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Kernfusion: Warum sie immer noch Zukunftsmusik ist

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Querschnittsbild eines fiktiven Kernfusionsreaktors. Der Reaktor ist mit Plasma gefüllt. Um das Plasma herum befinden sich mehrere toroidale und poloidale Magnetfeldspulen. Der Reaktor ist in einem Containment-Gebäude mit mehreren Kontrollräumen untergebracht.
Wie kann Kernfusion zur nachhaltigen Energieversorgung beitragen und welche Herausforderungen gilt es zu überwinden? Hier ein Blick auf den aktuellen Stand.

Kernfusion verspricht eine nahezu unerschöpfliche, saubere Energiequelle. Doch warum sind marktreife Reaktoren noch immer Zukunftsmusik? Ein Blick auf Technik, Fortschritte und Herausforderungen.

Neulich las ich einen YouTube-Kommentar unter einem Video über Kernfusion: "Wie weit sind wir von der Kernfusion entfernt? – Etwa 150 Millionen Kilometer". Dieser humorvolle Kommentar spielt selbstverständlich auf die Sonne an, die natürliche Quelle der Kernfusion, und verdeutlicht gleichzeitig, wie herausfordernd die Entwicklung dieser Technologie auf der Erde ist. Kernfusion ist ein höchst faszinierendes Thema, das nicht nur Forscher, sondern auch Laien seit Jahrzehnten beschäftigt. Es ist ein Gebiet, das so komplex ist, dass man darüber leicht dutzende Bücher schreiben könnte – und viele sind bereits geschrieben worden. Aber warum sollten wir überhaupt damit beschäftigen?

Kernfusionsforschung: Der Weg zu einer neuen Energiequelle

Die globale Nachfrage nach Energie ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, und mit der wachsenden Weltbevölkerung und dem steigenden Energiebedarf in aufstrebenden Volkswirtschaften wird ein Rückgang dieser Entwicklung kaum erwartet. So rechnet der Weltenergierat mit einem Anstieg der weltweiten Stromnachfrage von 22.168 TWh (Wert aus 2017) auf 35.277 TWh im Jahr 2040, also ein Plus von fast 60 %. Fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas sind nach wie vor die dominierenden Energiequellen, aber ihre negativen Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima drängen die Weltgemeinschaft, nach nachhaltigeren Alternativen zu suchen. Erneuerbare Energien wie Solar-, Wasser- und Windkraft spielen dabei eine zentrale Rolle, doch deren volatiles Verhalten und die Abhängigkeit von Wetterbedingungen erfordern auf der einen Seite einen noch stärkeren Ausbau. Zudem braucht es aber auch ergänzende Technologien, um eine stabile Grundlastversorgung zu gewährleisten.

Eine vielversprechende Lösung an dieser Stelle ist die Kernfusion. Eine Technologie, die darauf abzielt – vereinfacht gesprochen –, die Prozesse, die in der Sonne ablaufen, auf der Erde nachzubilden. Im Gegensatz zur Kernspaltung, bei der schwere Atomkerne wie Uran gespalten werden, verschmilzt die Kernfusion leichte Atomkerne zu einem schwereren Kern und setzt dabei enorme Energiemengen frei. Diese Energiequelle wäre praktisch unerschöpflich und nahezu emissionsfrei.

Mehr über die technologischen Ansätze zur Fusion, wie den Tokamak und den Stellarator, können Sie hier nachlesen

Was ist Kernfusion und welche Vorteile bietet sie?

Aber was genau ist eigentlich diese Kernfusion? Die Kernfusion ist der Prozess, bei dem zwei leichte Atomkerne, typischerweise Isotope des Wasserstoffs wie Deuterium und Tritium, unter extrem hohen Temperaturen (wir sprechen hier von Millionen von °C) und Drücken zu einem schwereren Kern verschmelzen.

