Interview mit Thomas Bliem, VP R&D von ASMPT SMT Solutions

Siplace CA2: SiP-Fertigung im SMT-Takt

System-in-Package wird zum Standard der Elektronikfertigung. Mit der Siplace CA2 schließt ASMPT die Lücke zwischen SMT und Advanced Packaging – für mehr Tempo, Präzision und Effizienz in der Serienproduktion.

Die hybride Siplace CA2 führt zwei Welten in einer Maschine zusammen: die SMT-Bestückung und das Advanced Packaging auf einer Stellfläche von nur 2,56  × 2,50 m.
Die hybride Siplace CA2 führt zwei Welten in einer Maschine zusammen: die SMT-Bestückung und das Advanced Packaging auf einer Stellfläche von nur 2,56 × 2,50 m².

productronic: Herr Bliem, warum sind System-in-Package-Module derzeit so gefragt und wo werden sie eingesetzt?

Thomas Bliem, VP R&D von ASMPT SMT Solutions

Thomas Bliem: SiP-Entwicklungszyklen sind deutlich verkürzt und außerdem ermöglichen sie Variantenvielfalt. Anstatt einen neuen Monolith-SoC (System-on-Chip) zu entwickeln, lassen sich bewährte Dies mit passiven/aktiven SMDs, Sensorik oder Antennen in einem Gehäuse kombinieren. Das bringt kompakte Bauformen, kurze Signalwege und kalkulierbaren Aufwand bis hin zur Serienreife. Für Fertiger heißt das: SiP wird zum Standardbaustein und verlangt durchgängige Prozesse, die Die-Handling und SMT nahtlos zusammenbringen. Diesen Trend hatten wir schon lange im Fokus und entsprechend vorausschauend entwickelt. Mit Siplace CA2 haben wir die richtige Maschine zur richtigen Zeit.

Die Vorteile der Siplace CA2 in der Elektronikfertigung

  • Die Siplace CA2 vereint SMT-Bestückung und Advanced Packaging in einer Maschine.
  • Sie ermöglicht die Kombination von SMDs und Dies in einem durchgängigen Prozess.
  • Die Plattform bietet hohe Präzision und Produktivität bei der Fertigung.
  • Nachhaltigkeit wird durch den Wegfall des Die-Tapings gefördert.

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productronic: Sie stellen auf der productronica erstmals die Siplace CA2 vor. Was ist so besonders an ihr?

Thomas Bliem: Die Siplace CA2 ist eine echte Hybridplattform, die zwei Welten in einer Maschine zusammenführt: die herkömmliche SMT-Bestückung und Advanced Packaging. Zum ersten Mal können Anwender SMDs vom Gurt und Dies direkt vom gesägten Wafer in einem durchgängigen Prozess kombinieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Dies im Die-Attach- oder Flip-Chip-Verfahren verarbeitet werden – beides ist ohne Umrüstung möglich. Der große Unterschied zu bisherigen Ansätzen: Wir sparen den kompletten Die-Taping-Prozess ein und machen auch den Einsatz dedizierter Die-Bonder überflüssig. Für die Kunden bedeutet das nicht nur einen eingesparten Prozessschritt, sondern auch weniger Maschineninvestitionen, eine deutlich kompaktere Linie und vor allem einen entscheidenden Geschwindigkeitsgewinn.

productronic: Wie leistungsfähig ist diese neue Plattform hinsichtlich Produktivität und Präzision?

Thomas Bliem: Sehr – sowohl in Produktivität als auch Präzision. Der Schlüssel liegt im intelligenten Puffersystem mit integriertem Flip-Modul. Während die Dies vom Wafer gelöst und im Puffer zwischengespeichert werden, läuft die Bestückung ohne Unterbrechung weiter. So erreicht die Maschine bis zu 51.000 Bauelemente pro Stunde im Flip-Chip-Modus, 54.000 im Die-Attach-Prozess und 76.000 konventionelle SMDs – alles in einer Anlage.

