Ein Blick unter die Motorhaube eines Elektrofahrzeugs mag überraschen, denn dort befindet sich eine herkömmliche 12-V-Bleisäurebatterie oder eine zusätzliche 48-V-Batterie. So stellt sich die Frage, warum ein Elektrofahrzeug überhaupt eine herkömmliche Batterie braucht, wenn zur Versorgung der Motoren bereits eine 400-V- oder 800-V-Batterie im Fahrzeug vorhanden ist. 12-V- oder 48-V-Batterien versorgen aktuell alle anderen Systeme im Fahrzeug, sie sind aber sowohl teuer als auch schwer und belegen wertvollen Platz. Was spricht dagegen, die 12-V-Batterie wegzulassen und die 400-V- bis 800-V-Batterie zur Versorgung des gesamten Fahrzeugs zu nutzen?
DC/DC-Wandler eignen sich nicht als Ersatz für die 12-V-Batterie
Die einfache Antwort lautet: Viele Kfz-Systeme, vor allem Sicherheitssysteme, müssen schnell auf plötzliche Stromschwankungen reagieren, und Batterien bieten traditionell eine viel bessere Reaktionszeit als DC/DC-Wandler. Bis vor kurzem gab es für Stromversorgungs-Entwickler keine Möglichkeit, 800 V oder 400 V sicher, zuverlässig, mit schneller Transienten-Reaktion und ohne unnötiges zusätzliches Volumen oder Gewicht in 48 V oder gar 12 V zu konvertieren.
Da Batterien traditionell eine viel bessere Reaktionszeit als DC/DC-Wandler bieten, bestand der Fortschritt bei der Elektrifizierung von Fahrzeugen darin, mehr und leistungsstärkere Batterien zu verwenden. Angesichts knapper Platz- und Gewichtsbudgets ist dieser Ansatz aber ineffizient. Voraussetzung für das Einsparen einer Batterie ist eine leistungsstarke Umwandlung. Die wichtigste Variable stellt dabei ein schnelles Wandler-Einschwingverhalten dar. Sobald ein Wandler ein gleich schnelles oder besseres Ansprechverhalten als eine 12-V-Batterie bietet, lässt sich diese einsparen. Mit einem modularen Stromversorgungs-Ansatz in Kombination mit einem proprietären Gleichspannungswandler ist es möglich, das Einschwingverhalten einer 12-V-Bleibatterie bei weitem zu übertreffen.
Neue Elektrofahrzeuge verbrauchen zudem bis zu 20-mal mehr Strom (statt 3 kW mehr als 50 kW) als Verbrennungsmotoren; dies ist bei hart schaltenden DC/DC-Wandler-Topologien eine erhebliche Belastung für das Stromversorgungsnetz und führt zu einer starken Zunahme der herkömmlichen platzraubenden, gewichtsintensiven und die Reichweite einschränkenden Leistungselektronik.
Mit Blick auf die Leistungsanforderungen bei Elektrofahrzeugen sollte neu überlegt werden, wie sich die benötigte Leistung am besten bereitstellen lässt, anstatt nur die Stromversorgungsarchitektur eines Verbrennungsmotors aufzurüsten. Mit herkömmlichen DC/DC-Wandlern können Elektrofahrzeuge die damit verbundene ca. 20-fache Leistungssteigerung nicht ohne Abstriche bei Performance und Funktionalität bewältigen, was ihre Attraktivität schmälert. Diese neue Sichtweise ist keine simple Überarbeitung. Sie bedeutet vielmehr ein Abriss- und Wiederaufbauprojekt, bei dem der Blick auf Innovation, nicht auf Bewahrung liegen sollte.
Alternative zu zusätzlichen Batterien: Ansatz mir einer Batterie weniger
Die üblichen Fortschritte bei der Elektrifizierung von Fahrzeugen bestanden immer darin, mehr und leistungsstärkere Batterien einzubauen. Solche Batterien sind schwer und groß. Neueste Fahrzeugmodelle enthalten 800-V-Batterien, zugleich aber auch eine 12-V- oder womöglich sogar eine 48-V Batterie. Angesichts knapper Platz- und Gewichtsbudgets sind drei Batterien allerdings ineffizient und unnötig.
