Bordnetze und Kabelbäume von Leoni im Auto

Sustainovation by Leoni: Der Kabelbaum- und Bordnetz-Spezialist will grüner und nachhalitger werden und setzt dabei auf nachhaltige und innovative Ansätze. (Bild: Leoni)

Nachdem Leoni in den vergangenen Monaten und Jahren eher mit Problemen, meist finanzieller Natur, für Aufsehen sorgte, scheint die Wende geschafft. 2023 übernahm Stefan Pierer als Alleinaktionär das Unternehmen und krempelte das Unternehmen im Hintergrund um. Jetzt meldet sich das Unternehmen aus Nürnberg zurück – grüner, nachhaltiger, innovativer soll alles werden. Der TechDay von Leoni stand unter dem Motto „Sustainovation“ und wie sich Kabelbäume und Bordnetze nachhaltig und gleichzeitig effizient fertigen lassen.

„Es geht um Technologie, Nachhaltigkeit und Innovation“, erklärt Markus Thoma, CEO der Automotive Cable Solution Division (ACS). Zu Beginn seiner Präsentation gab er einen kurzen Einblick in das neue Produktportfolio. Leoni setzt dabei auf eine Kombination aus Technologie, Nachhaltigkeit und Innovation, um die grüne Mobilität der Zukunft zu gestalten.

Was Leoni plant

Leoni ist ein weltweit führender Anbieter von Kabeln und Kabelsystemen für die Automobilbranche. Mit über 95.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 5,8 Milliarden Euro ist das Unternehmen in mehr als 26 Ländern vertreten. Die beiden Hauptdivisionen sind Wire & Cable Solutions (WCS) und Automotive Cable Solutions (ACS). Obwohl das Unternehmen weltweit agiert, spielt der Standort in Roth, den Leoni vor fünf Jahren bezogen hat, eine zentrale Rolle in der Innovationsstrategie des Unternehmens. „Wir produzieren hier noch Kabel, aber vor allen Dingen entwickeln wir hier Leitungen“, meint Thoma. „Viele unserer Produkte haben ihren Ursprung in Roth.“

Neben der Produktentwicklung legt Leoni auch großen Wert auf nachhaltige Produktionsprozesse und die Recyclingfähigkeit seiner Produkte. „Es ist wichtig, dass wir Produkte herstellen, die nicht nur einen niedrigen CO2-Footprint haben, sondern auch recycelbar sind“, betonte Walter Glück, CEO der Wiring Systems Division. Dabei stellt sich die Entwicklung neuer, nachhaltiger Materialien als größte Herausforderung da, denn sie müssen den strengen Spezifikationen der Automobilindustrie entsprechen. „Wir entwickeln Materialien, die wir flächendeckend einsetzen können. Das ist die größte Herausforderung“, so Rumer.

Leoni hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt, um die grüne Mobilität voranzutreiben. Im Rahmen des Nachhaltigkeitsprogramms will das Unternehmen bis 2050 seinen CO2-Fußabdruck um 90 Prozent reduzieren und bis 2045 klimaneutral werden.

Was ist ein Kabelbaum?

Kabelbäume, auch bekannt als Kabelstränge oder Kabelbündel, sind Systeme aus mehreren elektrischen Leitungen, die zusammengefasst und oft durch Ummantelungen, Kabelbinder oder Schläuche geschützt werden. Sie werden verwendet, um elektrische und elektronische Geräte in Fahrzeugen, Maschinen und Gebäuden zu verbinden und zu steuern.

Ein Kabelbaum organisiert und schützt die Leitungen, erleichtert die Installation und Wartung und reduziert das Risiko von Kurzschlüssen und anderen elektrischen Problemen. In der Automobilindustrie beispielsweise verbinden Kabelbäume verschiedene Komponenten wie Motoren, Sensoren, Steuergeräte, Beleuchtung und Infotainmentsysteme und sorgen so für die reibungslose Funktion des Fahrzeugs.

Was ist ein Bordnetz?

Ein Bordnetz ist das elektrische System eines Fahrzeugs, das die Stromversorgung und Kommunikation zwischen den verschiedenen elektrischen und elektronischen Komponenten sicherstellt. Es umfasst sämtliche Kabel, Leitungen, Stecker, Sicherungen, Relais und Steuergeräte, die in einem Fahrzeug verbaut sind, um die Energieverteilung und die Signalübertragung zu ermöglichen.

