Schon wieder? Das konnte doch nicht sein. Das nächste Projekt stand an der Wand, obwohl es vorher als fast grün berichtet wurde. Innerhalb kurzer Zeit hatte sich das Blatt gewendet und weder Budget noch Zeitplan waren ansatzweise haltbar. Schlimmer noch: Die Technik war nicht so realisierbar wie geplant. Die neue Produktgeneration hätte die Schwachstellen der alten ausgleichen und noch dazu kostengünstiger sein sollen, doch das war in weite Ferne gerückt. Wie konnte es sein, dass wesentliche technische Risiken erst so spät erkannt wurden?
All das passierte nicht zum ersten Mal, und ein genauerer Blick auf das Projekt offenbarte eklatante Schwächen bei der Durchführung: Nicht nur, dass der Zeitplan unrealistisch eng war und von vornherein mit einer Best-Case-Planung, überlappenden Musterphasen und viel zu kurzen Testabschnitten gearbeitet wurde. Dazu kam ein schleppender Start, Unklarheiten bei den Anforderungen und eine Risikoanalyse, die nur Nebensächlichkeiten zutage förderte. Diese Defizite konnten selbst durch jede Menge Tatkraft und Optimismus nicht ausgeglichen werden. Es war also kein Wunder, dass das Projekt an der Wand stand – und lange vorher absehbar.
Es liegt am Wollen
Sollten Sie ähnliche Projektverläufe aus Ihrem Unternehmen kennen, sind Sie in guter Gesellschaft. Die meisten schieflaufenden Projekte werden bereits beim Start verpfuscht – wider besseres Wissen aus der Vergangenheit. Die folgenden drei Geburtsfehler sollen Sie unbedingt vermeiden.
Das Ende ist heilig: Sie wissen schon, wann das Projekt fertig sein muss, obwohl weder Anforderungen noch Risiken noch Staffing klar sind? Dann besitzen Sie eine Glaskugel. Angespannte Ziele mit entsprechendem Management: ja. Augenwischerei: nein.
Verhungern am Start: Haben Sie auch schon Projekte „hochgerampt“? Das ist der euphemistische Selbstbetrug zu Projektbeginn, der es erlaubt, früh zu starten – leider mit massiv fehlenden Ressourcen und Kompetenzen. Der Effekt? Sofortiger Verzug.
Wir legen dann mal los: Angesichts anspruchsvoller Ziele muss unmittelbar an die Implementierung gegangen werden, Anforderungen und Risiken sind nicht so wichtig, oder? Dass damit Fehlschläge vorprogrammiert sind, ist offensichtlich.
Muster werden bekanntlich so lange wiederholt, bis sie unterbrochen werden. Obige Punkte abzustellen, liegt erfahrungsgemäß weder am Wissen noch am Können. Sie haben es also in der Hand: Wollen Sie?
Dr. Lederers Management Tipps
Management-Profi Dr. Dieter Lederer gibt in seiner Kolumne "Frisch vom Lederer" Einblicke in die Management-Welt deutscher und internationaler Unternehmen. Und Einblick hat der Unternehmensberater sicherlich: Coaching und Beratung von Führungskräften und Managern gehört zum Alltagsgeschäft.
Bisher gab es seine Kolumne nur in der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK, allerdings werden sie künftig auch hier auf all-electronics zu finden sein:
- Lügen haben kurze Beine
- Was den Erfolg von Tesla ausmacht
- Soforthilfe im Transformations-Chaos
- Projekte an der Wand? Kein Wunder!
- Empathie im Business – wirklich?
- Neues Jahr, neues Agilitäts-Glück?
- Mit dem Kollegen Roboter per du?
- Vertrauen wirkt!
- Der Nokia-Moment
- Keine Emotionen, keine Bewegung
- Strukturwandel? So nicht!
- Gewohnheiten ändern – geht nicht!?
- Vorbild Taskforce?
- Mehr miteinander reden?
- Wohin mit der Autoindustrie?
- BANI ist das neue VUCA
- KPIs forever?
- Und täglich grüßt der Change
- Tradition oder Innovation?