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Im praktischen Einsatz ist es meist erhöhte Temperatur, die besonders in Hochfrequenzsystemen den Ausfall von Halbleiterbauelementen verursachen. Daher ist die richtige thermische Auslegung ausschlaggebend. (Bild: ANAKE SEENADEE 0817002864)

Es wird allgemein erwartet, dass Halbleiter auch unter härtesten Bedingungen zuverlässig funktionieren und Ausfälle auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Dennoch kommt es bisweilen zu Problemen. Berücksichtigt man die Umgebung, ist die Temperatur der Hauptgrund dafür, dass Halbleiter im praktischen Einsatz versagen (Bild 1).

Bild 1: Umgebungseinflüsse bei Anwendungen von Halbleiterbauelementen.
Bild 1: Umgebungseinflüsse bei Anwendungen von Halbleiterbauelementen. (Bild: Qorvo)

Dies bedeutet, dass die thermische Auslegung und Analyse für die Verbesserung der Zuverlässigkeit von Komponenten von entscheidender Bedeutung sind, da höhere Temperaturen im Allgemeinen die Lebensdauer von Komponenten verkürzen. Dies kann auf eine raue Betriebsumgebung ohne angemessenen Schutz auf Systemebene zurückzuführen sein, was wiederum von einem mangelhaften Verständnis der thermischen Aspekte von Halbleiterbauelementen, Gehäusen, Layouts und Kühlkörpern herrühren kann. Zudem können thermische Messungen an HF-Bauteilen bei der Konstruktionsprüfung schwierig sein.

Dieser Artikel befasst sich mit den grundlegenden Konzepten des thermischen Verhaltens in Halbleitern und damit, wie Temperatur und thermische Eigenschaften in der Praxis gemessen und analysiert werden können. Behandelt werden außerdem einige der Grundlagen, die Konstrukteure kennen sollten, damit sie zuverlässige Systeme entwickeln können.

Thermische Grundlagen für Halbleiterbauelemente

Die Temperatur ist ein Maß für Hitze oder Kälte. Und Wärme ist nichts anderes als die Energie der Atome. Wärmeleitung ist die Übertragung von innerer Energie durch mikroskopische Kollisionen von Teilchen und die Bewegung von Elektronen innerhalb eines Materials.

Bei jedem Halbleiterbauelement oder Systemdesign muss man den thermischen Aspekt berücksichtigen, um sicherzustellen, dass das Endprodukt zuverlässig ist, eine optimale Leistung erbringt, die Zertifizierungskriterien erfüllt und in allen erforderlichen Umgebungen funktioniert. Dies bedeutet, dass man die Temperatur eines Bauteils kennen muss und wissen muss, wie man sie kontrollieren kann.

Wärme bewegt sich immer von heißen zu kalten oder kühleren Temperaturen. Außerdem hängt die Wärmemenge, die durch ein Bauteil, wie beispielsweise einen Halbleiter oder eine Leiterplatte (PCB) fließt, von der Wärmeleitfähigkeit des Materials und der Temperatur auf beiden Seiten ab. Je geringer die Wärmeleitfähigkeit des Materials ist, desto weniger Wärme wird bei einem bestimmten Temperaturabfall übertragen.

Bei einer Halbleiteranwendung versucht man immer, die höchstmögliche Wärmeleitfähigkeit für eine effiziente Wärmeableitung aus dem Halbleiter oder der Wärmequelle zu erreichen. Das Gegenstück zur Wärmeleitfähigkeit wird als Wärmewiderstand bezeichnet, den es zu minimieren gilt.

Im Allgemeinen möchte man bei Produktentwicklungen das Halbleiterelement so nah wie möglich an der Raumtemperatur (etwa 25 °C) halten. Aber bekanntlich ist dies ohne eine kontrollierte Umgebung fast nie möglich.

Was bedeuten Wärmewiderstand und Wärmeübertragung?

