In einer häuslichen Anwendung könnten eine Speicherbatterie anzuschließen, die tagsüber durch Sonnenlicht aufgeladen werden und über Nacht ein Elektrofahrzeug aufladen.

In einer häuslichen Anwendung könnte eine Speicherbatterie tagsüber durch Sonnenlicht aufgeladen werden und über Nacht ein Elektrofahrzeug aufladen. (Bild: Peovarga - stock.adobe.com)

Der Mobilitätsmarkt befindet sich im Umbruch, und da sich die Einführung von Elektrofahrzeugen (EV) beschleunigt, werden die Absatzprognosen kontinuierlich nach oben korrigiert. Obwohl sie nur einen kleinen Teil des Gesamtmarktes ausmachen, sollen im Jahr 2025 bis zu 10 Mio. Elektrofahrzeuge verkauft werden und bis 2050 mehr als die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge elektrisch sein.

Strombedarf für Laden von Elektrofahrzeugen

Die meisten Elektronfahrzeuge laden langsam auf, während sie über Nacht in einer Garage geparkt und an eine Wallbox angeschlossen sind. Schneller geht es für einige E-Autos an Ladestationen an der Straße, während in Zukunft superschnelles Laden an den Tankstellen möglich sein wird.

Sind mehrere Ladestationen gleichzeitig in Betrieb, wird der Spitzenbedarf im lokalen Stromnetz erheblich – und ohne massive Investitionen in Übertragungsleitungen und Kraftwerke, die die entsprechenden Kapazitäten bereitstellen, könnte ein lokaler Netzzusammenbruch an der Tagesordnung stehen.

Dieser Beitrag befasst sich mit dem aktuellen Stand des Ladens von Elektrofahrzeugen und betrachtet die Höhe des daraus abgeleiteten zukünftigen Strombedarfs. Anschließend wird der Frage nachgegangen, wie dieser Bedarf auf praktische, nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Weise gedeckt werden könnte.

Aktuelles EV-Laden mit AC-Ladegeräten

Die AC-Ladeinfrastruktur, die derzeit in öffentlichen und privaten Installationen Verwendung findet, variiert in der Menge der gelieferten Leistung. AC-Ladegeräte der Stufe 1 arbeiten mit 120 V (maximal 2 kW), Ladegeräte der Stufe 2 mit 240 V (maximal 20 kW).

E-Mobility: Laden

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(Bild: AdobeStock_39293318)

Wo und wie lässt sich ein E-Auto aufladen? Welche Leistungselektronik steck in einer Ladesäule? Wie wird die Ladesäule intelligent? Halbleiter, Hochvolt-Komponenten, Stecker, Kabel, Wallboxen, Kommunikation, Infrastruktur, Standards, Services und mehr. Die Technologien dahinter finden Sie hier.

In beiden Fällen findet die Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom im Ladegerät an Bord des Fahrzeugs statt (OBC; On-Board Charger) und nicht in der Wallbox, die hauptsächlich Schutz- und Messfunktionen übernimmt. Aufgrund von Kosten-, Größen- und Gewichtsbeschränkungen liegt die Nennleistung des OBC in einem Fahrzeug normalerweise unter 20 kW.

Verwendung von DC- statt AC-Ladegeräten

Bei Verwendung von DC- statt AC-Ladegeräten könnte der Ladevorgang auch mit einer viel höheren Leistung erfolgen. DC-Ladegeräte der Stufe 3 sind für eine Spannung bis zu 450 V (maximal 150 kW) ausgelegt, neuere Super-Ladegeräte reichen bis zu 800 V (maximal 350 kW). Aus Sicherheitsgründen ist die obere Spannung auf 1000 V begrenzt, solange der Ladestecker mit dem Fahrzeug verbunden ist.

Beim DC-Laden erfolgt die Stromwandlung in der Ladesäule, die direkt an die Autobatterie angeschlossen ist. Dadurch muss das Fahrzeug nicht mehr mit einem Ladegerät ausgestattet sein, was es leichter macht und den verfügbaren Platz vergrößert.

Künftige Nachfrage

Je mehr E-Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind, desto großer ist die Erwartung der Fahrer, dass ihre Autos in kürzeren Zeiträumen aufladen können. In weniger als 10 Jahren wird folgendes Ladeszenario wahrscheinlich Realität sein: Eine straßenseitige Ladestation hat fünf DC-Ladesäulen, an denen fünf Autos gleichzeitig anhalten, um an jeweils einer Säule aufzuladen. Wenn jedes Auto eine 100-kWh-Batterie enthält, die bereits zu 25 Prozent geladen ist, und der Fahrer sie in 15 Minuten auf 75 Prozent aufladen möchte, beträgt die Gesamtstrommenge der vom Netz an die Ladestation zu liefernden Energie:

Anforderungen an die Stromversorgungsinfrastruktur

Das Netz, das die Ladestation versorgt, muss in der Lage sein, diese intermittierenden 1-MW-Spitzen zu bewältigen, was verschiedene Auswirkungen auf die Stromversorgungsinfrastruktur hat. Es wären hocheffiziente und komplizierte aktive Leistungsfaktorkorrekturstufen (PFC) erforderlich, um sicherzustellen, dass die Netzfrequenz nicht beeinträchtigt wird und das Netz stabil und effizient bleibt. Außerdem bräuchte es kostspielige Transformatoren, um die Niederspannungsladestation mit dem Hochspannungsnetz zu verbinden. Die Kabel, die den Strom vom Kraftwerk zur Ladestation leiten, müssten entsprechend der Stromstärke dimensioniert sein. Bei Fahrzeugen mit Batterien höherer Kapazität wäre der Spitzenstrombedarf sogar noch größer.

