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Nach dem Check des Chips-Acts durch den Europäischen Rechnungshof fordert das Silicon Saxony mehr Tempo, Investitionen und bessere Rahmenbedingungen für Europas Chipindustrie – nicht zum ersten Mal. (Bild: Silicon Saxony)

Mit seinem Sonderbericht 12/2025 hat der Europäische Rechnungshof erstmals den Fortschritt des EU Chips Act unter die Lupe genommen. Das Fazit der Prüfer ist eindeutig: Trotz akzeptabler Fortschritte reicht die aktuelle Umsetzung nicht aus, um das ambitionierte Ziel der digitalen Dekade zu erreichen. Insbesondere der angestrebte Marktanteil von 20 % bis 2030 scheint kaum realistisch.

Vor diesem Hintergrund meldet sich das Hightech-Netzwerk Silicon Saxony zu Wort. In einer Stellungnahme fordert der Branchenverband eine deutliche Nachjustierung der europäischen Chip-Strategie. Hier das Statement im Wortlaut:

Statement von Silicon Saxony zum heute vorgestellten Sonderbericht 12/2025 des Europäischen Rechnungshofes mit dem Titel „Die Strategie der EU im Bereich Mikrochips – Akzeptable Fortschritte bei der Umsetzung, doch reicht das Chip-Gesetz höchstwahrscheinlich nicht aus, um das allzu ehrgeizige Ziel der digitalen Dekade zu verwirklichen“

Mikrochips sind kein Luxus, sondern Überlebensfrage für Europas Industrie. Hohe Investitionen sind nötig, denn die Chipindustrie ist strategischer, kapitalintensiver und global härter umkämpft als jede andere Branche

Dresden, 28. April 2025. Hintergrund: Das EU-Chip-Gesetz wurde 2022 als Reaktion auf die durch die Corona-Pandemie verursachten Lieferkettenstörungen beschlossen und trat 2023 in Kraft. Ziel ist es, Versorgungsengpässe bei Mikrochips zu beheben und die technologische Führungsrolle Europas zu stärken. Es baut auf einer älteren Strategie von 2013 auf, da die EU seither im globalen Vergleich Marktanteile verloren hat. Wegen des Zeitdrucks bei seiner Entstehung wurden jedoch wichtige Standards wie eine umfassende Folgenabschätzung nicht vollständig eingehalten. Eine erste Überprüfung des Gesetzes wird bis September 2026 erwartet.

Das Hightech-Netzwerk Silicon Saxony e. V. kommentiert die Ergebnisse des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofes wie folgt: „Der Bericht des Europäischen Rechnungshofes unterstreicht eindrucksvoll, dass Europa seine Chip-Strategie dringend an die globale Realität anpassen muss. Die technologische Souveränität Europas entscheidet sich in einem beispiellos hart umkämpften und extrem kapitalintensiven Markt. Subventionen für die Halbleiterindustrie sind mit denen anderer Industrien nicht vergleichbar. Mikrochips sind das Rückgrat nahezu aller Zukunftstechnologien von Mobilität über Energie bis hin zu KI. Investitionen in Milliardenhöhe erscheinen hoch, sind aber notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas überhaupt zu sichern.

Regionen wie Silicon Saxony, aber auch die anderen in Silicon Europe organisierten Halbleiter-Ökosysteme wie stellvertretend z.B. Rhône-Alpes, Leuven, Eindhoven oder Villach sind Erfolgsbeispiele und beweisen schon heute, dass Wachstum und Innovation möglich sind. Um jedoch die ehrgeizigen Ziele Europas im Chipsektor zu erreichen und die Wettbewerbsfähigkeit wirklich nachhaltig zu sichern, müssen diese starken Regionen gezielt gestärkt und weitere Technologiezentren aufgebaut werden. Entscheidend dafür sind wettbewerbsfähige Energiepreise, gesicherter Zugang zu Rohstoffen, beschleunigte Genehmigungsverfahren und eine europäische Fachkräfteoffensive.

Die Chip-Zukunft Europas entscheidet sich nicht nur in Strategiepapieren, sondern durch konkrete Investitionen vor Ort. Silicon Saxony ist bereit, diesen Weg entschlossen mitzugestalten – schnell, realistisch und mit dem klaren Ziel, Europas technologische Unabhängigkeit zu sichern“, sagt Frank Bösenberg, Geschäftsführer Silicon Saxony.

Frühere Warnungen von Silicon Saxony bewahrheiten sich

Silicon Saxony hatte bereits in den vergangenen Jahren wiederholt auf die strukturellen Schwächen der europäischen Chipstrategie hingewiesen. Schon 2021 warnte der Branchenverband in einem offenen Brief an hochrangige politische Entscheidungsträger, dass Europa Gefahr laufe, im weltweiten Wettbewerb um Halbleitertechnologien weiter zurückzufallen. Die Botschaft war klar: „Die Welt wartet nicht auf Europa“ – und ohne entschlossenes Handeln drohe ein weiterer Bedeutungsverlust innerhalb der globalen Wertschöpfungsketten.

Auch 2023, als Intel den Baustopp seiner geplanten Halbleiterfabrik in Magdeburg verkündete, mahnte Silicon-Saxony-Geschäftsführer Frank Bösenberg: „Ohne Intel fehlt vorerst das europäische Leuchtturmprojekt.“ Er machte deutlich, dass die Ziele des EU Chips Act – insbesondere ein 20 %-Marktanteil und technologische Souveränität – ohne massive Investitionen und klare industriepolitische Strategien kaum zu erreichen seien. Statt kurzfristiger Haushaltskonsolidierungen forderte Bösenberg eine langfristig tragfähige nationale Halbleiterstrategie.

Vor diesem Hintergrund fühlt sich Silicon Saxony durch die kritische Einschätzung des Europäischen Rechnungshofes in seiner Analyse sicher (leider) bestätigt: Europas Chip-Strategie braucht realistischere Ziele, schnellere Entscheidungsprozesse und weitreichendere Unterstützung für Schlüsselregionen wie Silicon Saxony.

Über das Silicon Saxony

Silicon Saxony ist Europas größter Mikroelektronik- und IT-Cluster, der in Sachsen – insbesondere rund um Dresden – angesiedelt ist. Das Netzwerk verbindet Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Bereichen wie Halbleiterfertigung, Softwareentwicklung und intelligente Systeme und gilt als bedeutender Innovationsmotor für die europäische Hightech-Industrie.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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