E-Mobility: Batterie und Sicherheit
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Gegenüber herkömmlichen Konzepten mit zusätzlichen Batterien entfällt bei einem neuen Ansatz eine Batterie; dies schafft Bauraum, reduziert das Gewicht und verbessert zugleich die dringend benötigte Transienten-Reaktion in der Energieversorgung.
Schnelleres Wandler-Einschwingverhalten nötig
Voraussetzung für das Einsparen einer Batterie ist eine leistungsstarke Umwandlung. Die wichtigste Variable stellt dabei ein schnelleres Wandler-Einschwingverhalten dar. Sobald ein leistungsstarker Wandler ein gleich schnelles oder besseres Ansprechverhalten als eine 12-V-Batterie (250 A/ms) bieten kann, lassen sich diese einsparen.
Stromaufnahme der Lasten im Fahrzeug
Zentrale Aufgabe der 12-V-Batterie ist die Bereitstellung eines Energie-Reservoirs für Verbraucher, die viel Strom benötigen. Für die typische Last in einem Fahrzeug gibt es zwei Arten der Stromaufnahme – eine für den Start und eine für den Dauerbetrieb. Beim erstmaligen Anlegen von Strom an eine bestimmte Last wird entweder unkontrollierte Leistung zugeführt, oder die Leistung ist bereits vorhanden und es ist nur ein Freigabesignal nötig.
Die Lasten, die Einschaltstrom verursachen, ziehen eine große Menge Strom, entweder um einen Kondensator zu laden oder um einen Anker zu drehen. Nach Einschalten der Last (Start-up) sinkt der Strom und die Last geht über in den Dauerbetrieb (Steady State).
Batterie durch DC/DC-Wandler ersetzen
Eine Batterie ist aufgrund dieser anfänglichen Stromaufnahme eine gute Option für ein herkömmliches Verbrennerfahrzeug, nicht aber für Elektrofahrzeuge, bei denen sich Gewicht drastisch auf Reichweite und Leistung auswirkt. Sinnvollerweise sollte also die schwere 12-V-Blei- oder -Lithium-Batterie durch einen leichteren, kompakten und leistungsstarken DC/DC-Wandler mit sehr schnellem Transienten-Verhalten ersetzt werden.
Transienten-Reaktion
Beim Ersatz der 12-V-Batterie in einem Fahrzeug durch einen herkömmlichen Wandler kann die Lastspannung so weit abfallen, dass sich die Last ausschaltet und einen Neustart des Fahrzeugs verursacht. Ein wichtiger Parameter ist das Absinken der Lastspannung bei einer Stromänderung über die Zeit. Dies nennt man Transienten-Reaktion; je geringer die Spannungsabweichung, umso besser ist die Leistung des Systems.
Modulare Stromversorgung mit Gleichspannungswandler
Bei der Entwicklung eines Elektrofahrzeugs sind zahlreiche neue High-Tech-Lösungen zu berücksichtigen. Mit einem modularen Stromversorgungs-Ansatz in Kombination mit Topologien wie dem proprietären Gleichspannungswandler (Sine Amplitude Converter, SAC) ist es möglich, die „slew rate“ – das Einschwingverhalten – einer 12-V-Bleibatterie bei weitem zu übertreffen. Ein solcher modularer auf SAC basierender Ansatz kann tausende Ampere von der Hochspannungsbatterie an die Last weiterleiten und so Spannungseinbrüche oder aus dem Regelbereich fallende Lasten verhindern. Tests auf dem Prüfstand zeigen, dass die modulare Stromversorgung dreimal schneller reagiert als eine typische 12-V-Batterie (Bild 1).
„Virtuelle Batterie" durch schnelleres Einschwingverhalten
Automobilhersteller fordern meist 250 A/ms für ihre schnellsten Lasten; 12-V-Batterien können dies erreichen (75 A/30 µs). Der modulare Ansatz ermöglicht ein schnelleres Einschwingverhalten (75 A/10 µs) und schafft so eine „virtuelle Batterie“, die dreimal schneller reagiert als eine 12-V-Batterie.
