Vierte Folge von High Voltage

Frauen in der Elektronikbranche: Sandra Paggen-Breu im Podcast

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Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin bei Paggen Werkzeugtechnik, spricht im Podcast
Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin bei Paggen Werkzeugtechnik, spricht im Podcast "High Voltage" mit Dan Mutschler, CEO MTM Ruhrzinn und Dominik Alfers, Geschäftsleitung & Vertrieb, Rösnick über ihre Erfahrungen als Frau in einer männlich geprägten Branche. Sie berichtet über ihren Karriereweg, Herausforderungen und Chancen für Frauen in der Elektronikindustrie.

Die Elektronikbranche ist hauptsächlich ein Männerclub. Ein Gegenbeispiel ist Sandra Paggen-Breu. Im Podcast "High Voltage" spricht sie spricht sie über ihren Weg in die Branche, Widerstände und die Zukunft technischer Berufe. Wir haben reingehört.

Die (Elektronik)-Industrie stöhnt unter dem akuten Fachkräftemangel und kämpft zudem noch mit einem Nachwuchsproblem. Hinzu kommt, dass Frauen in der Branche anteilig unterrepräsentiert sind. Welche Möglichkeiten es gibt, dieses Potenzial zu heben, das war beispielsweise das Thema einer Podiumsdiskussion auf der productronica 2023. Kürzlich haben sich auch Dan Mutschler, CEO MTM Ruhrzinn und Dominik Alfers, Geschäftsleitung & Vertrieb, Rösnick dem Thema in ihrem Podcast "High Voltage" angenommen. Damit es nicht zur oft (zurecht) gescholtenen Situation kommt, dass Männer über Frauen diskutieren statt mit ihnen, haben sie sich mit Sandra Paggen-Breu ein bekanntes Gesicht der Branche zum Gespräch geladen. Paggen-Breu hat sich vor allem über LinkedIn einen Namen gemacht und spricht in der vierten Folge des Podcasts über ihre Erfahrungen als Frau in einer männlich geprägten Branche. Sie berichtet über ihren Karriereweg, Herausforderungen und Chancen für Frauen in der Elektronikindustrie.

Der Weg in die Elektronikbranche

Sandra Paggen-Breu berichtete im Podcast über ihren unkonventionellen Einstieg in die Branche. Ursprünglich hatte sie nicht geplant, in das Familienunternehmen einzutreten. Ihr Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit Schwerpunkt Maschinenbau war eher eine spontane Entscheidung.

„Ich habe eigentlich gedacht, ich studiere mal Tourismus. Da habe ich mich auch meine ganze Schullaufbahn drauf vorbereitet. Ich hatte Mathe und Physik schnellstmöglich abgelegt. Nach der Schule habe ich dann aber festgestellt: Hoppala, da sind ja fast nur Frauen – und das wollte ich dann irgendwie nicht. Dann meinte meine beste Freundin in einer Schnapslaune zu mir: ,Weißt du was, Sandra? Ich glaube, ich studiere Maschinenbau!' Und ich dachte mir: Ja, das machen wir auch!“

Was zunächst wie eine impulsive Entscheidung wirkte, entpuppte sich als richtiger Weg. Denn schon während ihrer Schulzeit war sie durch ihre Eltern mit der Elektronikbranche in Berührung gekommen. Auf Messen bekam sie erste Einblicke in die Industrie und knüpfte Kontakte. Dabei wurde ihr immer wieder signalisiert, wie sehr Frauen in technischen Berufen gebraucht werden.

„Ich kannte ja die Branche, ich war schon während der Schulzeit oft auf Messen mit dabei, habe meine Eltern da unterstützt und habe eigentlich alle Menschen, die ich da getroffen habe, die haben mir alle zugeraten. Die haben gesagt: 'Ja, mach das, wir brauchen Frauen in der Branche!'“

Diese positiven Erfahrungen festigten ihren Entschluss, sich nicht nur in der Elektronikbranche zu etablieren, sondern später auch aktiv für mehr Frauen in technischen Berufen einzusetzen.

Karriere in der Elektronik: Welche Möglichkeiten es gibt und was sich verdienen lässt

Frau sitzt vor einem Monitor und schaut ein Leiterplatten-Layout. Ein Mann schaut mit ihr zusammen auf den Bildschirm

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Frauen in der Industrie: Chancen und Herausforderungen

Eine zentrale Frage des Podcasts war, ob sie sich als Frau besonders beweisen musste. Ihre Antwort fiel erfrischend pragmatisch aus: Sie habe nie das Gefühl gehabt, strukturell benachteiligt zu sein. Einzelne negative Erlebnisse mit sexistischen Kommentaren schrieb sie eher individuellen Personen als einem grundsätzlichen Problem der Branche zu. „Das bedeutet nicht, dass ich nie Sexismus begegnet wäre. Das war aber nichts Strukturelles, sondern das waren halt einzelne Idioten. Dabei bin ich persönlich auch immer besser damit gefahren zu sagen, ,mei, ein Depp ist ein Depp' und nicht ,oh, ich bin so diskriminiert.' Ja, da hat mir habe ich mich leichter damit getan.“