Erneuerbare Energien schließen die Lücke

Eine einfachere und wirtschaftlichere Lösung, die den Bau neuer Übertragungsleitungen und großer Transformatoren überflüssig macht, ist die Nutzung lokal erzeugter Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne oder Wind. Diese sind zwar von Natur aus unstetig, könnten aber bei sorgfältigem Management dazu genutzt werden, den intermittierenden Bedarf des Netzes zu decken, der durch das Laden von Elektrofahrzeugen entsteht.

Wachstum der Solarenergie

Der Preis für Solaranlagen beziehungsweise für Photovoltaik-/PV-Technik ist in den letzten zehn Jahren um fast 80 Prozent gesunken, was zum kontinuierlichen Wachstum erneuerbarer Energien beiträgt, welches wiederum von der Forderung nach geringeren CO2-Emissionen angetrieben wird.

Aktuell macht die Solarenergie weniger als 5 Prozent der weltweit erzeugten Elektrizität aus. Schätzungsweise wird dieser Anteil bis 2050 auf mehr als ein Drittel steigen.

Auswirkungen und Herausforderungen

Das Wachstum der Solarenergie wird sich darauf auswirken, wie Strom erzeugt und verbraucht wird – die Kraftwerke müssen so gesteuert werden, dass es keine Überversorgung gibt.

Die Menschheit wird zunehmend Strom aus privaten Solaranlagen verbrauchen, die zu Hause installiert sind. Dies erfordert einen sorgfältigen Ausgleich zwischen der Versorgung mit zentralem Netzstrom und der lokalen Erzeugung erneuerbarer Energien sowie der variablen Kundennachfrage. In diesem Beispiel müsste eine Ladestation, die direkt an ein Teilnetz angeschlossen ist, das von einer Solaranlage mit einer Kapazität von 500 kW gespeist wird, nur 500 kW aus dem Netz beziehen.

Einsatz eines Energiespeichersystems

Die Nutzung des Stroms aus einer Solaranlage würde jedoch bedeuten, dass die schnellsten Ladegeschwindigkeiten nur bei Tageslicht erreichbar sind, wenn die Sonne am hellsten scheint – ein unhaltbares Unterfangen. Eine realistischere Lösung könnte der Einsatz eines Energiespeichersystems (ESS) darstellen. Dabei handelt es sich um das elektrische Äquivalent von Gas- oder Ölspeichertanks für verschiedene Anwendungen (Haushalte und Industrie). In einer häuslichen Anwendung wäre es einfach, einen PV-Wechselrichter an eine Speicherbatterie anzuschließen, die tagsüber durch Sonnenlicht aufgeladen wird und dann über Nacht ein Elektrofahrzeug auflädt. In einem industriellen Umfeld könnten ESS-Installationen für verschiedenen Zwecken dienen – zur Regelung der Energie aus Solaranlagen und anderen erneuerbaren Energiequellen oder als Backup-Unterstützung bei Schwarzstarts, was Dieselgeneratoren überflüssig machte.

Der Einsatz von ESS ist auch wirtschaftlich sinnvoll, da sie es ermöglichen, bestehende Übertragungsleitungen schrittweise über längere Zeiträume aufzurüsten oder zu ersetzen, wenn die Nachfrage nach schnellerem EV-Laden steigt. Der Markt für diese Systeme wird schnell wachsen – von heute 20 auf über 2000 GWh im Jahr 2050.

Spitzenausgleich durch Rückeinspeisung

Für unsere Ladestation verhielte sich ein ESS wie eine große Batterie, die in der Lage ist, Energie aus einer Solaranlage (oder anderen erneuerbaren Energiequellen) zu speichern und je nach Bedarf an die Ladesäulen zu liefern, wobei überschüssige Energie an das Netz abgegeben wird. Die Größe des ESS würde so gewählt, dass ein optimales Gleichgewicht zwischen Spitzenstrombedarf und Energiespeicherkapazität erreicht wird – wobei das Verhältnis stark von der Menge an lokal erzeugter Energie (Sonne, Wind etc.), der Anzahl der Ladesäulen und anderen lokal angeschlossenen Lasten abhängt.

Fazit

Mit dem zunehmenden Absatz von Elektrofahrzeugen erwarten die Fahrer, dass sie ihre Fahrzeuge in kürzerer Zeit aufladen können. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach einer schnellen Ladeinfrastruktur rasch steigen wird. Analysen zeigen auf, dass das bestehende Netz nicht für die daraus resultierenden zeitweiligen Nachfragespitzen ausgelegt ist. Der Einsatz einer Kombination aus Solaranlagen und Energiespeichersystemen kann eine realistische und wirtschaftlich tragfähige Alternative zu der andernfalls notwendigen Überholung der gesamten Netzinfrastruktur darstellen.

Jon Harper

Member of Technical Staff, Industrial SiC Discretes & Modules bei Onsemi

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