Nichts ist beständiger als der Wandel. Die Batteriewelt definiert sich im Neunmonatsrhythmus neu und Unternehmen in Europa haben kaum eine Chance, mit dieser Geschwindigkeit Schritt zu halten. Die Unternehmen hier sind entweder schnell, aber klein und stehen daher vor Herausforderungen im Bereich der Finanzierung oder sie sind zu groß und typische, bürokratische Konzernstrukturen machen sie behäbig. Entwicklungszeiten von bis zu drei Jahren verzeiht unsere schnelllebige Branche nicht.
Globaler Elektrifizierungsmarkt
Das globale Bewusstsein für die Relevanz von Energie- und Verkehrswende zur Eindämmung des Klimawandels wächst endlich. Das lässt den Elektrifizierungsmarkt boomen und macht ihn entsprechend heiß umkämpft und folglich schnelllebig. International, gerade in China und Gesamtasien, kommen ständig neue Player hinzu.
Finanzstarke Konzerne bewahren sich maximale Flexibilität, fast schon eine Art Start-Up-Mentalität, durch eine Restrukturierung in einzelne Geschäftsbereiche für jede Produktgruppe bzw. jeden Absatzmarkt. Kleine Teams agieren selbstverantwortlich und in ihren Schlüsselfunktionen in Entwicklung, Produktmanagement und Vertrieb sind Intrapreneure tätig, also Mitarbeiter, die wie Unternehmer denken und handeln. Aufgrund kurzer Entscheidungswege und des hohen Spezialisierungsgrades sind die Geschäftsbereiche dabei nicht nur schnell, sondern agieren vor allem auch marktgerecht. Sie passen sich veränderten Situationen umgehend an. Wichtig ist dabei ein gewisser Mut zum Risiko, vor allem wenn es um neue technologische Ansätze geht. Sowohl die Schnelligkeit als auch den Mut betreffend, kann Europa hier noch viel von Ländern wie China lernen. Die Frage darf nicht lauten: „Wie stechen wir China aus?“, sondern sie muss lauten: „Was können wir von China lernen?“.
Hürden und Schwierigkeiten in Europa
Zuweilen sonnen wir uns noch im Glanz der guten alten Zeit, als man weltweit von Deutschland als „the capital of efficiency“ sprach. Leider müssen wir uns der schmerzlichen Tatsache bewusstwerden, dass dies inzwischen in den Bereich der Geschichte gehört. Nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa verliert seit Jahren alle neuen Technologien von IT über Software und Digitalisierung bis hin zu Solar, Elektromobilität und Batterien. An deutschen Hochschulen sehen wir noch große Exzellenz und viel Ideenreichtum, der auch staatliche Förderung erfährt. Den hier getätigten Invest verlieren wir dann leider allzu schnell. Das liegt nicht nur daran, dass die besten Köpfe von ausländischen Firmen abgeworben werden, und zwar in Länder, die Firmen wie Arbeitnehmern attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen, wenig Bürokratie und geringe Steuerlast offerieren. Steuerlast und bürokratische Hürden sind so immens, dass eine wettbewerbsfähige Geschäftstätigkeit stark erschwert bis unmöglich ist. Die Realisierung einer neuen Technologie beispielsweise bedeutet, dass eine Firma eine neue Produktionshalle bauen muss. Noch ehe der Bauantrag genehmigt ist, ist das Business weg, weil in anderen Ländern in der gleichen Zeit das Gebäude schon errichtet und die Produktion bereits gestartet wurde.
E-Mobility: Batterie und Sicherheit
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Die Folge ist eine massive Abhängigkeit vom Ausland. Um es überspitzt auszudrücken: Wenn Bill Gates heute Microsoft abschaltet, sind alle Unternehmen sofort tot. Das gleiche sehen wir im Batteriezellgeschäft. Fast 100 Prozent kommen aus Asien. Obwohl wir uns alle seit der Corona-Krise der Fragilität solcher Lieferketten bewusst sind, hat sich kaum etwas geändert.
Maßnahmen für Europa
Was müssen Deutschland und ganz Europa tun, um langfristig wieder wettbewerbsfähig und unabhängiger zu werden? Zunächst geht es um eine Haltungsänderung. Eine totale Abhängigkeit bei einer so wichtigen und in immer größerem Umfang benötigten Ressource wie Batteriezellen ist inakzeptabel, auch wenn die attraktiven Preise verlocken. Europa muss hier die Segel in Richtung größerer Autarkie setzen.
Für Unternehmen, die, nach Anpassung der politischen Rahmenbedingungen, eine Zellfertigung nach Europa holen möchten, ist es im ersten Schritt wichtig, den Gedanken „gegen China“ abzulegen und mit einem der dortigen führenden Hersteller zu kooperieren. Wir müssen uns eingestehen, dass wir verschlafen haben. Wir hinken der Lernkurve der Asiaten in der Zellherstellung um 20 Jahre hinterher. Es gilt von den Besten zu lernen, Business aufzubauen und gemeinsam sowie partnerschaftlich zu agieren. Marktzugang und Netzwerke gegen Know-how lautet die Devise. Basis kann beispielsweise das Eingehen eines Joint Ventures sein.
Im zweiten Schritt bietet es sich an, eigene Zellspezifikationen zu erarbeiten. Es ist elementar, die Technik zu verstehen, sie mit seinem Partner weiterzuentwickeln, sie zu vermarkten und diese in Produkten zu platzieren. Es geht um echte Partnerschaften auf Augenhöhe, in die jeder seine individuellen Stärken einbringt.
Danach kann man gemeinsam eine Fertigung in Europa, Asien oder den USA partnerschaftlich gründen und wirtschaftlich betreiben.
Eine in dieser Art und Weise zusammenerarbeitete Kooperation ist die einzige Möglichkeit, Win-Win-Situationen zu schaffen; gemeinsam mit gebündelten Stärken zur Zellfertigung vor der Tür. Uns steht ein weiter Weg mit interkulturellen Hürden bevor. Mit dem richtigen Mindset ist er zu bewältigen.
Aber selbst global kooperierende und maximal flexibel strukturierte Unternehmen können im äußerst schnelllebigen Batteriegeschäft nur brillieren, wenn auch staatlich und europaweit ein massiver Bürokratieabbau stattfindet. Schauen wir die LithiumIonen-Technologie an. Von 2000 bis heute haben wir eine Verdreifachung der Kapazität erlebt und zehnmal die Zellchemie gewechselt. Die wichtigsten Zellgrößen werden alle drei Jahre neu definiert, weil die Zellen neue Anforderungen erfüllen müssen. Aktuell stehen wir auf der Schwelle zum nächsten großen Technologiesprung: Die Ära der Natrium-Ionen-Zelltechnologie ist eingeläutet.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Batteriebranche steht ständig vor Herausforderungen, die nur zu schaffen sind, indem man weit vorausdenkt, global kooperiert und trotzdem schnell die Richtung ändern kann, ohne dabei sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Unabdingbar ist eine hohe Risikobereitschaft und der Mut, Fehlinvestitionen zu riskieren. Wir müssen handeln, wie ein Kind, das Laufen lernt. Es stellt sich der Herausforderung, wenn nötig auch tausendmal hinzufallen und niemals aufzugeben, bis es laufen kann, denn auf allen Vieren zu bleiben, ist keine Option. Fazit: Fehler sind die Lehrmeister künftiger Exzellenz. Machen wir das Beste aus unserem Fehler, die Zellproduktion in der Vergangenheit vollumfänglich dem asiatischen Markt überlassen zu haben!