Der Wärmewiderstand ist das Maß für die Fähigkeit eines Materials, dem Wärmefluss zu widerstehen. Im Allgemeinen wünscht man sich bei Halbleitern, dass ein Halbleitermaterial, Verbindungsmaterial, Leiterplattenmaterial usw. einen möglichst niedrigen Wärmewiderstand (Rth) aufweist, damit die Wärme ungehindert an die Umgebungsluft abgegeben werden kann. Bild 2 veranschaulicht einige der Formeln im Zusammenhang mit der Wärmeübertragung und der Wärmemessung.

  • Wärmeleitfähigkeit – die Fähigkeit eines bestimmten Materials, Wärme zu leiten/zu übertragen.
  • Wärmeleitwiderstand – die Fähigkeit eines bestimmten Materials, der Wärmeleitung/-übertragung zu widerstehen.
  • Wärmewiderstand – entspricht dem Wärmeleitwiderstand, berücksichtigt jedoch die Form und Größe des Materials.
  • Wärmeimpedanz – entspricht dem Wärmewiderstand, berücksichtigt jedoch nicht die Grundfläche des Materials und umfasst häufig Grenzflächenwiderstände, um einen effektiven Wert für eine Schicht innerhalb eines Stacks zu liefern.
Bild 2: Die Physik der Wärmeleitung – Formeln rund um Wärmewiderstand und Anwendungsberechnung.
Bild 2: Die Physik der Wärmeleitung – Formeln rund um Wärmewiderstand und Anwendungsberechnung. (Bild: Qorvo)

Die Analogie eines elektrischen Widerstandsnetzes in Bild 2 veranschaulicht den Wärmewiderstand eines in einem Gehäuse verbauten Halbleiterbauelements. Dies stellt den elektrischen Widerstandsäquivalenzkreis dar – beginnend mit der Wärmequelle (Transistorsperrschicht oder -kanal) über die beiden möglichen Wege, wie die Wärme übertragen wird. In diesem elektrischen Widerstandsmodell wird der elektrische Widerstand durch die Potentialdifferenz (Spannung) an dem Widerstand geteilt durch den Strom durch diesen Widerstand definiert. Beim Wärmewiderstand wird der Wärmewiderstand Rth durch die thermische Potentialdifferenz (Temperatur) geteilt durch den Wärmestrom (Hitzefluss) durch den Wärmewiderstand definiert.

Im ersten Weg wird die Wärme von der Transistorsperrschicht oder dem Transistorkanal durch Wärmeleitung durch die Formmasse und dann durch Konvektion an die das Bauteil umgebende Luft übertragen. Im zweiten Weg (dominierender Weg), der parallel zum ersten verläuft, fließt die Wärme von Sperrschicht oder Kanal des Bauelements durch die Leitung, durch die Leiterplatte, durch Wärmeleitung in das Gehäuse und schließlich durch Konvektion in die umgebende Luft. Der zweite Weg steht bei der Berechnung der Sperrschicht- oder Kanaltemperatur im Vordergrund, da der Großteil der im Bauteil erzeugten Wärme über diesen Weg abgeleitet wird.

Welche thermischen Messungen gibt es?

In der Elektronik verwenden Ingenieure Begriffe wie Sperrschicht- oder Kanaltemperatur, Maximaltemperatur, Wärmeableitung und Verlustleistung, die alle zur Beschreibung der Wärmeerzeugung oder ihrer Auswirkungen verwendet werden können. Bei der Durchsicht eines Datenblatts muss man diese Begriffe verstehen und wissen, wie die thermischen Daten sich auf die jeweilige Anwendung auswirken.

Der erste Schritt zum Verständnis der thermischen Messungen des Systems ist die Betrachtung des Halbleiters selbst. Das Datenblatt des Bauelements enthält wertvolle thermische Informationen, mit denen die höchste Temperatur oder Verlustleistung bestimmt werden kann, die das Element verarbeiten kann. Die Angaben aus dem Datenblatt sind schon mal ein guter Anfang, aber im Kontext einer praktischen Anwendung müssen auch alle Wechselwirkungen des Bauelements berücksichtigt werden.

