A truck-shaped lake in the midst of pristine nature, illustratin

Um mehr emissionsarmen oder emissionsfreien Schwerlastverkehr realisieren zu können, ist eine leistungsstarke Ladeinfrastruktur notwendig. Hierbei kann eine neuartige Ladestation helfen. (Bild: malp - stock.adobe.com)

Der Personen- und Güterverkehr steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Innerhalb der Europäischen Union entfällt rund ein Viertel der Emissionen des Straßenverkehrs auf Trucks. Sie entstehen durch die rund 6,6 Millionen Lastkraftwagen, die täglich im Einsatz sind. Diese transportieren 76,7 Prozent aller Frachten an Land. Die Erreichung europäischer Klimaziele setzt eine deutliche Senkung der CO2-Emissionen des Schwerlastverkehrs voraus.

Gemäß Berechnungen der Designwerk Technologies AG lassen sich durch die Elektrifizierung eines einzelnen Lkw mit einer Jahreslaufleistung von rund 60.000 km je nach Szenario jährlich zwischen 50 bis 70 t CO2 einsparen.

Die Elektrifizierung trägt folglich zu einer substanziellen Senkung der Schadstoffemissionen bei. Allerdings gestaltet sich die Elektrifizierung im Langstrecken- und Schwerlastverkehr als anspruchsvoller, als es bei Pkw der Fall ist.

Infrastruktur für neue Logistikszenarios

Während sich im Kurz- und Mittelstreckenverkehr mit den am Markt erhältlichen Fahrzeugen viele Logistikszenarios durch E-Lkw abdecken lassen, sind im Langstreckenverkehr erst wenige batterieelektrische Transportfahrzeuge im Einsatz. Gerade der Dauer- oder Schichtbetrieb stellt Flottenbetriebe vor Herausforderungen. Begründet wird das mit der begrenzten Batteriekapazität und der begrenzten Ladeleistung.

Dazu ein Gedankenspiel: Um einen konventionellen 40-Tonnen-Diesel-Lkw für einen Langstreckeneinsatz von bis zu 1000 km ohne Zwischenladung durch einen E-Lkw zu ersetzen, müsste sich dessen Batteriekapazität auf rund 1310 kWh belaufen. Ein kompletter Ladezyklus würde mit den derzeit verfügbaren Ladestationen rund 5,5 h dauern. Der Einsatz elektrischer Lkw mit derartigen Batteriekapazitäten ist aufgrund der damit verbundenen Anschaffungskosten, Einbußen bei der Nutzlast und der geringeren Einsatzbereitschaft in der Regel nicht zweckmäßig. Die Kapazität der derzeit in Europa erhältlichen E-Lkw beläuft sich üblicherweise auf weniger als die Hälfte dieses hypothetischen Szenarios.

Zu bedenken gilt auch, dass geringer dimensionierte Batterien die CO2-Bilanz der Fahrzeuge entlasten. Für einen Wandel in den jeweiligen Segmenten ist deshalb besonders leistungsstarke Ladeinfrastruktur erforderlich. Eine solche würde es erlauben, die Batterien während kurzer Pausen oder bei Zwischenstopps zu laden.

Das Konzept des Mega Chargers von Designwerk im Detail. Er beinhaltet Batteriepakete mit einer Speicherkapazität von bis zu 2000 kWh.
Das Konzept des Mega Chargers von Designwerk im Detail. Er beinhaltet Batteriepakete mit einer Speicherkapazität von bis zu 2000 kWh. (Bild: Designwerk Technologies AG)

Partnerschaftliches Demonstrationsprojekt

Die Designwerk Technologies AG aus Winterthur entwickelt derzeit eine entsprechende Ladestation der Megawatt-Klasse. Das partnerschaftliche Demonstrationsprojekt soll den Langstreckeneinsatz von Elektro-Lkw ermöglichen und das Stromnetz entlasten. Als eine der Grundlagen dient der Standard des Megawatt Charging System MCS.

Designwerk treibt mit E-Mobilitätslösungen und -produkten in den Bereichen Fahren, Laden und Speichern die Dekarbonisierung voran. Dabei gilt der Fokus unter anderem dem Schwerlastverkehr. Die Firma stellt nicht nur bei E-Trucks eine wachsende Nachfrage fest. Auch seitens Schifffahrt kündigt sich Interesse am Betrieb elektrifizierter Personen- und Autofähren an. Deshalb zielt das Projekt „Megawatt-Batterie-Ladesystem für schwere Nutzfahrzeuge“ auf die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur als Enabler ab.

Die wissenschaftliche Begleitung dieser technischen Entwicklungen wird vom schweizerischen Bundesamt für Energie (BFE) unterstützt. Das BFE fördert mit seinem Pilot- und Demonstrationsprogramm (P+D-Programm) die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien, Lösungen und Ansätze im Bereich der sparsamen und effizienten Energienutzung, der Energieübertragung und -speicherung sowie der Nutzung erneuerbarer Energien.

