Die Verbändeallianz Elektronik aus COGD, FBDi und FED setzt dich dafür ein, dass die Bürokratie in der Elektronikbranche abgebaut wird.

Die Ansage der Verbändeallianz Elektronik ist klar: „Die überbordende Bürokratie wird zunehmend belastender und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie.“ (Bild: Verbändeallianz Elektronik)

Nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) war das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2024 um 0,2 % niedriger als im Vorjahr. Kalenderbereinigt betrug der Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland ebenfalls 0,2 %. Fragt man auf Messen Unternehmen, was zur schwächelnden Wirtschaft beiträgt, kommt eine Antwort fast wie aus der Pistole geschossen: Zu viel Bürokratie. Davon nicht verschont, bleibt auch die deutsche Elektronikindustrie – eine Schlüsselbranche für Innovationen. Sie besteht aus vielen mittelständischen Unternehmen, die innovative Produkte für alle Industriezweige liefern. Diese Unternehmen sehen sich jedoch zunehmend mit Bürokratie und Berichtspflichten konfrontiert, die ihre Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Vor allem kleinere Unternehmen, die nicht über spezialisierte Abteilungen verfügen, leiden unter dem zusätzlichen Aufwand, der die Effizienz mindert. EU- und US-Vorschriften erhöhen den Aufwand enorm, obwohl die Probleme oft aus anderen Branchen kommen.

Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen und die Situation zu verbessern, haben sich die Verbände Component Obsolescence Group Deutschland e.V. (COGD), der Fachverband Elektronikdesign und -fertigung (FED) und der Fachverband Bauelemente Distribution e.V. (FBDi) zusammengetan. Gemeinsam repräsentiert die Allianz etwa 1.000 Unternehmen, mehrere 10.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz in zweistelliger Milliardenhöhe. Die neu gegründete Allianz appelliert an Unternehmen, einen Aufruf gegen Überregulierung bis zum 31.01.2025 online zu unterstützen, um der Initiative mehr Nachdruck zu verleihen. Anschließend will die Allianz gegenüber politischen Entscheidungsträgern aktiv werden.

Dem Zusammenschluss ist es wichtig, dass sie für klare Regeln und Gesetze sind. Was sie aber ablehnt, ist „sinnlose Datensammelei und Berichtspflichten. Für den EINEN potentiellen Verstoß werden 99,5% der Unternehmen, die regelkonform agieren, präventiv mit in die Verantwortung genommen. Das kann so nicht weitergehen.“

Beispiele für Überregulierung und Bürokratieaufbau

Die parallele Existenz nationaler und europäischer Regulierungen mit unterschiedlichen Fristen und Zielsetzungen führt zu einer erheblichen Belastung der Wirtschaft. Dies zeigt sich an folgenden Beispielen:

  1. EU-Richtlinie zum Nachhaltigkeits-Reporting (CSRD) und ESG-Richtlinien
    Beide Regelwerke enthalten inhaltlich große Überschneidungen, erfordern jedoch unterschiedliche Berichtsformate. Dies führt zu Doppelarbeit und unnötigem Mehraufwand für Unternehmen.

  2. EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und nationales Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
    Obwohl beide Regelungen eine ähnliche Zielsetzung verfolgen, unterscheiden sie sich in der Herangehensweise und den geforderten Berichtsformaten. Auch hier entsteht ein erheblicher Mehraufwand durch die parallele Bearbeitung der Vorgaben.

  3. EU-Verpackungsverordnung und nationale Verpackungsregulierungen sowie Entsorgungssysteme
    Die unterschiedlichen Anforderungen dieser Regelungen führen zu einem unübersichtlichen Regelungsdschungel. Nationale Alleingänge und Überschneidungen erschweren die Einhaltung der Vorschriften und erhöhen die Komplexität.

  4. EU-Batterieverordnung und nationale Batteriegesetze
    Regelungen wie das nationale Batterierecht-Durchführungsgesetz (BattVO) enthalten inhaltliche Überschneidungen mit der EU-Batterieverordnung, gehen aber in einigen Punkten eigenständige Wege. Unterschiedliche Fristen und Vorgaben erhöhen den bürokratischen Aufwand für die Wirtschaft erheblich.

