
In den letzten Jahren hat Intel mit steigender Konkurrenz von AMD und Apple Silicon zu kämpfen, versucht aber mit großen Investitionen in neue Produktionskapazitäten und eigene Foundry-Services, wieder Boden gut zu machen. Das klappt jedoch nicht zu 100%, weshalb jetzt eine Aufspaltung vom Halbleiterriesen im Raum steht Broadcom will das Chipdesign, TSMC die Fabriken. (Bild: Intel)
Intel kommt einfach nicht aus den Schlagzeilen. Aktuell steht eine mögliche Zäsur ins Haus – und nein, nicht die angedachte Übernahme von Qualcomm ist gemeint: Laut aktuellen Medienberichten könnten Broadcom und TSMC Interesse an einer Übernahme von Teilbereichen des Chip-Giganten zeigen. Während Broadcom vor allem an Intels Chipdesign-Sparte interessiert sein soll, prüft TSMC eine Übernahme der Halbleiterfertigungsanlagen. Doch wie realistisch ist dieses Szenario, und welche Herausforderungen stehen einer solchen Transaktion im Weg?
Hintergrund: Warum ist Intel ein Übernahmekandidat?
Intel, einst Marktführer im Halbleitersegment, kämpft seit Jahren mit einer schleichenden Erosion seiner Marktposition. Während Konkurrenten wie AMD und vor allem Nvidia in den vergangenen Jahren deutliche Zugewinne verzeichnen konnten, hatte Intel insbesondere mit Fertigungsproblemen und strategischen Fehlschlägen zu kämpfen. Der Versuch, mit der Intel Foundry Services (IFS) eine konkurrenzfähige Chipfertigung für Drittanbieter aufzubauen, blieb bislang hinter den Erwartungen zurück. Im Jahr 2024 musste das Unternehmen hier einen Verlust von 13,4 Milliarden US-Dollar hinnehmen.
Zudem sieht sich Intel mit einem zunehmenden finanziellen Druck konfrontiert. Die Unsicherheiten rund um den neuen Fertigungsprozess „Intel 18A“ sowie die starke Abhängigkeit von US-Regierungssubventionen im Rahmen des Chips Act verstärken die Spekulationen um eine mögliche Restrukturierung oder sogar Teilverkäufe.
Broadcom: Übernahme von Intels Entwicklungsabteilungen?
Laut dem Wall Street Journal könnte Broadcom Interesse an Intels Chipdesign-Einheiten haben. Der US-Konzern, der zuletzt mit erfolgreichen KI-Chip-Entwicklungen Schlagzeilen machte, könnte von Intels jahrzehntelanger Expertise in der Prozessorentwicklung profitieren. Allerdings setzt Broadcom die Übernahmepläne offenbar nur dann um, wenn sich ein geeigneter Partner für die Fertigung der Chips findet – ein möglicher Hinweis auf eine Kooperation mit TSMC.
TSMC: Einstieg in Intels Fertigungsstätten?
Denn parallel zu den Broadcom-Plänen wird auch über ein mögliches Engagement von TSMC spekuliert. Der taiwanesische Halbleiterriese könnte sich demnach für Intels Foundry-Sparte interessieren, die bislang als eigenständiges Tochterunternehmen geführt wird. Medien berichten, dass sich TSMC und Intel bereits in informellen Gesprächen über eine mögliche Übernahme von Produktionskapazitäten befinden.
Allerdings gibt es erhebliche geopolitische und wirtschaftliche Hürden: Die US-Regierung betrachtet Intel als strategisch wichtigen Player für die nationale Sicherheit und könnte sich gegen eine Übernahme durch ein nicht-amerikanisches Unternehmen stellen. Zudem könnte ein Transfer von Fertigungstechnologien in die USA für TSMC mit langfristigen Risiken verbunden sein, da damit Wissen abfließen könnte, das dem Unternehmen aktuell einen technologischen Vorsprung sichert.
Joint Venture als Kompromisslösung?
In Taiwan gibt es zudem Diskussionen darüber, ob eine enge Partnerschaft mit Intel langfristig für TSMC sinnvoll wäre. Laut Taipei Times wäre ein Joint Venture zwischen beiden Unternehmen für TSMC möglicherweise ungünstiger, als einfach höhere Zölle für US-Chip-Importe zu akzeptieren. Hintergrund ist die Sorge, dass TSMC-Technologien in die USA abwandern könnten.