Ladestation im Containerformat

Im Rahmen des Projekts wird ein Megawatt-Batterie-Ladesystem-Prototyp mit einem manuellen und international konformen Stecksystem entwickelt, gebaut und erprobt.

Das Gesamtsystem findet in einem mobilen Container Platz, was einen flexiblen Einsatz begünstigen soll. Das Steckersystem orientiert sich am MCS-Standard. Das batteriegestützte System soll sich netzdienlich verhalten können und den Einsatz von Second-Life-Batterien der sich im Feld befindenden E-Lkw des Herstellers erlauben. Die Puffer liefern zusätzliche Energie bei Spitzenlasten, ermöglichen die Eigenverbrauchsoptimierung und senken die Netzanschlusskosten.

Im Anschluss an die Inbetriebnahme des Prototyps wird die wirtschaftliche und ökologische Zweckmässigkeit des Konzepts in Zusammenarbeit mit Hochschulen geprüft.

Funktionsprinzip des Megawatt-Ladesystems

Wie der Standard des Combined Charging System CCS wird auch der Standard des Megawatt Charging System MCS von der Charging Interface Initiative e. V., kurz CharIN, standardisiert.

Die Task Force „Megawatt Charging System“ besteht seit 2018 und repräsentiert die gesamte Wertschöpfungskette der Schwerlastfahrzeug-Industrie. Sie ist integraler Bestandteil der Fokusgruppe Charging Connection, welche die Harmonisierung und Weiterentwicklung der CCS-Ladetechnologie im Bereich der erweiterten Anwendungen (Elektroflugzeuge, Fähren und andere Wasserfahrzeuge) vorantreibt. Die federführende Task Force erarbeitet derzeit einen entsprechenden Normungsentwurf für das Laden mit Leistungen im Megawattbereich: Dabei handelt es sich um IEC 61851.

Elektrischer Autotransporter von Galliker. Dieser transportiert beispielsweise Porsches vom Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen in die Schweiz.
Elektrischer Autotransporter von Galliker. Dieser transportiert beispielsweise Porsches vom Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen in die Schweiz. (Bild: Philipp Schmidli)

Systemdesign von Designwerk

Der nach UN38.3 transportierbare Ladecontainer beinhaltet Batteriepakete mit einer Speicherkapazität von bis zu 2000 kWh. Die Ladung erfolgt mit einem bidirektionalen Netzanschluss. Die Entladeleistung beläuft sich auf bis zu 2 MW über zwei MCS-Ladestecker. Optional lassen sich zwei Ladepunkte mit je einem MCS- und einem CCS-Stecksystem implementieren, um die Kompatibilität innerhalb der Fuhrparks zu gewährleisten [14]. Der Megawatt-Batterie-Ladesystem-Prototyp ist modular aufgebaut und kann den lokalen Gegebenheiten angepasst werden.

Technische Daten des Mega Charges von Designwerk
Technische Daten des Mega Charges von Designwerk (Bild: Designwerk Technologies AG)

Stand des Projekts

Der Bau der Demonstrationsanlage ist abgeschlossen. Sie wird Mitte 2024 – in einem ersten Schritt mit zwei CCS-Ports – den Betrieb beim Pilotkunden aufnehmen. Die MCS-Entwicklung ist noch in Gange. Diese ist unter anderem von der simultanen Entwicklung der fahrzeugseitigen Ladecontroller für die E-Lkw von Designwerk abhängig. Um die Erprobung im Rahmen des Demonstrationsprojekts abzuschliessen, sind Fahrzeugtests und/oder Tests an Prüfständen erforderlich.

Herausforderungen bei der MCS-Entwicklung

Da die Standardisierung des MCS-Systems noch nicht abgeschlossen ist, sehen sich die Entwickler mit mehreren Herausforderungen konfrontiert. Das Projektteam von Designwerk muss teils Annahmen in Bezug auf den weiteren Verlauf der Standardisierung treffen. Die Partizipation im Normengremium erachtet Designwerk als empfehlenswert: Entwicklungsteams bleiben auf dem aktuellen Stand und können das Zielprodukt sowie den zeitlichen Horizont besser einschätzen.

Herausfordernd ist, dass die Entwicklung auch bei semi-mobiler Infrastruktur im Megawatt-Bereich ein hohes Maß an Interdisziplinarität voraussetzt. Neben Kenntnissen im Bereich der Leistungselektronik und Ladekommunikation ist stromnetzseitiges Know-how erforderlich, weil Lade-Container in Arealnetze eingebunden werden.

Normierung des Ladeprotokolls noch in Arbeit

Für die Umsetzung von Systemen im Megawatt-Bereich ist eine von CCS abweichende Kommunikationslösung erforderlich. Die Signalleitungen wären bei identischen Kommunikationsstandards wie bei CCS zu störungsanfällig. So ist der Standard des MCS für einen sechsfach höheren Strom und eine bis zu zehnmal höhere Leistung im Vergleich zu CCS ausgelegt. Deshalb ist die Single-Ended-Implementierung der heutigen PLC nicht robust genug. Ursache dafür ist die Zunahme der elektromagnetischen Störungen.