Genauer gesagt erzeugen diese Bedingungen ein Plasma, ein extrem heißes, ionisiertes Gas, in dem die Atomkerne als Ionen und Elektronen frei vorliegen. Durch starke Magnetfelder wird dieses Plasma stabilisiert und kontrolliert, sodass die Atomkerne nahe genug zusammenkommen, um die Verschmelzung zu ermöglichen. Dabei wird ein hochenergetisches Neutron freigesetzt, das aus der Reaktionskammer entweicht und in die Reaktorwand eindringt. Diese Wand, meist aus hochbeständigem Material wie Wolfram oder einer mit Lithium umhüllten Struktur, erhitzt sich, und die entstehende Wärme wird in Elektrizität umgewandelt. Das Konzept klingt auf den ersten Blick einfach, aber die Umsetzung ist extrem komplex und erfordert ein präzises Zusammenspiel von Hochtechnologien.

Der Vorteil der Kernfusion gegenüber fossilen Brennstoffen und selbst gegenüber erneuerbaren Energien ist ihre potenziell unerschöpfliche Energiequelle. Brennstoffe wie Deuterium ist in großen Mengen im Meerwasser verfügbar, und Tritium kann theoretisch im Reaktor selbst aus Lithium erzeugt werden. Zudem entstehen bei der Fusion keine Treibhausgase, und die bei der Reaktion freigesetzten radioaktiven Isotope haben im Vergleich zur Kernspaltung deutlich kürzere Halbwertszeiten, was die Endlagerung erleichtert.

Mehr über die Rolle von Deuterium und Tritium in der Fusionsforschung finden Sie hier.

Der aktuelle Stand der Fusionsforschung

Die gute Nachricht: erste Fusionsexperimente waren bereits erfolgreich, wobei jedoch oftmals mehr Energie in die Experimente investiert wurde, als gewonnen werden konnte. Weltweit arbeiten zahlreiche Forscherteams und Unternehmen daran, die Kernfusion zur Marktreife zu bringen. Der internationale Reaktor ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) in Südfrankreich ist beispielsweise eines der größten und ambitioniertesten Projekte, um dieses Ziel zu erreichen. Doch es gibt auch alternative Ansätze wie die Trägheitsfusion, bei der Hochenergielaser verwendet werden, um den Fusionsprozess zu starten.

Einige private Unternehmen setzen ebenfalls auf die Kernfusion und haben dabei neue Konzepte entwickelt, die kosteneffizienter und skalierbarer sein sollen. Unternehmen wie Helion Energy oder Tokamak Energy gehören zu den Vorreitern auf diesem Gebiet.

Hier erfahren Sie mehr über die Fortschritte privater Unternehmen und ihre Ansätze in der Fusionsforschung sowie die technischen und wirtschaftliche Hürden auf dem Weg zur Marktreife der Fusionsenergie.

Überblick über ausgewählte Fusionsreaktoren: Wo sie stehen, was sie machen und wie weit sie sind.