Kreislaufwirtschaft als zentrales System in der Automobil-Industrie

Die Rolle der Kreislaufwirtschaft verdeutlichte Dr. Evin Zozan vom VDA und erklärte, wie Nachhaltigkeit in der deutschen Automobilindustrie funktionieren kann. Kreislaufwirtschaft in der Automobilindustrie umfasst den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs – von der Rohstoffgewinnung über das Produktdesign bis hin zum Recycling. Die Automobilindustrie hat sich dem Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet und verfolgt klare Dekarbonisierungsziele. Der Einsatz von Sekundärmaterialien spielt hierbei eine zentrale Rolle, da deren Herstellung CO2-ärmer ist als die von Primärmaterialien.

Eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft erfordert die Zusammenarbeit aller Akteure der Wertschöpfungskette – von Fahrzeugherstellern über Demontagebetriebe bis hin zu Politik und Forschung. Trotz der vielversprechenden Ansätze steht die Branche vor einigen Herausforderungen. Dazu zählen die Verfügbarkeit von Sekundärmaterialien, die Qualitätssicherung bei recycelten Materialien und die Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen.

Die Digitalisierung bietet zahlreiche Möglichkeiten die Kreislaufwirtschaft effizienter zu gestalten. Von der digitalen Abmeldung von Altfahrzeugen bis hin zu Recyclingfabriken und digitalen Marktplätzen – moderne Technologien haben das Potenzial, Prozesse zu optimieren und die Transparenz zu erhöhen.

Eine vereinfachte zonale Architektur reduziert Bündeldurchmesser und der Kabelbaumvarianten.
Eine vereinfachte zonale Architektur reduziert Bündeldurchmesser und der Kabelbaumvarianten. (Bild: Leoni)

Kupfer und Kunstoffe aus Recycling generieren

Wie Kreislaufwirtschaft bei Leoni umgesetzt wird, erklärten dann Andreas Schneider, Sustainability Manager bei Leoni, und Klaus Hold, Head of Global Production Process Automation bei Leoni. Unter dem Motto „Driven by Sustainovation“ zeigten sie, wie Komplexitätsreduktion und Standardisierung zur Kreislaufwirtschaft beitragen. Ein Kabelbaum ist ein komplexes Produkt, das aus mehr als 3000 Teilen bestehen kann, darunter bis zu 2000 Kabel. Diese Komplexität stellt erhebliche Herausforderungen dar, sowohl in der Produktion als auch im Recycling.

Leoni orientiert sich an der fünfstufigen Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG): Dispose, Utilize, Recycle, Reuse und Reduce. Das Ziel ist hier Recycle, Reuse und Reduction, um den Einsatz von fossilen Rohstoffen zu minimieren und die Materialvielfalt zu verringern.

Kupfer etwa ist ein zentraler Rohstoff in der Kabelbaum-Produktion und lässt sich nahezu unbegrenzt recyceln. Leoni ist bereits heute ein integraler Bestandteil des globalen Kupferkreislaufs. Produktionsabfälle aus reinem Kupfer werden direkt an Kupferhütten zurückgeführt und wieder eingeschmolzen. „Der Kupferanteil, der bei uns in unterschiedlichen Qualitäten in der Produktion anfällt, wird im Kreislauf zurückgeführt,“ erläutert Schneider. Auch isolierte oder verzinnte Leitungen werden recycelt, erfordern jedoch zusätzliche Schritte im Verwertungsprozess.

Kunststoffe, die in Kabelbäumen verwendet werden, stellen eine größere Herausforderung dar. Thermoplastische Kunststoffe können zwar wieder eingeschmolzen und erneut verwendet werden, doch ihre Einsatzmöglichkeiten sind begrenzt. Vernetzte Kunststoffe, die für bestimmte Anwendungen notwendig sind, können hingegen nur durch chemisches Recycling wiederverwertet werden. „Dieser Prozess ist jedoch sehr energieintensiv und befindet sich noch in den Kinderschuhen,“ merkt Schneider an.