Wir erreichen eine Bestückgenauigkeit von bis zu ±10 Mikrometer bei 3σ. Anders gesagt: 1σ entspricht rund ±3,3 Mikrometer – und damit liegen bereits rund 68 Prozent aller Bauelemente innerhalb dieser engen Toleranz. Präzisionswerte, die bislang nur aus der Halbleiterwelt bekannt waren, bringen wir nun in den SMT-Takt. Diese Kombination aus Highspeed und High-Precision punktet im Vergleich zu spezialisierten Die-Bondern.

productronic: Das Waferhandling stellt sicher eine besondere Herausforderung dar. Wo lag die größte technische Hürde?

Thomas Bliem: Beim schonenden Ablösen der Dies von der Trägerfolie. Nach dem Sägen sitzen die einzelnen Chips auf einer Folie, von der sie vor der Platzierung gelöst werden müssen. Dabei wird das Die von unten mit einer feinen Nadel leicht angehoben, während gleichzeitig die Folie mit Unterdruck in die Gegenrichtung gezogen wird. Dieser Vorgang ist technisch sehr anspruchsvoll, weil viele Dies bruchempfindlich sind. Unsere Lösung war ein völlig neuer Ansatz: ein intelligenter Pufferspeicher mit 16 Pipetten, der die abgelösten Dies zwischenspeichert, kombiniert mit einem Vier-Pipetten-Wender für Flip-Chip-Bauelemente. Damit laufen Ablösen und Platzieren parallel und nicht mehr seriell hintereinander. Während der Bestückkopf noch arbeitet, werden im Hintergrund bereits neue Dies vorbereitet. Er wird kontinuierlich ohne Wartezeit versorgt, bei voller Prozesssicherheit. So bringen wir das Waferhandling auf SMT-Taktzeiten.

productronic: Abgesehen von der Leistung – welche Vorteile hat die Siplace CA2 für den Anwender?

Thomas Bliem: Da gibt es gleich mehrere Punkte, die für unsere Kunden entscheidend sind:

  • Traceability: Wir bieten erstmals eine durchgängige Full Single Die Level Traceability. Jedes einzelne Die ist vom Ursprungswafer bis zur finalen Position im Endprodukt eindeutig dokumentiert.
  • Kosten & Umwelt: Der Wegfall des Die-Tapings bedeutet gleich zweierlei: Zum einen entfallen die Investitionen und Betriebskosten für diesen kompletten Prozessschritt. Zum anderen entstehen keine Gurte mehr, die anschließend entsorgt werden müssten.
  • Flexibilität: Mit der Wafer Exchange Unit lassen sich bis zu 50 unterschiedliche Wafer im System vorhalten. Während ein Wafer verarbeitet wird, wird der nächste bereits vorbereitet. Der eigentliche Wechsel dauert dann nur 13 Sekunden. Damit lassen sich auch komplexe Produkte mit mehreren Chiptypen ohne Zeitverlust fertigen.
  • Platzbedarf: Mit 2,56 × 2,50 m ist die Siplace CA2 trotz ihrer Leistung äußerst kompakt.
Per Feeder zugeführt, verarbeitet die Siplace CA2 auch SMT-Bauelemente wie Widerstände, Kondensatoren, Transistoren und Dioden mit bis zu 76.000 cph Geschwindigkeit.
Per Feeder zugeführt, verarbeitet die Siplace CA2 auch SMT-Bauelemente wie Widerstände, Kondensatoren, Transistoren und Dioden mit bis zu 76.000 cph Geschwindigkeit.

productronic: Wie sichern Sie Prozessstabilität bei dieser Komplexität?

