläuft und man die Materialien trocknen muss. Hier bleibt vielen Betrieben dann nur der Weg zum teuren und langwierigen Trocknungsprozess beim externen Dienstleister.

Feuchtigkeitsschutz als Aufgabe der gesamten Logistikkette

Mit den beheizten Trockenlagerschränken und der dazugehörigen MSL-Software hat Totech die Möglichkeit, ein Bauteil bereits vor Ablauf des normierten Verarbeitungszeitraums zu trocknen. Dabei gelten die von der IPC empfohlenen Trocknungszeiten, wobei die dort geforderten Parameter übertroffen werden. Bei den Schränken steht ein niedriger Energieverbrauch im Vordergrund. Der Schrank ist komplett doppelwandig und ausgeschäumt. Für die Scheiben kommt Isolierglas zum Einsatz.

In Kombination mit einer starken Luftumwälzung erreicht der Schrank eine sehr gute Wärmeverteilung. Entstehende Abwärme wird gezielt zur Beheizung des Schrankes eingesetzt. Diverse Messreihen zeigen, wie groß der Einfluss der Luftumwälzung und damit zusammenhängende Temperaturstabilität auf die Trocknungszeit ist. Luftstromdurchlässige Regalböden unterstützen den Abtransport der Oberflächenfeuchtigkeit der Gebinde. Generell empfiehlt der Hersteller eine prozessoptimierte Trocknung von Bauteilrollen bei Konditionen von 0,5 Prozent relative Feuchte (rF) und 40 bis 60 °C. Das überschreitet die von der IPC geforderten Konditionen deutlich.

Adsorptionstrocknung im Detail

Alle Bauteile der MSL-Klassen 2a bis 5a (Moisture Sesitivity Level) lassen sich gemäß der IPC/JEDEC-J-STD-033B.1 bei einem Wasserdampfgehalt von weniger als 1,9 g/m3 für unbegrenzte Zeit lagern. Wird der Umgebungsluft noch mehr Feuchtigkeit entzogen, vergrößert sich die Dampfdruckdifferenz so, dass die Wassermoleküle in den Bauteilen deren Adhäsionskräfte überwinden und wieder an die Umgebungsluft abgegeben werden. Dadurch trocknen die Bauteile.

Die Trocknungsgeschwindigkeit wird stark über die Dampfdruckdifferenz beeinflusst. Je geringer der Dampfdruck in der Lagerumgebung ist, umso schneller wird befeuchteten Bauteilen und Schaltungsträgern die Feuchte entzogen. Die Lagersysteme von Totech schaffen eine Atmosphäre von unter 0,5 Prozent rF bei Raumtemperatur und erzeugen mit einem Wasserdampfgehalt von weniger als 0,05 g/m3 faktisch ein Feuchtevakuum. Dies führt am Lagergut zu einem starken Rücktrocknungsprozess, indem bereits aufgenommene Feuchtigkeit wieder abgegeben wird. Der Vorgang ist überaus schonend, da die Bauteile keinerlei thermischem Stress ausgesetzt werden und dadurch weder die Gefahr der Oxidation noch die der Bildung beziehungsweise des Wachstums von intermetallischen Phasen besteht.

Dynamische Trockeneinheit

Die Hochleistungstrockeneinheit U-5002 erreicht selbst bei 60 °C noch Luftfeuchtigkeitswerte unter 0,17 Prozent rF. Auch bei geöffneter Tür steigt die Luftfeuchtigkeit kaum über 5 Prozent r.F. an und sinkt innerhalb von wenigen Minuten wieder weit unter 1 Prozent r.F. Dabei verbraucht diese Trockeneinheit weniger Energie als ihre Vorgängerserie. War es bisher notwendig, in regelmäßigen Abständen (meist alle 6 h) das Trockenmittel zu regenerieren, so ist es erstmals gelungen, diesen Prozess bedarfsabhängig zu steuern. Durch einen Mikroprozessor wird der Zustand des Trockenmittels permanent erfasst und mit den hinterlegten Sollwerten verglichen. Erst wenn der Feuchtegehalt im Schrank die Absorptionsfähigkeit des Trockenmittels überschreitet, wird eine thermische Regeneration eingeleitet.

Dies führt letztlich dazu, dass sich an selten geöffneten Lagerschränken der Energieverbrauch nochmals drastisch senken lässt. Oft reicht eine Regeneration von 15 min für mehrere Wochen Entfeuchtung aus. In fertigungsnaher Umgebung passt sich das Regenerationsverhalten der Trockeneinheit dynamisch an die Bedürfnisse mit kurzen Öffnungszyklen der Türen und mehrschichtiger Auslastung an.

