Elektrofahrzeuge spielen eine entscheidende Rolle bei der Transition zu einer nachhaltigen und effizienten Mobilität. Die Entwicklung der dafür erforderlichen Systeme ist bereits weit fortgeschritten, allerdings stehen Automobilhersteller noch vor einigen Herausforderungen. Eine davon ist die Weiterentwicklung der On-Board Charger (OBC), die das Bindeglied zwischen dem Hochvoltspeicher des Elektrofahrzeugs und dem Stromnetz darstellen. Der OBC transformiert die Wechselspannung in die für die Hauptbatterie erforderliche Gleichspannung. Somit stellen sie einen vielversprechenden Ansatzpunkt zur Bewältigung der Herausforderungen und Anforderungen der aktuellen Elektromobilität dar. Die Entwicklung von OBCs kann jedoch nur durch die Wahl der adäquaten Halbleitertechnologie erfolgreich vorangebracht werden. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die maßgeblichen Trends zu analysieren, die das Design von OBCs maßgeblich beeinflussen.
Für Infineon sind folgende sechs Trends wichtig für die Entwicklung von OBCs:
Erhöhung der Leistungsklassen: In vielen Ländern gibt es unterschiedliche Leistungsklassen. In Japan und China sind Leistungsklassen von 6,6 kW bis 7,2 kW üblich, in Europa 11 kW und in den USA sogar 15 kW und 19 kW. Die 22-kW-Leistungsklasse soll im Verlauf der Jahre immer öfter zum Einsatz kommen, um das Laden, insbesondere in den Städten, zu beschleunigen.
Erhöhung der Leistungsdichte: Derzeit sind die meisten Fahrzeuge mit OBCs mit etwa 2 kW/L ausgestattet. Bis 2030 soll die Leistungsdichte auf mindestens 6 kW/L erhöht werden, wodurch die Größe, das Gewicht und die Kosten der Fahrzeuge reduziert werden können.
Steigerung des Wirkungsgrads: Wirkungsgrade von bis zu 95,5 Prozent sind heute üblich, doch bis zum Ende des Jahrzehnts sollen Wirkungsgrade von bis zu 97 Prozent umgesetzt werden, um Größe und Gewicht sowie die Kosten der Fahrzeuge weiter zu optimieren.
Bidirektionalität: Das bidirektionale OBC-Design wird zu einem sehr wichtigen Trend, um den Einsatz von Elektrofahrzeugen im Rahmen der intelligenten Energiewende hin zu umweltfreundlicher und nachhaltiger Energie zu ermöglichen. Dies bringt jedoch auch neue Herausforderungen mit sich, die beim Design berücksichtigt werden müssen.
Höhere Batteriespannung: Bei Batterien mit höherer Spannung fließt bei gleicher Ladeleistung weniger Strom, was die Leitungsverluste erheblich reduziert.
Systemintegration: Dieser Trend bezieht sich auf die mechanisch-elektrisch-funktionale Integration verschiedener Teile in eine einzige zusammenhängende Einheit. So lassen sich Kosten, Größe und Gewicht der Einheit reduzieren. Außerdem kann das Design einfacher gestaltet werden.
E-Mobility: Laden
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Bei der Entwicklung moderner OBCs ist es wichtig, die technischen Unterschiede, insbesondere die Vor- und Nachteile der wichtigsten Leistungshalbleitertechnologien zu verstehen. Dabei hilft der Vergleich der Figure of Merits (FoM) (Tabelle 1) der einzelnen Technologien. Zu diesem Zweck werden Bauteile mit einem ähnlichen Einschaltwiderstand (RDS(on)) bei 25 °C untersucht.
Die Analyse zeigt, dass Si SJ CoolMOS-basierte Designs nicht einfach durch GaN-Transistoren ersetzt werden können, da der Unterschied zwischen den ersten vier FoMs beträchtlich ist. Die Implementierung von GaN-Transistoren impliziert einen signifikanten Systemwechsel bei der Entwicklung von OBCs: Das PCB-Layout und die Platzierung der Komponenten müssen optimiert werden, um die Streuinduktivität stark zu reduzieren, da GaN-Transistoren viel schneller schalten als Si-Bauelemente. Andernfalls kann es beim Ein- und Ausschalten zu unkontrollierbarem Ringing, Überspannung und Stromspitzen kommen, die unerwünschte EMI-Reaktionen verursachen und die Zuverlässigkeit und Lebensdauer der Komponenten gefährden.