Thomas Bliem: Bei der Siplace CA2 übernehmen mehrere Highend-Visionsysteme diese Aufgabe. Ein Beispiel ist eine neue Highspeed-Kamera, die den sensiblen Ablösevorgang der Dies mit bis zu 200 Bildern pro Sekunde verfolgt und ihre Bildrate automatisch den relevanten Prozessschritten anpasst. Dadurch lassen sich potenzielle Herausforderungen im Ausstechprozess frühzeitig erkennen und gezielt durch geeignete Korrekturmaßnahmen beheben. Parallel dazu haben wir die Auflösung der PCB-Kamera nochmals verdoppelt.

productronic: Wie sieht eine typische Produktionslinie mit der Siplace CA2 aus?

Thomas Bliem: Der Linienaufbau ist konventionell: Zunächst ein DEK Galaxy Lotpastendrucker, gefolgt von einem SPI-System. Danach übernehmen SMT-Bestückautomaten wie unsere Siplace TX Micron, die mit bis zu 93.000 Bauelementen pro Stunde arbeiten und für hohe Präzision bei herkömmlichen SMDs ausgelegt sind. Am Ende der Linie steht die Siplace CA2, die zusätzlich die Dies direkt vom Wafer bestückt und damit die SMT- und Advanced-Packaging-Welt zusammenführt. Damit entsteht eine durchgängige Highspeed-SiP-Linie auf nur zehn Metern Länge – deutlich kompakter und effizienter als Setups mit ausgelagerten Die-Bondern.

Durchgängige Highspeed-SiP-Produktionslinie: DEK Galaxy Lotpastendrucker gefolgt von dem
Process Lens SPI-System und schnellen
Siplace TX micron Bestückautomaten sowie der hybriden Siplace CA2 am Linienende, die zusätzlich Dies direkt vom Wafer bestückt.
Durchgängige Highspeed-SiP-Produktionslinie: DEK Galaxy Lotpastendrucker gefolgt von dem Process Lens SPI-System und schnellen Siplace TX micron Bestückautomaten sowie der hybriden Siplace CA2 am Linienende, die zusätzlich Dies direkt vom Wafer bestückt.

productronic: Leistungsfähige Hardware ist das eine – wie wichtig ist Softwareintegration?

Thomas Bliem: Sehr wichtig. Integrierte Hard- und Softwarelösungen sind der Schlüssel zu unserem Konzept der datengetriebenen, intelligenten Fertigung. Mit der Siplace CA2 erschließen wir erstmals auch für die

Die-Verarbeitung direkt vom Wafer die gesamte Works Software Suite. Das bedeutet: durchgängige Planung, effiziente Materiallogistik, Rüstoptimierung, Setup Verification und sogar automatisierte Programmwechsel – ohne Operator-Eingriff.

productronic: Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz sind in der Industrie ein Muss. Welchen Beitrag leistet die Siplace CA2?

Thomas Bliem: Ein ganz wesentlicher Beitrag liegt im Wegfall des Die-Tapings. In herkömmlichen Prozessen mussten Dies zunächst in einem zusätzlichen Arbeitsschritt gegurtet werden, der nicht nur Kosten verursacht, sondern auch enorme Mengen an Kunststoffabfall. Mit der Siplace CA2 entfällt dieser Schritt vollständig. In einer Hochvolumenfertigung können so mehrere Millionen Euro pro Jahr eingespart und gleichzeitig bis zu 800 Kilometer Gurtmaterial vermieden werden. Mit der Siplace CA2 werden SMDs und Dies inline in einem durchgängigen Prozess verarbeitet. Das spart nicht nur Wege und Platz, sondern reduziert auch den Energieverbrauch.

Flip-Chip-Unit: Vier Flip-Pipetten lösen die Dies von der Trägerfolie des Wafers und übergeben sie an ein Puffersystem. Dieser parallel zum Bestückprozess ablaufende
Vorgang steigert die Bearbeitungsgeschwindigkeit erheblich.
Flip-Chip-Unit: Vier Flip-Pipetten lösen die Dies von der Trägerfolie des Wafers und übergeben sie an ein Puffersystem. Dieser parallel zum Bestückprozess ablaufende Vorgang steigert die Bearbeitungsgeschwindigkeit erheblich.

productronic: Welche Flexibilität bietet die Plattform?

Thomas Bliem: Die Siplace CA2 ist bewusst modular aufgebaut und lässt sich genau auf die Anforderungen des jeweiligen Kunden zuschneiden. Anwender können beispielsweise zwischen Dual- oder Single-Conveyor-Systemen wählen. Damit sind sowohl konventionelle Leiterplatten als auch sehr große Substrate bis 620 × 700 Millimeter oder Chip-on-Wafer-Prozesse bis 300 Millimeter möglich. Darüber hinaus unterstützen wir verschiedene Dip-Prozess-Lösungen, etwa unsere Linear Dipping Unit, mit der sich Flussmittel aber auch andere Hilfsmaterialien hochpräzise und prozesssicher aufbringen lassen – auch bei Bauelementen aus Gurt und Wafer. Ergänzend bietet die Wafer Exchange Unit hohe Flexibilität: Sie kann bis zu 50 diverse Wafer aufnehmen, wobei der nächste Wafer bereits während der laufenden Produktion vorbereitet wird. Der eigentliche Wechsel dauert dadurch nur 13 Sekunden. Diese Vielfalt an Optionen macht die Siplace CA2 zu einer Plattform, die vom Wafer- bis hin zum Panel-Level-Packaging einsetzbar ist und Anwendern den Spielraum gibt, ihre Linie Schritt für Schritt an neue Anforderungen anzupassen.

productronic: Wie gelingt der Einstieg für Kunden in diese neue Technologie?

Thomas Bliem: Wir lassen unsere Kunden mit dieser neuen Technologie natürlich nicht allein, sondern begleiten den gesamten Prozess sehr eng. Das beginnt bei Machbarkeitsstudien, in denen wir konkrete Produkte und Anforderungen analysieren. Danach folgen Pilotprojekte, die wir in unserem Center of Competence gemeinsam mit den Kunden umsetzen. So lassen sich Prozesse unter realen Bedingungen testen und optimieren, bevor es in die Serienproduktion geht. Ein weiterer wichtiger Baustein sind Schulungen für Operator und Prozessingenieure, damit die Teams von Anfang an sicher mit der neuen Plattform arbeiten können. Unsere Erfahrung zeigt: Wer frühzeitig Erfahrungen sammelt, baut schnell Kompetenz auf und kann die Vorteile von System-in-Package in der Großserie nutzen.

Die Tracedaten jedes einzelnen Dies lassen sich lückenlos nachverfolgen, vom Ursprungswafer bis zu seiner exakten Position auf dem Substrat.
Die Tracedaten jedes einzelnen Dies lassen sich lückenlos nachverfolgen, vom Ursprungswafer bis zu seiner exakten Position auf dem Substrat.

productronic: Wohin entwickelt sich Ihrer Meinung nach das Thema System-in-Package?

Thomas Bliem: In einem modernen Smartphone finden Sie bereits heute mehrere Dutzende solcher SiP-Module. Aber das ist erst der Anfang. Wir erwarten in den kommenden Jahren ein erhebliches Wachstumspotenzial, das weit über Consumer-Anwendungen hinausgeht. Edge-KI, AR/VR, vernetzte Medizintechnik oder die Elektronik für das autonome Fahren werden die Nachfrage nach SiP-Lösungen erhöhen. Alle diese Märkte benötigen kompakte, leistungsfähige und zugleich wirtschaftlich produzierbare Module. Mit der Siplace CA2 schließen wir die Lücke zwischen Backend und SMT und ermöglichen die SiP-Fertigung in SMT-Taktzeiten. Das ist ein entscheidender Schritt, um diese Technologie in die Großserie zu bringen.

Autorin

Petra Gottwald

Chefredakteurin productronic