Bild 1: Prinzip der symmetrischen und asymmetrischen Störabstrahlung und der differentiell- nach Gleichtaktwandlung.

Bild 1: Prinzip der Gleichtaktabstrahlung, verursacht durch eine Gegentakt-Störquelle. (Bild: Würth Elektronik)

Es gibt zwei Arten von elektromagnetischen Störungen – solche, die von außen in ein Gerät eindringen und zu Fehlfunktionen führen können, und Störungen, die vom Gerät ausgesendet werden. Laut Gesetz muss ein Gerät über eine bestimmte intrinsische Immunität verfügen, um einem Mindestmaß an elektromagnetischen Störungen standzuhalten. Außerdem darf es nur ein begrenztes Maß an elektromagnetischen Störungen über Kabel aussenden und eine begrenzte Menge an elektromagnetischen Wellen abstrahlen. Das richtige Zusammenspiel von Kabel, Stecker, Schnittstellenfilter und zugehöriges Massesystem sind hierbei von besonderer Bedeutung.

Abstrahlung von elektromagnetischer Energie über Peripheriekabel

Der Zweck von Kabeln besteht darin, ein elektrisches Signal von einem Ort, der Signalquelle, zu einem anderen Ort, der Signalsenke, zu leiten. Wie die Signalübertragung erfolgt, hängt jedoch von vielen Einflussfaktoren ab, wie etwa den Signalparametern und den System-Impedanzen sowie den Eigenschaften der Kabel als auch der Schirmungseigenschaft des Gehäuses. All diese Punkte beeinflussen die Strahlungseigenschaften des Kabels, aber auch seine Immunität gegenüber externen Störern.

Die Kopplung von Störungen zwischen Kabeln oder von störenden Schaltkreisen über die Schnittstelle in die Kabel sind zwei häufige und bekannte Phänomene. Es gibt noch andere Arten der Kopplung, die hauptsächlich auf der elektronischen Baugruppe auftreten und durch gegenseitige Induktivitäten oder Kapazitäten verursacht werden. Diese Kopplung wird als Crosstalk bezeichnet. Über 90 Prozent der von Kabeln abgestrahlten HF-Energie wird durch Gegentaktstörungen von der Elektronik verursacht, die dann in Form von Gleichtaktstörungen über das Kabel abgestrahlt werden. Bild 1 veranschaulicht diesen „Kopplungsmechanismus“. Eine Möglichkeit, die Einkopplung zu reduzieren, ist die Analyse des Nutz- oder Störsignals, denn die Größe der Einkopplung hängt wesentlich von dem Frequenzspektrum und dem Strom des Signals ab.

Saubere Signalintegrität bei Schnittstellen

Filter sollen bestimmte Teile eines Signalspektrums über die Frequenz abschwächen. Und hier beginnt das Problem: Ein Filter ist ein frequenzabhängiger Spannungsteiler, der einen Massebezug benötigt. Sollen neben der Filterung von hochfrequenten Signalen auch transiente Überspannungen gefiltert werden, ist das Massesystem um den Schnittstellenbereich entscheidend für die gewünschte Funktion. Ziel ist es, eine „EMV-sichere“ Schnittstelle zu erhalten, damit die an die Schnittstelle angeschlossenen Kabel weder Störungen in die Elektronik einkoppeln noch von der Elektronik erzeugte Störungen abstrahlen.

Bild 2: Masseverbindung über Schnittstellenbuchse zum Transientenschutz und zum Filterkondensator.
Bild 2: Masseverbindung über Schnittstellenbuchse zum Transientenschutz und zum Filterkondensator. (Bild: Würth Elektronik)

Wird ein Konzept über einen Schnittstellenstecker gewählt, ergibt sich eine wesentlich bessere Konstellation. Der Steckverbinder kann durch seine mehrfache Masseverbindung zwischen der Gehäusewand und der Leiterplatte eine niederimpedante Verbindung zum überspannungsbegrenzenden Bauteil herstellen. Voraussetzung ist jedoch, dass das überspannungsbegrenzende Bauteil nahe dem Steckverbinder platziert ist und eine niederimpedante leitende Verbindung zwischen dem Steckverbinder-Gehäuse und der Gehäusewand besteht. Bild 2 zeigt den Aufbau.

Eine Voraussetzung für eine gute Masseverbindung ist eine hohe Leitfähigkeit der Gehäuserückwand. Verursacht das Material der Rückwand durch eine Oberflächenbehandlung (Lackierung, Passivierung, Eloxierung) einen hohen Übergangswiderstand, so fehlt den Filterkondensatoren und den spannungsbegrenzenden Bauteilen der Massebezug. Die entsprechende Filterwirkung gegen HF-Störungen fehlt, und transiente Störungen, eingekoppelt in das Schnittstellenkabel, werden direkt in die Elektronik geleitet. Eine Masseverbesserung durch eine zusätzliche leitende Dichtung zur Grundplatte, wie in Bild 3 gezeigt, kann hier Abhilfe schaffen.