Im Datenblatt des Bauelements können Hersteller verschiedene Methoden zur Messung und Angabe von thermischen Daten des Bauelements angeben. Bei Halbleitern gibt es drei Hauptmethoden, mit denen Hersteller die Sperrschicht- oder Kanaltemperatur (Tj oder Tch) optisch messen können: Infrarot (IR)-Thermografie, Thermoreflexion und Mikro-Raman-Spektroskopie. Darüber hinaus verwenden Unternehmen Computermodelle, um die Temperaturen auf Bauelement- und Systemebene in einer bestimmten Anwendung zu schätzen. Bild 3 zeigt, wie diese drei Methoden angewendet werden.

Bild 3: IR-Thermografie, Thermoreflexion und Mikro-Raman-Wärmemessung an Halbleiterbauelementen.
Bild 3: IR-Thermografie, Thermoreflexion und Mikro-Raman-Wärmemessung an Halbleiterbauelementen. (Bild: Qorvo)

Bei allen drei Methoden in Bild 3 wird die Temperatur gemessen, ohne die Oberfläche des Halbleiters zu berühren. Bei der IR-Thermografie wird einfach die Wärmestrahlung gemessen, die von der Oberfläche des Halbleiters ausgeht. Bei der Thermoreflexion wird gesonderte Strahlung an der Oberfläche erzeugt, die dann zusätzlich zur natürlichen Strahlung der Oberfläche (diese wird anschließend herausgerechnet) gemessen wird.

  • IR-Thermografie: Wird zur Messung der Temperatur einer Halbleiteroberfläche verwendet. Bei diesem Verfahren werden die elektromagnetischen Strahlungsemissionen gemessen, hauptsächlich im IR-Wellenlängenbereich, der für das bloße Auge unsichtbar ist. Es deckt Lichtwellenlängen im Bereich von 0,7 µm bis 2,0 µm des elektromagnetischen Spektrums ab.
  • Thermoreflexion: Misst die relativen Änderungen des Reflexionsvermögens des Halbleiters, die durch periodische Temperaturschwankungen verursacht werden. Das Grundkonzept besteht darin, die Temperatur der Halbleiterprobe zu modulieren und die Änderungen des Reflexionsvermögens zu erfassen. Die räumliche Auflösung hängt von der Größe des Anregungslaserpunkts ab. Die kleinste Größe für eine Sondenstrahlwellenlänge von 630 nm ist beugungsbegrenzt und liefert daher einen Punktdurchmesser von etwa 0,5 µm.
  • Mikro-Raman-Spektroskopie: Diese Messung ist die genaueste und wird zur Erkennung verschiedener Moleküle und funktioneller Gruppen in größeren Molekülen verwendet. Damit wird die räumliche Auflösung erheblich verbessert. Die Mikro-Raman-Spektroskopie misst in der Epitaxieschicht mit einer Punktgröße von 0,15 µm, was eine genauere Messung der maximalen Sperrschichttemperatur ermöglicht.

Welche Messmethode eignet sich für Galliumnitrid?

Die Mikro-Raman-Spektroskopie ist zwar eine teurere und zeitaufwendigere Messmethode, aber auch die genaueste, da sie die Temperatur innerhalb der Epitaxieschicht mit extremer Auflösung misst.  In einigen Fällen, wie z. B. bei der Messung von Galliumnitrid (GaN)-Halbleitern, ist dieses Maß an Präzision erforderlich.

Die meisten Unternehmen verwenden die IR-Thermografie, um diese Tj- oder Tch-Bestimmung vorzunehmen, da sie am einfachsten zu verwenden, kostengünstig und am leichtesten zugänglich ist. Allerdings liefert sie aufgrund der Mittelung über den Oberflächenbereich über dem Kanal einen niedrigeren Messwert.