Vielmehr sieht sie die Herausforderungen in der Erwartungshaltung gegenüber Frauen, insbesondere wenn sie Mutter werden. „Ich habe dann ganz oft gehört: ,Ja, aber jetzt wo du ein Kind hast, kannst du ja nicht mehr reisen, kannst du ja dies nicht mehr machen, das nicht mehr machen'. Aber warum eigentlich nicht? Mein Mann und ich haben uns die Elternzeit 50/50 aufgeteilt, wir leben das ganz bewusst gleichberechtigt. Trotzdem scheint es für viele noch unvorstellbar, dass ein Vater genauso viel Verantwortung übernimmt.“

Bereits ihre Mutter war an der Gründung des Unternehmens beteiligt – nicht nur aus Eigeninitiative, sondern auch, weil die IHK damals darauf hinwies, dass Unternehmen mit weiblicher Beteiligung eine höhere Überlebenschance hätten. „Damals hieß es von der IHK, dass die Firmen, wo die Frau an der Gründung beteiligt ist, eine größere Wahrscheinlichkeit haben zu überleben. Und deswegen hat meine Mama sich überzeugen lassen, mit einzusteigen.“

Warum die Elektronikbranche mehr Frauen braucht

Ein besonders interessanter Aspekt des Gesprächs war die Rolle von Frauen in der Elektronikbranche. Paggen-Breu betonte, dass Frauen oft andere Fragen stellen und Kommunikation sowie zwischenmenschliche Beziehungen in Teams stärken. „Frauen kommen oft mehr von der sozialeren Seite. Und das ist wichtig, weil es in technischen Berufen eben nicht nur um Zahlen und Fakten geht, sondern auch darum, wie Menschen zusammenarbeiten.“ Und außerdem: „Unterschiedliche Denkweisen führen zu besseren Lösungen und innovativeren Ansätzen.“

Zudem gibt sie zu bedenken: „Ich war auf der electronica in der Karriereecke und habe mir einen Vortrag angehört. Dort hieß es, dass es in der Elektronikbranche keinen Gender Pay Gap gibt. Das zeigt doch, dass Frauen hier echte Chancen haben und die Branche durchaus fortschrittlicher ist, als viele denken.“

Was macht eigentlich ein...? – Jobs in der Elektronik

Elektronik Entwickler Karriere

Kaum ein Industriezweig bietet so viele verschiedene Karrieremöglichkeiten wie die Elektronikbranche. Ob Programmierer in der Automatisierung, Entwickler für Elektronik-Systeme, Chip-Designer oder vielleicht doch lieber technischer Redakteur in Marketing und PR – die Auswahl an Jobs in der Elektronik ist riesig. Wir haben mit Entwicklern und Elektrotechnikern gesprochen:

Fachkräftemangel als Chance für mehr Diversität

Das anhaltende Problem des Fachkräftemangels in der Elektronikindustrie bietet natürlich auch eine große Chance, mehr Frauen für technische Berufe zu gewinnen, wobei sie auch ihren eigenen Einfluss sieht: „Mehr Sichtbarkeit wird auch mehr Frauen dazu bewegen, in die Branche einzusteigen, was tatsächlich auch ein Grund ist für meinen LinkedIn-Auftritt. Ich möchte zeigen, dass es geht – mit Familie, mit Führungsverantwortung und in einer technischen Branche.“ Allerdings gibt es laut Paggen-Breu hier jedoch nach wie vor strukturelle Hürden. Flexible Arbeitsmodelle, die insbesondere Müttern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen, seien ein wichtiger Schritt. In ihrem eigenen Unternehmen lebt sie dies vor: Gemeinsam mit ihrem Mann teilt sie sich die Verantwortung für Kind und Karriere.

Dabei legt sie natürlich mit einem persönlichen Beispiel den Finger in die Wunde: „Ich habe zufällig eine Bekannte, die gelernte Elektronikerin ist und gerne wieder arbeiten möchte – aber eben nur 20 Stunden. Sie tut sich schwer, weil viele Unternehmen nicht bereit sind, solche flexiblen Modelle zu ermöglichen.“ Dabei wäre es doch besser, wirft Dan Mutschler ein, „lieber eine gut ausgebildete Fachkraft für 20 Stunden zu haben als gar keine.“

Abseits dieses Beispiels sieht sie die Elektronikbranche auf einem guten Weg. Es gibt mehr Frauen in technischen Positionen als noch vor zehn Jahren, und die Arbeitswelt wird zunehmend flexibler. Dennoch bleibt viel zu tun. Vor allem Netzwerke und Sichtbarkeit sind entscheidend. Daher plädiert sie dafür, dass Unternehmen mutiger werden und sich von alten Denkmustern lösen sollen. Die Förderung von Frauen sei nicht nur eine Frage der Gleichberechtigung, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. „Ganz ehrlich: Wer als Unternehmen noch Frauen ausbremst oder ihnen Steine in den Weg legt, hat den Fachkräftemangel nicht verstanden. Wir müssen alle Potenziale nutzen – und Frauen sind ein riesiges Potenzial.“

Am Ende möchte ich einfach nochmal die Shownotes zitieren:

„Und zum Schluss unser Appell an alle da draußen: Girls support Girls! Es ist Zeit, sich gegenseitig zu pushen, Vorbilder zu feiern und die Branche endlich diverser zu gestalten.“

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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