Gruppe von Elektroautos mit Batteriezellenmodul auf einer Plattform

Batterien sind das Herzstück von Elektroautos. Hier gibt es aber noch viel Verbesserungspotenzial. Die Entscheidung des BMBF, die Batterieforschung in Deutschland stark einzuschränken, wirft die Frage auf, ob in Zukunft noch Ergebnisse aus Deutschland kommen werden. Experten sehen das kritisch. (Bild: phonlamaiphoto @ AdobeStock)

Die geplante Einstellung der staatlichen Förderung der Batterieforschung ab 2025 sorgt für massive Kritik in der Wissenschaft und Industrie. Experten warnen vor einem Verlust der technologischen Souveränität und globalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, insbesondere in der Elektromobilität. Die Kürzungen könnten die Abwanderung von Fachkräften beschleunigen und den Mittelstand, der stark auf Innovationspartnerschaften angewiesen ist, hart treffen. Ohne kontinuierliche Förderung droht Deutschland, im internationalen Vergleich, insbesondere gegenüber China und den USA, ins Hintertreffen zu geraten. Experten fordern daher dringend eine Aufstockung der Mittel, um die Batterietechnologie als Schlüssel zur Energiewende und zur Sicherung der Zukunftsindustrien zu stärken.

Das Ende der Batterieförderung in Deutschland: Das sagen die Experten

Wir haben uns bemüht, Stimmen aus Forschung und Industrie einzuholen, um ein breiteres Stimmungsbild zu liefern. Die Ankündigung, dass ab 2025 keine neuen Projekte in der Batterieforschung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden, sorgt für große Verunsicherung. Experten warnen einstimmig vor weitreichenden Konsequenzen für den Standort Deutschland und die Zukunft der Elektromobilität. Während andere Länder ihre Investitionen in diesen Bereich massiv ausbauen, droht Deutschland eine strategische Schwächung und der Verlust seiner globalen Wettbewerbsfähigkeit. Besonders betroffen ist die Fachkräfteentwicklung, denn ohne kontinuierliche Unterstützung könnte das Batterie-Ökosystem ins Stocken geraten. Die Streichung der Fördermittel kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, an dem die Mobilitäts- und Energiewende auf Batterietechnologien angewiesen ist. Hier sind die wichtigsten Stimmen aus der Fachwelt.

Zitat

Wir sprechen an der einen Stelle über eine Größenordnung von 100 Mio. Euro BMBF Fördermittel jährlich zum Ausbau der Forschung und dem Transfer in die Industrie und an der anderen Stelle Milliardenbeträge für einzelne Unternehmen.

Dr. Axel Thielmann Head of Competence Center - Emerging Technologies Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI

Die Auswirkungen der Förderkürzung: Verunsicherung und Abwanderung von Fachkräften

Dr. Axel Thielmann vom Fraunhofer ISI betont, dass die Förderung in den kommenden Jahren nicht nur fortgesetzt, sondern sogar intensiviert werden müsse, um den Anschluss an internationale Entwicklungen nicht zu verlieren. „Die Unsicherheit in der Forschungslandschaft und Industrie ist enorm. Fachkräfte wandern ab und technologische Fortschritte werden gefährdet“, sagt Thielmann. Besonders problematisch sei der Verlust von Planungssicherheit, sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher. „Dies bremst das gesamte Batterie-Ökosystem und damit die Energie- und Mobilitätstransformation massiv aus.“ Thielmann warnt zudem, dass Investitionen der vergangenen Jahre verloren gehen könnten und dass ohne langfristige Forschungskontinuität auch künftige Innovationspotenziale gefährdet sind. Zudem könnten negative Signalwirkungen in der Industrie zu ausbleibenden Investitionen und einem generellen Misstrauen gegenüber Elektromobilität führen.

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Wenn Deutschland irgendwann aufwacht und versucht, die abgewanderte Technologie zurückzuholen, wird das ein extrem teures Unterfangen, das es fast unmöglich macht, den Rückstand zu anderen Ländern einzuholen.