HF-Schnittstellen für Koaxialstecker

Koaxialkabel dienen dazu, elektrische Hochfrequenzsignale mit geringen Verlusten zu übertragen. Jedoch sind diese HF-Signale „EMV-empfindlich“ – sei es wegen der Abstrahlung oder wegen der Einkopplung von Störsignalen aufgrund sehr kleiner Signalamplituden. Voraussetzung für die Funktionalität dieser Schnittstellen ist nicht nur eine hohe Schirmdämpfung der Stecker und Kabel, sondern auch die Anpassung des gesamten Signalpfades an die Systemimpedanz.

Eine hundertprozentige Gleichheit der Impedanzen, also eine hundertprozentige Anpassung, kann man in der Praxis nicht erreichen. Es bleiben Fehlanpassungen, die unter anderem auch von der „Qualität“ des Layouts abhängen. Selbst wenn der Stecker, das Kabel und die Leiterbahn die erforderliche Systemimpedanz aufweisen, verursachen die Übergänge von einem Systemabschnitt (z. B. Leiterbahn) zum anderen oft mechanische Probleme, die zu Fehlanpassungen führen. Ein weiterer Punkt, der besondere Aufmerksamkeit erfordert, ist der Massebezug der verschiedenen Systemabschnitte: Die Bezugsmasse für die Signalquelle ist die Leiterplatte, ebenso für die Leiterbahn zum Stecker an der Schnittstelle.

Einfluss auf die Kabelabstrahlung

Betrachtet man das Gesamtsystem, also das Gerät, so spielen die Faktoren wie die Signalparameter und die Impedanz der Störquelle genauso eine Rolle wie die „Antennen“- bzw. Abstrahlcharakteristik des Kabels. Im Frequenzbereich von ca. 30 MHz bis 300 MHz wird die Strahlungskopplung eher durch Kabelemissionen als durch direkte Abstrahlung der elektronischen Baugruppe dominiert. Nicht zu unterschätzen sind auch die elektromagnetischen Eigenschaften der Umgebung (um das Gerät). Zudem hat der Stecker einen großen Einfluss auf die Abstrahlcharakteristik eines geschirmten Kabels, denn er bestimmt maßgeblich die Impedanz des Masseanschlusses.

 

Bild 3: Masseverbindung des Schnittstellenbereichs durch eine zusätzliche leitfähige Dichtung oder Feder mit der Metallgrundplatte.
Bild 3: Masseverbindung des Schnittstellenbereichs durch eine zusätzliche leitfähige Dichtung oder Feder mit der Metallgrundplatte. (Bild: Würth Elektronik)

Eine weitere Eigenschaft, die wesentlich zur „Strahlungsfähigkeit“ eines Kabels beiträgt, ist das Verhältnis zwischen der Wellenlänge des Störsignals und der elektrischen Länge des Kabels. Die Wellenlänge nimmt mit steigender Frequenz ab. Wenn die Wellenlänge kleiner wird, erscheinen die Kabel elektrisch lang, was bedeutet, dass mehrere Wellenlängen in die Kabellänge passen können und das Kabel als empfindliche Antenne wirkt.

Was zeichnet Koax-Kabel aus?

Es gibt kein Kabel, das die „EMV-Grenzwerte“ einhält, aber es gibt Kabel mit einer frequenzabhängigen Schirmdämpfung und einer definierten Impedanz. Neben der Tatsache, dass die Qualität des Kabels einen hohen Stellenwert hat, muss die Abschirmung eines Kabels die gesamte Länge und den gesamten Umfang abdecken. Zudem muss diese Abdeckung eine hohe Leitfähigkeit haben und sollte keine Schlitze sowie Öffnungen aufweisen. Das Problem bei geschirmten Kabeln ist, dass einerseits äußere Störungen an der Außenseite des Schirmgeflechts gehalten werden müssen (Skin-Effekt).

Andererseits benötigen Koaxialkabel eine über die gesamte Länge durchgängige und möglichst verlustarme „Schirmhülse“, um zwischen dem Mittelleiter und der Schirmhülse eine Gegeninduktivität aufzubauen, die den Wellenwiderstand und die Schirmeigenschaft als solche begründet. Nur so lässt sich das im Koaxialkabel transportierte Signal mit möglichst geringen Verlusten und Reflexionen übertragen. Deshalb sind professionelle Koaxialkabel steif und dick. Aus Gründen der Flexibilität wird in den meisten Fällen eine geflochtene Abschirmung verwendet. Die Abschirmungseigenschaften des Metallgeflechts sind jedoch nicht so gut wie jene von massiven Rohren und beeinträchtigen die Linearität des Wellenwiderstands über der Frequenz.

