Dreisatz mal anders: Aus 170 Millionen mach 70 Millionen, aus 70 Millionen mach 0 Millionen. Die geplante "Kürzung" – eher eine Streichung – der Fördermittel für die Batterieforschung hat einen Aufschrei hervorgerufen. Besonders gravierend: ab 2025 sollen keine neuen Projekte mehr finanziert werden – nur laufende Projekte sollen weiter finanziert werden. Im Beamtendeutsch heißt das übrigens "keine Verpflichtungsermächtigungen mehr". Dies bestätigte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dabei hieß es 2023 noch im BMBF-Dachkonzept Batterieforschung: „Das neue BMBF-Dachkonzept Batterieforschung baut auf den erfolgreich etablierten Strukturen auf und erweitert diese. Es zahlt auf das übergeordnete Ziel des Aufbaus einer technologisch souveränen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Batteriewertschöpfungskette für Deutschland und Europa ein.“ Pustekuchen möchte man sagen.
Was passiert mit der deutschen Batterieforschung?
Hintergrund ist, dass das die Bundesregierung die Förderung von Batterieforschung über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) beenden will. So sind im aktuellen mehrjährigen Finanzplan dafür keine neuen Mittel mehr vorgesehen. Während für das Jahr 2024 noch 155 Millionen Euro vorgesehen sind, sieht der Entwurf für 2025 lediglich 118 Millionen Euro vor – und diese dienen ausschließlich der Fertigstellung bereits laufender Projekte. Im Mai stand noch im Raum, dass die Förderung "nur" auf 70 Millionen gekürzt werden würde. „Ich halte das für ausgesprochen unklug, Deutschland ist ein Autoland. Bis jetzt war der Verbrennungsmotor der wichtigste Teil eines Autos. Künftig ist das die Batterie. Und wenn wir Autoland bleiben wollen, müssen wir auch gerade da eine ganz besondere Kompetenz haben. Das hat Deutschland immer ausgezeichnet und das muss auch künftig im Batteriezeitalter gelten. Wenn jetzt die Forschungsmittel für Batterieforschung nachhaltig zusammengestrichen werden, dann kann das nur nachteilig sein. Ich hoffe drauf, dass man sich in Berlin noch besinnt“, erklärte dazu Stephan Weil, niedersächsischer Ministerpräsident (SPD), im Mai gegenüber dem NDR. Das hat Berlin wohl nicht und nun also der Schock.
NRW als Hoffnungsschimmer für die Batterieforschung?
Im nordrhein-westfälischen Landtag haben die Fraktionen von CDU und Grünen einen Antrag eingebracht, der die Bedeutung der Batterieforschung für die Zukunft Deutschlands und Nordrhein-Westfalens hervorhebt. Insbesondere die Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) in Münster spielt eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Elektromobilität und erneuerbaren Energien. Trotz dieser strategischen Relevanz hat der Bund kürzlich die Fördermittel für die Batterieforschung gekürzt, was in der Forschungsgemeinschaft auf Unverständnis stößt. Die Kürzungen gefährden laut Prof. Dr. Martin Winter, wissenschaftlicher Leiter des MEET Batterieforschungszentrums, die angestrebten Ziele und könnten zu einem Fachkräftemangel führen. Auch das geplante Batterie-Recycling-Zentrum in Ibbenbüren und das CARL-Forschungsgebäude in Aachen sind betroffen. Der Antrag fordert den Bund auf, die Förderung verlässlich fortzusetzen und neue Projekte zu ermöglichen. Die Landesregierung wird beauftragt, sich weiterhin für den Erhalt der Fördermittel einzusetzen und die Bedeutung des Projekts für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu betonen. Der Landtag sieht innovative Batterietechnologien als Schlüssel für die Energiewende und die Zukunft der Automobilindustrie. Ziel ist es, die langfristige Unterstützung von Wissenschaft und Wirtschaft sicherzustellen.
„Die Batterietechnologie ist die Zukunftstechnologie, die eine Vielzahl neuer Applikationen weit über Elektromobilität hinaus ermöglichen wird. Technologische Souveränität in der Batterietechnologie ist daher von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit, das Wachstum und die Unabhängigkeit des deutschen Hightech-Standortes im globalen Wettbewerbsumfeld. Die öffentlich geförderte Batterieforschung ist dabei von zentraler Bedeutung. Sie legt den Grundstein für neue Entwicklungen von Chemie, Zellen und Produktionsmethoden. Sie ist der Garant, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und den Technologietransfer in die industrielle Umsetzung zu ermöglichen. Es ist jetzt die Zeit die öffentlich geförderte Batterieforschung massiv auszubauen!“ Dieses Zitat stammt von Dr. Peter Lamp, Vorstandsvorsitzender des Kompetenznetzwerks Lithium-Ionen-Batterien e. V. (KLiB), im Rahmen eines kürzlich veröffentlichten, ausführlichen Statements.
