Amey Deosthali, Sr. Director, Embedded Product Marketing bei AMD und Wayne Lyons, Marketing Director, Automotive bei AMD stehen Rede und Antwort im aktuellen Coverinterview der Automobil-Elektronik.

Amey Deosthali, Sr. Director, Embedded Product Marketing bei AMD und Wayne Lyons, Marketing Director, Automotive bei AMD stehen Rede und Antwort im aktuellen Coverinterview der Automobil-Elektronik. (Bild: AMD)

Wie laufen die Geschäfte von AMD im Automobilbereich?

Amey Deosthali: Alle Megatrends deuten auf eine positive Zukunft für AMD hin. Elektrifizierung ist natürlich eines der ganz großen Themen aktuell, jeder OEM bietet nun elektrische Modelle an. China ist dabei der größte Markt. Hierbei entsteht eine völlig neue Elektronik-Architektur und es gibt praktisch keinen Verbrennungsmotor mehr. Dank Wasserkühlung für Steuergerät lässt sich heute auch viel mehr Rechenleistung ins Auto bringen. Von der Architektur her sind leistungsstarke Elektroautos sehr gut für Hochleistungsrechner geeignet. Ein weiterer Megatrend ist das „intelligente Auto“. Durch Sensoren werden jede Menge Informationen erfasst und als Daten ins Auto gebracht. Die Menge der dabei im Auto erzeugten Daten ist enorm. Und genau dafür werden Hochleistungsprozessoren benötigt. Es sind genau diese Schlüsselaspekte, bei denen wir glauben, dass sie nahezu perfekt zu unserer Entwicklung passen.

Wie schnell wächst der Automobil-Bereich bei AMD?

Wayne Lyons: Wir wachsen schneller als der Wettbewerb. Das lässt sich zum Beispiel an den Stückzahlen sehen: Über die Jahre hinweg konnten wir ein beträchtliches Wachstum und eine deutliche Zunahme bei den Stückzahlen verzeichnen. Sichtbar wird das auch an der Menge und Qualität der eingegangenen Aufträge in den letzten zwölf Monaten. Dazu gehören unter anderem die Subaru-Frontkamera, die APA-Einparkhilfe-Plattform und eine Ankündigung mit mit Denso im Bereich ADAS. Wir erwarten also ein solides Wachstum in diesem Markt.

Wie wichtig sind die Themen Innenraum, ADAS und AD?

Amey Deosthali: Manche nennen es digitales Cockpit, wir nennen es Fahrzeugerlebnis, denn heute wird der Innenraum des Fahrzeugs tatsächlich zum Erlebnis. Die Verbraucher entscheiden sich immer häufiger für ein bestimmtes Auto, weil sie das Innenraumerlebnis schätzen. Ein Bereich, auf den wir uns schon lange konzentrieren, ist natürlich auch die Fahrersicherheit. Bei ADAS bieten wir zwei Dinge an. Das ADAS Edge Portfolio ist für separate Steuergeräte geeignet, zum Beispiel für die Frontkamera, die Überwachung des Innenraums und die 360°-Rundumsicht. Darüber arbeiten wir an einem Portfolio, das einer Domänenarchitektur gleicht, zum Beispiel für ADAS. Und natürlich sind wir mit unserem High-Performance-Compute-Portfolio auch sehr gut für den Markt des autonomen Fahrens aufgestellt.

Wayne Lyons: Es geht beim autonomen Fahren nicht nur um Robo-Taxis, sondern auch um Robo-Lkw, die von Hub zu Hub fahren. Gerade in diesem Hub-to-Hub-Verkehr gibt es einen starken Trend hin zur Automatisierung in der heutigen Transport- und Warenverteilungsbranche. Was unser Wachstum im Automobilbereich betrifft, so hat AMD mit der Übernahme von Xilinx eine Menge Erfahrung und Know-how in der Automobilbranche dazugewonnen. AMD ist schon seit 2006 in diesem Markt aktiv. Das war auch der Zeitpunkt, an dem die ersten nennenswerten Auslieferungen erfolgten. Besonders im autonomen Fahren nach Level-4 gibt es mehrere Start-ups. Viele unserer Produkteinführungen konzentrierten sich auf immer komplexere Technologien. Vor einigen Jahren haben wir viele unserer Technologien im 28-Nanometer-Bereich eingesetzt, jetzt ist der 16-Nanometer-Bereich das Zentrum des Wachstums in diesem Markt. Es ist in der Branche nicht so bekannt, dass unsere Produkte bereits in der vorausschauenden Kamera eingesetzt werden, Subaru hat eine Stereo-Vision-Eyesight-Kameraplattform angekündigt, bei der unsere Zynq UltraScale+ 16-Nanometer-Technologie zum Einsatz kommt.

