Bild 1: Derating: Testprinzip der Temperaturerhöhung.

Bild 1: Derating: Testprinzip der Temperaturerhöhung. (Bild: Würth Elektronik)

Ohne Steckverbinder könnte es keine modulare Strukturierung von Baugruppen, Geräten, Systemen und Anlagen geben. Sie dienen dem Aufbau lösbarer Verbindungen zur Übertragung von Energie, Signalen oder Daten zwischen Leiterplatten, Geräten oder Kabeln. Egal ob in der Telekommunikation, Datentechnik, Automatisierung oder für innovative Antriebskonzepte der E-Mobilität: Kontinuierlich steigende Bandbreiten der Signalübertragung und immer höhere Ströme treiben die Entwicklung von Steckverbinderlösungen unaufhaltsam voran. Gleichzeitig müssen Steckverbinder bei gleichbleibender Zuverlässigkeit diesen Anforderungen begegnen können. Weitere Kriterien sind Stromstärke, Spannung und Frequenz der zu übertragenden Signale, gleichwohl wie die Anzahl der zu erwartenden Steckzyklen sowie die Ansteckdauer über den Lebenszyklus von Geräten und Verbindungen.

Allerdings sind einige Besonderheiten zu beachten. Denn Stromverträglichkeit und Lebensdauer hängen stark von der Temperatur im Kontaktpunkt ab. Damit einher geht die Frage, ob sich der Einschaltstrom überdimensionieren lässt oder es gar möglich ist, kurzzeitig über den Nennstrom zu gehen. Unabdingbar ist ein Derating-Test, der Temperaturen an der heißesten Stelle des Steckverbinders misst und somit Auskunft darüber gibt, wie es um die Stromverträglichkeit des Steckverbinders steht.

Derating-Kurven um Stromverträglichkeit auszuloten

Wichtig ist, dass Steckverbinder keinem Hitzestress ausgesetzt werden sollten: Das liegt daran, dass Steckverbinder einen von der Umgebungstemperatur abhängigen maximalen Strom haben, mit dem sie betrieben werden dürfen. Zu den verschiedenen Umgebungsfaktoren zählen neben der Umgebungstemperatur, der Kunststofftyp und sogar dessen Farbe sowie der Luftstrom, schließlich auch Maßnahmen, die für eine rasche Wärmeabfuhr sorgen. Nicht zu vergessen: Die Temperatur im Kontaktpunkt selbst, da sich elektrische Widerstände der verschiedenen Metalle mit der Temperatur verändern. All diese Faktoren beeinflussen die Strombelastbarkeit und damit die Lebensdauer von Steckverbindern.

Wärme entsteht, wenn elektrischer Strom durch einen Widerstand fließt. Tatsächlich ist die Strombelastbarkeit kein konstanter Wert, sondern sinkt mit steigender Umgebungstemperatur des Bauteils. Außerdem wird die Strombelastbarkeit durch die Bauteilgeometrie, der Polzahl und den/die angeschlossenen Leiter beeinflusst. Im Derating-Test (Bild 1), einem sehr präzisen Verfahren, werden die auftretenden Temperaturen an der heißesten Stelle des Steckverbinders gemessen (üblicherweise gemäß EIA364-70). Konkret handelt es sich beim Derating-Test um einen Δt-Test (Δt = Temperaturanstieg [K]), der mit dem Betriebsstrom und in der Klimakammer bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt wird, normalerweise von +20 °C bis zur maximal zulässigen Betriebstemperatur des Produkts. Er liefert Informationen über den maximal zulässigen Strom unter verschiedenen thermischen Bedingungen. Bei Verwendung der richtigen Derating-Kurve gewährleistet der Arbeitsstrom die Haltbarkeit des Steckers. Allerdings können verschiedene Normen (zum Beispiel UL und VDE) unterschiedliche Werte für dieses Maximum ∆t zulassen – und zwar für denselben Steckverbinder. Für die UL-Zertifizierung hat sich Würth Elektronik für ∆t mit maximal 30 K (UL1059-zertifizierte Reihenklemmen) entschieden und eine Testreihe durchgeführt. Dabei sind die Steckverbinderlösungen von Würth Elektronik so konzipiert, dass Metallteile über den gesamten Arbeitstemperaturbereich hinweg ihren Wirkungsgrad nicht verlieren.

Bild 2: Aufbau der Einschaltstromprüfung.
Bild 2: Aufbau der Einschaltstromprüfung. (Bild: Würth Elektronik)

Stromtragfähigkeit in Terminal Blocks sicherstellen

Während sich diese Umgebungstemperaturen und die bereits beschriebenen Einflüsse sehr lokal dem Steckverbinderkontakt zuordnen lassen, ist hingegen die Stromerwärmung von Steckverbindern sehr stark von dem Gesamtsystem abhängig. Weitere Einflussfaktoren sind überdies die angeschlossenen Leiter, das Gehäuse und die Umgebungsbedingungen. Bei alledem ist die Stromtragfähigkeit, respektive Strombelastbarkeit, eine sehr wichtige Eigenschaft von Steckverbinderkontakten, insbesondere für die Leistungsübertragung. Die Stromtragfähigkeit gibt den maximalen Dauerstrom an, der unter Berücksichtigung der Umgebungstemperatur für den Steckverbinder zulässig ist. Limitierender Faktor ist die vorgegebene Grenztemperatur, die nicht überschritten werden darf.