Nach einem Zwischenschritt mit differenzial PLC zeichnet sich nun ab, dass das Normengremium auf eine Ethernet-Lösung und Norm ISO 15118-20 setzt.

Integration in Arealnetze

Aufgrund der unterschiedlichen Konfiguration der Ladeports (CCS, MCS oder Kombination) sowie der bidirektionalen Netzspeisung ist das Betriebskonzept auf Bedürfnisse der Fuhrparkhalter adaptierbar. Hier werden derzeit Konzepte für die Eigenverbrauchsoptimierung, energiekostenoptimierte Ladestrategien sowie die Regelmarktanbindung erarbeitet und umgesetzt. Der Fokus liegt im ersten Schritt auf der kostenoptimierten Ladestrategie. Hier geht es beispielsweise um die Abwägung, ob Energie für das Arealnetz oder für schnelle Ladevorgänge genutzt wird. Die Ausschöpfung des Potenzials in Sachen Eigenverbrauchsoptimierung ist abhängig von der Anbindung an örtliche Energiemanagementsysteme. Aktuelle Systeme erlauben es, lokale Energiegemeinschaften smart zu vernetzen und Energie dezentral zu erzeugen und zu verbrauchen. Für diesen Zweck arbeitet Designwerk an offenen Schnittstellen für die Ansteuerung des „Containers“ durch Drittsysteme.

Nutzung von Second-Life-Batterien

Das Konzept von Designwerk, welches optional die Integration von Second-Life-Batterien vorsieht, erhält durch Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2023/1542 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2023 über Batterien und Altbatterien zusätzlichen Auftrieb.

Der Erwägungsgrund 118 der Verordnung beispielsweise geht explizit auf die Nutzung von Traktionsbatterien, die für den ursprünglichen Zweck nicht mehr geeignet sind, in stationären Energiespeichern ein. Da der erste Designwerk-E-Lkw – ein Müllsammelfahrzeug – bereits 2017 in Betrieb ging, setzt sich der Hersteller aktiv mit Recycling- aber auch Second-Life-Thematiken auseinander. Werden dereinst erste E-Trucks außer Betrieb genommen, ist die Nutzung der Batterien für den Betrieb der Megawatt Charger eine mögliche Option.

Für diesen Zweck untersucht Designwerk in einem Projekt mit der Berner Fachhochschule (BFH) die zyklische Alterungsmessung und die Auswirkung der Ladevorgänge auf die Batterien. Dabei werden auch die ökonomischen Aspekte analysiert.

Elektrischer Transporter von Galliker. Bei diesem Unternehmen wird ein Megawatt-Ladepark für schwere Nutzfahrzeuge als Demonstrationsanlage getestet.
Elektrischer Transporter von Galliker. Bei diesem Unternehmen wird ein Megawatt-Ladepark für schwere Nutzfahrzeuge als Demonstrationsanlage getestet. (Bild: Philipp Schmidli)

Ausblick

Aufgrund des Interesses am Konzept hat Designwerk das Produktportfolio um eine batteriegepufferte Ladestation mit zwei CCS-Ladepunkten und einer Leistung von je 420 kW (DC) erweitert. Die Ladeleistungen und Batteriekapazitäten lassen sich dabei individualisieren. Sind die Arbeiten an der Ladekommunikation abgeschlossen und Fahrzeuge oder Prüfstände verfügbar, wird auch die Megawatt-Ladestation erprobt. Der Fokus gilt dabei nicht nur dem MCS. Im Demonstrationsprojekt werden Netzrückwirkungen, das Potenzial beim Lastmanagement und der Eigenverbrauchsoptimierung sowie die Anbindung an den Regelenergiemarkt untersucht.

Wie ein Megawatt-Ladepark für schwere Nutzfahrzeuge dereinst aussehen kann, wird die Demonstrationsanlage bei der Galliker Transport AG ab Mitte 2024 verdeutlichen.

Bereits heute unumstößlich gilt die Erkenntnis, dass bei der Erreichung der Klimaziele dem Schwerverkehr eine überaus wichtige Rolle zukommt. Die Entwicklung neuer, leistungsstarker Ladestationen trägt diesem Umstand Rechnung und dürfte damit ein entscheidendes Puzzleteil darstellen, um das Gesamtbild einer emissionsarmen beziehungsweise emissionsfreien Transportwirtschaft zu erreichen. (na)

Fabian Wyssmann, Wyssmann LLC
(Bild: Wyssmann LLC)

Fabian Wyssmann

Wyssmann LLC

Cham - Daniel Rosenberg - KR
(Bild: www.avp-media.ch)

Daniel Rosenberg

Designwerk Technologies AG

Sie möchten gerne weiterlesen?