Auch die Kommentatoren des entsprechendes LinkedIn-Posts sind sich einig. „Welcher Partei gehört diese Ministerin nochmal an? War das nicht die, die gerne wieder mehr Verbrenner-Autos in der Stadt haben will? Ein wesentlicher Teil der Chemie eines Lithiumionen-Akkus wurde in Deutschland entdeckt (die Einlagerung von Lithiumionen in Graphit, an der TU München). Aktuell sind die Chinesen führend in der Akku-Technologie. Aber Deutschland war eigentlich auf einem ganz guten Weg. Wollen wir uns wirklich auch bei dieser Technologie weiter in die Abhängigkeit von China begeben, so wie wir das bei der Solar-Technologie getan haben?“
Gefährdung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch die gekürzte Batterieförderung
Dabei ist die Batterieforschung von zentraler Bedeutung für die technologische Souveränität Deutschlands. Länder wie China, Südkorea und die USA investieren massiv in die Weiterentwicklung von Batterietechnologien und gewinnen dadurch einen bedeutenden Vorsprung im globalen Wettbewerb. Um nur mal eine Zahl in den Raum zu werfen: Amerika verkündetete kürzlich zwei neuen Forschungsteams zu finanzieren, um die nächste Generation von Batterien zu entwickeln. Kostenpunkt: 125 Millionen Dollar. Während Deutschland in den vergangenen Jahren als einer der führenden Forschungsstandorte galt, droht durch die Kürzungen ein Rückfall. Die Forschungslandschaft könnte dadurch stark geschwächt werden, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt.
Sorge in der Automobilindustrie: Batterie als Schlüsselkomponente
Die Automobilindustrie zeigt sich besonders besorgt, da die Batterietechnologie für Elektrofahrzeuge eine Schlüsselrolle spielt. Rund 40 Prozent der Wertschöpfung eines Elektrofahrzeugs entfallen auf die Batterie. Ohne eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Batterietechnologien könnten deutsche Autohersteller hinter ihre internationalen Konkurrenten zurückfallen, die weiterhin stark in die Forschung investieren. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat bereits eindringlich vor den Folgen gewarnt und betont, dass die Kürzungen im Widerspruch zu den erklärten Zielen stehen, Deutschland zu einem globalen Zentrum der Batteriezellfertigung zu machen.
Kleine und mittelständische Unternehmen unter Druck
Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind die Auswirkungen der Kürzungen besonders gravierend. Während Großunternehmen ihre Forschungsaktivitäten ins Ausland verlagern können, sind KMU stark auf die Zusammenarbeit mit deutschen Forschungseinrichtungen angewiesen. Ein Rückgang der akademischen Forschung würde für diese Unternehmen bedeuten, dass wichtige Innovationsquellen versiegen. Dadurch könnte die Innovationskraft im deutschen Mittelstand erheblich geschwächt werden.
Verschärfung des Fachkräftemangels durch den Wegfall der Förderung
Auch der bereits bestehende Fachkräftemangel wird durch die Kürzungen weiter verschärft. Forschungsinstitute müssen aufgrund der fehlenden Fördermittel Mitarbeiter entlassen, was wiederum die Ausbildung und Förderung von Nachwuchskräften behindert. Ohne langfristige Perspektiven werden sich weniger junge Talente für ein Studium im Bereich der Batterietechnologie entscheiden oder ins Ausland abwandern, was die Situation auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärft.
Experten fordern Rettung der Batterieforschung
Um den drohenden Rückstand zu verhindern, fordern Experten eine deutliche Ausweitung der öffentlichen Förderung. Die Batterietechnologie wird als eine Schlüsseltechnologie der Zukunft angesehen, die nicht nur für die Elektromobilität, sondern auch für eine Vielzahl weiterer Anwendungen von entscheidender Bedeutung ist. Ein Ausstieg aus der Forschungsförderung könnte langfristig den Industriestandort Deutschland schwächen und die Abhängigkeit von Asien weiter verstärken. Experten plädieren daher für ein nachhaltiges und langfristiges Engagement in der Batterieforschung, um die technologische Souveränität Deutschlands zu sichern.
Der Autor: Dr. Martin Large
Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.