Durch Miniaturisierung wird der Einsatz wertvoller Rohstoffe reduziert, die Gewichtseinsparung verringert den CO2 Footprint. FLUY – Fahrzeugleitungen mit ultra-dünner Wandstärke und Kupferlegierungen für Signalanwendungen.
Durch Miniaturisierung wird der Einsatz wertvoller Rohstoffe reduziert, die Gewichtseinsparung verringert den CO₂-Footprint. Produktreihe um Produktreihe verringere Leoni die Leitungen. Mit FLUY entwickelte das Unternehmen Fahrzeugleitungen mit ultra-dünner Wandstärke und Kupferlegierungen für Signalanwendungen. (Bild: Leoni)

Alle Infos zum Bordnetze im Automobil Kongress

Am 6. und 7. Mai 2025 wird Ludwigsburg zum Zentrum der Bordnetz-Expertise. Der internationale Kongress lockt mit brandaktuellen Themen, Innovationen und exklusiven Einblicken.
Am 6. und 7. Mai 2025 wird Ludwigsburg zum Zentrum der Bordnetz-Expertise. Der internationale Kongress lockt mit brandaktuellen Themen, Innovationen und exklusiven Einblicken.

Der 13. Kongress "Bordnetze im Automobil" wird am 6. bis 7. Mai 2025 in Ludwigsburg, stattfinden. Die Vorbereitungen sind bereits im Gange. Sind Sie gespannt? Registrieren Sie sich jetzt und sichern Sie sich Ihr Ticket. Mit dem Code "82510115-AE15" sparen Sie 15 % auf den regulären Preis.

Weitere Informationen zum Bordnetze im Automobil Kongress finden Sie hier sowie auf dem LinkedIn-Kanal.

Mehr Standardisierung sorgt für eine nachhaltigere Fertigung

Ein Schlüsselansatz zur Reduktion der Komplexität und Erhöhung der Nachhaltigkeit ist die Standardisierung. Durch die Vereinheitlichung von Kabelbäumen über verschiedene Fahrzeugplattformen hinweg lässt sich die Produktion effizienter gestalten und der Materialverbrauch reduzieren. Leoni hat hierfür Archetypen von Kabelbäumen entwickelt, die für unterschiedliche Fahrzeugteile wie Türen, Stoßfänger und Instrumententafeln verwendet werden können. „Massification drives simplification“ lautet das Motto, betont Hold betont.

Automatisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Reduktion von Fehlern, Abfällen und der Notwendigkeit manueller Eingriffe. Ein höherer Automatisierungsgrad führt zu weniger Set-ups, weniger Abfall und einer effizienteren Produktion. Dies trägt nicht nur zur Nachhaltigkeit bei, sondern auch zur Kostenreduktion und Verbesserung der Produktqualität.

Innovative Leitungen – gekühlt und aus neuen Materialien

Auch die Fahrzeugleitungen müssen sich ändern: Felix Bauerschmidt, Product Manager für Charging & Power Solutions bei Leoni, gibt einen Einblick, wie das Unternehmen die Kabel im Fahrzeug nachhaltiger macht. Dabei setzt Leoni auf mehrere strategische Ansätze. Erstens entwickelt das Unternehmen Leitungen für nachhaltige Anwendungen, die umweltfreundlicher sind und gleichzeitig hohe Leistungsanforderungen erfüllen. Ein Beispiel dafür sind die Produktportfolios Leonie Hivocar und Leonie Ecosense, die speziell für Anwendungen in der Elektromobilität ausgelegt sind.

Bei Hivocar handelt es sich um eine Produktlinie von Hochvoltleitungen, die durch ihre neuartige Kühlungstechnologie überzeugen. Diese Leitungen bieten eine höhere Strombelastbarkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht und Durchmesser im Vergleich zu Standard-HV-Kabeln. Die gekühlte Variante mit nur 25 mm² Querschnitt kann dieselben Ströme übertragen wie eine ungekühlte Leitung mit 95 Quadratmillimetern," erklärte Bauerschmidt. Hivocar ermöglicht es, die Materialeinsparung erheblich zu steigern und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren.

Die Ecosense-Reihe bietet Ladekabel, die sowohl für AC- als auch für DC-Ladevorgänge ausgelegt sind. Sie sind in gekühlten und ungekühlten Varianten erhältlich, was Leistungsfähigkeit und Effizienz weiter steigert.