Bei hart schaltenden Topologien wie der Totempol-PFC im CCM-Betrieb weist der GaN-Transistor in den ersten drei FoMs die besten Werte auf. Der Abstand zwischen den FoMs von GaN- und SiC-MOSFETs ist jedoch minimal, und der Unterschied in der Effizienzleistung beträgt weniger als 0,2 Prozent. Darüber hinaus ist die Fähigkeit von SiC-MOSFETs, einen Impulsstrom zu liefern, doppelt so hoch wie die von GaN-MOSFETs, was sie robuster gegenüber Störungen im Stromnetz macht. Angesichts des derzeitigen Preis-Leistungs-Verhältnisses zwischen den Technologien ist SiC definitiv die beste Option für PFC-Topologien mit Schaltfrequenzen von weniger als 100 kHz.
Der wahre Nutzen von GaN-Transistoren lässt sich am besten in Topologien realisieren, bei denen die Schaltfrequenz deutlich höher ist als bei aktuellen Si-SJ- und/oder SiC-Topologien. Aufgrund der höheren Schaltfrequenzen können kleinere passive und magnetische Komponenten verwendet werden, was die Kosten senkt. Auch der Kühlungsbedarf und der Platzbedarf sind geringer, da die höhere Leistungsdichte und der höhere Wirkungsgrad dazu führen, dass weniger Platz auf der Leiterplatte benötigt wird.
Topologien im Wandel der Generationen
Nachdem nun die passende Leistungshalbleitertechnologie für das neue OBC-Design ausgewählt wurde, muss nun eine geeignete Topologie gewählt werden, die den Anforderungen der OBC-Trends am besten gerecht wird. Die in Bild 1 dargestellte Anordnung entspricht einem modularen Ansatz mit drei einphasigen Stromversorgungen, die jeweils an einen entsprechenden Wechselstromnetz-Phaseneingang angeschlossen sind. Die einzelnen Stromversorgungen sind wiederum alle mit dem gemeinsamen Nullleiter verbunden, wobei die Ausgänge parallelgeschaltet sind.
Die Topologie ist sowohl mit einphasigen als auch mit dreiphasigen Netzen vollständig kompatibel. Wenn nur ein einphasiges Wechselstromnetz zur Verfügung steht, können zwei Phasen am Eingang verschachtelt angeschlossen werden, während die dritte Phase in Bereitschaft ist. Darüber hinaus ist sie vollständig skalierbar, sodass verschiedene Leistungsklassen erreicht werden können, beispielsweise 11 kW oder 22 kW. Die Topologie zeichnet sich durch ihre hohe Zuverlässigkeit aus. So kann beispielsweise eine der Stromversorgungen des Moduls deaktiviert werden, ohne dass die Batterie dabei beeinträchtigt wird.
Die Anzahl der benötigten Transistoren ist jedoch sehr hoch: zwölf oder 14 Bauteile pro Phase, insgesamt also 36 oder 42 Bauteile. Auch die Anzahl der Gate-Treiber ist beachtlich und entspricht entweder der Anzahl der Transistoren für einen einzelnen Kanal oder der halben Anzahl für einen Zweikanal. Zusätzlich sind vier Mikrocontroller vorhanden, einer für jedes Modul und jede Spannungsversorgung und einer für die Kommunikation zwischen ihnen. Darüber hinaus werden zahlreiche Stromsensoren und Spannungsmesskreise benötigt, was sich erheblich auf die Gesamtkosten für den Zusammenbau und die Herstellung des OBC auswirkt.
Immer mehr Tier-1-Zulieferer setzen wegen ihrer Einfachheit auf Topologien der Generation 2 (Bild 2). So werden beispielsweise in der PFC-Stufe eines 11-kW-Designs nur acht statt 18 Transistoren benötigt. Auch die Anzahl der Gate-Treiber ist niedriger. Zudem wird nur ein einziger Mikrocontroller benötigt, um die Schaltungen beider Stufen des Netzteils zu steuern.
Schwerpunktthema: E-Mobility
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Der Ansatz steht jedoch im Widerspruch zu den Anforderungen an die Leistungsdichte und den Wirkungsgrad. Der Grund dafür ist der enorme Aufwand für die Auslegung des EMI-Filters und der PFC-Drossel, da diese bei höheren Spannungen als bei Generation-1-Topologien filtern beziehungsweise kommutieren müssen. Bei höheren Spannungen ist jedoch eine geringe Schaltfrequenz erforderlich, um Wirkungsgrade von etwa 95,5 Prozent zu erreichen.
