OEMs müssen Batterietests heute neu denken. Gefragt sind dabei skalierbare, ganzheitliche Testplattformen.

OEMs müssen Batterietests heute neu denken. Gefragt sind dabei skalierbare, ganzheitliche Testplattformen. (Bild: AdobeStock 434639755, chesky)

Es besteht kein Zweifel, dass die Batterie das wichtigste Element eines Elektrofahrzeugs (EV) ist. Sie differenziert in großem Maße die verschiedenen EV-Modelle – in Bezug auf die Reichweite, die zwischen den Ladevorgängen zurücklegbar ist, und auf die Gesamtleistung. Die Batterie trägt auch am meisten zu den Kosten des Fahrzeugs bei und macht einen großen Teil des Gewichts aus. Alle technischen Neuerungen, mit denen sich die Kapazität erhöhen, die Größe reduzieren oder der Preis der Batterie senken lässt, werden sich für den Fahrzeughersteller als äußerst vorteilhaft erweisen.

Durch eine höhere Zelldichte kann mehr Ladung transportiert werden, was die Reichweite des Fahrzeugs erhöht. Ebenso verkürzt eine Unterstützung für schnelleres Laden die an Ladestationen verbrachte Zeit, was die Benutzerfreundlichkeit verbessert. Batterien mit längerer Lebensdauer sorgen auch dafür, dass sich Kosten für einen Ersatz länger vermeiden lassen (was die Gesamtbetriebskosten/TCO senkt).

Testparameter für Batterien

Es gibt mehrere wichtige Testparameter, die bei den zu prüfenden EV-Batterien zu untersuchen sind.  Da die Batterien versiegelt sind, sind direkte Messungen für Spannung, Strom, Temperatur, Druck usw. beschränkt. Obwohl es nur wenige direkte Messungen gibt, kann der Ort, an dem diese Messungen vorgenommen werden, sehr vielfältig sein. Dazu gehören die Batterieklemmen (außerhalb des Batteriegehäuses) oder das Nachschaltschütz (innerhalb der Batterie). Die Messungen lassen sich auf der Ebene eines Zellenblocks oder auf der Ebene einer einzelnen Zelle durchführen.

Die einzelnen Mitglieder des Testteams befassen sich mit unterschiedlichen Parametern: Der Elektrotechniker wird sich für die Spannungs- und Stromwerte interessieren, der Umwelttechniker für Druck und Temperatur, der Maschinenbautechniker für die auftretenden mechanischen Spannungen (und eventuelle Dimensionsänderungen) usw.

Zusätzlich zu den eben genannten Hauptparametern gibt es zahlreiche extrapolierte Parameter, bei denen grundlegende Spannungs- und Strommessungen als Basis für die Berechnung komplexerer Indikatoren dienen. Diese bestimmen den Ladezustand (SOC; State of Charge) und den Gesundheitszustand (SOH; State of Health) der Batterie sowie die Leistung der Batterie, die als Leistungszustand (SOP; State of Power) bezeichnet wird. Außerdem sind die elektrochemischen Widerstandswerte zu berücksichtigen, die als Wechselstrom-Innenwiderstand (ACIR; Alternative Current Internal Resistance) bzw. Gleichstrom-Innenwiderstand (DCIR) definiert sind.

Die Erfassungsrate sowie die Synchronisierung dieser Messungen hängen stark von der erforderlichen berechneten Messung ab. Bei der elektrochemischen Impedanzspektroskopie (EIS) handelt es sich z. B. um eine berechnete Messung, die Zehntausende von Messungen pro Sekunde erfordern kann. Dabei ist die Synchronisierung dieser Messungen entscheidend, wenn es um die Berechnung der realen und komplexen Impedanzen der Batterie bei hohen Frequenzen geht. Im Gegensatz dazu ist bei einem langsamen Lade- oder Entladevorgang möglicherweise nur eine einzige Messung pro Sekunde erforderlich. Im Ruhezustand lässt sich dies auf eine Messung pro Minute oder sogar pro Stunde reduzieren.

Aufbau für Batterietests

Vereinfacht gesagt, besteht ein Batterietestaufbau aus den folgenden Elementen:

  • Prüfling (DUT; Device Under Test) – Das Batteriemodul/-pack.
  • Prüfkammer – In dieser wird die Batterie platziert, um gewünschte Umgebungsbedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit usw.) während des Testverfahrens zu simulieren. Eine Kühl-/Heizanlage ist Teil davon.
  • Batterie-Cycler – Wendet ein vordefiniertes Lade-/Entladeprofil auf den Prüfling an.
  • Instrumentierung/Messgeräte – Erzeugen und Erfassen aller gewünschten Variablen, um Tests über lange Zeiträume erfolgreich durchführen zu können.