  5. EU-CO₂-Grenzausgleichssystem (CBAM)
    Ursprünglich konzipiert für große Industrieunternehmen wie Aluminiumhütten, betrifft diese Regelung auch Kleinstmengen wie den Handel mit Kühlkörpern. Dies führt zu einem unverhältnismäßigen Aufwand ohne erkennbaren Nutzen, da viele der benötigten Informationen in Drittländern kaum verfügbar sind. Der Reporting-Aufwand steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen.

  6. EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR)
    Ähnlich wie beim CBAM ist auch hier der bürokratische Aufwand unverhältnismäßig hoch, insbesondere für Unternehmen, die nur in geringem Maße betroffen sind.

  7. EU-Chemikalienverordnung REACH und SCIP-Datenbank
    Beide Regelwerke erfordern die Angabe identischer Informationen. Allerdings hat sich herausgestellt, dass die Inhalte der SCIP-Datenbank aufgrund der Vorgehensweise nicht praktikabel sind. Die Datenbank bietet keinen Mehrwert, insbesondere nicht für die Elektronikindustrie, und verursacht dennoch zusätzlichen Aufwand.

Das fordert die Verbändeallianz Elektronik

Um die Belastung der Wirtschaft durch Überregulierung und unnötige Bürokratie zu reduzieren, appellieren die Verbände an die politischen Entscheidungsträger sowie alle beteiligten Akteure. Die Lösungsvorschläge zielen darauf ab, die Gesetzgebung effizienter und praktikabler zu gestalten und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu entlasten. Konkret schlagen sie vor:

  1. Reduktion, Vereinfachung und Vereinheitlichung der Gesetzgebung
    Es ist dringend erforderlich, redundante europäische und nationale Regularien auszuschließen. Stattdessen sollten die bestehenden Regelungen gestrafft und harmonisiert werden. Zudem müssen die Berichtspflichten für KMU massiv reduziert werden, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

  2. Fokussierung der ESG-Gesetzgebung
    Die ESG-Regulierung sollte auf ein einheitliches europäisches Modell beschränkt werden, das sich auf den relevanten und realistischen Einflussbereich der Wirtschaftsakteure konzentriert. Doppel- und Kaskadenregulierungen sind zu vermeiden. Die Gesetzgebung sollte sich auf die Hauptverursacher von Schäden, Emissionen und Rechtsverletzungen fokussieren, gemäß dem Pareto-Prinzip.

  3. Unterstützung von KMU bei der Erfüllung bestehender Berichtspflichten
    Für kleine und mittlere Unternehmen sind die komplexen Anforderungen oft eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Wir fordern gezielte Unterstützungsmaßnahmen, um diesen Unternehmen die Erfüllung der Berichtspflichten zu erleichtern.

  4. Längere Übergangsfristen
    Neue Gesetzesvorgaben müssen mit ausreichend langen Übergangsfristen versehen werden. Dies ermöglicht den betroffenen Unternehmen, die neuen Anforderungen umzusetzen, ohne ihre betrieblichen Abläufe zu gefährden.

  5. Zusammenarbeit der Verbände mit Behörden und Gremien
    FBDi, FED und COGD plädieren für eine enge Zusammenarbeit zwischen Branchenverbänden, Behörden und Gremien, um praktikable Lösungen zu entwickeln. Nur durch einen intensiven Austausch können praxistaugliche Regelungen geschaffen werden, die sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch die regulatorischen Zielsetzungen berücksichtigen.

Die Verbändeallianz Elektronik ruft alle Verbände und Unternehmen der Industrie dazu auf, das Plädoyer für weniger Bürokratie und mehr Pragmatismus in der Gesetzgebung zu unterstützen. Gemeinsam wollen sie eine effizientere, zukunftsorientierte und wettbewerbsfähige Regulierung erreichen, die sowohl den ökologischen als auch den wirtschaftlichen Anforderungen gerecht wird. „Europa ist jetzt schon das Schlusslicht in Sachen Innovation, Entwicklungsgeschwindigkeit und Investitionen. Je mehr mit der Gießkanne weiter reguliert wird, desto weniger Unternehmen werden sich bereitfinden, noch in Europa zu investieren“, heißt es in einem Schreiben an die Vertreter der Presse.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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