Anforderungen an den Koax-Steckverbinder

Wenn es um die Reduzierung von EMV-Problemen geht, ist oft nicht das Kabel die Ursache, sondern häufig der Steckverbinder. Bei geschirmten oder koaxialen Kabeln hat der Steckverbinder zwei wesentliche Aufgaben zu erfüllen:

  • Den Kabelschirm möglichst niederimpedant mit dem Gehäuse verbinden.
  • Den Wellenwiderstand des Kabels beibehalten.

Jede Abweichung vom Idealzustand der beiden Punkte führt zu Problemen bei der Signalintegrität und der EMV. Ist es etwa aufgrund schlecht angeschlossener Kabelschirme oder zu hoher Übergangswiderstände zwischen Steckern und Gehäuse nicht möglich, eine niederimpedante Verbindung zwischen Kabelschirm und Gehäuse herzustellen, hat die Verwendung eines „besseren“ Kabels keinerlei Auswirkungen auf die EMV und/oder die Signalintegrität.

Das liegt daran, dass der Störstrom durch die Abschirmung des Kabels fließt. Typischerweise sind nur etwa 3 µA Störstrom durch einen 1 m langen Kabelschirm erforderlich, um den Emissionsgrenzwert der Störfeldstärke nach CISPR 32 zu überschreiten. Wenn der Rückstrom durch die Gesamtimpedanz des Steckers, der Kabelschirmabschlüsse und der Gehäuseanschlüsse fließt, erzeugt er einen Spannungsabfall, und diese Spannung zwischen Gehäuse und Kabelschirm erzeugt den Strom auf dem Kabel, was zu einer Störabstrahlung führt. Dies ist in Bild 4 dargestellt.

Die parasitäre Induktivität Lpar bewirkt, dass der Rückstrom am Stecker nicht vollkommen symmetrisch zum Signalstrom ist. Jede Asymmetrie im Koaxialkabel führt dazu, dass sich die magnetischen Feldlinien des Signalstroms und des Rückstroms im Kabel nicht vollständig aufheben, wodurch eine gewisse „Streuinduktivität“ entsteht, die zu einem „Netto-Signalstrom“ führt; der Teil des Signalstroms, der über den Kabelschirm abgestrahlt wird.

Es ist klar, dass Steckverbinder unter gleichen EMV-Problemen leiden wie Kabel, schließlich sind sie nur kurze Leiterstücke in einem starren Gehäuse. Daher ist das Gesamtdesign des Geräts nicht nur für die Einhaltung der EMV-Anforderungen entscheidend, sondern auch für eine gute Signalintegrität und damit für ein gutes Produkt. Letztlich sollten Kabelsteckverbinder über Abschirmungseigenschaften verfügen, die die Abschirmung des Kabels nicht beeinträchtigen. Würth Elektronik eiSos hält mit seiner Produktfamilie WR-SMA auf verschiedene Applikationen ausgelegte Koaxial-Steckverbinder bereit.

Bild 4: Veranschaulichung, wie eine schlechte Verbindung der Kabelabschirmung in einem Stecker einen Störstrom auf einem Kabel verursachen kann.
Bild 4: Veranschaulichung, wie eine schlechte Verbindung der Kabelabschirmung in einem Stecker einen Störstrom auf einem Kabel verursachen kann. (Bild: Würth Elektronik)

Verbindung zum Gehäuse

Somit stellt der Steckverbinder mit seinem geschirmten Kabel eine elektromagnetisch geschlossene Einheit dar, die mit dem Gehäuse kontaktiert werden muss. Wichtig ist überdies, den gesamten Umfang des Steckverbinders mit einer gut leitenden, korrosionsbeständigen Oberfläche ohne Spalt zu kontaktieren. Warum? Die Masse des Nutzsignals und des Steckers muss HF-technisch auf dem gleichen Potenzial liegen. Ein Metallgehäuse stellt einen solchen Potenzialbezug her und schützt zudem die Elektronik vor direkten Feldeinkopplungen von außen.

Darüber hinaus bietet ein Metallgehäuse eine HF-Erdungsreferenz mit niedriger Impedanz durch die Metallschicht. Das ideale Gehäuse muss die Elektronik an allen sechs Seiten nahtlos und ohne Öffnungen umschließen. Überdies hängt die Mindestdicke des Materials von den Parametern Frequenz und Feldstärke des abzuschirmenden Signals ab. In der Praxis ist es jedoch oft nicht möglich, eine durchgehende Abschirmung in allen Dimensionen um die Schaltung herum zu realisieren – es müssen Kompromisse eingegangen werden. (neu)

 

Autor

Autor Dr. Heinz Zenkner
(Bild: Würth Elektronik)

Dr. Heinz Zenkner, Technical Marketing EMC Consultant von Würth Elektronik eiSos

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