Was treibt Chinas Vorstoß in der Kernfusionsforschung an?
China hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Kernfusionsforschung gemacht, angetrieben durch die dringende Notwendigkeit, seine wachsenden Energiebedürfnisse zu decken und gleichzeitig die CO₂-Emissionen zu reduzieren. Das Land, das nach wie vor stark von Kohle abhängt und einer der größten CO₂-Emittenten weltweit ist, sieht in der Kernfusion eine vielversprechende Lösung für eine saubere, nahezu unbegrenzte Energiequelle. Die chinesische Regierung hat daher die Kernfusion zu einem zentralen Bestandteil ihrer Strategie gemacht, die Energieversorgung des Landes zu sichern und gleichzeitig den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu beschleunigen. Diese Priorisierung wird durch den aktuellen Fünfjahresplan unterstrichen, der umfassende Forschungseinrichtungen und Investitionen in Schlüsseltechnologien für die Fusionsforschung vorsieht.
TL:DR – Chinas ambitionierter Weg zur führenden Nation in der Kernfusionsforschung
China treibt die Forschung zur Kernfusion stark voran, um seinen wachsenden Energiebedarf zu decken und die CO₂-Emissionen zu senken. Der EAST-Tokamak ist eine Schlüsselanlage, die mehrfach Rekorde für die Erhaltung von Plasma aufgestellt hat und eine zentrale Rolle in internationalen Projekten wie ITER spielt. Mit jährlichen Investitionen von etwa 1,5 Milliarden US-Dollar ist China weltweit führend in der Fusionstechnologie. Die Kernfusion wird als entscheidend für Chinas Energiezukunft betrachtet, da sie eine nahezu unbegrenzte, saubere Energiequelle bieten könnte. Der geplante China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR) soll bis 2035 1 Gigawatt Energie erzeugen, mit dem Ziel, bis 2050 kommerzielle Fusionskraftwerke zu betreiben. Trotz der Fortschritte bleibt der Durchbruch noch eine Herausforderung, die voraussichtlich erst in den 2040er Jahren erreicht wird.
Diese Rolle spielt der EAST-Tokamak in der chinesischen Forschung?
Der Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) ist das Herzstück der chinesischen Kernfusionsforschung. Diese Anlage, auch bekannt als „künstliche Sonne“, hat weltweit Aufmerksamkeit erregt, da sie eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung stabiler Plasmazustände spielt – einer entscheidenden Voraussetzung für die kommerzielle Nutzung der Kernfusion. Der Tokamak wird kontinuierlich für Experimente eingesetzt, die die Voraussetzungen für länger anhaltende und leistungsfähigere Fusionsreaktionen schaffen sollen. Jeden Tag werden hier bis zu 100 Plasma-Schüsse durchgeführt, weit mehr als in vergleichbaren westlichen Anlagen. Diese hohe Schlagzahl erlaubt es den Forschern, kontinuierlich Fortschritte zu erzielen und das Verhalten von Plasmen besser zu verstehen.
Durch diese intensive Forschung ist es EAST gelungen, mehrere Rekorde in der Plasmastabilität aufzustellen. Diese Fortschritte sind nicht nur ein Meilenstein für China, sondern auch von globaler Bedeutung, da die Ergebnisse direkt in internationale Projekte wie den International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER) einfließen.
Was ist ein Tokamak?
Ein Tokamak ist ein spezieller Reaktortyp zur Erzeugung von Energie durch Kernfusion. Er nutzt starke Magnetfelder, um ein extrem heißes Plasma aus Wasserstoffisotopen in einer ringförmigen Kammer zu halten. Kernfusion entsteht, wenn Atomkerne bei sehr hohen Temperaturen verschmelzen und dabei Energie freisetzen, ähnlich wie in der Sonne. Die ringförmige Struktur hilft, das Plasma stabil zu halten, da es bei diesen Temperaturen kein Material gibt, das das Plasma direkt berühren könnte. Magnetfelder halten das Plasma in der Schwebe, so dass es nicht mit den Reaktorwänden in Berührung kommt. Tokamaks gehören derzeit zu den fortschrittlichsten Fusionskonzepten, die Technologie befindet sich jedoch noch in der Entwicklung.
