
Stand der Nachhaltigkeit in der EMS-Branche - Analysten und Daten (Bild: in4ma)
Dabei wurden 635 Webseiten sowie 120 Rückmeldungen von EMS-Unternehmen aus der in4ma-Jahresstatistik ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen ein durchwachsenes Bild: Während einige Unternehmen klare Maßnahmen kommunizieren, bleibt es bei vielen bei vagen Absichtserklärungen.
Nachhaltigkeit – ein Randthema für EMS-Unternehmen?
Die Untersuchung zeigt, dass sich nur rund ein Drittel der EMS-Unternehmen im DACH-Raum auf ihrer Webseite mit Nachhaltigkeit oder Umweltfragen beschäftigen. Besonders auffällig ist die Diskrepanz zwischen interner Selbsteinschätzung und externer Kommunikation: Während sich viele Unternehmen in der Umfrage als fortschrittlich bewerten, finden sich auf ihren Webseiten oft keine Informationen zu konkreten Maßnahmen.
Auch die Annahme, dass vor allem große EMS-Unternehmen das Thema priorisieren, konnte nur bedingt bestätigt werden. Zwar gibt es bei umsatzstarken Unternehmen eine stärkere Präsenz des Themas, doch auch in der mittleren Umsatzklasse (5 bis 50 Mio. Euro) und sogar bei den Kleinen (unter 5 Mio. Umsatz) gibt es zahlreiche Unternehmen, die Nachhaltigkeit auf ihrer Webseite behandeln.

Webseitenanalyse: Wer kommuniziert Nachhaltigkeit?
Die Länder-Auswertung zeigt deutliche Unterschiede: Während sich in Deutschland nur 36 % der EMS-Unternehmen auf ihrer Webseite mit Nachhaltigkeit befassen, sind es in Österreich 68 % und in der Schweiz 34 %.
Auch innerhalb Deutschlands gibt es regionale Unterschiede: Mecklenburg-Vorpommern führt – allerdings mit wenigen im Bundesland ansässigen Unternehmen – mit 75 % der Unternehmen, die Nachhaltigkeitsthemen aktiv kommunizieren. In Bayern, Sachsen und Thüringen sind es jeweils über 40 %. Auffällig ist zudem, dass in Bayern 14 EMS-Unternehmen Mitglied im Umwelt- und Klimapakt Bayern sind – ein Indiz für regionale Initiativen.
Zertifizierungen und Rework als Indikatoren
Ein Blick auf Zertifizierungen zeigt, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit aktiv kommunizieren, überdurchschnittlich oft nach ISO 14001 (Umweltmanagement) oder ISO 50001 (Energiemanagement) zertifiziert sind. Auch Rework-, Repair- und Recycling-Dienstleistungen sind hier häufiger vertreten.
Doch Nachhaltigkeit bedeutet mehr als nur Zertifikate. Die Analyse zeigt, dass bei vielen EMS-Unternehmen konkrete Maßnahmen wie PV-Anlagen oder Energieeffizienzmaßnahmen zwar umgesetzt, aber nicht immer auf den Webseiten kommuniziert werden.
Nachhaltigkeit als wirtschaftlicher Faktor
Während einige Unternehmen Nachhaltigkeit aktiv als Wettbewerbsvorteil nutzen, sehen andere sie lediglich als Kostenfaktor. Investitionen in erneuerbare Energien, Materialeinsparung oder langlebige Designs sind oft dann attraktiv, wenn sie auch wirtschaftliche Vorteile bringen.
Ein Beispiel für eine gelungene Nachhaltigkeitsstrategie zeigt u.a. das Schweizer Unternehmen Vosch. Es hat mit wissenschaftlicher Unterstützung eine Klimabilanz erstellt und bemerkt, dass 93,4 % der CO₂-Emissionen durch die Herstellung der eingekauften Komponenten entstehen. Diese Erkenntnis zeigt, dass EMS-Unternehmen in erster Linie auf nachhaltigere Lieferketten setzen müssen, um ihre Klimabilanz zu verbessern.
Gesetzliche Vorgaben als Treiber für Veränderungen
Die Corporate Sustainability Reporting Directive der EU wird in den kommenden Jahren dazu führen, dass immer mehr EMS-Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen. Ab 2025 betrifft dies große Unternehmen, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeiter, mindestens 50 Mio. Euro Umsatz bzw. eine Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. Euro. Doch auch kleinere Unternehmen werden indirekt durch Lieferkettenanforderungen betroffen sein.
Neben regulatorischen Vorgaben spielen auch Investoren, Kunden und Fachkräfte eine Rolle. Nachhaltigkeit ist zunehmend ein Entscheidungskriterium für Bewerber: Laut einer Studie der Europäischen Investitionsbank von Ende 2022 achten 81 % der 20- bis 29-Jährigen auf die Klimapolitik ihres potenziellen Arbeitgebers.

Technologische Lösungen für mehr Transparenz
Einige Softwarelösungen helfen EMS-Unternehmen bereits heute dabei, ihre Nachhaltigkeitsdaten zu erfassen und transparent zu machen:
- IntegrityNext: Eine cloudbasierte Plattform zur Überwachung nachhaltiger Lieferketten.
- Luminovo: Berechnet den CO₂-Fußabdruck von Elektronikbauteilen in Echtzeit.
- Banyan.eco: Unterstützt Unternehmen bei der Analyse und Reduktion ihres ökologischen Fußabdrucks.
Fazit: Nachhaltigkeit muss mehr als ein Schlagwort sein
Die Analyse zeigt: Nachhaltigkeit spielt in der EMS-Branche eine zunehmende Rolle, ist aber noch lange nicht flächendeckend etabliert. Während einige Unternehmen vorbildlich agieren, bleibt es bei anderen bei unverbindlichen Bekenntnissen ohne konkrete Maßnahmen.
Mit der wachsenden Bedeutung von gesetzlichen Vorgaben, Kundenanforderungen und der Erwartungshaltung zukünftiger Fachkräfte wird die Nachhaltigkeit in der EMS-Branche jedoch weiterentwickeln – nicht nur als ökologischer, sondern auch als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor.