Elektronik-Entwicklung

18. Jun. 2025 | 09:30 Uhr | von Martin Probst

Interview mit Léo Loehrer, AITAD

Was macht eigentlich ein Data Scientist bei AITAD?

Wie sieht der Alltag aus, wenn Daten nicht nur analysiert, sondern direkt in Mikrocontrollern zum Leben erweckt werden? Ein Data Scientist von AITAD gibt im Interview faszinierende Einblicke in eine Welt, in der KI auf Technik trifft.

Leo Löhrer, AITAD

Welche Position haben Sie im Unternehmen und wie kam es dazu?

Ich bin AI-Software-Engineer bei AITAD. Nach meinem Studium habe ich ein Unternehmen gesucht, in welchem meine favorisierten Studieninhalte zum Arbeitsalltag gehören und somit bin ich hier gelandet.

Was verbirgt sich hinter diesem Job?

In meiner Tätigkeit fokussiere ich mich grob gesagt darauf, Daten zu sammeln und für unser späteres Modell nutzbar zu machen. Dafür suche ich nach Auffälligkeiten im Datenpool und versuche anhand dieser das geeignete Modell zu finden, welches zu unserem Algorithmus und den gewünschten Funktionen passt.

Welche Tätigkeiten und Aufgaben umfasst diese Position?

Grundsätzlich setzt sich meine Arbeit aus drei, aufeinander aufbauenden Bereichen zusammen:

  • Zuerst wirke ich an der Sensor-Evaluierung mit. Das bedeutet, dass ich aus unserem bestehenden Sensor-Portfolio die für das Projekt geeigneten auswähle.
  • Bei der Data Collection sammle ich mithilfe zuvor gewählter Sensoren Daten und mache diese für das Unternehmen und das Projekt nutzbar.
  • Im Rahmen der Algorithmen-Optimierung passe ich die Modelle an und versuche somit, die Ergebnisse zu verbessern.

Was macht eigentlich ein...? – Jobs in der Elektronik

Elektronik Entwickler Karriere
(Bild: golubovy @ AdobeStock)

Kaum ein Industriezweig bietet so viele verschiedene Karrieremöglichkeiten wie die Elektronikbranche. Ob Programmierer in der Automatisierung, Entwickler für Elektronik-Systeme, Chip-Designer oder vielleicht doch lieber technischer Redakteur in Marketing und PR – die Auswahl an Jobs in der Elektronik ist riesig. Wir haben mit Entwicklern und Elektrotechnikern gesprochen:

Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Meistens startet dieser um acht Uhr mit der Kontrolle des Modelltrainings aus der vorangegangenen Nacht. Anschließend werden in unserem Software-Team die aktuellen Projekte und Aufgaben besprochen. Danach beschäftige ich mich mit meinen Hauptaufgaben (siehe 3). Abends folgt noch ein informeller Austausch und ich starte das Modell-Training für die Nacht.

Wie haben Sie den Beruf gefunden? Was haben Sie studiert bzw. welche Qualifikationen haben Sie und wieso haben Sie sich dafür entschieden?

Ich habe an der Straßburger Universität den Studiengang Digital Signal Processing besucht und auch erfolgreich abgeschlossen. In der Folge habe ich mich auch in Deutschland beworben, da ich nah an der Grenze wohne und gerne meine Komfortzone verlassen wollte. Das Themengebiet von AITAD und die ausgeschriebene Stelle haben exakt meinen Interessen und Suchkriterien entsprochen.

Welche Eigenschaften braucht man für den Beruf?

Grundsätzlich benötigt man Kenntnisse in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI) und Signal Processing. Auch ein mathematischer Background oder mathematisches Interesse sind von Vorteil.

In der täglichen Arbeit muss man agil und anpassungsfähig sein, um bei vielen unterschiedlichen Projekten den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Für die Teamarbeit ist Kommunikationsfähigkeit wichtig.

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit und der Austausch mit Kollegen und anderen Fachleuten in deinem Arbeitsumfeld?

Bei uns ist der Austausch Teamintern und -übergreifend von großer Bedeutung. Wir bieten unseren Kunden sowohl die Hard- als auch die Software-Komponenten an und müssen uns daher unter anderem über die jeweiligen Anforderungen austauschen.

Spreche ich also nicht mit dem Hardware-Team, weiß ich nicht wie ich die Software anpassen muss, damit sie auf der vorhandenen Hardware voll funktionsfähig ist.

Wie sehr bereitet das Studium auf das Berufsleben vor?

Das Studium hat mich mit den theoretischen Grundlagen gut auf meine jetzigen Aufgabenfelder vorbereitet.

Allerdings ist man auch mit Herausforderungen konfrontiert, die man aus dem Universitäts-Alltag noch nicht kannte. Dazu zählen unter anderem verspätete Rückmeldungen von Kunden oder Dienstleistern, die das Projekt verzögern können, oder „unsaubere“ Daten, die erst angepasst oder neu aufgenommen werden müssen.

Welche Technologien oder Trends in der Elektronik begeistern Sie derzeit am meisten?

Momentan begeistere ich mich sehr stark für die Programmiersprache Python. Ich nutze sie stark in meinem Arbeitsalltag und profitiere dabei unter anderem von der großen Nutzer-Community und der ausführlichen Dokumentation. Viele Probleme, auf die ich stoße, hatten auch andere Entwickler schon und so finde ich immer wieder passende Lösungen, lerne etwas Neues und kann die Performance von mir und unseren Lösungen kontinuierlich verbessern.

Welche Herausforderungen sehen Sie in der aktuellen Elektronik-Entwicklungslandschaft?

Aktuell (und wahrscheinlich auch zukünftig) haben wir mit dem Performance-Preis-Verhältnis zu kämpfen. Unsere Kunden wünschen sich die maximale Performance für einen möglichst kleinen Preis. Aus der Wirtschaftslehre weiß man, dass man mit minimalem Einsatz nur schwer den maximalen Ertrag erzielen kann, ein Mini-Max-Prinzip gibt es nicht – das gilt auch für die Entwicklung von KI-Lösungen.

Wir müssen den Kunden also davon überzeugen können, dass er eine bessere Performance erhält, wenn er mehr Geld in bessere Sensoren investiert. Dafür müssen wir aber auch eine bessere Funktion und Leistung garantieren.

Wie sieht die Zukunft der Elektronikentwicklung im Kontext von KI und maschinellem Lernen?

Ich gehe davon aus, dass wir in der Zukunft einen starken Anstieg der KI-Nutzung, insbesondere im Industrie-Umfeld, sehen werden. Es wird immer mehr Hardware- und Software-Variationen geben, wodurch sich die Einsatzgebiete und -möglichkeiten stark voneinander unterscheiden werden. Damit verbunden werden sich auch die KI-Modelle und Algorithmen verbessern und weiterentwickeln.

Weiterhin gehe ich davon aus, dass die Systeme immer energieeffizienter und möglicherweise sogar mit Eigenwärme betrieben werden können.

Können Sie uns von einer besonders aufregenden Innovation in der Elektronikbranche berichten, die Sie persönlich erlebt haben?

Ich habe erst vor kurzem an der Entwicklung einer robusten Sprachsteuerung mitgewirkt. Uns ist es dabei gelungen, trotz lauter Hintergrundgeräusche zu gewährleisten, dass gesprochene Befehle klar und deutlich von der Anwendung erkannt wurden. Dafür haben wir mit der Beamforming-Technologie (Anm. d. Redaktion: Diese Technologie kommt etwa auch in der Sphere, dem größten LED-Wunder der Welt, in Las Vegas zum Einsatz) gearbeitet, mit deren Hilfe wir durch zwei Mikrofone den eigentlichen Befehl von den Hintergrundgeräuschen separieren konnten.

Welchen Einfluss hat KI auf die tägliche Arbeit?

KI ist meine tägliche Arbeit. Durch das Sammeln von Daten und das Erstellen und Verbessern von Modellen trage ich aktiv zur Lösung von Problemen bei und sorge dafür, dass die Nutzung von künstlicher Intelligenz immer weiter zunimmt.

Wie trägt Elektronik-Entwicklung Ihrer Meinung nach zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen bei?

Die Elektronik-Entwicklung und insbesondere die KI trägt dazu bei, arbeitende Menschen zu entlasten. Sie kann dabei helfen, wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren, wodurch sie den Menschen Zeit für kreative Arbeit gibt. Außerdem kann sie in gefährlichen Situationen eingesetzt werden, um Schaden zu verhindern.

Es werden somit nicht nur unnötige Fehler verhindert, sondern es können auch ökonomische und ökologische Ziele erreicht werden, weil sich durch die intelligente Zustandserkennung die Lebensdauer von technischen Bestandteilen optimieren lässt.

Welche Highlights bringt der Job mit sich?

Mich begeistert das Entdecken von neuen und bisher unbekannten Mustern in Datensätzen. Wie korreliert Variable X mit Variable Y und was passiert, wenn es kleine Abweichungen von der Norm gibt – kann ich diese erkennen?

In manchen Fällen entdecken wir sogar zusätzliche Abhängigkeiten und Einflussgrößen, nach denen wir überhaupt nicht primär gesucht hatten und von denen wir nichts wussten.

Gibt es Projekte, die eine besondere Herausforderung waren oder die Sie nachhaltig beeinflusst haben?

Gleich zu Beginn meiner Tätigkeit hatten wir mit einem großen Projekt zu tun, bei dem wir den Zustand von Motoren in der Fertigung überwacht und beurteilt haben. Wir haben direkt vor Ort Daten erfasst und hatten viele „raue“ Daten. Diese waren schwierig zu nutzen und haben mir in diesem Moment alles abverlangt. Dadurch, dass ich diese Herausforderung allerdings meistern konnte, war und bin ich in der Lage aktuelle und zukünftige Herausforderungen entspannter und ruhiger anzugehen.

Gibt es außerhalb der Arbeit elektronikbezogene Projekte oder Hobbys, die Sie besonders genießen?

Aktuell entwickele ich eine eigene und leistungsstarke PC-Workstation. Diese baue ich aus (teilweise gebrauchten) Einzelteilen zusammen und versuche auf diesem Weg die maximale Leistung zu erreichen. Sobald das Projekt abgeschlossen ist, kann ich auch bei mir zu Hause an KI-Modellen tüfteln.

Was sollten angehende Elektronik-Entwicklern beachten?

Ihr müsst „Out-of-The-Box”-Denken, wie man so schön sagt. Fokussiert euch nicht so stark auf die reinen Daten. Ihr müsst wissen, wie diese aufgebaut sind, welche anderen Faktoren sie beeinflussen. In unserem Fall muss ich dafür zum Beispiel die Maschinen kennen, von denen die Daten stammen und muss verstehen, wie diese funktionieren. Nur so kann ich den passenden Lösungsweg, angefangen mit der Auswahl der Sensoren, für das Projekt finden.

Der Autor: Martin Probst

Martin Probst
(Bild: Hüthig)

Zunächst mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann in eine ganz andere Richtung gestartet, fand Martin Probst aber doch noch zum Fachjournalismus. Aus dem Motto „Irgendwas mit Medien“ entwickelte sich nach ein wenig Praxiserfahrungen während des Medienmanagement-Studiums schnell das Ziel in den Journalismus einzusteigen. Gepaart mit einer Affinität zu Internet und Internetkultur sowie einem Faible für Technik und Elektronik war der Schritt in den Fachjournalismus – sowohl Online als auch Print – ein leichter. Neben der Elektronik auch an Wirtschafts- und Finanzthemen sowie dem Zusammenspiel derer interessiert – manche Sachen wird man glücklicherweise nicht so einfach los. Ansonsten ist an ihn noch ein kleiner Geek verloren gegangen, denn alles was irgendwie mit Gaming, PCs, eSports, Comics, (Science)-Fiction etc. zu tun hat, ist bei ihm gut aufgehoben.

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