Christoph Erni, CEO und Gründer von Juice Technology

Auch Prof. Dr. Simon Lux von der Fraunhofer FFB sieht die Entscheidung kritisch und spricht von einer „Vollbremsung“ für Deutschlands Position als Hightech-Standort. Schon jetzt sei zu beobachten, dass Nachwuchskräfte ins Ausland abwandern. „Langfristig droht uns eine strategische Abhängigkeit von Asien, wo nach wie vor die führenden Entwickler und Produzenten von Batterien sitzen“, warnt Lux. Nur durch eine kontinuierliche Förderung könne Deutschland die technologische Aufholjagd fortsetzen. Darüber hinaus hebt Lux hervor, dass durch das Fehlen stabiler Rahmenbedingungen die Nachwuchsförderung im Bereich der Batterieforschung gefährdet sei. Er betont außerdem, dass die Aufholjagd bei Batterietechnologien ohne gezielte Projektförderung ins Stocken geraten könnte, was die Innovationskraft Deutschlands erheblich schwächen würde.

Christoph Erni, CEO und Gründer der Schweizer Juice Technology betont, dass der Wettbewerb, nicht der Staat, Innovationen vorantreiben sollte. Allerdings müssten „dafür aber alle gleich lange Spieße haben – und das ist hier nicht der Fall. Deshalb ist diese Entscheidung ein besorgniserregendes Signal.“ Er findet auch drastische Worte, um seine Position zu verdeutlichen. So spricht er vom „nächsten Sargnagel für den Forschungsstandort“ und dass „Deutschland seinen Brain-Drain mit offenen Armen willkommen zu heißen scheint.“  Wie Thielmann und Lux warnt er daher ebenfalls vor einem Rückstand im internationalen Wettbewerb und der Abwanderung von Fachkräften. Zudem sieht er in der Geschichte der deutschen Solarindustrie eine Mahnung, um die Risiken einer schwachen Innovationsförderung zu verdeutlichen.

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Für Deutschlands Position als führender Hightech-Standort ist die ab 2025 angekündigte Streichung der Batterieforschungsprojekte eine Vollbremsung.

Prof. Dr. Simon Lux, Mitglied der Institutsleitung der Fraunhofer FFB und Professor für Angewandte Elektrochemische Energiespeichertechnik und Wirtschaftschemie an der Universität Münster

„Wir möchten uns nicht an Spekulationen über Untergangsszenarien beteiligen, sondern auf die enormen Potenziale der Batterieentwicklung und -produktion verweisen“, ergänzt Dr. Jens Grigoleit von der TU Bergakademie Freiberg. Er verweist zudem auf die  zentrale Rolle der Batterieforschung für eine nachhaltige Energiezukunft. Ohne leistungsfähige Speicher könne die Energie aus Wind und Sonne nicht effizient genutzt werden, was die Abkehr von fossilen Energieträgern erschwert. Die Weiterentwicklung von Batterien sei entscheidend, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und neue wirtschaftliche Chancen zu erschließen. Daher sollte die Batterieforschung höchste Priorität haben, sowohl aus wissenschaftlicher als auch wirtschaftlicher Sicht.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

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Globale Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr: Kürzung der Batterieförderung als falsches Signal

Die Experten sind sich zudem einig, dass die Entscheidung zur Kürzung der Fördermittel in einem globalen Kontext betrachtet werden muss. Während Milliarden Euro für einzelne Großprojekte wie das Intel-Werk in Magdeburg bereitgestellt werden – auch wenn die Investition aktuell auf Eis liegt –, werden zukunftsrelevante Technologien wie die Batterieforschung vernachlässigt. „Es ist ohne Frage eine Herausforderung, die Mittel sinnvoll zu verteilen, aber wenn wir heute zu stark an Zukunftsinvestitionen sparen, riskieren wir die langfristige Wettbewerbsfähigkeit“, erklärt Lux weiter.

Dr. Michael Baumann von Twaice unterstreicht die Bedeutung der weiteren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie. „Jetzt Förderungen zu kürzen, ist ein falsches Signal“, sagt Baumann. André Gröger, Senior-Referent Öffentlichkeitsarbeit bei VDI/VDE Innovation + Technik, verwies bei der strategischen Ausrichtung der Förderung der Batterieforschung in Deutschland an die Bundesregierung.

Die deutsche Batterieindustrie befindet sich zweifellos an einem Scheideweg. Die Entscheidung, die Forschung in diesem Bereich nicht weiter zu fördern, könnte die Chancen für eine führende Rolle im globalen Markt erheblich schmälern. Die Zukunft der Batterietechnologien und damit die angestrebte Mobilitäts- und Energiewende hängen jedoch stark von einer kontinuierlichen und nachhaltigen Unterstützung ab.