Es gibt selten eine Standardkonfiguration oder Anzahl von Testpunkten für Batterietests, da diese von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Manche Testbetriebe führen ähnliche Forschungs- und Validierungsarbeiten durch, wobei der eine nur wenige (vielleicht zwei oder drei) Messkanäle nutzt, während ein anderer Tausende von Kanälen verwendet.

Bild 1: EV-Batterietestaufbau mit Batteriepack, Prüfkammer, Batterie-Cycler, Messgestell, Datenerfassungshardware und Software für Batterietest-/Daten-/Systemmanagement.
Bild 1: EV-Batterietestaufbau mit Batteriepack, Prüfkammer, Batterie-Cycler, Messgestell, Datenerfassungshardware und Software für Batterietest-/Daten-/Systemmanagement. (Bild: NI)

Der Aspekt der Integration

Da EV-Batterien für die Fahrzeughersteller heute von entscheidender Bedeutung sind, um sich von der Konkurrenz abzuheben, werden viele von ihnen die Testarbeiten selbst durchführen. Andere verlassen sich bei der Prüfung von Batteriepacks jedoch auf ihre Tier-1-Zulieferer. Damit ist ein Zugang zu Tools erforderlich, die für interne (On-Prem) als auch für externe (Off-Prem) Cloud-Testanordnungen geeignet sind, damit die Daten intern geschützt und gleichzeitig von ihren vernetzten Tier-1-Standorten abgerufen werden können.

Zu beachten ist auch, dass in einigen Testaufbauten noch ältere Geräte in Betrieb sind. Eine Einfahrkammer, ein am Boden montierter Prüfstand oder eine massive Schüttelplattform sind Beispiele für solche Anlagen, die für Tests verwendet werden können. Selbst wenn der Hersteller selbst keine Unterstützung mehr für diese Einrichtungen/Geräte anbietet, ist eine Zusammenarbeit mit jeder neuen Testsystem-Implementierung erforderlich.

Testmöglichkeiten verbessern

Die Testaktivitäten können die technischen Ressourcen der EV-Hersteller und Batterielieferanten stark beanspruchen. Daher besteht ein Bedarf an automatisierten, skalierbaren Lösungen, die sich leicht anpassen lassen, wenn sich die Testanforderungen ändern. Damit eine ausreichende Anzahl von Testergebnissen und Daten gesammelt werden kann, muss eine große Anzahl von Prüflingen parallel getestet werden. Wie erwähnt, befinden sich die Testsysteme oft in verschiedenen Einrichtungen, wobei jede möglicherweise auf einer anderen Kombination von Hardwarekomponenten basieren kann. Es kommt daher darauf an, dass die Daten von all diesen Standorten auf einheitliche Weise untersucht werden können.

Zulieferer müssen die Schwierigkeiten überwinden, die sich durch die zahlreichen unterschiedlichen Testsysteme ergeben, die isoliert voneinander laufen sowie Einschränkungen mit sich bringen. Die Umsetzung einer vielseitigen, softwareverbundenen Plattform, über die auf Daten aus allen unterschiedlichen Quellen Zugriff besteht, bringt zahlreiche Vorteile mit sich.

Das Batterietestsystem (BTS) von NI basiert auf standardisierten Bausteinen wie der Testmanagement-Software TestStand, der Echtzeit-Testanwendungssoftware VeriStand sowie der Echtzeit-Embedded-Controller-Hardware CompactRIO (Bild 1). BTS ist offen, flexibel und anpassbar, so dass die Systeme auf die jeweiligen Anforderungen der Anwender zugeschnitten werden können und eine Reihe von Testhardwaretypen unterstützen. Die BTS-Software ist anpassbar und bietet sofort einsatzbereite Funktionen, um die Zeit bis zum ersten Test zu verkürzen und die Techniker bei der Anforderung, Implementierung, Ausführung und Auswertung der Testergebnisse zu entlasten. Zusätzlich kann die Daten- und Systemmanagement-Software von SystemLink eine große Anzahl von Testanlagen und Prüflingen an mehreren Standorten verwalten, um Daten zu visualisieren und für Entscheidungen zu nutzen.

