Endlich war er da, der Aufbruch. Sein Unternehmen hatte die Zeichen der Zeit erkannt und einen Inkubator für dringend notwendige Innovationen gegründet. Voller Enthusiasmus wechselte der E/E-Chef dorthin, um an vorderster Front mit dabei zu sein, wenn dem Wettbewerb das Fürchten gelehrt würde. Doch die Begeisterung hielt nicht lange an. Statt mit Leidenschaft, reagierten die meisten Kollegen mit Eifersucht, entsandten entweder keine oder nur entbehrliche Mitarbeiter in den Inkubator, womit dieser gar nicht erst richtig zum Laufen kam. Die Unternehmensleitung ließ sie gewähren.
Fühlt er sich so an, der Strukturwandel? Seit Jahren wird kolportiert, dass die Auto-branche angesichts Elektrifizierung, Konnektivität, autonomen Fahrens und sich rapide verändernder Märkte im größten Umbruch aller Zeiten steckt. Und die Corona-Pandemie, gleichwohl nicht ursächlich dafür, verschärft die Lage deutlich, zeigt Schwächen rücksichtslos auf. Ehemals hoch erfolgreiche Marktsegmente brechen weg, traditionelle Geschäftsmodelle stehen infrage. Ganze Unternehmen hängen zunehmend verzweifelt zwischen dem Festhalten an der rückwärtsgewandten Sicherheit des Heute und der hohen Ungewissheit des Morgen, fragen sich, ob der eigene Kodak-Moment schon da war, die Realitäts-Verzerrung bereits eingesetzt hat.
Ungünstige Muster
Bedrohungen vernebeln unsere Wahrnehmung und lassen uns leicht auf archaische Denk- und Verhaltensmuster zurückfallen. Diese gilt es zu vermeiden:
Verniedlichung: „Es wird schon nicht so schlimm kommen“, ist die Nummer Eins der Ausweichstrategien, die unser Gehirn gut beherrscht. Schließlich ist die heraufziehende Gefahr über lange Zeit kaum sichtbar. Wenn dann doch, ist bereits viel wertvolle Zeit verstrichen.
Egozentrik: „Egal, was dort draußen los ist, meine Marschrichtung stimmt!“ Das ist der Kern des Kodak-Moments. Was daherkommt wie Stärke, ist nichts anderes als ein Übermaß an egozentrischer Fehleinschätzung und damit brandgefährlich.
Besitzstandswahrung: „Beschäftigungsgarantie! Tarifvertrag! Mein Bonus! Meine Mitarbeiter!“ So verständlich das Festhalten an lang erkämpften Pfründen ist, so sehr verstellt es den Blick auf die davon ausgehende Starre und Rückwärtsorientierung.
Sich dem Strukturwandel trotzig entgegenzustellen, mag sich gut anfühlen, ist jedoch aussichtslos, wie ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt. Der einzige Ausweg hierbei ist die berühmte Flucht nach vorn.
Dr. Lederers Management Tipps
Management-Profi Dr. Dieter Lederer gibt in seiner Kolumne "Frisch vom Lederer" Einblicke in die Management-Welt deutscher und internationaler Unternehmen. Und Einblick hat der Unternehmensberater sicherlich: Coaching und Beratung von Führungskräften und Managern gehört zum Alltagsgeschäft.
Bisher gab es seine Kolumne nur in der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK, allerdings werden sie künftig auch hier auf all-electronics zu finden sein:
- Lügen haben kurze Beine
- Was den Erfolg von Tesla ausmacht
- Soforthilfe im Transformations-Chaos
- Projekte an der Wand? Kein Wunder!
- Empathie im Business – wirklich?
- Neues Jahr, neues Agilitäts-Glück?
- Mit dem Kollegen Roboter per du?
- Vertrauen wirkt!
- Der Nokia-Moment
- Keine Emotionen, keine Bewegung
- Strukturwandel? So nicht!
- Gewohnheiten ändern – geht nicht!?
- Vorbild Taskforce?
- Mehr miteinander reden?
- Wohin mit der Autoindustrie?
- BANI ist das neue VUCA
- KPIs forever?
- Und täglich grüßt der Change
- Tradition oder Innovation?