Ein denkbares Szenario wäre daher eine Beteiligung von TSMC an Intels Foundry-Bereich, ohne dass das taiwanesische Unternehmen die vollständige Kontrolle übernimmt. Dies könnte auch mit der US-Regierung abgestimmt werden, um sicherzustellen, dass die Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten verbleiben.
Foundry-Wettlauf: Intels 18A vs. TSMCs N2
Intel und TSMC konkurrieren mit den Fertigungsverfahren 18A und N2 um die technologische Führung. Während Intel mit PowerVia und RibbonFET auf Geschwindigkeit setzt, punktet TSMC laut Tom's Hardware mit seiner hohen Transistordichte.
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Intel 18A: Mit PowerVia, einem Backside-Power-Delivery-Netzwerk, und RibbonFET, einer Gate-All-Around-Technologie, erreicht Intel eine höhere Schaltgeschwindigkeit und Energieeffizienz. Laut Tom’s Hardware sollen Chips mit 18A eine um bis zu 10 % höhere Leistung bei gleichzeitig 15 % niedrigerem Energieverbrauch im Vergleich zur vorherigen Generation bieten.
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TSMC N2: TSMCs Prozess verspricht laut SemiWiki bis zu 20 % mehr Leistung oder eine Reduktion des Energieverbrauchs um bis zu 40 %. Die Transistordichte könnte im Vergleich zur aktuellen N3-Generation um 1,1-fach steigen, was insbesondere für mobile Anwendungen von Vorteil wäre.
Intel fokussiert sich mit seinem Prozess auf leistungsstarke High-End-Anwendungen, während TSMC mit seiner etablierten Kundenbasis, darunter Apple und Nvidia, weiterhin als Marktführer in der Auftragsfertigung dominiert. Besonders spannend bleibt die Frage, wie sich die jeweiligen Produktionskapazitäten entwickeln: Während TSMC bereits voll ausgelastet ist, muss Intel erst beweisen, dass es mit seinen neuen Technologien konkurrenzfähig bleibt.
Politischer Druck und wirtschaftliche Konsequenzen
Die geopolitische Dimension dieser Übernahmespekulationen ist nicht zu unterschätzen. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat in der Vergangenheit verstärkt Maßnahmen ergriffen, um die heimische Halbleiterproduktion zu sichern. Dazu zählen unter anderem Steuererleichterungen und Subventionen für US-Fertiger sowie die Androhung von Strafzöllen auf Importe aus Taiwan. In diesem Kontext könnte eine Übernahme oder ein Joint Venture zwischen Intel und TSMC Teil einer größeren politischen Strategie sein.
Für Intel-Aktionäre könnten diese Entwicklungen positive Impulse setzen: Bereits nach ersten Gerüchten über eine Zusammenarbeit mit TSMC verzeichnete die Intel-Aktie einen Kursanstieg um 25 Prozent. Dies verdeutlicht das hohe Investoreninteresse an einer Restrukturierung des Unternehmens.
Wie könnte es mit Intel weitergehen?
Ob Intel tatsächlich in zwei separate Einheiten aufgespalten wird, bleibt abzuwarten. Die Gespräche zwischen den beteiligten Unternehmen befinden sich offenbar noch in einem frühen Stadium. Klar ist jedoch, dass Broadcom und TSMC strategische Interessen an einzelnen Geschäftsbereichen von Intel haben.
Eine vollständige Übernahme durch eines der beiden Unternehmen scheint derzeit unwahrscheinlich – stattdessen könnten strategische Partnerschaften oder Teilverkäufe eine realistischere Option sein. Dabei spielt die Haltung der US-Regierung eine entscheidende Rolle, insbesondere im Hinblick auf die nationale Sicherheit und die technologische Souveränität der USA.
Mögliche Szenarien:
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Broadcom übernimmt Intels Chipdesign-Sparte, während TSMC sich an der Foundry-Sparte beteiligt.
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Ein Joint Venture zwischen Intel und TSMC zur Sicherung der Fertigungsstätten in den USA.
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Eine von der US-Regierung initiierte Lösung, die Intel als eigenständiges Unternehmen stärkt und gleichzeitig Investitionen von Broadcom und TSMC einbindet.
Die kommenden Monate könnten entscheidend für die Zukunft von Intel sein. In jedem Fall bleibt die Entwicklung spannend – sowohl für die Halbleiterbranche als auch für geopolitische Akteure, die ein starkes Interesse an der strategischen Positionierung des Unternehmens haben.
Der Autor: Dr. Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.