Das deutsche Start-up Proxima Fusion mit Sitz in München entwickelt innovative Stellaratoren als Fusionskraftwerke. Mit rund 30 Mitarbeitern, KI-gestützten Designs und Hochtemperatursupraleitern will das Unternehmen bis 2031 einen energiepositiven Prototyp fertigstellen.
Das deutsche Start-up Proxima Fusion mit Sitz in Münchenentwickelt innovative Stellaratoren als Fusionskraftwerke. Mit rund 30 Mitarbeitern, KI-gestützten Designs und Hochtemperatursupraleitern will das Unternehmen bis 2031 einen energiepositiven Prototyp fertigstellen.
Proxima Fusion befindet sich aktuell in der Entwicklungsphase. Mithilfe von 27 Millionen Euro privater Investitionen und öffentlichen Mitteln wird der erste Prototyp vorangetrieben. Die Technologie basiert auf dem Wendelstein 7-X-Experiment in Greifswald, das bereits mehrere Rekorde in der Fusionsforschung aufgestellt hat. Der Einsatz von KI und Hochtemperatursupraleitern optimiert den Designprozess und beschleunigt die Realisierung.
Proxima Fusion befindet sich aktuell in der Entwicklungsphase. Mithilfe von 27 Millionen Euro privater Investitionen und öffentlichen Mitteln wird der erste Prototyp vorangetrieben. Die Technologie basiert auf dem Wendelstein 7-X-Experiment in Greifswald, das bereits mehrere Rekorde in der Fusionsforschung aufgestellt hat. Der Einsatz von KI und Hochtemperatursupraleitern optimiert den Designprozess und beschleunigt die Realisierung.
ITER ist ein internationaler Tokamak-Fusionsreaktor, der den Ansatz der magnetischen Einkapselung verfolgt. Der Reaktor befindet sich in Cadarache, Frankreich, und rund 2.000 Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern sind am Projekt beteiligt.
ITER ist ein internationaler Tokamak-Fusionsreaktor, der den Ansatz der magnetischen Einkapselung verfolgt. Der Reaktor befindet sich in Cadarache, Frankreich, und rund 2.000 Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern sind am Projekt beteiligt.
Der aktuelle Projektstatus von ITER sieht vor, dass der erste Plasma-Versuch im Jahr 2025 stattfinden soll. Ein bedeutender Meilenstein wurde kürzlich mit dem erfolgreichen Einbau der kryogenen Abschirmung erreicht.
Der aktuelle Projektstatus von ITER sah eigentlich vor, dass der erste Plasma-Versuch im Jahr 2025 stattfinden soll. Allerdings wird sich der Plan aufgrund von Problemen mit Schweißnähten und Rissen in der Fusionskammer verzögern.
Die letzte Naht an der stählernen Außenhaut von Wendelstein 7-X wurde im Mai 2013 geschlossen. Der Kern der Anlage ist im Rohbau fertig.
Der – im Vergleich zu Iter deutlich kleinere – Stellarator Wendelstein 7-X nutzt einen innovativen Ansatz zur magnetischen Einkapselung und Stabilisierung von Plasmen. Er befindet sich in Greifswald, Deutschland, und wird von etwa 400 Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik betrieben.
Blick in das Plasmagefäß von Wendelstein 7X nach Umbauarbeiten im November 2021
2018 gelang es Wendelstein 7-X, ein Plasma für 100 Sekunden stabil zu halten, was als Durchbruch für die Stellarator-Technologie gilt. Nach einer Wartungsphase nahm der Kernfusions-Reaktor im September 2024 den Versuchsbetrieb mit deutlichen Verbesserungen wieder auf. Im Februar 2023 erreichte Wendelstein 7-X dann einen neuen Rekord: Ein Energieumsatz von 1,3 Gigajoule wurde für 480 Sekunden (8 Minuten) aufrechterhalten.Dies übertraf den vorherigen Bestwert um das 17-fache. Die Wissenschaftler planen, den Energieumsatz in den kommenden Jahren auf 18 Gigajoule zu steigern und das Plasma für eine halbe Stunde stabil zu halten.
