
Ein Blick ins Rechenzentrum der TU Dresden: Halbkreisförmig angeordnete Serverschränke des Hochleistungsrechners blinken im Takt ihrer Berechnungen, während das Touch‑Panel im Vordergrund die Systemdaten visualisiert. (Bild: Tobias Ritz / SpiNNcloud)
An der Technische Universität Dresden (TUD) geht der von Prof. Christian Mayr, Professur für Hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik der TUD, entwickelte Supercomputer Spinncloud in Betrieb, mit mehr als der fünffachen Anzahl von Neuronen im Vergleich zur ersten Spinnaker-Generation in Manchester. Das System basiert auf dem Spinnaker2-Chip und umfasst in der aktuellen Ausbaustufe 35.000 Chips und über fünf Millionen Prozessorkerne. Neben klassischen HPC-Ressourcen für Hochleistungssimulationen und datengetriebene Analysen bietet Spinnaker2 eine Plattform für energieeffiziente, echtzeitfähige KI-Modelle.
Sogenannte neuromorphe Computersysteme orientieren sich am leistungsfähigsten Computer der Natur – dem menschlichen Gehirn – und eröffnen damit völlig neue Perspektiven für die Rechenzentrumsarchitektur: Anstatt ausschließlich auf Verbesserungen bestehender Technologien zu setzen, erweitert dieser Ansatz das Design von Computerarchitekturen um gehirnähnliche Prinzipien wie verteilten Speicher und ereignisgesteuerte Verarbeitung. Das Ergebnis ist ein deutlich reduzierter Energieverbrauch bei gleichzeitig hoher Leistungsfähigkeit und Flexibilität.
Plastizität und dynamische Rekonfigurierbarkeit
Spinnaker2 wurde im Rahmen des EU Flagship-Projekts „Human Brain Project“ entwickelt und ermöglicht Echtzeitverarbeitung bei Latenzen unter einer Millisekunde. Inspiriert von biologischen Prinzipien wie Plastizität und dynamischer Rekonfigurierbarkeit passt sich das System automatisch an komplexe, sich verändernde Umgebungen an. Diese Kombination aus biologisch inspirierter Architektur und technologischer Innovation eröffnet neue Möglichkeiten für KI-Anwendungen in Smart Cities, beim Autonomen Fahren und dem taktilen Internet.
Der Supercomputer ist Teil des KI-Kompetenzzentrums ScaDS.AI Dresden/Leipzig, das als eines von neun Zentren des Nationalen Hochleistungsrechnens (NHR) spezielle HPC-Ressourcen sowie gezielte Unterstützung und Beratung anbietet. Die Systeme stehen Wissenschaftlern aus ganz Deutschland zur Verfügung.
Das Projekt profitiert von der Expertise mehrerer Industriepartner: Die Rafi Group verantwortet die Produktion der Leiterplatten, während Cloud & Heat die Wasserkühlung für die Infrastruktur bereitstellt. Technologiepartner Racyics steuert die adaptive Body-Bias-IP-Plattform bei. Die Umsetzung des Projekts war dank der finanziellen Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Freistaats Sachsen im Projekt Spinncloud möglich. Der Software-Stack wurde aus dem EIC-Transition-Projekt Spinnode finanziert und von Spinncloud entwickelt.