Chinas Investitionen in die globale Fusionstechnologie
China investiert massiv in die Fusionsforschung, sowohl auf staatlicher als auch auf privater Ebene. Der jährliche Investitionsaufwand wird auf etwa 1,5 Milliarden US-Dollar geschätzt – eine Summe, die beinahe doppelt so hoch ist wie die der USA. Dies zeigt nicht nur Chinas Entschlossenheit, in der globalen Forschung zur Fusionsenergie führend zu sein, sondern auch die enorme Geschwindigkeit, mit der das Land Fortschritte macht. Neben staatlichen Initiativen gibt es auch eine wachsende Anzahl privater Unternehmen, die in die Fusionsforschung investieren. Unternehmen wie Energy Singularity setzen auf neue Materialien und Techniken, um kleinere, effizientere Fusionsreaktoren zu entwickeln, die schneller gebaut werden können als große internationale Projekte wie ITER. So entwickelte das Unternehmen den Tokamak HH70, der laut eigenen Angaben weltweit erste vollständig supraleitende Fusionsreaktor mit Hochtemperaturtechnologie.
Im Juni 2024 soll die HH70 nach Unternehmensangaben erfolgreich das erste Plasma erzeugt haben. Die Anlage nutzt zwei Methoden zur Vorionisierung: Elektronenkanonen und Ionenzyklotronheizung. Sie verfügt über ein Magnetfeld von 0,6 Tesla und einen Plasmadurchmesser von 0,75 Metern mit 26 supraleitenden Magneten. HH70 ist der weltweit erste supraleitende Tokamak, der von einem kommerziellen Unternehmen gebaut wurde, und einer von nur vier supraleitenden Tokamaks weltweit, die in Betrieb sind. Der Erfolg von HH70 soll den Weg für die Entwicklung des nächsten Reaktors, HH170, ebnen, der eine Energieausbeute (Q) von über 10 erreichen soll, d.h. zehnmal mehr Energie erzeugen als eingesetzt wird.
Wird Kernfusionsenergie bald realisierbar sein?
Warum ist die Kernfusion entscheidend für Chinas Energiezukunft?
China steht vor einer immensen Herausforderung: Die Nachfrage nach Energie wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen, während gleichzeitig die CO₂-Emissionen drastisch reduziert werden müssen. Trotz erheblicher Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur bleibt Kohle die dominierende Energiequelle des Landes. Die Kernfusion könnte hier eine zentrale Rolle spielen, da sie das Potenzial hat, die steigende Nachfrage nach Elektrizität zu decken, ohne die Umwelt zu belasten. Im Gegensatz zur Kernspaltung, bei der radioaktive Abfälle entstehen, für die die Endlagerproblematik immer noch nicht gelöst ist, produziert die Kernfusion nur kurzlebige Abfälle und ist deutlich sicherer. Die Reaktionen stoppen automatisch, wenn die Plasma-Temperaturen sinken oder andere Parameter aus dem Gleichgewicht geraten.
Kernfusion wird daher nicht nur als Lösung für Chinas Energieprobleme gesehen, sondern auch als eine Möglichkeit, das Land an die Spitze der globalen technologischen Innovation zu bringen.
Diese Fortschritte hat China in der Fusionsenergie bereits erzielt
China hat in der Fusionsforschung bedeutende Erfolge erzielt. Der EAST-Tokamak hat bereits mehrere Weltrekorde aufgestellt, darunter die längste Erhaltung von Plasmen für mehrere Minuten – eine Schlüsselanforderung für die kommerzielle Energieproduktion. Chinesische Forscher arbeiten zudem eng mit internationalen Partnern zusammen, um die Fortschritte weiter zu beschleunigen. Durch die hohe Anzahl an Plasma-Schüssen und die Verwendung von Materialien wie Wolfram für die Reaktorwände konnten die Ingenieure die Effizienz der Fusionstechnologie kontinuierlich verbessern.
Zudem hat China im Jahr 2022 einen umfassenden Plan zur Entwicklung eines China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR) vorgestellt, der bis 2030 gebaut werden soll und einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur kommerziellen Fusionsenergie darstellt.