National Ignition Facility
Die National Ignition Facility (NIF) nutzt den Trägheitseinschluss-Ansatz mit Hochleistungslasern, um Brennstoffpellets zur Fusion zu komprimieren. Die Anlage steht in Livermore, Kalifornien, USA, und beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter.
Die Targetkammer der National Ignition Facility des LLNL, in der 192 Laserstrahlen mehr als 2 Millionen Joule ultravioletter Energie auf ein winziges Brennstoffpellet lieferten, um am 5. Dezember 2022 eine Fusionszündung zu erzeugen.
Im Bild: Die Targetkammer, in der 192 Laserstrahlen mehr als 2 Millionen Joule ultravioletter Energie auf ein winziges Brennstoffpellet lieferten, um am 5. Dezember 2022 eine Fusionszündung in der NIF zu erzeugen. Dabei wurde mehr Energie durch die Fusion erzeugt, als durch die Laser eingebracht wurde.
Das Large Helical Device (LHD) ist ein Stellarator, der zur Erforschung der Plasmaphysik und Fusionsenergie dient. Der Reaktor befindet sich in Toki, Gifu, Japan, und etwa 300 Wissenschaftler und Ingenieure arbeiten daran.
Das Large Helical Device (LHD) ist ein Stellarator, der seit 1998 zur Erforschung der Plasmaphysik und Fusionsenergie dient. Der Reaktor befindet sich in Toki, Gifu, Japan, und etwa 300 Wissenschaftler und Ingenieure arbeiten daran.
Large Helical Device (LHD)
2023 konnte im Large Helical Device (LHD) in Japan erstmals die Kernfusion von Wasserstoff und Bor in einem Magneteinschluss-Plasma erfolgreich nachgewiesen werden, ein bedeutender Schritt in Richtung sauberer, nicht-radioaktiver Fusionskraftwerke. Durch das Einbringen von Borkörnchen ins Plasma und das Beschießen mit energiereichen Protonen gelang es, eine signifikante Menge an Heliumkernen zu erzeugen, was die Fusionsreaktion bestätigte. Die Forscher sehen in diesen Ergebnissen eine Basis für die Entwicklung sichererer und umweltfreundlicherer Fusionsreaktoren. TAE Technologies plant bis 2030, Prototypen für Reaktoren zu entwickeln, die auf diesem Konzept basieren und möglicherweise mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen.
Das Omega Laser Facility am Laboratory for Laser Energetics (LLE) der Universität Rochester
Der OMEGA-Laser, der zur Erforschung der Trägheitsfusion verwendet wird, steht in Rochester, New York, USA. Über 1.000 Mitarbeiter, darunter 450 Wissenschaftler und Ingenieure, arbeiten an diesem Projekt des Laboratory for Laser Energetics (LLE).
Das Omega Laser Facility am Laboratory for Laser Energetics (LLE) der Universität Rochester
Das OMEGA-Lasersystem der University of Rochester hat erfolgreich neue Fortschritte in der Trägheitsfusion erzielt und damit als potenzieller "Zündfunke" für größere Fusionsreaktionen gedient. Mit nur 28 Kilojoule Laserenergie wurden winzige Kapseln mit Deuterium und Tritium so komprimiert, dass ein Plasma entstand, das Fusionsreaktionen ermöglichte.
Der Korea Superconducting Tokamak Advanced Research (KSTAR)
Der Korea Superconducting Tokamak Advanced Research (KSTAR) verfolgt den supraleitenden Tokamak-Ansatz zur Untersuchung der Plasmaphysik und Fusionsenergie. Die Anlage befindet sich in Daejeon, Südkorea, und es sind rund 150 Wissenschaftler und Ingenieure beteiligt.
Der Korea Superconducting Tokamak Advanced Research (KSTAR)
Im Jahr 2020 gelang es KSTAR – „Koreas künstliche Sonne“ – , ein Plasma für 20 Sekunden bei über 100 Millionen Grad Celsius aufrechtzuerhalten, was als großer Meilenstein in der Plasmaphysik gilt. Ende März 2024 brannte das Plasma im Reaktor sogar für 48 Sekunden bei 100 Millionen Grad Celsius.)