Wayne Lyons: „Was unser Wachstum im Automobilbereich betrifft, so hat AMD mit der Übernahme von Xilinx eine Menge Erfahrung und Know-how in der Automobilbranche dazugewonnen.“
Wayne Lyons: „Was unser Wachstum im Automobilbereich betrifft, so hat AMD mit der Übernahme von Xilinx eine Menge Erfahrung und Know-how in der Automobilbranche dazugewonnen.“ (Bild: Alfred Vollmer)

Mit Ausnahme der In-Vehicle-Experience und ADAS-AD-Domain-Controller kommt alles aus dem Erbe von Xilinx?

Wayne Lyons: Ja, das würde ich so sagen. Die Mehrzahl der Sensoren und ADAS-Einzelmodule, vor allem die so genannten ADAS-Edge-Anwendungen, stammen überwiegend aus dem Xilinx-Erbe. Wir kombinieren die hohe Leistungsfähigkeit mit dem Know-how und unserer zertifizierten Zuverlässigkeit und Sicherheit im Fahrzeug. Wir haben im Laufe der Jahre in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern eine Vielzahl sicherer Produkte auf den Markt gebracht. Und für die Automobilindustrie ist es von größter Bedeutung, dass die eingesetzten Lösungen höchste Sicherheitsstandards erfüllen und eine sehr robuste, zuverlässige Infrastruktur aufweisen. Vom ersten Tag an haben die Ingenieure beider Unternehmen sehr eng zusammengearbeitet, um den Automobilmarkt voranzubringen.

Amey Deosthali: Das ist in der Tat einer der Gründe, warum wir so positiv gestimmt sind. Die Portfolios beider Unternehmen sind sehr komplementär. Xilinx hat sich traditionell mit ADAS beschäftigt und AMD mit In-Vehicle-Experience, und jetzt haben wir ein komplettes Portfolio, um alle Rechenanforderungen im Auto zu bedienen. Das Geräteportfolio reicht von CPUs und GPUs bis hin zu den XDNA-KI-Engines, im Wesentlichen die Technologie, die wir für die KI-Inferenz der nächsten Generation in FPGAs und adaptiven SoCs einsetzen. Da gibt es den Ryzen Embedded und den Epyc Embedded sowie die Radeon Embedded GPU. Eher traditionelle Xilinx-Technologien sind Arctics und UltraScale+, die ein traditionelles FPGA beziehungsweise ein System-on-Chip (SoC) darstellen.

Wayne Lyons: „für die Automobilindustrie ist es von größter Bedeutung, dass die eingesetzten Lösungen höchste Sicherheitsstandards erfüllen und eine sehr robuste, zuverlässige Infrastruktur aufweisen. Vom ersten Tag an haben die Ingenieure beider Unternehmen sehr eng zusammengearbeitet, um den Automobilmarkt voranzubringen.“
Wayne Lyons: „Für die Automobilindustrie ist es von größter Bedeutung, dass die eingesetzten Lösungen höchste Sicherheitsstandards erfüllen und eine sehr robuste, zuverlässige Infrastruktur aufweisen. Vom ersten Tag an haben die Ingenieure beider Unternehmen sehr eng zusammengearbeitet, um den Automobilmarkt voranzubringen.“ (Bild: Alfred Vollmer)

Sie unterstützen mit Ihren Technologien also von Anfang an die Einhaltung der ISO 26262?

Wayne Lyons: Das wird mit unseren Systemen, wie dem Zynq UltraScale+, schon seit einigen Jahren umgesetzt, ja. Wir haben die Integration funktionaler Sicherheit unserer 16-Nanometer-Zynq-UltraScale+-Familie bereits zum Produktstart angekündigt. Seit mehreren Jahren entwickeln wir gemäß ISO 26262 die Echtzeit-Sicherheitselemente des Chips, z. B. ASIL C. Wir haben auch funktionale Sicherheit für die programmierbare Hardware entwickelt, technisch gesehen für die FPGA-Fabric. Und vor kurzem haben wir ASIL B auf dem CPU Cortex-Komplex angekündigt, und zwar durch den Einsatz von z. B. Selbsttest-Bibliotheken. Im Wesentlichen handelt es sich also um drei unabhängige Bereiche mit jeweils eigenem ASIL-Level innerhalb dieses Systems-on-Chip – ebenfalls ein Beispiel für unsere langjährige Erfahrung im Bereich der automobilen Sicherheit.