Chinas Pläne für den Bau von Fusionskraftwerken
Chinas ambitionierte Pläne umfassen den Bau des China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR), der bis in die 2030er Jahre bis zu 1 Gigawatt Energie produzieren soll. Der CFETR wird ein Brückenschlag zwischen ITER und kommerziellen Fusionskraftwerken sein, die Strom ins Netz einspeisen könnten. Die Arbeiten am CFETR sollen bereits in den nächsten Jahren beginnen, und erste Leistungsversuche sind für das nächste Jahrzehnt geplant. Wenn diese Pläne erfolgreich umgesetzt werden, könnte China bis zur Mitte des Jahrhunderts eines der ersten Länder sein, das über funktionsfähige Fusionskraftwerke verfügt.
Was Sie schon immer über Quantencomputer wissen wollten
Als im Juni 2021 der erste Quantencomputer in Deutschland von IBM eingeweiht wurde, war das Interesse groß. Aber was verbirgt sich hinter der Technologie? Was kann sie eines Tages leisten, woran wird geforscht und wo lauern Gefahren? Das und mehr erfahren Sie hier.
Fragen und Antworten zum China Fusion Engineering Test Reactor (CFETR):
1. Was ist der CFETR?
Der CFETR ist ein geplanter Tokamak-Fusionsreaktor in China, der als Brücke zwischen der internationalen ITER-Fusionsanlage und Chinas erstem kommerziellen Fusionskraftwerk dienen soll. Er wird in Hefei, Anhui, unter Leitung der Chinese Academy of Sciences entwickelt.
2. Welches Ziel verfolgt der CFETR?
Der CFETR soll in zwei Phasen betrieben werden: In der ersten Phase wird er eine Fusionsleistung von 200 MW erreichen, in der zweiten Phase bis zu 1.000 MW. Das Ziel ist, die Technologie für ein zukünftiges kommerzielles Fusionskraftwerk zu entwickeln und zu testen.
3. Wann soll der CFETR in Betrieb gehen?
Die Anlage soll bis 2035 fertiggestellt werden. Ein Upgrade des Reaktors ist für das Jahr 2040 geplant, mit der Erwartung, dass bis 2050 ein kommerzielles Fusionskraftwerk in Betrieb gehen kann.
4. Welche Herausforderungen gibt es?
Zu den größten Herausforderungen gehören die Tritiumproduktion, der Umgang mit extremen Temperaturen und Neutronenflüssen sowie die Entwicklung geeigneter Materialien für den Reaktorbetrieb. Auch wirtschaftliche und sicherheitstechnische Fragen müssen gelöst werden.
5. Wie unterscheidet sich der CFETR von anderen Fusionsprojekten?
Im Vergleich zu bestehenden Anlagen wie ITER soll der CFETR die kommerzielle Machbarkeit der Kernfusion weiter vorantreiben. Er wird nicht nur als Testplattform für Fusionsexperimente dienen, sondern auch zur Erforschung von Materialien und Technologien für künftige Fusionskraftwerke.
6. Was sind die langfristigen Pläne für die Kernfusion in China?
China plant, nach der erfolgreichen Inbetriebnahme des CFETR bis 2050 das erste kommerzielle Fusionskraftwerk zu bauen, das Prototype Fusion Power Plant (PFPP), welches ein bedeutender Schritt in Richtung einer nachhaltigen Energiezukunft wäre.
Wann könnte ein Durchbruch in der Fusionsenergie kommen?
Trotz der beeindruckenden Fortschritte, die China und andere Länder machen, bleibt die Kernfusion eine der größten wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit. Optimistische Prognosen gehen davon aus, dass China in den 2040er Jahren mit der kommerziellen Stromproduktion beginnen könnte. Der Bau von Fusionskraftwerken und die Entwicklung der dafür nötigen Infrastruktur laufen bereits auf Hochtouren. Dennoch betonen viele Wissenschaftler, dass der Durchbruch bei der Fusionsenergie eher einem Marathon als einem Sprint gleicht. Der entscheidende Meilenstein wird sein, ein brennendes Plasma zu erzeugen, das in der Lage ist, seine eigene Energie zu erhalten – ein Ziel, das in den nächsten zwei Jahrzehnten erreicht werden könnte.
Die enorme Bedeutung der Fusionsenergie, insbesondere für ein Land wie China, das vor gewaltigen Energie- und Umweltproblemen steht, bedeutet jedoch, dass keine Mühen gescheut werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Der Autor: Dr. Martin Large
Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.