Vereinfacht ausgedrückt, geben alle Widerstände, die unter Strom stehen, Wärme ab. Ein Leistungssteckverbinder lässt sich daher aus thermischer Sicht als ein einfacher Widerstand betrachten. Die Norm UL 1059 reglementiert den Nennstrom eines Leistungsteckverbinders, wobei der maximale Temperaturanstieg (ΔT) auf 30 K festgelegt ist. Das bedeutet, dass die Innentemperatur des Steckverbinders bei vollem Nennstrom nicht mehr als 30 K über der Umgebungstemperatur liegen darf. Wie zuvor beschrieben, haben die Umgebung sowie die Montage einen großen Einfluss auf das thermische Verhalten eines Steckverbinders. Sie bestimmen wie schnell die Wärmeenergie abgeführt wird oder nicht. Aus diesem Grund wird die thermische Umgebungskonstante als Konstante definiert. Es ist allerdings nicht möglich, diese für jede Bedingung zu definieren.

Jedoch erfordern einige Anwendungen kurzzeitig einen hohen Strom, beispielsweise für eine kurze Beschleunigung eines Elektrorollers oder bei einem Einschaltstrom eines elektrischen Transformators oder bei einer Kapazitätsentladung für ein Beleuchtungs-Vorschaltgerät. Die Frage ist, inwiefern es notwendig wird, den Einschaltstrom pro forma für den Arbeitsstrom von Steckverbindern zu überdimensionieren oder ob es möglich ist, kurzzeitig über den Nennstrom zu gehen.

Bild 3: Ergebnisse der Einschaltstromprüfung.
Bild 3: Ergebnisse der Einschaltstromprüfung. (Bild: Würth Elektronik)

Im Versuchslabor von Würth Elektronik Frankreich sind die Experten dieser Fragestellung nachgegangen. Eine Reihe von Steckverbindern mit einer charakteristischen Anzahl von Kontakten wurde hierbei getestet (Bild 2), um zu prüfen, ob die Belastung durch den erhöhten Strom keine unannehmbaren Auswirkungen auf den Steckverbinder hat. Zehn Tests mit unterschiedlichen Stromstärken wurden durchgeführt, wobei ein Intervall von fünf Minuten eingehalten wurde, damit sich die Temperatur langsam auf den Ausgangswert zurückbilden konnte (Bild 3).

Alle Tests, die mit verschiedenen Steckverbindern durchgeführt wurden, ergaben annähernd ähnliche Ergebnisse. Die Wärmeenergie muss an die Umgebung des Steckverbinders abgeleitet werden. Andernfalls staut sich die Energie im Inneren des Steckers. In diesem Fall würde die Temperatur weiter ansteigen und die elektrischen Teile oder sogar das gesamte Gerät gefährden. Bild 4 zeigt einen Steckverbinder bei 70 Prozent des Nennstroms mit zehn Stromspitzen mit einem Verhältnis von 7:1 (Spitzenwert zu Nennwert) und einem Intervall von fünf Minuten, das erforderlich ist, damit der Steckverbinder seine Ausgangstemperatur wieder erreicht. Der Temperaturanstieg geht immer auf 15 K zurück, das System ist stabil.

Bild 4: t-Kurve mit Zeitintervallen zwischen den Spitzen, die für die Energiedissipation ausreichen.
Bild 4: Δt-Kurve mit Zeitintervallen zwischen den Spitzen, die für die Energiedissipation ausreichen. (Bild: Würth Elektronik)

Verringert sich jedoch der zeitliche Abstand, hat der Stecker nicht genug Zeit, um die Wärmeenergie abzuführen. Bild 5 zeigt, dass die Temperatur weiter ansteigt. Das System ist nicht stabil. Nach einer gewissen Zeit wird der Steckverbinder dadurch beschädigt, sodass dieser Zustand vermieden werden muss. Die Energiedissipation hängt stark von der Umgebung der Steckverbinder ab: Größe der Leiterbahnen, Größe der Drähte, in einem geschlossenen Gehäuse oder nicht. Die Höhe der Energiedissipation in den hier angegebenen 5-Minuten-Intervallen variiert je nach Anwendung.

Bild 5: t-Kurve mit zeitlichen Abständen zwischen den Spitzen, die für eine ausreichende Energiedissipation zu kurz sind.
Bild 5: Δt-Kurve mit zeitlichen Abständen zwischen den Spitzen, die für eine ausreichende Energiedissipation zu kurz sind. (Bild: Würth Elektronik)

Letztendlich ist es möglich, alle 5 Minuten einen Einschaltspitzenstrom (Mindestwert, der unter realen Bedingungen zu überprüfen ist) für jeden Steckverbinder gemäß den Kurven in den Bilder 6 und 7 zu ermitteln. Die Steckverbinder von Würth Elektronik halten die UL-Vorschriften in jeder Situation ein. Es ist eine maximale Erwärmung von ΔT ≤30 K eingestellt, unabhängig davon, welcher Einschaltstrom anliegt. Es ist daher nicht möglich, einen Steckverbinder gleichzeitig mit Vollstrom und zusätzlichem Einschaltstrom zu betreiben.

Bild 6 + 7: Anwendbarer Einschaltstrom für WE-Steckverbinder. Verschiedene Zeitskalen.
Bild 6 + 7: Anwendbarer Einschaltstrom für WE-Steckverbinder. Verschiedene Zeitskalen. (Bild: Würth Elektronik)

Aus Sicherheitsgründen sollte der maximale ΔT beim Einschaltstrom 15 K betragen. Das bedeutet, dass ein maximales ΔT für den Temperaturanstieg bei stabilem Strom von 30 - 15 = 15 K möglich ist. Zudem ist bei allen Testverfahren wichtig, immer einen Temperaturanstiegstest unter realen Bedingungen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Zeitspanne lang genug ist, um das System stabil zu halten. (neu)

 

Autorin

Autorin Marisa Robles
(Bild: Würth Elektronik)

Marisa Robles, Produktmanagement / Technisches Marketing eiCan von Würth Elektronik

 

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