Wie stark ist AMD im Bereich Cybersecurity unterwegs?

Wayne Lyons: Security ist ein schnelllebiges, sehr dynamisches Thema und ein immer wichtigerer Bereich in der Automobilindustrie. Wir veranstalten sehr regelmäßig Arbeitsgruppen mit unseren Entwicklern und der Community, um sie über die Best Practices auf dem Laufenden zu halten.

Amey Deosthali: Unsere X86-Prozessoren verfügen über einen speziellen Security-Prozessor. Wir nennen ihn AMDs Secure Prozessor. Es gibt ein Subsystem, in dem sich eine ganze Reihe von Dingen isolieren lässt, darunter natürlich DRM, aber auch Cybersicherheit und andere Aspekte. Darüber hinaus unterstützen wir natürlich auch Fusing-Optionen für Kunden. Wir versuchen quasi, den PC ins Auto zu bringen. Das ist eine unserer Visionen. Dabei ist natürlich auch die Cybersicherheit sehr wichtig. Und wir haben das ohnehin als Teil unseres Portfolios in Angriff genommen.

Amey Deosthali: „Wir versuchen quasi, den PC ins Auto zu bringen. Das ist eine unserer Visionen.“
Amey Deosthali: „Wir versuchen quasi, den PC ins Auto zu bringen. Das ist eine unserer Visionen.“ (Bild: AMD)

Welche Foundry benutzen Sie?

Wayne Lyons: Wir haben eine sehr enge Beziehung zu TSMC. Das ist auch einer der Gründe, warum die Automobilhersteller sehr daran interessiert sind, mit uns zu sprechen. Denn sowohl AMD als auch Xilinx hatten vor der Übernahme eine sehr enge Beziehung zu TSMC. Die Kombination der beiden Unternehmen macht AMD zu einem der größten Kunden von TSMC. Vor dem Hintergrund der kürzlichen Lieferkettenprobleme sind OEMs sehr daran interessiert, mit Unternehmen zu arbeiten, die sehr starke Beziehungen zu einigen der wichtigsten Chip-Fertigungsstätten in der Branche haben.

Sind im Moment Chips verfügbar?

Amey Deosthali: Ich würde sagen, dass die Allokation mehr oder weniger abgeschlossen ist. Ich denke, die Probleme in der Lieferkette lassen insgesamt nach, und wir haben dabei sehr eng mit unseren Partnern zusammengearbeitet. Uns war klar, dass die Automobilindustrie von entscheidender Bedeutung ist. Deswegen haben wir während der Pandemie eng mit unseren Partnern kooperiert, um sicherzustellen, dass es keine Ausfallzeiten gibt. Damit gehörten wir nicht zu den Unternehmen mit Engpässen in ihrer Produktionslinie. Unter dem Gesichtspunkt der Beziehungen zu den Herstellern hat das sehr gut funktioniert.

Sie erwähnten LiDAR, haben sie auch Anwendungen für bildgebendes LiDAR?

Wayne Lyons: Das ist eine weitere Innovation, die wir zusammen mit Continental entwickelt haben, und zwar für das so genannte 4D Imaging Radar. Dieses basiert auf der Plattform von Zynq-UltraScale+-Bausteinen. Wir sehen dies in einigen Fällen als eine Alternative, aber hauptsächlich als ergänzende Technologie zu LiDAR an. Wenn man über L-2++ hinausgehen will, muss sichergestellt sein, dass die Sicht und die Erfassung der Umgebung um das Auto herum so genau wie möglich sind. Der Einsatz ergänzender Technologien wie 4D Imaging Radar, ein leichtgewichtiges LiDAR, ist meines Erachtens eine sehr gute Möglichkeit zur Gegenkontrolle und zur Erstellung eines möglichst genauen Bildes der Umgebung des Fahrzeugs. Wir sehen also heute eine Menge Fortschritte beim 4D-Radar.

Wie wichtig ist das softwaredefinierte Fahrzeug für AMD?