Der EAST-Tokamak für die Fusionsforschung am Institut für Plasmaphysik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (ASIPP) in Hefei, China
Der Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) verwendet ebenfalls supraleitende Technologie, um Langzeit-Plasmaentladungen zu erforschen. Der Reaktor steht in Hefei, China, mit mehr als 200 Forschern und Technikern im Team.
Plasma im EAST
Im Mai 2023 erreichte EAST einen bedeutenden Durchbruch: Es gelang, ein Plasma für 403 Sekunden (etwa 6,7 Minuten) bei einer Temperatur von 120 Millionen °C aufrechtzuerhalten.. "Key issues for long-pulse high-βNoperation with theExperimental Advanced Superconducting Tokamak(EAST)". Nuclear Fusion 57 (5): 056021.DOI:10.1088/1741-4326/aa626c.ISSN0029-5515. Figure 5,CC BY 3.0,Link)
Erstes Plasma im SMART-Tokamak, aufgenommen mit einer superschnellen Kamera im sichtbaren Spektrum
SMART (SMall Aspect Ratio Tokamak) ist ein neu entwickelter, kompakter Tokamak-Fusionsreaktor an der Universität Sevilla in Spanien.Entwickelt und betrieben wird er vom Plasma Science and Fusion Technology Laboratory unter der Leitung von Professor Manuel García Muñoz und Professorin Eleonora Viezzer. Mit einem geringen Aspektverhältnis und den Abmessungen von nur 1,6 × 1,6 Metern stellt SMART eine innovative Plattform für die Erforschung neuer Plasmageometrien dar, insbesondere der negativen Triangularität.
Beispiele für verschiedene Gleichgewichte, die bei SMART erreicht werden können.
Im Januar 2025 gelang dem SMART-Tokamak erstmals die Erzeugung von Plasma, ein bedeutender Meilenstein in der Fusionsforschung. Durch den Einsatz negativer Triangularität testet der Reaktor ein neuartiges Design, das den Weg zu kleineren und effizienteren Fusionskraftwerken ebnen könnte. Die gewonnenen Daten aus den ersten Plasmatests werden mit Hochgeschwindigkeitskameras im sichtbaren Spektrum aufgezeichnet und analysiert, um die Stabilität und Leistungsfähigkeit des Plasmas zu bewerten.
Century hat sich zum Ziel gesetzt, drei Hauptaspekte des Zap-Energiekonzepts zu integrieren und zu testen: sich wiederholende gepulste Stromversorgungen, dem Plasma zugewandte zirkulierende Flüssigmetallwände und Technologie zur Abschwächung von Elektrodenschäden.
Zap Energy ist ein in Everett, Washington, ansässiges Unternehmen, das an einer kostengünstigen und kompakten Fusionslösung arbeitet. Das Team um die Gründer Benj Conway, Brian A. Nelson und Uri Shumlak setzt auf die Sheared-Flow-Stabilized Z-Pinch-Technologie, die ohne supraleitende Magnete auskommt und eine wirtschaftlich tragfähige Fusion ermöglichen soll.
Der Z-Pinch-Effekt ist ein elektromagnetisches Phänomen, bei dem elektrische Ströme Magnetfelder erzeugen, die so stark sind, dass sie Materie komprimieren. Zap will diesen Effekt nutzen, um die Fusionsforschung voranzutreiben und die Idee der Fusionsenergie Wirklichkeit werden zu lassen. Dabei ist das Unternehmen über die Theoriephase hinaus.
Der aktuelle Entwicklungsstand von Zap Energy sieht mit dem Century-Projekt die erste vollintegrierte Demonstration relevanter Fusionskraftwerk-Technologien vor. Während wichtige Meilensteine wie eine stabile Plasmaerzeugung und hohe Neutronenausbeuten erreicht wurden, stehen noch weitere Herausforderungen bevor, darunter die Skalierung der Technologie und die Entwicklung robuster Materialien für den Langzeitbetrieb.