Um den Wirkungsgrad und die Schaltfrequenz dennoch weiter zu erhöhen, können Topologien mit 650-V- bis 750-V-Transistoren verwendet werden, die mit dreiphasigen Netzen und einer 800-V-Batteriearchitektur kompatibel sind. Hierfür sind Multilevel-Konverter erforderlich (Bild 3).
Denkbar sind Fusionslösungen
Angesichts der Schaltfrequenz, des Wirkungsgrads und der Kosten ist bisher nicht klar, ob GaN oder SiC für Hochfrequenztransistoren besser geeignet sind. Denkbar sind Fusionslösungen oder einzelne WBG-Lösungen.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Topologien, die einen großen Einfluss auf die Gestaltung von OBCs haben könnten: Die Generation 3. Hier stellen GaN-Transistoren ihren Wert unter Beweis, da sie mehrere Vorteile bieten, die die Trends bei OBC-Designs unterstützen, beispielsweise ihr attraktives Schaltverhalten, geringe Treiberverluste und einfache Skalierbarkeit.
Aufgrund der lateralen Struktur bei der Herstellung von GaN-Transistoren ist es möglich, einen bidirektionalen Schalter mit bidirektionaler Sperrvorspannungsfähigkeit zu entwickeln, ohne den RDS(on) zu verdoppeln. Dadurch könnte die Implementierung bahnbrechender Topologien ermöglicht werden, die Leistungsdichte, Kosten, Zuverlässigkeit und Effizienz optimieren.
Beide Beispiele (Bild 4) werden als einstufige Wandler betrachtet, da die PFC- und HV-HV-DCDC-Funktionen in derselben Topologie ausgeführt werden. In beiden Beispielen können Aluminiumkondensatoren eingespart werden, was Volumen und Verluste im Gesamtsystemdesign verringert.
Das linke Beispiel zeigt einen modularen Ansatz, der die magnetische Integration einschließt. Ähnlich wie beim Ansatz der Generation 1 wird bei jeder Phase des dreiphasigen Netzes ein Modul versorgt. Dadurch kann ein 650-V-Bauteil bereitgestellt werden, während je nach Batteriespannung weiterhin 650-V-GaN- oder 1200-V-SiC-Transistoren verwendet werden können.
Rechts ist ein Matrix- oder Zyklokonverter dargestellt, der mit zwei diskreten 1200-V-Komponenten, die auf der Primärseite hintereinandergeschaltet sind, und normalen Komponenten auf der Sekundärseite realisiert werden kann. Um den korrekten Gesamt-RDS(on) zu erreichen, sind jedoch niederohmige Bauteile erforderlich. Die Topologie ist voll resonant und kann entweder eine LLC oder DAB sein. Der Schaltfrequenzbereich hängt von den Ausgangslastbedingungen sowie den Eingangsleistungsbedingungen ab. Da es sich um eine echte dreiphasige Topologie handelt, sollte der bidirektionale GaN-Schalter unter Berücksichtigung der maximalen Eingangsspannung und möglicher Spannungsschwankungen eine Mindestdurchbruchspannung von 850 bis 900 V aufweisen.
Halbleiter allein sind nicht genug
Die elektrischen Eigenschaften und die Leistung der GaN-Leistungstransistortechnologie ermöglichen die Entwicklung neuer Bauteile und innovativer Topologien. Allerdings darf das Gehäuse nicht vergessen werden: es muss zugunsten des Bauteils eine möglichst geringe Streuinduktivität nach außen aufweisen. Ebenso wichtig sind eine angemessene Verlustleistung und ein gewisses Maß an Isolierung durch Einhaltung einer Mindestkriech- und Luftstrecke. Zudem muss eine Geometrie und Pinbelegung vorhanden sein, die ein optimales Leiterplattenlayout ermöglicht und die Kühlung erleichtert.
Aus diesen Gründen setzt Infineon bei GaN-Transistoren vollständig auf SMD-Gehäuse und entwickelt daher vor allem TSC-SMD-Gehäuse (Top-Side-Cooled) wie QDPAK und TOLT. Darüber hinaus spielen andere systemrelevante Komponenten wie Gate-Treiber, Mikrocontroller und Stromsensoren eine entscheidende Rolle bei der Umstellung auf neue Technologien und Topologien. Das Portfolio und die Roadmap von Infineon sind hochgradig optimiert, um für die zukünftige Entwicklung im Bereich der Leistungsumwandlung gerüstet zu sein und die Elektromobilität effizient, kostengünstig und höchst zuverlässig zu machen. (neu)
Autor
Rafael Garcia Mora ist Systemarchitekt für On-Board-Ladegeräte und DC/DC-Anwendungen in xEV bei Infineon.