Wayne Lyons: In Bezug auf das softwaredefinierte Fahrzeug ist es wichtig, dass die Leistung – d. h. die Hardware die AMD z. B. für IVI-Systeme liefert – softwaredefinierte Fahrzeuge überhaupt erst ermöglicht. Wir sehen, dass die Bereitstellung leistungsstarker Hardware nur ein Teil des Puzzles ist, und wir denken, dass eine der größten Herausforderungen darin besteht, die richtige Software bereitzustellen. Das Software-Ökosystem ist riesig, insbesondere wenn es um KI geht. Wir setzen die XDNA-KI-Hardware in einer breiten Palette von Bausteinen ein, in der Servertechnologie, in Laptops, aber auch in leistungsfähigen Chipsätzen. Aber um das zu ermöglichen, muss man ein Ökosystem schaffen. Unser Schwerpunkt und ein Teil der neuen Produktankündigungen, die wir in diesem Jahr gemacht haben, betreffen daher die Einbeziehung der Open Source Community einschließlich der Unterstützung von Pytorch 2.x von Anfang an und die Unterstützung der Open Source Software wie Autoware und ROS 2. Um dies zu entwickeln, schaffen wir ein einheitliches KI-Frontend. Das bedeutet, dass Modelle und Algorithmen auf jeder von uns gelieferten AMD-Hardware eingesetzt werden können. Denn genau das ist für uns ein KI-Ökosystem für Entwickler, das sich ständig weiterentwickelt.

Wayne Lyons: „ In Bezug auf das softwaredefinierte Fahrzeug ist es wichtig, dass die Leistung, also die Hardware die AMD z. B. für IVI-Systeme liefert, softwaredefinierte Fahrzeuge überhaupt erst ermöglicht.“
Wayne Lyons: „ In Bezug auf das softwaredefinierte Fahrzeug ist es wichtig, dass die Leistung, also die Hardware die AMD z. B. für IVI-Systeme liefert, softwaredefinierte Fahrzeuge überhaupt erst ermöglicht.“ (Bild: Alfred Vollmer)

Save the date: 29. Automobil-Elektronik Kongress

Logo zum Automobil-Elektronik Kongress

Am 24. und 25. Juni 2025 findet zum 29. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.

Sichern Sie sich Ihr(e) Konferenzticket(s) für den 29. Automobil-Elektronik Kongress (AEK) im Jahr 2025! Folgen Sie außerdem dem LinkedIn-Kanal des AEK und #AEK_live.

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In Bezug auf KI-Beschleunigung: Chips anderer Hersteller verbrauchen auch heute noch sehr viel Energie. Wie ist das bei AMD?

Amey Deosthali: Wir haben ein gut skalierbares Portfolio, auch für KI, vom Node bis zur Cloud oder von einem kleinen KI-Modell bis zu einem großen Modell. Die XDNA AI-Engine ist eine sehr energieoptimierte IP für KI. Sie ist Teil unserer adaptiven SoC Familie, die als IP jetzt auch in den Ryzen APUs integriert ist. Wir haben Pläne, diese auch in andere Geräte zu integrieren. Außerdem skalieren wir auch bis hin zur Instinct Hardware, den Instinct GPUs, die natürlich sehr leistungsstark sein werden und einige der Cloud-Trainingsanwendungen antreiben. AMD bietet ein breit gefächertes Portfolio, das sowohl energieeffiziente KI-Anwendungen als auch sehr leistungsintensive Anwendungen abdeckt, bei denen der Stromverbrauch keine so große Rolle spielt.

AMD war eines der ersten Unternehmen, die die Chiplet-Technologie wirklich eingesetzt hat. Können Sie das näher erläutern?

Amey Deosthali: Dies ist fast so etwas wie ein neues Schlagwort in der Automobilindustrie. Jeder interessiert sich für Chiplets, denn sie bieten einen klaren Vorteil. Mit ihnen wird eine einheitliche Architektur geschaffen, eine Art skalierbare SoC-Architektur, um verschiedene Preispunkte und Rechenleistungen anzusprechen. Wenn man heute ein Einstiegssegment, ein mittleres Segment und ein Premium-Segment für Autos betrachtet, verwendet ein und dasselbe Unternehmen in jedem dieser Segmente oft unterschiedliche Bauelemente. Das ist eine große Herausforderung für die Software und ich denke, genau das ist das wichtigste Argument für den Einsatz von Chiplets. Im Wesentlichen ermöglichen sie eine einheitliche, sehr umfassende Software-Architektur. Aus Sicht der Markteinführung wird dies in Zukunft ein sehr wichtiger Faktor sein. (na)

Das Interview führte Alfred Vollmer, freischaffender Journalist.

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