Hier die ungekürzten Fragen und Antworten beziehungsweise Statements

3 Fragen an: Dr. Axel Thielmann, Head of Competence Center - Emerging Technologies, Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI 

Wie beurteilen Sie die Entscheidung, dass ab 2025 keine neuen BMBF-Projekte in der Batterieforschung in Deutschland mehr gefördert werden sollen?

Es ist zu hoffen, dass hier noch ein Umdenken und Handeln in die andere Richtung herbeigeführt werden kann. Denn eigentlich müsste die Förderung in diesem Bereich gerade in den kommenden Jahren noch verstetigt oder gar ausgebaut werden. In anderen Ländern und Regionen passiert das gerade und Fördervolumina verdoppeln oder verdreifachen sich.

Welche absehbaren Konsequenzen ergeben sich für den Forschungsstandort Deutschland daraus?

Seit dem KTF-Urteil (Anm. d. Red.: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 erklärte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig und entzog diese Mittel, die ursprünglich für Corona-Maßnahmen vorgesehen waren.) und der bekannten Reaktion der Politik hierauf ist die Verunsicherung in der Forschungslandschaft wie in der Industrie sehr groß. Ausgebildete Fachkräfte im Bereich der Batterietechnologien können nicht in der Forschung gehalten werden, wechseln ggf. ihre technische Ausrichtung und wandern daher thematisch oder geografisch ab. Damit sind gewissermaßen Investitionen der vergangenen Jahre verbrannt und schlimmer noch die gerade erlangte technologische Anschlussfähigkeit und angestrebte wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr. Unternehmen befinden sich gerade in einer kritischen, besonders dynamischen Zeit der Investitionen und Skalierung wo sie die Unterstützung der Forschung dringend benötigen, und dies aber auch langfristig und kontinuierlich zu Innovationen der Folgegenerationen von Batterietechnologien. Die Irritation und fehlende Planungssicherheit bei Unternehmen aber auch in der Gesellschaft - als Verbraucher und Käufer auf der Nachfrageseite – bremsen das gesamte im Aufbau befindlich Batterieökosystem und damit die Energie- und Mobilitätstransformation massiv aus. Neben den genannten Folgen für den Forschungsstandort sind die Signalwirkungen noch verheerender – also Verunsicherungen, verzögerte oder ausbleibende Investitionen, Rückgang der Nachfrage oder gar Misstrauen in die Elektromobilität und andere Zukunftstechnologien überhaupt.

Derzeit ist die weitere Verwendung der geplanten knapp 10 Milliarden Euro Beihilfen für Intel in Magdeburg nicht geklärt. Erhoffen Sie sich an dieser Stelle ein Umdenken der Politik zu Gunsten der Batterieforschung?

Es sollten zukunftsrelevante Schlüsseltechnologen und Sektoren nicht untereinander ausgespielt werden. Im Gegenteil, die Anwendungen und Produkte der Zukunft werden auf eine Reihe von Schüsseltechnologien, -komponenten und -systeme angewiesen sein. Hier braucht es ein besseres Verständnis und dann politisches Komittment diese als Ganzes und im richten Maß zu unterstützen. Dabei sind die Summen sowie Förder-/ Politikinstrumente Unterschiedliche: Wir sprechen an der einen Stelle über eine Größenordnung von 100 Mio. Euro BMBF Fördermittel jährlich zum Ausbau der Forschung und dem Transfer in die Industrie und an der anderen Stelle Milliardenbeträge für einzelne Unternehmen. Es wird jetzt darauf ankommen eine gut abgestimmte Forschungs- sowie Industriepolitik in Deutschland und Europa zu erreichen. Danach sieht es aber aktuell leider nicht aus.

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3 Fragen an: Prof. Dr. Simon Lux, Mitglied der Institutsleitung der Fraunhofer FFB und Professor für Angewandte Elektrochemische Energiespeichertechnik und Wirtschaftschemie an der Universität Münster

Wie beurteilen Sie die Entscheidung, dass ab 2025 keine neuen BMBF-Projekte in der Batterieforschung in Deutschland mehr gefördert werden sollen?