Internationale Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg

Neben den großen Projekten in Europa, Japan und den USA spielt auch China eine wichtige Rolle in der Fusionsforschung. Das Land arbeitet nicht nur an internationalen Projekten wie ITER mit, sondern entwickelt auch eigene Reaktoren wie EAST und CFETR. Die internationale Zusammenarbeit ist entscheidend, um die technologischen und finanziellen Herausforderungen der Kernfusion zu bewältigen.

Mehr über Chinas Engagement, den neuen Rekord von EAST und die Bedeutung der internationalen Kooperation gibt es hier.

Welche Perspektiven bietet die Kernfusion für die Zukunft der Energie?

Die Kernfusion stellt eine der größten technologischen Herausforderungen unserer Zeit dar. Sie hat das Potenzial, eine stabile, saubere und nahezu unerschöpfliche Energiequelle zu bieten. Das macht ein Beispiel deutlich: Aus einem einzigen Glas Meerwasser lässt sich so viel Energie gewinnen, wie mit der Verbrennung eines ganzen Ölfasses. Und das quasi ohne Abfall.

Doch die Entwicklung ist teuer und erfordert langfristige Investitionen sowie internationale Zusammenarbeit. Angesichts der Klimakrise und der steigenden Energienachfrage könnte die Kernfusion langfristig eine Schlüsselrolle im globalen Energiemix einnehmen. Sie wird hoffentlich nicht nur die volatile Erzeugung erneuerbarer Energien ergänzen, sondern auch für die Energieversorgung von Industrieprozessen, urbanen Zentren und Regionen mit hohem Energiebedarf genutzt werden.

Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um zu beurteilen, ob die ambitionierten Ziele der Forscher und Unternehmen erreicht werden können. Aktuell, so ehrlich muss man sein, betreiben die Beteiligten eine Milliardenschwere-Wette, denn eine Garantie, dass die Kernfusion wirtschaftlich funktionieren wird, gibt es nicht. Bis dahin bleibt die Kernfusion eine vielversprechende, aber langfristige Ergänzung zu den bereits etablierten erneuerbaren Energien. Sollten die technischen und ökonomischen Herausforderungen jedoch überwunden werden, käme die Kernfusion einer Revolution der Energiegewinnung als zentrale Säule der globalen Energieversorgung gleich.

FAQ zur Kernfusion: 15 Fragen – 15 Antworten

Was ist Kernfusion und warum gilt sie als Zukunftstechnologie?

Kernfusion ist der Prozess, bei dem Atomkerne, wie Deuterium und Tritium, zu Helium verschmelzen und dabei enorme Mengen Energie freisetzen. Sie wird als Zukunftstechnologie angesehen, da sie theoretisch fast unbegrenzte, saubere Energie liefern könnte. Derzeit ist die Technologie jedoch nicht ausgereift, da technische Hürden wie die Stabilisierung des Plasmas und die Energieeffizienz noch ungelöst sind.

Hat Deutschland einen Fusionsreaktor?

Ja, Deutschland betreibt den Fusionsreaktor Wendelstein 7-X in Greifswald. Dieser Forschungsreaktor verwendet das Stellarator-Prinzip und dient dazu, die Stabilität von Plasmen und die Eignung dieser Technologie für den Dauerbetrieb zu untersuchen. Der Reaktor produziert jedoch keinen Strom und wird ausschließlich für wissenschaftliche Experimente genutzt.

Wie funktioniert die Kernfusion in einem Reaktor?

In einem Fusionsreaktor verschmelzen die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium unter extremen Bedingungen zu Helium. Dabei werden Temperaturen von über 100 Millionen Kelvin erreicht, und das Plasma wird durch starke Magnetfelder stabilisiert. Die dabei freigesetzten Neutronen tragen die Energie, die in Wärme umgewandelt werden kann, um später Strom zu erzeugen.

Wann wird es Fusionskraftwerke geben?

Die ersten experimentellen Fusionskraftwerke wie ITER werden voraussichtlich in den 2030er-Jahren erste Ergebnisse liefern. Kommerzielle Fusionskraftwerke, die Strom ins Netz einspeisen, könnten in den 2040er-Jahren Realität werden. Dies hängt davon ab, wie schnell die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen überwunden werden können.

Wie viel kostet ein Fusionsreaktor?

Die Kosten eines Fusionsreaktors sind enorm: Der ITER-Reaktor in Frankreich kostet schätzungsweise 15 bis 20 Milliarden Euro. Der deutsche Forschungsreaktor Wendelstein 7-X kostete über 1 Milliarde Euro. Diese hohen Ausgaben sind auf die komplexen Technologien, die langen Entwicklungszeiten und die seltenen Materialien zurückzuführen.

Welche Nachteile hat Kernfusion?