Bild 2: Bei Strom- und Spannungsmessungen (Strommessung hier im Bild) beginnt seitens des BTS die Genauigkeit bei ±0,05 Prozent des Messwerts.
Bild 2: Bei Strom- und Spannungsmessungen (Strommessung hier im Bild) beginnt seitens des BTS die Genauigkeit bei ±0,05 Prozent des Messwerts. (Bild: NI)

Bei Spannungs- und Strommessungen (Bilder 2 und 3) beginnt die seitens des BTS gebotene Genauigkeit bei ±0,05 Prozent des Messwerts. Je nach Art der durchzuführenden Tests lassen sich höhere Genauigkeitsstufen erreichen. Umgekehrt wird in manchen Fällen eine geringere Genauigkeit akzeptiert, um die Kosten zu senken.

Integrierte System- und Datenverwaltungsfunktionen ermöglichen die Optimierung aller Datenerfassungs- und anschließenden Berichtsaktivitäten, was die Gesamteffizienz erhöht. Integrierte Datenanalysefunktionen beschleunigen die Prüfung der erhaltenen Informationen, so dass schneller Maßnahmen ergriffen werden können. Die modulare Architektur bedeutet, dass sich Änderungen einfacher durchführen lassen als bei herkömmlichen, geschlossenen Tools. Damit lassen sich Upgrades innerhalb eines kürzeren Zeitrahmens umsetzen.

Bild 3: Spannungsmessung mit dem BTS. Je nach Art der durchzuführenden Tests lassen sich höhere Genauigkeitsstufen erreichen.
Bild 3: Spannungsmessung mit dem BTS. Je nach Art der durchzuführenden Tests lassen sich höhere Genauigkeitsstufen erreichen. (Bild: NI)

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

Wie entstehen bessere E-Auto-Batterien und sind sie sicher? Bewährte und neue Batterietechnologien von Entwicklung bis Recycling, Brandschutz von Simulation über Materialien bis Batteriemanagement und Safety-Konzepten, sowie Testverfahren von EMV bis Sicherheit. Die Technologien dahinter finden Sie hier.  

I/Os und Erweiterungen

Die I/Os für Prüflinge, Testzellen und Betriebsmessungen sind mit minimalen Zusatzkosten pro Kanal erweiterbar. Zu den wichtigsten I/Os, die im BTS enthalten sind, gehören:

  • CAN – Verbindung mit den EV-Batteriepacks und Aktivierung der ECU-Emulation.
  • Ethernet – Anbindung von Batterie-Cyclern und anderen Geräten.
  • Seriell (RS232/RS485) und GPIB – Schnittstelle zu Prüfkammern, Messgeräten zur Temperaturüberwachung, Kühl-/Heizgeräten etc.
  • Digitale I/Os – Emulation von ECUs und anderen Signalen.
  • Analoge I/Os – Messung von Spannung, Strom, Dehnung oder anderen physikalischen Größen, die bei Batterietests eine Rolle spielen.

Die Hardware-Abstraktionsschicht des BTS ermöglicht, dass verschiedene Messgeräte zum Gesamtsystem beitragen können. Unabhängig vom Hersteller oder den Modellen lässt sich die Testhardware bei Bedarf problemlos austauschen, ohne dass weitere Änderungen am Testsystem erforderlich sind. Aliase ermöglichen diesen Austausch, ohne dass die Testskripte geändert müssen oder die Testsoftware umprogrammiert werden muss, was sich sonst als sehr zeitaufwändig erweisen würde. Durch vorprogrammierte Testschritte und Anwendungsbeispiele muss der Testaufbau nicht von Grund auf neu gestartet werden. Die Implementierung erfolgt somit wesentlich schneller. NI hat ein Ökosystem von Partnern aufgebaut, das dabei hilft und baut dieses weiter aus. Die Partner können gemeinsam mit den Kunden Lösungen so konfigurieren, dass sie für bestimmte Anwendungskriterien umfassend optimiert sind.

Fazit

Durch die Einführung des BTS von NI und die Orchestrierung ihrer Testabläufe verfügen Autohersteller nun über eine einzige Anlaufstelle, über die alle EV-Batterietests geleitet werden – mit Schnittstellen zu Einrichtungen an weltweiten Standorten. Damit lässt sich die Zeit und der technische Aufwand für die Inbetriebnahme und Konfiguration der Testsysteme verkürzen. BTS wird auch Vorteile mit sich bringen, wenn es darum geht, die Testaktivitäten bei steigender Kundennachfrage zu erhöhen. (na)

Arturo Vargas, NI
(Bild: NI)

Arturo Vargas

Chief Solutions Marketing Manager bei National Instruments (NI)

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