Verwundert rieb sich der Technikchef die Augen. Vor ihm lag die Aufstellung aller in seinem Bereich aktiven Change-Projekte, um die er gebeten hatte: Neben zwei unternehmensweiten Transformationsprogrammen liefen drei bereichsweite Vorhaben sowie zwölf kleinere Initiativen auf Abteilungs- und Teamebene. In der Summe also mehr als 15 Vorgänge, von denen jeden Mitarbeiter zwischen fünf und zehn betrafen. Das wohlgemerkt neben dem angespannten Tagesgeschäft sowie meist ohne vorherige Berücksichtigung bei der Ressourcenplanung. Kein Wunder, dass seine Leute den Transformations-Dschungel beklagten, der schleunigst gelichtet werden müsse. Nicht mal er selbst blickte noch durch. Offensichtlich war das zu viel des Guten. Die Projekte kannibalisierten sich gegenseitig, standen im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Kapazitäten. Priorität bekam, wer am lautesten schrie, was sich täglich ändern konnte. Wie der Weg durch dieses Dickicht gehen und welchen unternehmerischen Nutzen es bringen sollte, konnte niemand genau sagen. So ging es nicht weiter. Doch was sollte er ändern?
Soforthilfe in drei Schritten
Statistisch gesehen, gelingt nur ein Viertel aller Veränderungsprogramme, während drei Viertel ganz oder teilweise scheitern. Das ist alarmierend – und lässt sich vermeiden. Drei sofort wirksame Hebel stehen hier:
- Klarer Nutzen: Für jede Transformation muss greifbar sein, welcher unternehmerische Nutzen durch welche Wirkmechanismen zu erwarten ist. Bleibt dieser trotz Nachforschung unklar, was häufig der Fall ist, heißt es, den Vorgang zu streichen. Das entlastet.
- Abgestimmte Führung: Ziehen Führungskräfte mit derselben Veränderungserzählung in dieselbe Richtung, wirkt das glaubhaft und überzeugend. Fehlt diese Abstimmung, schlagen auch die Mitarbeiter unterschiedliche Richtungen ein. Für Alignment zu sorgen, schafft Abhilfe.
- Emotionen als Treiber: Menschen bewegen sich, wenn sie emotional dabei sind. Das pure rationale Verstehen treibt nicht an. Eine emotional ansprechende Change-Story sowie das Würdigen und behutsame Umgehen mit Bedenken, Ängsten und Widerständen helfen.
Sie sehen: Der Transformations-Dschungel kann gelichtet werden – auch in Ihrem Unternehmen, sofern erforderlich. Was Sie dafür brauchen, ist die Bereitschaft, nutzlose Initiativen über Bord zu werfen und sich von technokratischem Umgang mit Change zu verabschieden. Klingt machbar – oder?
Dr. Lederers Management Tipps
Management-Profi Dr. Dieter Lederer gibt in seiner Kolumne "Frisch vom Lederer" Einblicke in die Management-Welt deutscher und internationaler Unternehmen. Und Einblick hat der Unternehmensberater sicherlich: Coaching und Beratung von Führungskräften und Managern gehört zum Alltagsgeschäft.
Bisher gab es seine Kolumne nur in der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK, allerdings werden sie künftig auch hier auf all-electronics zu finden sein:
- Lügen haben kurze Beine
- Was den Erfolg von Tesla ausmacht
- Soforthilfe im Transformations-Chaos
- Projekte an der Wand? Kein Wunder!
- Empathie im Business – wirklich?
- Neues Jahr, neues Agilitäts-Glück?
- Mit dem Kollegen Roboter per du?
- Vertrauen wirkt!
- Der Nokia-Moment
- Keine Emotionen, keine Bewegung
- Strukturwandel? So nicht!
- Gewohnheiten ändern – geht nicht!?
- Vorbild Taskforce?
- Mehr miteinander reden?
- Wohin mit der Autoindustrie?
- BANI ist das neue VUCA
- KPIs forever?
- Und täglich grüßt der Change
- Tradition oder Innovation?