Ein Nachteil der Kernfusion sind die extrem hohen Kosten für Forschung, Entwicklung und Bau. Außerdem entstehen bei der Fusion kurzlebige radioaktive Abfälle, die durch die Neutronenstrahlung verursacht werden. Weitere Herausforderungen sind die technische Komplexität und der begrenzte Zugang zu Tritium, einem der benötigten Brennstoffe.

Welchen Brennstoff benötigt ein Fusionsreaktor?

Ein Fusionsreaktor benötigt Deuterium und Tritium, beides Isotope von Wasserstoff. Deuterium ist in großen Mengen in Meerwasser vorhanden, während Tritium sehr selten ist und im Reaktor aus Lithium erbrütet werden muss. Diese Brennstoffe bieten eine nahezu unbegrenzte Energiequelle, sind jedoch aufwendig in der Handhabung.

Ist Kernfusion auf der Erde möglich?

Ja, Kernfusion ist auf der Erde möglich und wurde bereits experimentell realisiert. Aktuelle Projekte wie ITER und Wendelstein 7-X erforschen, wie die Fusion stabil und effizient umgesetzt werden kann. Allerdings ist die praktische Nutzung noch nicht ausgereift, da die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen enorm sind.

Wie nachhaltig ist Kernfusion?

Kernfusion gilt als potenziell nachhaltige Energiequelle, da sie nahezu unbegrenzte Ressourcen wie Deuterium aus Wasser nutzt. Außerdem erzeugt sie keine CO₂-Emissionen und produziert nur kurzlebige radioaktive Abfälle. Sobald die Technologie ausgereift ist, könnte sie eine zentrale Rolle bei der Energiewende spielen.

Welche Herausforderungen behindern die Entwicklung der Kernfusion?

Die größten Herausforderungen sind die Stabilisierung des Plasmas bei extremen Temperaturen, die Belastung der Reaktormaterialien durch Neutronen und die Erzeugung einer positiven Energiebilanz. Darüber hinaus stellen die hohen Kosten und die begrenzte Verfügbarkeit von Tritium zusätzliche Hürden dar.

Wie wird ein Fusionsreaktor gekühlt?

Fusionsreaktoren nutzen komplexe Kühlsysteme, um die enormen Wärmemengen abzuleiten, die bei der Fusion entstehen. Besonders beanspruchte Bereiche wie der Divertor werden mit hochmodernen Materialien wie Wolfram geschützt und durch Flüssigkeiten oder Gase gekühlt. Diese Systeme sorgen dafür, dass der Reaktor stabil bleibt.

Warum gibt es noch keine kommerziellen Fusionskraftwerke?

Derzeit gibt es keine kommerziellen Fusionskraftwerke, da die Technologie noch nicht ausgereift ist. Die Stabilisierung des Plasmas und die Erzeugung einer positiven Energiebilanz stellen nach wie vor große Herausforderungen dar. Zudem sind die Kosten für den Bau und Betrieb eines Reaktors extrem hoch.

Wo gibt es Fusionsreaktoren auf der Welt?

Führende Fusionsreaktoren sind:

  • Wendelstein 7-X in Deutschland
  • ITER in Frankreich
  • JET in Großbritannien
  • EAST in China
  • NIF in den USA

Diese Projekte arbeiten daran, die Technologie marktreif zu machen und die Energiegewinnung durch Fusion zu optimieren.

Wird bei der Kernfusion Strahlung frei?

Ja, bei der Kernfusion wird Neutronenstrahlung freigesetzt, die die Reaktormaterialien radioaktiv macht. Diese Aktivierung erzeugt kurzlebige radioaktive Abfälle, die jedoch weniger problematisch sind als die langlebigen Abfälle aus der Kernspaltung. Die Strahlung wird durch spezielle Abschirmungen kontrolliert.

Wer profitiert von der Kernfusion?

Langfristig könnten alle Länder von der Kernfusion profitieren, da sie eine nahezu unbegrenzte und saubere Energiequelle darstellt. Länder mit führender Fusionsforschung, wie Deutschland, Frankreich, die USA und China, könnten zudem wirtschaftliche und technologische Vorteile gewinnen.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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