Durchdachter Schrankaufbau

Unterschiedliche Schranktypen wurden in der Vergangenheit über ihr Volumen klassifiziert. In der Konstruktion der XSD-Serie gibt es nun einen alternativen Ansatz. Der Grund: Feuchtigkeitsempfindliche Materialien werden mehr und mehr auf 13-Zoll-Rollen geliefert. Während es möglich ist, Tray-Ware auch bei höheren Temperaturen zu trocknen, liegt die Schmelzgrenze der Rollenkunststoffe bei etwa 55 bis 65 °C.

Ziel war es nun, möglichst viele von diesen 13-Zoll-Rollen in einem Schrank unterzubekommen. Durch die Installation von speziellen Rollenhaltern auf Vollauszügen lassen sich bis zu 104 Rollen gleichzeitig trocknen. Für die Trocknung von Stangenware sind Sonderausbauten wie ein Wabenmodul erhältlich. In einer XL-Tiefe von 700 mm und individueller Feederaufnahmeprofile ist ein kurzfristiges Trocknen von gerüsteter Ware möglich. Die großen, durchgehenden Sichtscheiben gewähren Übersichtlichkeit und schnelle Zugriffszeiten. Optional lassen sich die Türen durch ein Fußpedal öffnen.

Überwachung und Prozesssicherheit

Die MSL-Software dokumentiert alle wichtigen Betriebsparameter. Diese werden von einem im Schrank verbauten Präzisionssensor geliefert. Der Bediener kann zu jedem Zeitpunkt den Ist-Zustand der Schrankatmosphäre sehen und dokumentieren. Darüber hinaus, erlaubt es die Software, die verbleibende Verarbeitungszeit jedes einzelnen Bauteilgebindes zu dokumentieren – abhängig von den jeweiligen Umgebungsbedingungen.

Mit der Kombination ausgereifter Trocknungstechnologie mit einer intelligenten Lagersoftware steht dem Kunden eine Hilfestellung beim Handling feuchteempfindlicher Gebinde zur Verfügung. So wird der Trocknungsprozess äußerst flexibel und Ausfallzeiten durch abgelaufene Gebinde werden vermieden. Für jedes Gebinde lässt sich die erforderliche Trocknungszeit individuell (beispielsweise nach IPC) festlegen. Der Verschlussmechanismus des Schrankes gibt die Ware erst nach Erreichen der voreingestellten minimalen Restverarbeitungszeit wieder frei.

Die MSL-Software lässt sich über Standardschnittstellen mit verschiedenen Warenwirtschaftssystemen koppeln. Somit hat der Nutzer jederzeit einen Überblick über seinen aktuellen Warenbestand. Darüber hinaus lassen sich mit der Software sehr viele verschiedene Lagerorte verwalten. Dabei hat der Bediener die Möglichkeit, die atmosphärischen Bedingungen des Lagerorts über zusätzliche Sensoren abzufragen oder dem Lagerort eine statische Raumatmosphäre zuzuweisen. Je nach Lagerort wird das dort eingelagerte Bauteil dann getrocknet, befeuchtet oder lediglich trocken gelagert. Die aktuellen Verarbeitungszeiten jedes einzelnen Gebindes sowie alle Be- und Entfeuchtungszeiten werden in einer Datenbank gespeichert. Alle relevanten Daten der verarbeiteten Bauelemente werden, beginnend mit der ersten Einlagerung bis zum endgültigen Verbrauch, in einer Archivdatei gespeichert. So werden neben den Aus- und Einlagerungsdaten zu den jeweiligen Fertigungsaufträgen auch kritische Zustände, Warnmeldungen und Quittierungen mit Userangabe nachvollziehbar festgehalten.

Lagerung leichtgemacht

Höhere Prozesstemperaturen bedeuten immer höhere Anforderungen an die Lagerbedingungen der Bauteile. Feuchtigkeitskontrolle ist dabei ein wesentlicher Baustein, um Sicherheit und Zuverlässigkeit in bleifreien Produktionsbedingungen sicherzustellen. Sind die Bauteile richtig – also trocken genug – gelagert, sorgt dies für eine höhere Prozesssicherheit, wodurch sich kostenintensive Ausfälle minimieren.

Productronica 2013: Halle A2, Stand 140

Andre Rinne

ist Vertriebsleiter Deutschland von Totech

(mrc)

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