Leoni_Fahrzeugleitungen_1.jpg: Durch Miniaturisierung wird der Einsatz wertvoller Rohstoffe reduziert, die Gewichtseinsparung verringert den CO₂-Footprint. Ladekabel LEONI EcoSense Nxt und LEONI EcoSense Nxt+
Durch Miniaturisierung wird der Einsatz wertvoller Rohstoffe reduziert, die Gewichtseinsparung verringert den CO₂-Footprint. Ladekabel Leoni EcoSense Nxt und Leoni EcoSense Nxt+. (Bild: Leoni)

Miniaturisierung sorgt für weniger Material und Gewicht im Auto

Ein weiterer strategischer Ansatz von Leoni ist die Miniaturisierung seiner Produkte. Ein Beispiel hierfür sind etwa die  FLUY-Leitungen. Durch ihre ultradünne Wandstärke ermöglichen sie eine Gewichtsreduzierung von bis zu sieben Prozent und verringert den Durchmesser der Kabelbündel um bis zu 15 Prozent, was nicht nur zu einer Reduktion des Materialeinsatzes, sondern auch zu einer erheblichen Verbesserung der Energieeffizienz der Fahrzeuge führt.

Ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist die Entwicklung vollständig kreislauffähiger Produkte. Die Limeverse-Produkte setzen auf biobasierte, massebilanzierte und recycelte Isolierwerkstoffe, die den CO2-Footprint der Produkte verringern. Bauerschmidt betonte: "Diese neuen Isolationswerkstoffe sind 100 Prozent kreislauffähig und führen auch noch zusätzlich zu einer CO-Optimierung." Das Limeverse-Portfolio umfasst ein breites Spektrum an Kabeltypen, von einadrigen Fahrzeugleitungen bis hin zu komplexen Daten- und Sensorleitungen.

Multifunktionsleitungen von Leoni kombinieren mehrere Funktionen in einer einzigen Leitung, was den Materialverbrauch und den Platzbedarf im Fahrzeug reduziert. Ein Beispiel ist die Kombination von Raddrehzahlsensoren und Leitungen für elektrische Parkbremsen. Diese innovative Lösung trägt zu einer Gewichtsreduzierung von rund 16 Prozent und einer Reduktion des Platzbedarfs um etwa 27 Prozent bei.

Über die Kombination vieler Einzelmaßnahmen ans Ziel: die Halbierung des CO2-Footprints bis 2030.
Über die Kombination vieler Einzelmaßnahmen ans Ziel: die Halbierung des CO2-Footprints bis 2030. (Bild: Leoni)

"Grüne" Bordnetze als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie

Wie sich grüne Bordnetze umsetzen lassen, erklärte Dr. Oana Buliga, Lead Expert Innovation Management bei Leoni, und zeigte Strategien zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks in der Bordnetzindustrie. Die Berechnung des CO-Fußabdrucks umfasst den gesamten Produktlebenszyklus, von der Rohstoffgewinnung bis zur Endmontage.

Der Kabel-Spezialist setzt auf mehrere Haupthebel zur CO-Reduktion: Erneuerbare Energien, niedrig-CO2-Kupfer, recycelte Materialien, Gewichtsreduktion und Kreislaufwirtschaft. „Wir sehen die größten Hebel in der Nutzung von erneuerbaren Energien und der Integration recycelter Materialien“, erklärte Dr. Buliga. Die Umstellung auf recyceltes Kupfer und Aluminium sowie biobasierte Kunststoffe sind zentrale Elemente dieser Strategie. Besonders interessant ist recyceltes Aluminium, das das Gewicht und die CO2-Emissionen im Vergleich zu primärem Aluminium deutlich reduziert. Auch biobasierte Kunststoffe bieten eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen.

Die Zukunft der Bordnetzindustrie wird stark von den Prinzipien der Nachhaltigkeit geprägt sein. Leoni arbeitet bereits an Konzepten für das Recycling und die Wiederverwendung von Bordnetzen, um den ökologischen Fußabdruck weiter zu minimieren. „Die Zukunft liegt in der Kreislaufwirtschaft und der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen“, sagte Dr. Buliga abschließend.

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