In einer Anwendung gibt es mehrere Methoden zur Bestimmung der Temperatur. Eine davon ist die Modellierung, eine andere ist die IR-Thermografie, wie oben beschrieben. Modelle werden oft verwendet, um Temperaturen in Anwendungen zu bestimmen, doch manchmal sind empirische Messungen erforderlich. Es können auch Thermoelemente oder Thermistoren verwendet werden. Ein Thermoelement misst mithilfe einer Spannung, während ein Thermistor mit dem elektrischen Widerstand arbeitet, der sich ändert, wenn er Temperaturänderungen ausgesetzt wird.

Für die thermische Analyse von GaN-Bauelementen und GaN-MMICs wird empfohlen, einen integrierten Ansatz zu verwenden, der die Modellierung von Bauelementen, empirische Messungen (einschließlich Mikro-Raman-Thermografie) und Simulationen der Finite-Elemente-Methode (FEM) kombiniert.

Diese Vorgehensweise hat sich als die effektivste und genaueste erwiesen. Bei diesem Ansatz wird nach Abschluss der Entwicklung des thermischen Basismodells die FEM eingesetzt, um die Kanaltemperatur und die Wärmewiderstände auf Bauelementebene genau vorherzusagen.

Thermische Analyse auf Systemebene

Eine erfolgreiche Konstruktion auf Systemebene hängt stark von einem guten Wärmeweg vom Halbleiter zur äußeren Umgebung ab. Der Wärmeflussweg muss auf allen Ebenen sorgfältig berücksichtigt werden – angefangen vom Bauelement, über Gehäuse und Leiterplatte bis hin zum Kühlkörper. Hochleistungs-GaN-Bauelemente erfordern lüftergekühlte Rippenkühlkörper oder Flüssigkeitskühlsysteme für eine ausreichende Kühlung.

Die Zuverlässigkeit von Halbleitern wird teilweise durch die Schätzung der maximalen Sperrschicht- oder Kanaltemperatur eines Bauelements definiert, um eine voraussichtliche Lebensdauer zu bestimmen. Diese Werte werden durch Messung und Modellierung des Wärmewiderstands, der Verlustleistung und der Wärmeübertragung ermittelt. In einer Anwendung ist die maximale Sperrschicht- oder Kanaltemperatur eine wichtige Messgröße, wobei es nicht empfehlenswert ist, sich nur auf eine einzige Methode zu verlassen. Vielmehr sollte eine Kombination aus Thermoelement-/Thermistor-Messungen, Modellierung und IR-Thermografie verwendet werden. Bei einem Gehäuse sollte ein Modell zur Bestimmung der maximalen Gehäusetemperatur unter dem Bauelement verwendet werden, um die Sperrschichttemperatur anhand des Wärmewiderstands des Gehäuses abzuschätzen.

Ein weiteres nützliches Element bei der thermischen Analyse auf Systemebene ist ein thermisches Volumenmodell des Halbleiterbauelements. Mit einem solchen Modell von einem Halbleiteranbieter können Kunden den Ausgangswärmestrom des Bauelements nachahmen, was ihnen bei der Schätzung der maximalen Rückseitentemperatur des Produkts und der Temperaturen hilft, die dann beim Betrieb im Systemdesign des Kunden auftreten werden. Darüber hinaus bietet das thermische Volumenmodell einen besseren Einblick in die Auswirkungen der Abwärme des Anbieterprodukts auf benachbarte Bauelemente.

Zusammenfassung

Das Verständnis und die Bestimmung der thermischen Leistung sowohl von Halbleiterbauelementen als auch von Systemdesigns sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Ihr Produkt optimal, zuverlässig und ohne Probleme bei maximaler Nutzungsdauer funktioniert.

Die thermische Analyse und Modellierung ist ein komplexes Thema, bei dem Verfahren wie die Finite-Elemente-Methode für eine durchdachte Entwicklungsarbeit erforderlich sind. Das Verständnis der Grundlagen, wie in diesem Artikel erläutert, hilft Systemingenieuren jedoch bei Designüberlegungen und thermischen Messungen. Zudem können sie die von Anbietern angegebenen Komponentendaten damit besser verstehen. (na)

David Schnaufer

Technical Marketing Manager bei Qorvo

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