Für Deutschlands Position als führender Hightech-Standort ist die ab 2025 angekündigte Streichung der Batterieforschungsprojekte eine Vollbremsung. Die Kürzungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem andere Wirtschaftsregionen diesen Zukunftsbereich massiv fördern. Unsere globale Wettbewerbsfähigkeit hängt maßgeblich davon ab, Batterien selbst produzieren und weiterentwickeln zu können. Auch wenn die Fraunhofer FFB und der Aufbau der Forschungsfertigung nicht direkt betroffen sind, erschwert es auch unsere Arbeit. Einem über die vergangenen Jahre erfolgreich aufgebautes und gewachsenes Batterieökosystem für Innovationen aus der Forschung und zur Ausbildung von Fachkräften droht die Grundlage entzogen zu werden. Als Fraunhofer FFB sind wir auf diese innovative Forschungslandschaft angewiesen, um die schon frühzeitig ausgesäte Saat ernten und innovative Technologien schnell in die industrielle Umsetzung überführen zu können.

Welche absehbaren Konsequenzen ergeben sich für Sie und den Forschungsstandort Deutschland daraus?

Schon jetzt, nur wenige Monate nach den KTF-Streichungen, sind bereits schwerwiegende Konsequenzen spürbar. Wir sehen zunehmend, dass Nachwuchskräfte, insbesondere aus der Materialforschung sowie der Batterie- und Produktionsentwicklung, ins Ausland abwandern. Dieser Trend wird sich voraussichtlich in den kommenden Monaten noch verstärken. Dadurch droht die Pipeline an wissenschaftlichem Nachwuchs mit spezifischer Batterieexpertise auszutrocknen. Nur durch eine gezielte Projektförderung, die stabile Rahmenbedingungen bietet, können wir diesem Trend entgegenwirken. Es braucht eine Förderung, die langfristige Perspektiven schafft und junge Forschende darauf vorbereitet, den Anforderungen der Industrie – und speziell des Mittelstandes – gerecht zu werden. Für uns als Forschende ist das ein alarmierendes Signal, denn Deutschland verliert so wertvolles Know-how und Talente, die hier für den Aufbau einer ganzheitliche Batteriewertschöpfungskette mit Forschung, Entwicklung und Produktion gebraucht werden.

Langfristig droht uns eine strategische Abhängigkeit von Asien, wo Unternehmen nach wie vor die führenden Entwickler, Produzenten und Lieferanten von Batterien sind. Der nun angekündigte Förderstopp bremst die Batterieforschung aus und macht unsere Aufholjagd in der Batterieforschung und -industrie noch schwieriger als ohnehin. Dadurch wird die Dominanz Chinas auf diesem Feld noch größer. Ohne eine gezielte Förderung und stabile Rahmenbedingungen werden wir es schwer haben, die Batterieforschung auf einem hohen Niveau zu halten.

Derzeit ist die weitere Verwendung der geplanten knapp 10 Milliarden Euro Beihilfen für Intel in Magdeburg nicht geklärt. Erhoffen Sie sich an dieser Stelle ein Umdenken der Politik zu Gunsten der Batterieforschung?

Es ist ohne Frage eine herausfordernde Aufgabe für den Staat in einer angespannten Haushaltslage die Mittel sinnvoll zu verteilen. Aus unserer Perspektive als Forschungseinrichtung ist jedoch klar, dass Innovationen der Schlüssel für eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität sind. Wenn wir heute zu stark an Zukunftsinvestitionen sparen, riskieren wir, die Entwicklung des Industrie- und Innovationsstandorts Deutschland langfristig zu verzögern.

Angesichts des Klimawandels und der dringend notwendigen Mobilitäts- und Energiewende kommen wir an Batterietechnologien und elektrischen Antrieben nicht vorbei. Auch wenn das Wachstum bei E-Autos in einigen europäischen Ländern derzeit stagniert, zeigt uns Norwegen, wo inzwischen mehr Elektroautos als Benziner zugelassen wurden, was wir europaweit erreichen können. Nur durch eine kontinuierliche und gesicherte Förderung der Batterieforschung können wir sicherstellen, dass wir technologisch an der Spitze bleiben und die Transformation der Mobilität erfolgreich gestalten.

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3 Fragen an: Christoph Erni, CEO und Gründer von Juice Technology

Wie beurteilen Sie die Entscheidung des BMBF, ab 2025 keine neuen Projekte in der Batterieforschung mehr in Deutschland zu fördern?

Das Beste wäre, wenn der Wettbewerb und nicht der Staat Innovationen vorantreiben würde. Dafür müssten aber alle gleich lange Spieße haben – und das ist hier nicht der Fall. Deshalb ist diese Entscheidung ein besorgniserregendes Signal, sind Akkus doch ein zentraler Bestandteil der Elektromobilität.