Einfluss des K-Faktors
Durch die Kombination der modularen Stromversorgung mit SAC ist diese Lösung für die Auto-Stromversorgung besonders passend. Der SAC hat ein Wicklungsverhältnis, den so genannten K-Faktor, der dem Verhältnis der Primär- zu den Sekundärwicklungen entspricht. Ein wesentlicher Vorteil dieser Topologie besteht darin, dass jede primärseitige Kapazität mit dem K-Faktor zum Quadrat multipliziert wird. Bei einer Umwandlung von 12 V in 48 V beträgt der K-Faktor ein Viertel; daher beträgt die effektive Sekundärkapazität das 42-, oder 16-fache, der Primärkapazität.
Kombination mit einem Powermodul
Das Powermodul NBM von Vicor eignet sich zur Übertragung der Energielast von einer ständig eingeschalteten mechanischen Quelle auf eine elektrische Energiequelle, die sich zyklisch ein- und ausschalten lässt und somit eine bessere Kontrolle und einen höheren Wirkungsgrad ermöglicht. Durch den Einsatz des Powermoduls zusammen mit dem SAC erzeugt der Entwickler eine virtuelle Batterie, welche die wesentlichen Eigenschaften einer physischen Batterie nachbildet und alle deren Vorteile ohne deren Gewicht, Größe oder Temperaturbeschränkungen bereitstellt.
Verschiedene Zonen statt zentraler Stromversorgungsarchitektur
Mit einem modularen Ansatz kann der Entwickler die Stromquelle in verschiedene Zonen aufteilen. Anstelle einer zentralen Stromversorgungsarchitektur lässt sich ein Powermodul im Armaturenbrett, im Kofferraum oder bei einem der vier Rädern platzieren. Da die Stromquelle dadurch näher an der Last liegt, verringern sich parasitäre Induktivitäten und Leitungswiderstände zugunsten eines leistungsfähigen Stromversorgungssystems. Das gleiche Konzept eignet sich auch für die Umwandlung von Hochspannung in 48 V, die eine ähnliche Leistung aufweist und eine virtuelle 48-V-Batterie schafft (Bild 2).
Weitere Aspekte eines modularen Ansatzes mit Powermodul
Sinnvollerweise sollte die Hochspannungsbatterie als größte Energiequelle im Fahrzeug dienen und ihren Ausgang auf verschiedene sichere Spannungen herunter wandeln. Hochspannungsbatterien in Elektrofahrzeugen haben meist eine Spannung von 400 V oder 800 V, bald aber schon von 1200 V oder 1400 V.
Ein modularer Ansatz eliminiert alle internen Serien-Induktivitäten am Eingang oder Ausgang und kann 700.000 A/s (700 A/ms) verarbeiten. Er lässt sich in einem Array zur Bildung eines großen energieverarbeitenden Systems parallelschalten. Zudem ermöglicht er eine galvanische Trennung von allen primären Busspannungen mit 60 V oder mehr.
Theoretisch unterliegt die Leistungsfähigkeit des Powermoduls nur thermischen Beschränkungen. Bei entsprechender Kühlung kann er hohe Leistungen verarbeiten. Als weiteren Vorteil arbeitet er auch bidirektional und lässt sich in beiden Richtungen hochfahren.
Fazit
Im Zeitalter der Elektrifizierung können OEMs von einem frischen Blick auf die Art der Elektrifizierung von Fahrzeugen profitieren. Ein komplett neu konzipiertes Stromversorgungsnetz berücksichtigt alle elektrischen Anforderungen des Fahrzeugs und bringt eine höhere Leistung und andere Vorteile mit.
Durch die Umstellung auf eine modulare Stromversorgung kann die 12-V-Batterie entfallen. Zugleich werden ein besseres Einschwingverhalten, geringeres Gewicht und mehr Bauraum erreicht – all das trägt zu einer größeren Reichweite und einer besseren Gesamtleistung bei.