
Mit GB 38031-2025 verschärft China die Sicherheitsregeln für EV-Batterien erheblich. Selbst Feuer und Explosionen sollen selbst bei schwersten Defekten für lange Zeit ausgeschlossen sein. Dieser Standard will weltweit neue Maßstäbe setzen. (Bild: Ideogram)
Wenn von Elektromobilität die Rede ist, denken die meisten an Reichweite, Ladezeiten oder CO₂-Bilanz. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist jedoch die Sicherheit von Antriebsbatterien (Traktionsbatterien). Manche Medien und Leute hatten hier immer wieder mit Halbwissen Stimmung gegen Elektroautos gemacht, indem sie Horrorszenarien malten, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Mit dem neuen Standard GB 38031-2025 („Safety Requirements for Power Batteries for Electric Vehicles“) hebt China die Latte nun auf ein neues Niveau. Aber was steckt hinter der „No Fire, No Explosion“-Formel, wie unterscheidet sich die neue Norm von bisherigen, und was bedeutet das für Hersteller weltweit? Ein Blick in die Details von Testmethoden, Übergangsfristen über internationale Vergleiche bis zu Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette.
Hintergrund: Warum ein neuer Batteriestandard?
Lithium-Ionen-Batterien sind das Herzstück moderner Elektrofahrzeuge, aber sie bergen Risiken: Überhitzung, mechanische Schäden oder elektrische Fehler können zu einem thermischen Durchgehen (thermal runaway) führen – mit dramatischen Folgen: Brand, Explosion, toxische Rauchgase. Die bisherigen Standards (wie GB 38031-2020 oder IEC 62660 in Europa) setzten auf Warnsysteme und zeitliche Verzögerungen, doch spektakuläre Zwischenfälle und das rasante Marktwachstum machten Nachbesserungen nötig
China, inzwischen der größte und dynamischste Markt für E-Fahrzeuge, will sich mit der neuen Norm als Vorreiter der Batteriesicherheit etablieren. Das Ziel: Null Toleranz für Feuer und Explosion, auch unter Extrembedingungen.
Was ist neu an GB 38031-2025? – Die wichtigsten Neuerungen im Detail
„No Fire, No Explosion“ (Mindestens 2 Stunden): Batterien dürfen selbst nach einem schweren internen Defekt (z.B. Zell-Kurzschluss) weder Feuer fangen noch explodieren und zwar mindestens 120 Minuten lang. Damit ist die Frist gegenüber der alten Norm (5 Minuten) um das 24-fache erhöht. Ziel: Auch in schwierigen Bergungs- oder Unfallsituationen bleibt ausreichend Zeit für Insassen und Rettungskräfte.
Frühwarnsystem und Rauchschutz: Innerhalb von 5 Minuten muss ein Alarm ausgelöst werden, wobei kein sichtbarer Rauch den Fahrgastraum erreichen darf. Der Fokus liegt erstmals konsequent auf dem Schutz der Fahrzeuginsassen.
Neue Testmethoden und erweiterte Prüfungen: GB 38031-2025 schreibt ein ganzes Arsenal neuer Prüfungen vor:
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Thermal Propagation Test: Simulation eines thermischen Durchgehens im Pack, wobei das gesamte Pack standhalten muss.
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Bottom Impact Test: Simulation eines Aufpralls von unten, um die Vulnerabilität bodenmontierter Packs (Cell-to-Body) realitätsnah zu prüfen.
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Post-Fast-Charging Test: Nach 300 Schnellladezyklen folgt ein Kurzschlusstest. Dabei muss die Batterie weiterhin sicher bleiben.
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Erweiterte Abuse- und Umweltprüfungen: Mechanische, elektrische und chemische Stressoren werden stärker abgedeckt.
- Zertifizierung und Nachweispflicht: Batterien müssen durch akkreditierte Stellen wie das China Automotive Technology and Research Center (CATARC) geprüft werden. Bei Änderungen am Pack (z.B. Komponenten-/Materialwechsel) sind gezielte Nachtests vorgeschrieben
Charging & Battery ASEAN 2025
Bangkok wird am 17. und 18. Juni 2025 zum Treffpunkt der asiatischen E-Mobility-Branche: Die vierte Charging & Battery ASEAN Conference rückt Themen wie Batterie-Recycling, neue Regulierungen, digitale Zwillinge und Wasserstoff in den Fokus. Branchenvertreter, OEMs und Technologieführer diskutieren aktuelle Herausforderungen – von der Umsetzung des EU-Battery Passport über skalierbare Recyclinglösungen bis hin zu innovativen Ladestrategien für Flotten. Thailand positioniert sich dabei klar als künftiges EV-Hub und adressiert neben batterieelektrischer Mobilität auch die Integration von Wasserstoff. Auf dem Programm stehen u. a. Panels zu Infrastruktur, Marktdynamik, regulatorischen Rahmenbedingungen und nachhaltigen Kreislaufmodellen. Die Konferenz beleuchtet Unterschiede zu westlichen Märkten und liefert Einblicke in lokale Besonderheiten der ASEAN-Region. Besonderes Augenmerk gilt der Verbindung von Digitalisierung, Gesetzgebung und industrieller Praxis. Charging & Battery ASEAN 2025 ist damit ein Gradmesser für die strategische Transformation des Mobilitätssektors in Südostasien.