Ohne fortlaufende Innovationsförderung wird Deutschland in diesem wettbewerbsintensiven globalen Markt zurückfallen, insbesondere gegenüber Ländern wie den USA und China, die stark in Batterietechnologien investieren und gleichzeitig durch merkantilistische Praktiken wie Steuervorteile, Kaufprämien und Subventionen den Markt verzerren.

Die Geschichte mit der Solarindustrie sollte eine eindringliche Mahnung sein: Während Deutschland mit Steuergeldern die Binnennachfrage nach PV-Anlagen ankurbelte, subventionierte China konsequent die heimische Produktion und den Export. Daraufhin kürzte die schwarz-gelbe Koalition die Einspeisevergütung drastisch mit der Begründung, dass Beihilfen keine Dauerlösung sein dürften. Währenddessen förderte China bis Ende der Nullerjahre seine Photovoltaikindustrie so massiv, dass der daraus resultierende Preisverfall zahlreiche deutsche Solarunternehmen in die Insolvenz trieb.

Für uns als Ladeinfrastrukturhersteller ist die Entwicklung leistungsfähigerer und vor allem kosteneffizienterer Akkus entscheidend, da sie der größte Kostentreiber bei den E-Autos sind. Eine Stagnation in der Forschung könnte den Hochlauf der Elektromobilität verlangsamen und somit auch die Nachfrage nach Ladestationen bremsen.

Welche absehbaren Konsequenzen ergeben sich für Sie und den Forschungsstandort Deutschland daraus?

Diese Entscheidung ist nichts anderes als der nächste Sargnagel für den Forschungsstandort Deutschland. Weniger Batterieforschung bedeutet nicht nur, dass Deutschland in einem der entscheidendsten Zukunftssektoren ins Hintertreffen gerät – es wird auch dazu führen, dass die klügsten Köpfe ins Ausland abwandern. Während Länder wie die USA und China mit massiven Investitionen ihre Innovationskraft ausbauen, scheint Deutschland mit offenen Armen seinen Brain-Drain willkommen zu heißen.

Für uns als Schweizer Hersteller bedeutet das vor allem eins: Wir werden unsere Fühler noch stärker in die Richtung anderer Absatzmärkte ausstrecken. Europa verliert an Bedeutung, wenn es so weitermacht. Langfristig wird es schwierig werden, wettbewerbsfähig zu bleiben, wenn man Talente und Technologie freiwillig dem globalen Markt überlässt. Wenn Deutschland irgendwann aufwacht und versucht, die abgewanderte Technologie zurückzuholen, wird das ein extrem teures Unterfangen, das es fast unmöglich macht, den Rückstand zu anderen Ländern einzuholen.

Derzeit ist die weitere Verwendung der geplanten knapp 10 Milliarden Euro Beihilfen für Intel in Magdeburg nicht geklärt. Erhoffen Sie sich an dieser Stelle ein Umdenken der Politik zu Ihren Gunsten?

Die Kritik, die freiwerdenden Gelder nicht zur Stopfung von Finanzlöchern im Bundeshaushalt zu verwenden, ist absolut berechtigt. Stattdessen sollte die Bundesregierung diese Mittel in zukunftsträchtige Technologien investieren, um den Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig zu stärken.

Halbleiter sind entscheidend für die Elektromobilitätsbranche. Sie sind nahezu überall verbaut, von der Motorsteuerung über Fahrassistenz- und Sicherheitssysteme bis hin zum Infotainmentsystem. In einem modernen Elektroauto stecken heute bis zu 8.000 davon. Die Halbleiterindustrie spielt eine Schlüsselrolle, nicht nur für die Elektromobilität, sondern für viele andere Branchen wie IT, Telekommunikation und Automatisierung. Die Sicherung von Lieferketten und die Verfügbarkeit fortschrittlicher Halbleiterprodukte sind daher nicht nur für unsere Branche essenziell. Eine sichere Versorgung mit kritischen Komponenten sorgt für stabile Produktionskapazitäten. Somit würde eine nationale Halbleiterstrategie die technologische Souveränität Deutschlands stärken und verhindern, dass europäische Unternehmen von Lieferengpässen oder geopolitischen Spannungen in Asien oder den USA abhängig werden.

Aber eines muss klar sein: Immer wieder Milliarden an Unternehmen zu verteilen, ist keine nachhaltige Lösung. Der Fokus sollte auf langfristiger Wettbewerbsfähigkeit liegen – und die erreicht man nicht durch endlose Subventionen, sondern durch die Stärkung marktwirtschaftlicher Prinzipien. Abhängigkeit von staatlichen Eingriffen bremst Innovation und verhindert echte technologische Souveränität. Diese entsteht nur durch eine starke, unabhängige Wirtschaft, die ohne künstliche Stützräder des Staates wächst.

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Statement von Dr. Michael Baumann, Co-Founder und Co-CEO von Twaice

„Die Batterieindustrie ist vielleicht nicht mehr in den Kinderschuhen, sie ist aber auch noch nicht vollkommen ausgereift. Forschungsgelder sind wichtig, um Innovationen in der Batterietechnik voranzutreiben und den Standort Deutschland und Europa zu stärken. Jetzt Förderungen zu kürzen, ist ein falsches Signal. Bei Twaice werden wir weiter eng mit der Wissenschaft zusammenarbeiten.“

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Statement von André Gröger, Senior-Referent Öffentlichkeitsarbeit VDI/VDE Innovation + Technik

Als Projektträger sind wir vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) damit beauftragt, beim Aufbau der Wertschöpfungskette für eine nachhaltige Batterieproduktion in Deutschland zu unterstützen. Dies machen wir mittels Förderrichtlinien, die wir für das BMWK umsetzen sowie durch Analysen und Studien im Zuge einer wissenschaftlichen Begleitung zur Batteriezellfertigung (https://www.ipcei-batteries.eu/accompanying-research/about).

Da die Förderung des BMWK die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffverarbeitung bis zum Recycling von Batterien einschließt, wurde diese als ein „Important Project of Common European Interest“, einem sogenannten IPCEI realisiert. Ziel der Europäischen Kommission bei dieser Fördervariante ist es, die europäischen Staaten bei ihren nationalen Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsanstrengungen so zu unterstützen, dass diese anschließend eine deutlich gestärkte Position im globalen Wettbewerb einnehmen. Für das europäische Batterieökosystem bedeutet das: nachhaltigere Mobilität und Energie, mehr Arbeitsplätze und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit. National mit Leben gefüllt wird die europäische IPCEI-Maßnahme durch unsere Förderaktivitäten für das BMWK sowie unsere Unterstützung bei der Koordination des IPCEI-Förderinstruments zum Thema „European Batteries Innovation“ auf europäischer Ebene.

Neben den Großprojekten des IPCEI unterstützt die Batterie-Initiative des BMWK dabei, dass Kompetenzen entlang der Wertschöpfungskette Batterie kontinuierlich ausgebaut werden. Ergebnisse aus der Forschung sollen noch effizienter in die industrielle Umsetzung gelangen. Als Projektträger und in der Begleitforschung unterstützen wir daher dabei, über die Förderung der industriellen Vorhaben hinaus auch die Forschungs-, Weiterbildungs- und Unternehmenslandschaft miteinander zu vernetzen.

Für Fragen zur strategischen Ausrichtung der Förderung der Batterieforschung in Deutschland wenden Sie sich bitte an die Bundesregierung.

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Statement von Dr. Jens Grigoleit, Referent an der TU Bergakademie Freiberg Prorektorat Forschung, Internationales und Transfer

Die Entwicklung von Systemen und Lösungen zur Zwischenspeicherung von Energie ist elementar für eine stabile und zukunftsfähige Energieversorgung. Die Speicherung elektrischer Energie in Batterien bildet dabei ein zentrales Element. Nur mit entsprechenden Speichern kann die aus Wind und Sonne gewonnene Energie zur Basis unserer Energieversorgung werden und damit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern in absehbarer Zeit lösen. Die Batterieforschung sollte deshalb wissenschafts- und wirtschaftsstrategisch eine der höchsten Prioritäten haben.

Wir sind überzeugt davon, dass das von allen sachverständigen und verantwortungsbewussten Akteuren so gesehen wird, und gehen davon aus, dass mit Hochdruck an Lösungen zur weiteren Unterstützung und Förderung der Batterieforschung in Deutschland gearbeitet wird. Wir möchten uns deshalb nicht an Spekulationen über Untergangsszenarien beteiligen und stattdessen eher auf die enormen Markt-, Innovations- und Wertschöpfungspotenziale der Batterieentwicklung und -produktion verweisen. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Bereich der Batterieforschung sollte unbedingt erhalten werden, um eine chancenreiche wirtschaftliche Entwicklung im Bereich der Batterietechnologien zu ermöglichen.

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Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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