Die wichtigsten Anforderungen der neuen GB 38031-2025 auf einen Blick
Anforderung | GB 38031-2020 (alt) | GB 38031-2025 (neu) |
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Verzögerung Brand/Explosion | 5 Minuten | Mindestens 2 Stunden („No Fire, No Explosion“) |
Frühwarnsystem | 5 Minuten | 5 Minuten |
Rauchschutz im Fahrzeuginnenraum | Nicht explizit gefordert | Kein Rauch darf in den Innenraum gelangen und Insassen gefährden |
Prüfmethodik | Externes Heizen, Perforation | Zusätzlich internes Heizen, erweiterte Szenarien |
Thermal Propagation Test | Optional/teilweise | Pflicht, auch bei internem Fehler |
Neue Tests | Eingeschränkt | 7 Zelltests, 17 Pack-/Systemtests, inkl. Bodenaufschlag und Schnelllade-Stresstest |
Gültigkeit | 2021 für neue Modelle | 1.7.2026 für neue Modelle, 1.7.2027 für Bestandsfahrzeuge |
Zertifizierung | Drittanbieter, z.B. CATARC | Drittanbieter, erweitert mit Nachweispflichten bei Komponentenänderung |
Exkurs: Internationaler Vergleich zwischen China, USA und EU – Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei den Batterieregularien
USA – FMVSS 305a (Entwurf): In den Vereinigten Staaten ist derzeit der FMVSS 305a („Federal Motor Vehicle Safety Standard No. 305a“) in Vorbereitung, der das bestehende Regelwerk für Elektrofahrzeuge erweitern soll. Der Entwurf sieht erstmals spezifische Performance- und Risikominderungsanforderungen für Hochvolt-Batteriesysteme in Pkw und Nutzfahrzeugen vor. Zentrale Inhalte sind der Schutz vor elektrischem Schlag, die Begrenzung von Bränden sowie Maßnahmen zur Risikominimierung bei Unfällen. Im Unterschied zu Chinas GB 38031-2025 fordert FMVSS 305a jedoch bislang keine vollständige Feuer- oder Explosionsvermeidung nach einem Thermal-Runaway-Ereignis. Der Fokus liegt verstärkt auf Crashsicherheit und elektrischer Isolation, ergänzt um Anforderungen an das Batteriemanagementsystem.
Europäische Union – EU-Batterieverordnung: Die EU verfolgt mit der EU-Batterieverordnung (EU-BattVO) einen umfassenden Ansatz, der Sicherheitsthemen mit Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette verknüpft. Die Verordnung legt unter anderem Anforderungen an CO₂-Fußabdruck, Recyclingfähigkeit und Rückverfolgbarkeit von Batterien fest. Für die technische Sicherheit kommen internationale Normen wie IEC 62660 zur Anwendung, die auf mechanische, elektrische und thermische Tests abzielen. Anders als Chinas GB 38031-2025 schreibt die EU jedoch keine explizite Nulltoleranz für Feuer oder Explosionen vor, sondern setzt auf ein integratives Sicherheits- und Umweltkonzept.
Kriterium | China GB 38031-2025 | EU (IEC 62660 / EU-BattVO) | USA (FMVSS 305a – Entwurf) |
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Brand-/Explosionstoleranz | Nulltoleranz (2 Std.) | Keine explizite Nulltoleranz, Fokus auf Testprotokolle, Nachhaltigkeit und Recycling | Brand-/Explosionstoleranz wird diskutiert, aber bisher weniger strikt |
Frühwarnung | Ja, 5 Min. | Teilweise, aber weniger strikt | Teilweise, aber weniger strikt |
Rauchschutz | Explizit gefordert | Nicht explizit gefordert | Nicht explizit gefordert |
Thermal Propagation Test | Pflicht, auch intern | Test auf mechanische/thermische Abuse | Teilweise |
Bodenaufschlagstest | Ja | Teilweise | Teilweise |
Nachweispflicht bei Änderungen | Ja | Teilweise | Teilweise |
Nachhaltigkeit/Recycling | (Nicht Fokus des Standards) | Sehr starker Fokus (Batterieverordnung, CO₂, Recycling) | Zunehmend relevant |
FAQ: Die wichtigsten Fragen und Antworten zu GB 38031-2025
1. Wann tritt die neue Norm in Kraft?
Für neue Fahrzeugmodelle ab 1. Juli 2026, für bestehende Modelle gilt eine Übergangsfrist bis 1. Juli 2027 (china-certification.com).
2. Welche Batterien sind betroffen?
Traktionsbatterien für E-Fahrzeuge (Pkw, Nutzfahrzeuge), nicht aber Nebenverbraucher- oder Startbatterien.
3. Was ist die wichtigste Neuerung gegenüber 2020?
Feuer und Explosion sind nach Thermal Runaway für mindestens 2 Stunden ausgeschlossen; Rauchschutz ist Pflicht.
4. Wie erfolgt die Zertifizierung?
Nur durch anerkannte Drittanbieter (z.B. CATARC), Nachweis auch bei Pack-Änderungen erforderlich.
5. Wie unterscheiden sich die Anforderungen von EU/USA?
China: kompromisslos sicherheitsgetrieben; EU: Fokus auf Nachhaltigkeit/Kreislaufwirtschaft, Sicherheitsstandards weniger konsequent; USA: Standards im Wandel, aber bislang weniger strikt.
6. Was bedeutet das für Zulieferer?
Höherer Entwicklungsaufwand, mehr Testzyklen, stärkere Dokumentationspflichten – und potenziell steigende Markteintrittshürden für kleinere Anbieter.
7. Welche Zellchemien sind im Vorteil?
LFP und Festkörperbatterien gelten als weniger brandgefährlich, könnten von der Norm profitieren.
8. Drohen Engpässe oder Preissteigerungen?
Ja, insbesondere bei seltenen Rohstoffen und durch Kostendruck bei kleinen Anbietern.
9. Wird der Standard weltweit übernommen?
Noch nicht, aber die globale Signalwirkung ist stark – Experten rechnen mit Nachahmungstendenzen, v.a. aufstrebende Märkte und OEMs mit China-Ambitionen werden nachziehen.
10. Gibt es Ausnahmen oder Übergangsregelungen?
Aktuell gelten die Fristen wie oben beschrieben; Detailregelungen werden von den Behörden noch präzisiert.
Das sind die Herausforderungen und Auswirkungen der GB 38031-2025 für Hersteller
Die neuen Anforderungen sind technisch wie wirtschaftlich anspruchsvoll. Sie betreffen die gesamte Wertschöpfungskette von Materialauswahl, Zellchemie, Fertigung über Testing bis zur Fahrzeugintegration.
So zählen zu den technischen Herausforderungen:
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Mikronpräzision & Reinheit: Schon kleinste Verunreinigungen oder Fertigungsfehler können zu katastrophalen Fehlern führen. Höchste QA-Standards, Inline-Überwachung und Automatisierung werden Pflicht.
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Thermisches Management: Multilayer-Thermomanagement (Zelle, Modul, Pack) ist unverzichtbar.
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Chemie- und Materialinnovation: Mit der neuen Norm könnten z.B. LFP-Zellen (weniger Brandanfällig) und Festkörperbatterien weiter an Bedeutung gewinnen.
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Testaufwand: Die Zahl und Komplexität der Tests steigen signifikant (7 Zell-, 17 Systemtests, neue Trigger, Simulationsverfahren).
Zudem gibt es einige wirtschaftliche Auswirkungen sowie Entwicklungen des Marktes
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Kostensteigerung: Branchenexperten rechnen mit Mehrkosten von 10 bis 20% pro Batteriepack. Für kleine Hersteller könnte dies existenzbedrohend sein. Dies könnte zu einem Konsolidierungsschub führen.
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Marktzugang: Nur zertifizierte Packs dürfen ab 2026 in China verkauft/importiert werden. Die Nachweispflicht bei Änderungen erschwert die Flexibilität und erhöht die Hürden für neue Player.
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Stärkung der Marktführer: Konzerne wie CATL, BYD oder Gotion High-Tech profitieren von Skaleneffekten und F&E-Budgets, denn sie erfüllen die Norm zum Teil bereits. Im Detail hat CATL die neuen Prüfungen (inklusive Thermal Propagation und Bottom Impact) mit seiner Qilin-Batterie bereits bestanden – und das sowohl mit NMC- als auch mit LFP-Chemie. Zeekr, Lotus, Neta, Avatr, Li Auto und Aito setzen die Qilin-Technologie schon heute ein. BYD, ebenfalls an der Norm mitbeteiligt, dürfte mit seinen Blade-Batterien ebenfalls bald konform sein, doch eine offizielle Zertifizierung liegt (Stand Juni 2025) nur für CATL vor.
Der Autor: Dr. Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.